Klärschlammtourismus aus Nordrhein-Westfalen nach Vasbeck (Landkreis Waldeck-Frankenberg)

Am 17. Januar 2002 berichtete die Waldeckische Landeszeitung (WLZ) über verärgerte Bürgerinnen und Bürger in Diemelsee-Vasbeck, denen der Klärschlammtourismus von NRW nach Hessen immer mehr Sorgen bereitet. Insbesondere das Ausbringen von Klärschlamm im Wasserschutzgebiet stößt bei vielen Bürgerinnen und Bürgern auf Unverständnis.

Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Wie beurteilt die Landesregierung den Klärschlammtourismus von Nordrhein Westfalen nach Hessen?

Die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung ist durch abfall- und düngemittelrechtliche Vorschriften geregelt und hat sich daher allein unter Beachtung der schadstoffseitigen Vorgaben an den fachlichen Kriterien Nährstoffbedarf der Kultur und Nährstoffverfügbarkeit im Boden zu orientieren. Regionale Aspekte finden dabei insoweit Berücksichtigung, als dass eine weitestgehend ortsnahe Verwertung angestrebt wird, um den Transportaufwand gering zu halten. Gesamtökologisch ist es sinnvoller, Klärschlamm über Landesgrenzen hinweg 20 km als innerhalb eines Bundeslandes 200 km zu transportieren. Gerade in Regionen nahe den Landesgrenzen kann es daher zu Klärschlammimporten und -exporten kommen.

Frage 2. Aus welchem Grund wird der Klärschlamm nicht in Nordrhein-Westfalen entsorgt?

Hierzu verweise ich auf die Antwort auf Frage 1.

Frage 3. Wie viel Klärschlamm aus Nordrhein-Westfalen wird jährlich im Landkreis Waldeck-Frankenberg entsorgt?

Im Jahr 2001 wurden ca. 800 t Trockenmasse Klärschlamm aus Nordrhein Westfalen auf einer Fläche von rund 160 ha im Landkreis Waldeck-Frankenberg landwirtschaftlich verwertet.

Frage 4. Wie hoch waren die Klärschlämme jeweils mit Schwermetallen und anderen Schadstoffen belastet?

Die aus Nordrhein-Westfalen stammenden und in Waldeck-Frankenberg landwirtschaftlich verwerteten Klärschlämme unterscheiden sich hinsichtlich der Schwermetall- und Schadstoffgehalte nicht von den im Landkreis anfallenden Schlämmen. Die in der Klärschlammverordnung hierzu festgelegten Grenzwerte sind entscheidend für die Zulassung der Ausbringung durch die zuständige Behörde (Hauptabteilung Landwirtschaft beim Landrat des Landkreises).

Der nach der Klärschlammverordnung jährlich zu erstellende Klärschlammbericht weist für Hessen im Jahr 2000 folgende Grenzwertausschöpfungen aus, die zugleich als Qualitätsparameter gewertet werden können: Schwermetall Blei Cadmium Chrom Kupfer Nickel Quecksilber Zinn.

Frage 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung, die in unmittelbarer Nachbarschaft der Felder wohnen, auf denen Klärschlamm ausgebracht wird?

Landwirtschaftlich verwertbare Klärschlämme müssen die qualitativen Anforderungen der Klärschlammverordnung erfüllen, insbesondere darf das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt werden. Nur unter diesen Voraussetzungen darf die Ausbringung von Klärschlämmen zugelassen werden, sodass mit der Ausbringung solcher Schlämme keine Gesundheitsgefahren für in der Nachbarschaft wohnende Menschen verbunden sind.

Frage 6. Wie beurteilt die Landesregierung die Gefahr für das Trinkwasser in diesem ohnehin mit Nitraten hoch belasteten Gebiet?

Klärschlämme sind als so genannte Sekundärrohstoffdünger zugelassene Düngemittel, sofern sie die abfallrechtlichen und düngemittelrechtlichen Vorschriften einhalten. Ihre Anwendung unterliegt den Vorschriften der Düngeverordnung, wonach sich die Aufbringung der Düngemittel nach Art, Menge und Zeit auf den Nährstoffbedarf der Pflanzen und unter Berücksichtigung der im Boden verfügbaren Nährstoffe und organischen Substanz sowie der Standort- und Anbaubedingungen zu richten hat. Landwirtschaftliche Betriebe mit mehr als 10 ha Betriebsfläche sind nach der Düngeverordnung verpflichtet, Nährstoffvergleiche über die Zu- und Abfuhr von Nährstoffen zu erstellen und aufzubewahren. Bei entsprechender Berücksichtigung der Nährstoffe aus dem Klärschlamm in der zu erstellenden Düngebedarfsermittlung und der Nährstoffbilanz liegt allein durch die Anwendung dieses Sekundärrohstoffdüngers keine potenzielle Gefährdung des Trinkwassers vor.

Frage 7. Wie beurteilt die Landesregierung die Absurdität, dass einerseits mit Steuergeldern versucht wird, die Nitratbelastungen in der "Vasbecker Scholle" zu senken, andererseits aber das Ausbringen von Klärschlamm in diesem Bereich durch die Abteilung Landwirtschaft beim Landkreis Waldeck-Frankenberg zuzulassen?

Die Klärschlammverordnung verbietet nur in den Zonen I und II von Wasserschutzgebieten die Klärschlammausbringung. Sie ist somit in der Zone III rechtlich zulässig, sofern es nicht durch eine weiterführende wasserrechtliche Bestimmung (Schutzgebietsverordnung) untersagt wird.

Die Wasserschutzgebietsverordnung für den Brunnen Vasbeck lässt die Klärschlammausbringung jedoch ausdrücklich zu. Daher kann und muss die zuständige Behörde bei Einhaltung der abfall-, wasser- und düngemittelrechtlichen Vorschriften die Ausbringung zulassen.