Unsicherheiten im Umgang mit dem reformierten Gemeindewirtschaftsrecht

Auch ein Jahr nach Inkrafttreten des sog. „GO-Reformgesetzes" ist in den Verwaltungen und Vertretungen der Kreise, Städte und Gemeinden noch immer viel Unsicherheit im Umgang mit dem neuen Recht festzustellen. Insbesondere das Gemeindewirtschaftsrecht und hier die verschärfte Subsidiaritätsklausel werfen in der kommunalen Praxis immer wieder Fragen auf, die offensichtlich nicht durch einen Blick in das Gesetz und in die Materialien des Gesetzgebungsverfahrens zu klären sind.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Ist der Betrieb eines Schwimmbades durch die Kommune von § 107 der Gemeindeordnung NRW gedeckt?

2. Darf ein kommunales Schwimmbad nach den verschärften Vorgaben des Gemeindewirtschaftsrechtes auch mit Restauration und Sauna betrieben werden?

3. Ändert sich die gemeindewirtschaftsrechtliche Beurteilung, wenn ein kommunales Bad mit Restauration und Sauna von einer Kommune nur mittelbar (z. B. über die eigenen Stadtwerke) betrieben wird?

Antwort des Innenministers vom 1. Oktober 2008 namens der Landesregierung:

Vorbemerkung:

Mit dem Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung -GO-Reformgesetz- vom 09. Oktober 2007 hat der Landesgesetzgeber erforderliche Änderungen auch im Gemeinde wirtschaftsrecht vorgenommen. Das Gemeindewirtschaftsrecht wurde partiell neu ausgerichtet. Dabei stand die stärkere Betonung eines Vorrangs der privaten Leistungserbringung vor der Leistungserbringung durch die öffentliche Hand im Vordergrund. Mit den Änderungen beabsichtigt ist eine noch stärkere Konzentration der kommunalen Gebietskörperschaften auf die Kernaufgaben der öffentlichen örtlichen Daseinsvorsorge und damit auch eine Stärkung der kommunalen Daseinsvorsorgetätigkeit. Insoweit erfordert das novellierte Gemeindewirtschaftsrecht auch eine partielle Neuausrichtung der bisherigen Entscheidungspraxis.

Nach den bisherigen Erfahrungen der Kommunalaufsichtsbehörden seit Inkrafttreten des GO-Reformgesetzes kann die in der Kleinen Anfrage geäußerte Einschätzung, im kommunalen Bereich sei noch immer viel Unsicherheit im Umgang mit dem neuen Recht festzustellen, hingegen nicht geteilt werden.

Dies gilt insbesondere für die der Kleinen Anfrage zugrunde liegende Thematik. Grundsätzlich fällt der Betrieb eines Schwimmbades durch die Kommune unter die in § 107 Abs. 2 der Gemeindeordnung NRW normierte sogenannte nichtwirtschaftliche Betätigung. Diese Vorschrift ist im Rahmen des GO-Reformgesetzes unverändert geblieben, so dass in den dort genannten Fällen Unsicherheiten in der Anwendung der einschlägigen Regelungen nicht aufgetreten sein dürften.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass eine abschließende Beurteilung des in der Kleinen Anfrage geschilderten Falls unter gemeindewirtschaftsrechtlichen Aspekten ohne Kenntnis der Einzelheiten des Sachverhalts nicht möglich ist.

Zur Frage 1:

Ja. Es wird auf § 107 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 2. Spiegelstrich GO NRW verwiesen. Danach gilt der Betrieb von öffentlichen und für die soziale und kulturelle Betreuung der Einwohner erforderlichen Einrichtungen u. a. auf dem Gebiet Sport oder Erholung (Sportanlagen, zoologische und botanische Gärten, Wald-, Park- und Gartenanlagen, Herbergen, Erholungsheime, Bäder, Einrichtungen zur Veranstaltung von Volksfesten) nicht als wirtschaftliche Betätigung.

Zur Frage 2:

Zwar werden in § 107 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 2. Spiegelstrich GO NRW Saunaanlagen nicht ausdrücklich genannt, sie können aber als zulässige Nebeneinrichtungen von Einrichtungen des Sports in Form von Frei- und Hallenbädern oder bei isolierter Bewertung als Einrichtungen zur Erholung angesehen werden. Die Zulässigkeit des Betriebs von Saunaanlagen ergibt sich auch aus einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein Westfalen (OVG NRW) vom 2.12.1985 (4 A 2214/84 ­ veröffentlicht in der „Städte- und Gemeinderat NRW" vom 1987, 59 ff.). Zwar bezog sich die Entscheidung des OVG NRW auf den damaligen § 88 Abs. 2 GO, doch entspricht der damalige § 88 Abs. 2 GO im Kern dem heutigen § 107 Abs. 2 GO NRW.

Soweit die Zulässigkeit einer Restauration angesprochen wird, ist unter Zugrundelegung der heutigen Bedürfnisse davon auszugehen, dass es zu dem Betrieb eines modernen Schwimmbades gehört, den Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit zu geben, sich zu verpflegen. Dies gilt auch für kommunal betriebene Schwimmbäder. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang allerdings auch auf eine weit verbreitete Praxis, die Restauration an einen Privatbetreiber zu verpachten; in diesem Fall würde sich die Frage der Zulässigkeit unter gemeindewirtschaftsrechtlichen Aspekten gar nicht erst stellen.

Zur Frage 3:

Die gemeindewirtschaftsrechtliche Beurteilung einer kommunalen Betätigung ist nicht davon abhängig, dass eine Kommune unmittelbar oder mittelbar (z. B. über die eigenen Stadtwerke) tätig wird.