Welche Risiken für die Sicherheit des Luftverkehrs bzw. den Lärmschutz gehen von der Neuordnung der Luftaufsicht an den Verkehrslandeplätzen in NRW aus?

Nach einem Erlass des NRW-Verkehrsministeriums soll die Luftaufsicht an Verkehrslandeplätzen in NRW neu geordnet werden. Demnach beabsichtigt das für die Luftaufsicht zuständige Ministerium für Bauen und Verkehr die örtlichen Luftaufsichtsstellen an unkontrollierten Verkehrslandeplätzen in NRW zu schließen. Örtliche Luftaufsicht soll nur noch an Flughäfen mit Flugsicherungsdiensten der DFS (Deutsche Flugsicherung GmbH) geleistet werden. Überregional reisende Sachbearbeiter für Luftaufsicht sollen allenfalls stichprobenhaft die Einhaltung von Sicherheitsbelangen an Verkehrslandeplätzen überprüfen. Im Rahmen einer Ausnahmeregelung soll am Flughafen Essen-Mülheim und am Verkehrslandeplatz Bonn-Hangelar jeweils noch eine von ehemals vier Planstellen verbleiben. Nach Auffassung der kommunalen Gesellschafter des Verkehrslandeplatzes Bonn-Hangelar sind für die lückenlose Sicherstellung der Luftaufsicht während der Betriebszeiten jedoch Planstellen im bisherigen Umfang erforderlich. Auch die seitens des Landes angedachte "Auffüllung" der nicht durch Luftaufseher abgedeckten Betriebszeiten mit Flugleitern, die die Flugplatzgesellschaft zu stellen hätte, vermag diese Sicherheitslücke nicht zu schließen, denn ein Flugleiter hat nach den luftverkehrsgesetzlichen Vorgaben keine weisungsberechtigten Befugnisse gegenüber den Platznutzern. Zudem dürfte es unstreitig sein, dass diese Flugleiter in einem Interessenskonflikt stehen: Sie müssen zwar die Belange der Behörde vertreten, sind aber gleichzeitig Beschäftigte des Flugplatzbetreibers.

Die Situation der Überwachung der Vorschriften am Verkehrslandeplatz Bonn-Hangelar ist bereits heute völlig unbefriedigend. So gibt es von Seiten der Bevölkerung rund um den Verkehrslandeplatz zahlreiche Beschwerden der Lärmbelästigung wegen nicht eingehaltener Flugrouten, unnötigen Überfliegens dicht besiedelter Wohnbereiche und zu niedriger Flüge, die vom Verkehrslandeplatz Hangelar ausgehen.

1. Wie will das Land sicher stellen, dass die Sicherheit des Luftverkehrs und die Einhaltung von Lärmschutzvorschriften an den Verkehrslandeplätzen in NRW angesichts der geplanten Neuordnung der Luftaufsicht gewährleistet werden?

2. Welche Möglichkeit sieht die Landesregierung in Zukunft überhaupt, eine Einhaltung von Flugrouten und Flughöhen im Sinne des Lärmschutzes durchzusetzen?

Zum notwendigen grundsätzlichen Verständnis ist zunächst voranzustellen, dass es für den Sichtflugverkehr, und nur der findet ­ von wenigen Ausnahmen abgesehen ­ an Verkehrslandeplätzen statt, keine Flugrouten mit festgelegten Flughöhen gibt. Im Gegensatz zu Anund Abflugrouten im Instrumentenflugverkehr, die trotz der gerätegestützten Flughilfen nicht strichgenau sondern in Korridoren verlaufen, sind die veröffentlichten Platzrunden an Verkehrslandeplätzen Linien, von denen Abweichungen aus vielen Gründen zulässig sind. So z. B. aus meteorologischen, verkehrsbedingten und technischen Gründen sowie aufgrund der unterschiedlichen Leistungsmerkmale von Luftfahrzeugen. Allein der Luftfahrzeugführer ist für die sichere Führung und die Beachtung aller luftrechtlichen Vorgaben verantwortlich. Die Luftaufsicht war und ist nicht befugt, Einfluss auf die Bewegungslenkung von Luftfahrzeugen in der Luft zu nehmen. Die Bewegungslenkung ist einzig und allein der Flugsicherung vorbehalten.

Über den Flugfunk an Flugplätzen mit Sichtflugverkehr wird fast ausschließlich der sog. Flugplatzinformationsdienst abgewickelt, d.h. der Pilot bekommt die Start-/Landerichtung und die Windrichtung/-stärke genannt. Dieser Infodienst, der momentan durch die örtlichen Kräfte der Luftaufsicht erfolgt, kann von Beschäftigten des Flugplatzbetreibers, im Regelfall durch den sog. Flugleiter, in gleicher Weise oder von technischen Systemen übernommen werden.

Auch ist nicht ausgeschlossen, wie viele Beispiele im In- und Ausland zeigen, unter bestimmten Bedingungen und in bestimmten Zeiten auf den Funk-Infodienst zu verzichten.

Vorrangige Aufgabe der Luftaufsicht ist die Überwachung der Betriebssicherheit des Flugplatzes, die Kontrolle der Piloten und der Luftfahrzeuge.

Die mit dem Bund detailliert abgestimmte Neuorganisation berücksichtigt in höherem Maße als bisher den Aspekt dieser luftaufsichtsrechtlichen Kernaufgaben. Durch den Einsatz der mobilen Überörtlichen Luftaufsicht wird die Kontrolle auch an Flugplätzen, an denen bislang Angestellte des Flugplatzbetreibers mit hoheitlichen Aufgaben beliehen waren, sog. Beauftragte für Luftaufsicht (BfL), effektiver. Die Flugplatzbetreiber und die Piloten müssen nun jederzeit mit nicht angemeldeten Kontrollen, die ausschließlich Profis durchführen, rechnen.

Dabei wird u. a. auch die Einhaltung der Flugregeln in der Platzrunde unter den jeweiligen aktuellen Bedingungen überprüft. Dieses System hat sich in einem mehrjährigen Praxistest im Zuständigkeitsbereich der Luftfahrtverwaltung der Bezirksregierung Münster bewährt.

Eine Kontrollminderung ist keineswegs zu befürchten. Mit dem neuen System werden allerdings die jeweiligen Verantwortlichkeiten aller Beteiligten am Boden und in der Luft klarer.

Dies bedeutet einen Sicherheitsgewinn.

3. Welche Anforderungen an die Aus- und Fortbildung der Flugleiter sind nach Auffassung der Landesregierung erforderlich, um die gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen?

Die Aufgaben eines Flugleiters sind im deutschen Luftrecht nicht näher beschrieben. Nach allgemeiner Auffassung ist der Flugleiter eine sachkundige Person zur verantwortlichen Leitung des Flugplatzbetriebes. Der jeweilige Flugplatzbetreiber hat im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht die Erfordernisse seines konkreten Flugbetriebes zu ermitteln und damit auch zu bestimmen, welcher Qualifikation seines Personals es bedarf. Hierbei kann die Luftaufsichtsbehörde bezogen auf den Einzelfall beratend tätig sein.

4. Welche Vereinbarungen mit den Geschäftsleitungen der Verkehrslandeplätze gibt es, um nach der geplanten Neuordnung der Luftaufsicht eine Einhaltung von Flugrouten und Flughöhen im Sinne des Lärmschutzes durchzusetzen?

Keine.

5. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass in den nächsten Jahren Vergleiche über die Einhaltung von Flugrouten und Flughöhen im Sinne des Lärmschutzes vor und nach den Veränderungen in der Luftaufsicht möglich sind?

Eine radargestützte Erfassung von Flugverläufen, die u.a. statistisch ausgewertet werden könnte, gibt es an den hier in Rede stehenden Flugplätzen mit Sichtflugverkehr nicht. Sie wäre aber auch losgelöst von einer gleichzeitigen visuellen Beobachtung aller zuvor angesprochenen Parameter ohnehin nicht aussagekräftig.