Welche Maßnahmen zur Förderung von Zeitungsverlagen bestehen in der Bundesrepublik

Niederlande

In den Niederlanden werden Subventionen insbesondere über zinsgünstige Kredite sowohl an bedürftige Verlage zur Existenzsicherung als auch für Zeitungsgründungen vergeben. Die einst bedeutenden Vergünstigungen für Post- und Bahntransporte sind sukzessive zurückgeführt worden. In früheren Jahren waren Vertriebserlöse von der Umsatzsteuer befreit. Seit 1979 wurden zunächst vier Prozent Mehrwertsteuer erhoben, später sechs Prozent.

42. Welche Maßnahmen zur Förderung von Zeitungsverlagen bestehen in der Bundesrepublik Deutschland?

Eine ganz wesentliche Förderungsmaßnahme für Zeitungsverlage ist der seit 1968 gewährte reduzierte Mehrwertsteuersatz (7 Prozent) für Vertriebserlöse. Die Bedeutung dieser Vergünstigung ist in den letzten Jahren noch gewachsen, weil der Anteil der Vertriebserlöse an den Gesamteinnahmen der Zeitungsverlage deutlich gestiegen ist. Über Jahrzehnte galt in der Branche die durchschnittliche Relation, dass zwei Drittel der Einnahmen von Zeitungen aus der Werbung und ein Drittel aus dem Vertrieb resultierten. Nachdem die Werbeeinnahmen deutlich zurückgegangen sind, machen die Vertriebserlöse nach Angabe des BDZV inzwischen rund 45 Prozent des Umsatzes von Zeitungsverlagen aus.

Der Bund hat bereits bei der Einführung der Mehrwertsteuer dafür nur den halbierten Hebesatz festgeschrieben. In der Folge blieb dieser Hebesatz auch bei den Erhöhungen der Mehrwertsteuersätze unberührt und liegt weiterhin bei sieben Prozent. Eine Befristung ist nicht geplant.

Mit der die Umwandlung der Deutschen Post in eine AG im Jahr 1990 (Postreform 1) wurden die indirekten Fördermaßnahmen beim Vertrieb von Presseprodukten durch das Staatsunternehmen Post in Teilen obsolet. Nach längerer Diskussion hat sich die Deutsche Post damals aber aus betriebswirtschaftlichen Gründen für die Beibehaltung gesonderter Tarife für Presseprodukte entschieden, allerdings auf der kalkulatorischen Grundlage einer Kostendeckung ohne Beibehaltung der Quersubventionen. Dazu wurde die Produkt- und Preispolitik den Kosten angepasst.

Die eigenständigen Pressetarife sowie jener für Büchersendungen werden bis heute angeboten. Die Konditionen für den Presseversand werden zwischen der Deutschen Post AG und den Verlegerverbänden in einem eigens eingerichteten Arbeitskreis ausgehandelt.

Staatliche Maßnahmen der wirtschaftlichen Presseförderung sind verfassungsrechtlich problematisch, da solche nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann mit Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar sein können, wenn eine Einflussnahme auf Inhalt und Gestaltung einzelner Presseerzeugnisse sowie Verzerrungen des publizistischen Wettbewerbs insgesamt vermieden werden (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 6. Juni 1989 ­ 1 BvR 727/84, Postzeitungsordnung). Deshalb sind ausländische Erfahrungen mit der Presseförderung nur bedingt übertragbar.

43. Hält die Landesregierung diese Maßnahmen in Deutschland für ausreichend?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, welche Initiativen zur Stärkung der Zeitungsvielfalt wird die Landesregierung ergreifen?

Angesichts der Lage der öffentlichen Haushalte bestehen aus Sicht der Landesregierung derzeit geringe Chancen, über die bereits bestehenden Steuervergünstigungen hinausgehende Steuer- oder Abgabenerleichterungen auf Bundesebene durchzusetzen.

Weitere Anstrengungen zur Zeitungsförderung könnten allerdings im Bereich der Leseförderung und der schulischen Arbeit unternommen werden. Bereits heute werden. In verschiedenen Bundesländern erfolgreich Projekte durchgeführt, die junge Leserinnen und Leser an die Zeitung heranführen sollen. Gerade in Nordrhein-Westfalen (siehe Antwort zu Frage 11) sind durch das Engagement von Verlagen und Schulen vorbildliche Vorhaben ins Leben gerufen worden, die sowohl einen wichtigen Beitrag zur Leseförderung wie auch zur Medienkompetenzentwicklung leisten. Die Landesregierung begrüßt diese Initiativen. Sie regt an, gemeinsam mit relevanten Akteuren Überlegungen anzustellen, welche konkreten Maßnahmen in diesem Bereich Erfolg versprechend sein könnten, um auch auf einer noch breiteren Basis die Zeitungslektüre gerade in der Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen zu intensivieren.

Neben diesen Vorhaben im Bildungsbereich will die Landesregierung auch die Entwicklung der Verlage zu integrierten Medienhäusern konstruktiv zu begleiten. Dort, wo es geboten ist, wird die Landesregierungen die Rahmenbedingungen für die Zeitungsverlage weiterentwickeln, um die publizistische Vielfalt und die ökonomische Prosperität zu unterstützen.

44. Wie bewertet die Landesregierung die derzeitige Entwicklung beim PresseGrosso?

45. Hält die Landesregierung landes- und bundesrechtliche Bestimmungen zur Sicherung des Presse-Grosso für erforderlich?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum?

Die beiden Fragen sind inhaltlich so stark miteinander verknüpft, dass sie im Folgenden zusammengefasst beantwortet werden.

Nach Überzeugung der Landesregierung ist das seit Jahrzehnten bestehende PresseGrosso ein besonders geeignetes System, um v. a. die Zugänglichkeit zu den Printmedien für jedermann ­ eben auch in dünn besiedelten Gebieten ­ zu garantieren. Die Besonderheiten des Systems sind bis hin zur Gebietskartellierung geprüft und auch vom Bundeskartellamt akzeptiert.

In Deutschland hat sich ein dreistufiges Vertriebssystem für Zeitungen und Publikumszeitschriften entwickelt, bei dem zwischen den Verlagen und dem Einzelhandel der Großhandel als Intermediär tätig wird. Während bei Abonnementzeitungen verlagseigene Zustellsysteme der wichtigste Distributionskanal sind, spielt bei den Straßenverkaufszeitungen und Zeitschriften der Großhandel, der allgemein als Presse-Grosso bezeichnet wird, eine zentrale Rolle.

Grossisten werden direkt von den Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen oder von so genannten nationalen Distributoren beliefert, die als Vertriebsunternehmen kleineren Verlagen die Abwicklung des Vertriebs anbieten. „Mit rund 54 Prozent Marktanteil repräsentiert der Pressegroßhandel den dominierenden Vertriebskanal im Pressevertrieb", heißt es auf der Homepage des Bundesverbandes Deutscher Buch-, Zeitungs- und Zeitschriften-Grossisten e. V. In Deutschland existieren derzeit 73 Grossisten. Ende 2007 waren es noch 75 Presse-Grosso-Unternehmen, davon 63 unabhängige Großhändler und zwölf mit Verlagsbeteiligung. Der Branchen-Umsatz ist im Jahr 2007 um fast vier Prozent auf 2,7 Mrd. Euro gesunken. Im ersten Halbjahr 2008 habe sich der Umsatz der Grossisten im Kerngeschäft mit Printprodukten um 2,1 Prozent auf 1,3 Mrd. Euro verringert, teilte der Bundesverbandes Deutscher Buch-, Zeitungs- und Zeitschriften

Grossisten e. V. im September 2008 mit. Damit habe sich ein seit 2000 anhaltender Absatzrückgang fortgesetzt. Für die kommenden fünf Jahre rechnet der Verband mit einem weiteren Umsatzverlust von 1,1 Mrd. Euro, während zugleich die Kosten für Logistik, Energie (v. a. für Kraftstoff) und Personal steigen.

Dass auch die Zahl der Grossisten in den vergangenen Jahren zurückgegangen ist, liegt v.

a. an Fusionen. Insgesamt wurde die Zahl der deutschen Grosso-Betriebe nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Buch-, Zeitungs- und Zeitschriften-Grossisten e. V. in den vergangenen zehn Jahren (bis Dezember 2007) um 17 Firmen reduziert (-18,5 Prozent). Dadurch wurden in dieser Zeit zugleich acht Grosso-Filialgebiete aufgelöst. So schlossen sich in Nordrhein-Westfalen zuletzt am 1. April 2008 die Pressegroßhandelsunternehmen Richter (Essen) und Kaschewitz (Gelsenkirchen) zur PMG Print Medien Gesellschaft zusammen.

Insgesamt haben in Nordrhein-Westfalen zwölf Grossisten ihren Sitz. Das Siegerland wird im Wesentlichen von der Presse-Vertrieb GmbH & Co. KG im rheinland-pfälzischen Ort Scheuerfeld versorgt.

Tab. 44.1 Presse-Grosso-Unternehmen in Nordrhein-Westfalen Unternehmen Sitz Schwerpunkte des Vertriebsgebietes Lütkemeyer KG Münster Münsterland

A. Victor Wehling GmbH & Co. KG Bielefeld Ostwestfalen, Hamm Giesdorf GmbH & Co. KG Detmold Ostwestfalen Wilhelm Schmitz GmbH & Co. KG Duisburg Bochum, Dortmund, Duisburg Könemann GmbH & Co. KG Hagen Hagen, Ennepe-Ruhr-Kreis, Märkischer Kreis, Sauerland Print Medien Gesellschaft mbH & Co. KG Essen Essen, Bottrop, Recklinghausen, Leverkusen, Burscheid, Leichlingen Friedrich J. Keppel GmbH & Co. KG Krefeld Mönchengladbach, Krefeld, Xanten, Kleve Probst & Heuser GmbH & Co. KG Wuppertal Wuppertal, Velbert, Bergisches Land PV Köln/Doll & Esser GmbH & Co. KG Hürth Köln, Rheinisch Bergischer Kreis, Rhein-Erft-Kreis Aachener Medien Vertriebsgesellschaft mbH & Co. Jedes dieser Unternehmen beliefert im Schnitt knapp 1.

Verkaufsstellen. Im so genannten Order-Sortiment befinden sich bis zu 6.000 ZeitschriftenTitel, das durchschnittliche Präsenzsortiment beläuft sich auf 1.850 Titel.

Im Presse-Grosso-System ist es in der Vergangenheit immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten mit den vier großen Publikumszeitschriften-Verlagen gekommen. Die Unternehmen Bauer, Burda, Springer sowie Gruner + Jahr verkaufen in Deutschland knapp 62 Prozent aller Publikumszeitschriften. Der Axel Springer Verlag hat zusätzlich bei den Straßenverkaufszeitungen einen Marktanteil von 79,3 Prozent.