Integration

Frage 11. Mit welchen Maßnahmen fördert die Landesregierung den Aufbau von Telematikund Navigationssystemen in Hessen?

Für das Themenfeld Verkehrstelematik wurde seitens des Wirtschaftsforums Verkehrstelematik (als Zusammenschluss von Fachvertretern der Verkehrspolitik von Bund, Länder und Gemeinden, der Verkehrsunternehmen, der Automobil-, Elektro- und Elektronikindustrie sowie des Dienstleistungssektors) in einer Vereinbarung die Aufgabenverteilung für die Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und privaten Anbietern bezüglich der Einführung von Telematikdiensten bzw. -systemen festgelegt.

Danach ist die Planung, Organisation, Betrieb und Vermarktung von Telematikdienstleistungen und die Entwicklung und Vermarktung von geeigneten Endgeräten (z.B. von Fahrzeug-Navigationssystemen) eine vorwiegend privatwirtschaftliche Aufgabe. Die öffentliche Hand konzentriert sich auf die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben und gesetzlicher Verpflichtungen (insbesondere die Planung und den Betrieb der Verkehrsleit- und steuerungssysteme wie beispielsweise die Verkehrsbeeinflussungs- und Wechselwegweiseranlagen an Bundesautobahnen). In der öffentlich-privaten Zusammenarbeit im Bereich der Dienstleistungen legt die öffentliche Hand auch im Land Hessen - daher ihren Schwerpunkt auf die Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen für die Entwicklung und Umsetzung von Telematikdienstleistungen der privaten Serviceanbieter.

Die hessische Landesregierung konzentriert ihre Aktivitäten im Bereich der Telematik- und Verkehrsleitsysteme für den Straßenverkehr im Verantwortungsbereich der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung. Diese betreibt für den Zuständigkeitsbereich der Bundesfernstraßen im Land Hessen die Verkehrszentrale Hessen (VZH) am Standort Frankfurt am Main-Rödelheim, in der die Aufgaben der Telematik- und Verkehrsleitsysteme anhand der nachfolgend beschriebenen Arbeitsschwerpunkte wahrgenommen werden:

1. Aufbau und Betrieb der Verkehrszentrale Hessen (VZH) im Verantwortungsbereich der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung am Standort Frankfurt Rödelheim

In der neuen Verkehrszentrale Hessen (VZH) wird auf den Ebenen der Verkehrserfassung, der Verkehrssteuerung und des regionalen Verkehrsmanagements ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der Mobilität in der Rhein-Main-Region und im gesamten Land Hessen geleistet. Als Herzstück in einem landesweit verzweigten Straßenverkehrs-Datennetz nimmt sie ein breites Aufgabenspektrum wahr. Beginnend mit der Verkehrs- und Umfelddatenerfassung (Verkehrsmengen, Geschwindigkeiten, Niederschläge, Nebel, Baustellen) auf Bundesfernstraßen, über die Aufbereitung dieser Daten in der Verkehrsdatenregie sowie der Verkehrslageanalyse und -prognose reicht das Spektrum von den aufgrundlage dieser Daten angebotenen Verkehrsinformationen (Internetangebot Verkehrslage und Baustelleninformation) bis hin zu den Kernaufgaben der operativen Verkehrssteuerung auf Bundesfernstraßen über die Strecken- und Netzbeeinflussung (Wechselwegweisung).

2. Generierung von Störungsmeldungen für den Verkehrswarndienst durch die VZH

In der VZH erfolgt aufgrundlage der aktuellen Verkehrslageanalyse die automatisierte Generierung von Störungsmeldungen für den Verkehrswarndienst, die anschließend von der VZH an die Landesmeldestelle Hessen und direkt an den Hessischen Rundfunk weitergeleitet werden. Von der Landesmeldestelle Hessen gelangen diese Informationen dann auch an die Bundesmeldestelle. Die Störungsmeldungen bilden die aktuelle Basis für die Information der Verkehrsteilnehmer im Verkehrswarndienst über den klassischen Verkehrsfunk im 30-Minuten-Rhythmus, den aktuelleren RDS-TMC-Kanal und über Fahrzeug-Navigationssysteme, die bei ihrer Routensuche dynamisch aktuelle TMC-Meldungen berücksichtigen können.

3. Weitergabe von Verkehrsdaten an Verkehrszentralen anderer Bundesländer

Im Rahmen der länderübergreifenden Kooperation zur Verkehrslagedarstellung ist von der Verkehrszentrale Hessen die Weitergabe von Verkehrsdaten an Verkehrszentralen anderer Bundesländer vorgesehen.

4. Erweiterung des Baustelleninformations- zu einem Baustellenmanagement-System für die Bundesautobahnen in Hessen Basierend auf dem bereits in der VZH implementierten Baustelleninformations-System (das einzige Angebot, welches zeitgenau auch alle Tagesbaustellen abbildet) erfolgt derzeit in der VZH eine Erweiterung dieses Systems zu einem Baustellenmanagement-System, mit dessen Hilfe das Baustellengeschehen auf den Bundesautobahnen effizienter koordiniert werden soll, um die Auswirkungen der Baustellen auf den Verkehrsablauf zu minimieren und die wirtschaftliche und sichere Abwicklung des Verkehrs während der erforderlichen Baumaßnahmen zu gewährleisten. Die Koordination der beteiligten Stellen (VZH, Autobahnmeistereien, Straßenverkehrsbehörde) bei der zeitlichen Abstimmung der Baumaßnahme und der Verkehrsführung während der Bauzeit erfolgt dabei "per Mausklick" über das Intranet der HSVV. In einem Baustellensteckbrief, der von den Beteiligten abgerufen werden kann, sind alle für die Baustelle relevanten Informationen enthalten. Gleichzeitig kann damit der aktuelle Status laufender Baumaßnahmen in einem Monitoring überwacht werden. Eine wichtige Innovation des Systems stellt die Möglichkeit dar, die verkehrlichen Auswirkungen der Baumaßnahme anhand von Belastungsprognosen über Staulängen und Verlustzeiten abschätzen und im Rahmen der Entscheidungsfindung als Optimierungskriterium einsetzen zu können. So kann die Baumaßnahme im Bedarfsfall auf einen anderen Zeitraum verschoben werden, in dem geringere verkehrliche Auswirkungen auftreten oder mögliche Konflikte mit Veranstaltungsverkehren oder anderen Baustellen vermieden werden können.

5. Kommunikation mit Serviceanbietern über den Intermodalen StrategienManager

Der im Rahmen des Projektes WAYflow als Software für die Abstimmung und Aktivierung von institutionenübergreifenden Verkehrsmanagementstrategien entwickelte Intermodale Strategien Manager (ISM) sieht einen Informations- und Datenaustausch mit privaten Anbietern von Verkehrsinformationsdiensten vor. Mithilfe eines Web-Dienstleisters können sich die Anbieter über eine Schnittstelle an den ISM-Server einwählen, und so Informationen über die jeweils aktuell aktivierten Strategien erhalten, die sie dann in ihre Serviceangebote für die Verkehrsteilnehmer einfließen lassen können.

6. Integration der Verfahren ASDA und FOTO zur Störfallerkennung und verfolgung der Firma DaimlerChrysler AG in die VZH

In einer Zusammenarbeit mit der DaimlerChrysler AG erfolgte in der VZH die Erprobung und Validierung der von der DaimlerChrysler AG entwickelten Verfahren ASDA (Automatische Staudynamikanalyse) und FOTO (Forecasting of Traffic Objects) für den Bereich der Verkehrsbeeinflussungsanlage an der BAB A 5. Diese Verfahren dienen im Rahmen der Verkehrsbeeinflussung auf Autobahnen aufgrundlage aktueller Forschungsergebnisse der Störfallerkennung und -verfolgung. Sie kommen in der VZH als Softwaretool FotoWin zum Einsatz. Aufgrundlage von aktuell gemessenen Verkehrsdaten wird dabei der Verkehrszustand differenziert nach drei Zustandformen (freier Verkehr, synchronisierter Verkehr, Stau) ermittelt. Vorhandene Störungen des Verkehrsablaufs können im räumlichen und zeitlichen Verlauf über eine graphische Darstellung verfolgt und eine Aussage zu Reisezeiten bzw. Verlustzeiten auf dem betrachteten Streckenabschnitt getroffen werden. Mithilfe dieser automatisch arbeitenden Verfahren lassen sich in der VZH kritische Verkehrslagen zuverlässiger erkennen und zielgerichtete Verkehrsbeeinflussungsmaßnahmen schneller einsetzen.

7. Gestattung der Installation von Telematikinfrastruktur privater Betreiber

Im Rahmen der öffentlich-privaten Zusammenarbeiten wurden durch die Hessische Straßen- und Verkehrswaltung mit privaten Verkehrsdatenanbietern und Telematikdienstleistern Gestattungsverträge über die Installation und den Betrieb von eigener Telematikinfrastruktur dieser Anbieter wie z. B. von Verkehrserfassungsstellen an Bundesautobahnen abgeschlossen. Sie schaffen damit die Rahmenbedingungen für die Datenerfassung und Servicedienstleistungen von privaten Dritten auf Bundesfernstraßen.

8. Überlassung von Verkehrsdaten aus der VZH an private Serviceanbieter

Neben der Gestattung zur Einrichtung von eigenen Messstellen besteht eine Kooperation mit privaten Diensteanbietern bezüglich der Abgabe von aktuellen Verkehrsdaten der Bundesautobahnen im Land Hessen durch die Verkehrszentrale Hessen, die durch entsprechende Datenüberlassungsverträge der HSVV mit diesen Diensteanbietern geregelt ist.

Frage 12. Welchen Sachstand hat die Anwendung von Telematiksystemen auf Hessischen Verkehrswegen?

Unter Bezugnahme auf die in der Antwort zu Frage 11 aufgeführten Arbeitsschwerpunkten ergibt sich folgender Sachstand:

Die neue Verkehrszentrale Hessen hat im Oktober 2001 den Betrieb aufgenommen. Derzeit sind die folgenden Systemkomponenten als Kernfunktionen im operativen Betrieb:

- Zentrale Datenhaltung der an den Bundesfernstraßen im Land Hessen zyklisch erfassten Verkehrs- und Umfelddaten als Grundlage für die anderen Systemkomponenten,

- Plausibilitätsprüfung der eingehenden Daten,

- Aufbereitung der Daten in einer Verkehrslageanalyse zu einer aktuellen Verkehrslagedarstellung und -prognose,

- Aufbereitung ereignisabhängiger Ganglinien aus historischen Daten als Ausgangspunkt für die Prognose,

- Überwachung und Steuerung der Verkehrsbeeinflussungssysteme (Streckenbeeinflussung und Netzsteuerung) auf Bundesfernstraßen unter Berücksichtigung der aktuellen Verkehrslage und -prognose,

- Generierung von Störungsmeldungen für den Verkehrswarndienst,

- Betrieb und Überwachung des Baustelleninformationssystems (Tages- und Langzeitbaustellen),

- Weitergabe der Informationen zur Verkehrslage und zu aktuellen Baustellen an die Verkehrsteilnehmer über das Internet.

Die Generierung der Störungsmeldungen und Übermittlung an die Landesmeldestelle und den Hessischen Rundfunk befindet sich als eine Kernaufgabe der VZH im vollautomatischen Betrieb. Die Weitergabe von Verkehrsdaten aus der VZH an andere Verkehrszentralen befindet sich derzeit mit dem Land Nordrhein-Westfalen in Vorbereitung. Die Daten sollen dann mit der Verkehrsinformationszentrale (VIZ) NRW ausgetauscht werden.

Das Bausstelleninformationssystem ist seit der IAA 1997 in Betrieb und kann von den Verkehrsteilnehmern über die Internetseite: www.verkehr.hessen.de abgerufen werden. Die Erweiterung und Weiterentwicklung zum Baustellenmanagementsystem befindet sich derzeit nach erfolgter Systemspezifikation in der Umsetzungsphase. Ab Oktober 2002 soll ein Prototyp des Systems erprobt werden. Die Inbetriebnahme der Vollversion des Systems in der VZH und den Autobahnmeistereien erfolgt voraussichtlich im Frühsommer 2003.

Der Prototyp des Intermodalen Strategien Managers wurde im Rahmen des vom BMBF geförderten Leitprojektes WAYflow entwickelt und während der verschiedenen WAYflow-Feldversuche zum Regionalen Verkehrsmanagement im Herbst 2001 und im Frühsommer 2002 zusammen mit den beteiligten Partnern erprobt und für die Strategieauswahl und -abstimmung eingesetzt.

Als Anbieter von Serviceleistungen waren die Projektpartner Rhein-MainVerkehrsverbund (RMV) und der Firma gedas Deutschland GmbH in die Erprobung eingebunden. Bei einer entsprechend positiven Bewertung nach der Probephase in WAYflow soll der Intermodale Strategien Manager anschließend in den Regelbetrieb der VZH überführt werden.

Die Verfahren ASDA und FOTO wurden als Kernelemente des SoftwareTools FotoWin nach einer Erprobungsphase von 4 Monaten als eigenständiges System für die BAB A 5 in den normalen Betrieb übernommen. Voraussichtlich im Sommer 2002 soll eine Integration der beiden Verfahren in die Systemkomponenten der VZH erfolgen. In weiteren Schritten sollen sie auch auf andere Strecken der Bundesautobahnen im Land Hessen eingesetzt werden und eine Weiterentwicklung zu einem Prognosewerkzeug auf Basis ereignisorientierter Ganglinien erfolgen.

Gestattungsverträge des Landes Hessen über die Installation und den Betrieb von Telematikinfrastruktur bestehen derzeit mit den folgenden Unternehmen:

- DDG Gesellschaft für Verkehrsdaten mbH (Verkehrsdatenerfassung),