Die erste Problematik betreffe die bewährten fremdländischen Baumarten

B Beratungsergebnis und Schlussabstimmung

Der Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat in seiner Sitzung am 27. November 2008 Sachverständige der folgenden Verbände und Institutionen zur Beratung hinzugezogen: Organisation/Verband Sachverständige/r Waldbauernverband NRW Dietrich Graf von Nesselrode Deutscher Städte- und Gemeindebund Ute Kreienmeier Holz.ConZert Alain Paul Eigenbetrieb Kreisforsten Herzogtum Lauenburg Franz-Sales Fröhlich Landesbetrieb Wald und Holz NRW Rudolf Hansknecht Zunächst stellte die Landesregierung fest, dass nach wie vor eine FSC-Zertifizierung für den Landesbetrieb Wald und Holz angestrebt werde. Allerdings gebe es mit den Regularien, die jetzt von FSC Deutschland in den verschiedenen Bereichen in der Bundesrepublik zur Abstimmung gebracht worden seien, einige Probleme.

Die erste Problematik betreffe die bewährten fremdländischen Baumarten. FSC Deutschland verfolge als Leitbild der Waldentwicklung primär die Herstellung von naturnahen, an der natürlichen Waldgesellschaft orientierten Waldbeständen. Gastbaumarten, also bewährte fremdländische Baumarten wie zum Beispiel die Douglasie oder Roteiche, könnten in der Regel nur in einem Mischungsprozentsatz von bis zu 20 % eingebracht werden. Das gelte auch dann, wenn erhebliche betriebswirtschaftliche Gründe verbunden mit standörtlich geeigneter Auswahl eine andere Entscheidung als sinnvoll erscheinen lassen würden.

Aus Sicht der Waldbesitzer und des Landesbetriebes Wald und Holz trage diese statische Betrachtungsweise der Dynamik bei der Klimaänderung und damit den Auswirkungen auf die Waldgesellschaft nur unzureichend Rechnung. Zweifelsohne sollten die heimischen Baumarten wegen ihrer besonderen Bedeutung für das gesamte Ökosystem Wald in besonderer Weise berücksichtigt werden. Dies dürfe jedoch nicht zu einer waldbaulichen Einengung führen, die den aus dem Klimawandel entstehenden Risiken nicht begegnen könne.

Der zweite Punkt seien Kurzumtriebswälder. Auch zu dieser Fragestellung, die unter den veränderten Bedingungen nach „Kyrill" intensiv diskutiert werde, die auch im Zusammenhang mit der Biomasseproduktion von Bedeutung sei, habe sich FSC Deutschland generell ablehnend positioniert. Zum Zeitpunkt der höchsten Biodiversität in unseren Wäldern herrschten aber primär der Niederwald und der Mittelwald vor. Der heute dominierende Hochwald spielte um 1800 nur eine geringe Rolle. Daher sei auch hier von den Waldbesitzern eine Reaktion erwartet worden.

Das dritte Thema seien die Referenzflächen: Als Referenzflächen sollten zur langfristigen Beobachtung und zum Schutz natürlicher Prozesse in FSC-Betrieben, die größer als 1. ha sind, 5 % der Flächen aus der Bewirtschaftung genommen werden. Der landeseigene Forstbetrieb bestünde schon heute zu 52 % aus Flächen, die in Naturschutzgebieten bzw. FFH- oder Vogelschutzgebieten liegen. Trotzdem werde von FSC Deutschland eine entkoppelte Sichtweise, die die Referenzflächen von den oben genannten Flächen trenne, favorisiert. Das werde den Forstbetrieben in Nordrhein-Westfalen keinesfalls gerecht.

Ein weiteres Thema sei das Holzvorratsniveau: Der FSC-Standard strebe möglichst hohe Holzvorräte in den Wäldern an. Die Holzvorräte in den Wäldern seien in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich angestiegen. Die Nutzung des Holzes und eine möglichst lange Verwendung trage nach Auffassung der Landesregierung stärker zum Klimaschutz bei, als hohe Holzvorräte, die zwar auch CO2 binden würden, im Wald zu halten. Angesichts extremer Wetterbedingungen sei damit ein hohes wirtschaftliches Risiko für die Forstbetriebe verbunden.

Das alles seien Punkte, die angesprochen werden müssten. Es solle allerdings nicht der Eindruck erweckt werden, als sei der Landesbetrieb Wald und Holz gegen eine FSCZertifizierung. Es sei im Gegenteil eher so, dass dies angestrebt werde. Der landeseigene Forstbetrieb sei zurzeit nur im Bereich des Regionalforstamtes Hochstift mit den Altflächen des ehemaligen Forstamtes Paderborn nach FSC zertifiziert. Die übrigen Zertifikate im landeseigenen Forstbetrieb seien ausgelaufen. Das Zertifikat im Regionalforstamt Hochstift unterliege zurzeit einer Suspendierung, die im Wesentlichen mit der Anlage einer aus wissenschaftlichen Gründen betriebenen Versuchsfläche zum Kurzumtrieb begründet wurde. Der Landesbetrieb habe die Aufhebung dieser Suspendierung mit dem Hinweis beantragt, dass er nach § 31 Abs. 3 des Landesforstgesetzes verpflichtet sei, wissenschaftliche Forschung zu betreiben. Dem diene diese Kurzumtriebsplantage.

Die Auswirkungen der aktualisierten Standards auf die Bewirtschaftung im landeseigenen Forstbetrieb könnten derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Daher habe der Landesbetrieb Wald und Holz die Absicht, das aktualisierte FSC-Zertifikat in zwei Teilschritten zu erwerben. Im Bereich des Regionalforstamtes Hochstift, in dem ca. ein Viertel des landeseigenen Forstbetriebes mit einer Größe von ca. 28.000 ha bewirtschaftet werde, soll die Zertifizierung auf die komplette Staatswaldfläche mit dem neu gefassten Standard durchgeführt werden. Aufgrund der dabei entstehenden Erkenntnisse im Umsetzungsprozess könne danach sachgerecht über die Ausweitung auf alle Flächen des Landesbetriebes entschieden werden.

Eine solche schrittweise Vorgehensweise erscheine auch der Landesregierung bei der Komplexität dieser Materie angebracht. Die Bewirtschaftung des landeseigenen Forstbetriebes erfolge in allen Regionalforstämtern nach den gleichen Grundsätzen. Auch wenn nur für einen Teilbetrieb die Zertifizierung nach FSC vorliege, werde damit dokumentiert, dass die Bewirtschaftung des Staatswaldes mit den Zielsetzungen des FSC konform sei.

Aus Sicht des Waldbauernverbandes NRW sollte jeder Forstbetrieb die Entscheidung für eine Zertifizierung für sich selbst treffen. In Nordrhein-Westfalen sei die Waldstruktur durch Privatwald und innerhalb des Privatwaldes vor allen Dingen durch Kleinprivatwald dominiert.

Weil im Kleinprivatwald eine einzelbetriebliche Zertifizierung kaum darstellbar sei, hätten sich die Privatwaldbesitzer in Nordrhein-Westfalen weit überwiegend für eine Zertifizierung nach PEFC entschieden. Man halte es für wichtig, dass sich auch der Landeswald möglichst weitgehend mit dem PEFC-System identifiziert. Es könnte in diesem System erhebliche Steuerungsfunktionen leisten und bewirken, dass sich Waldbesitzer zum einen für eine Zertifizierung engagieren, dass zum anderen die Standards möglichst optimal ausgefüllt würden. Aus

Gründen der Holzvermarktung, aber auch der Stabilität des PEFC-Systems sei es wichtig, dass der Staatswald, gleich wie die Entscheidung laute, im PEFC-System aktiv werde.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund wies darauf hin, dass zur Vorbereitung dieser Ausschusssitzung eine Blitzumfrage bei seinen Mitgliedern durchgeführt wurde und die kommunalen Forstbetriebe um einen Erfahrungsbericht im Umgang mit der Zertifizierung, aber auch darum gebeten wurde, sich zu der Frage zu äußern, ob der Staatswald in NRW die FSC-Zertifizierung erneuern sollte.

Antworten seien aus 48 Betrieben gekommen; dies sei eine sehr große Resonanz. Abgefragt wurde, ob der Forstbetrieb zertifiziert sei? Wenn ja, nach welchem Zertifikat? Habe sich die Zertifizierung positiv auf den Holzpreis ausgewirkt? Welche Erfahrungen habe man ansonsten mit der Zertifizierung gemacht? Würde man sich aufgrund der bisherigen Erfahrungen erneut für eine Zertifizierung entscheiden, und wenn ja, für welches Label? Sollte der Staatswald die FSCZertifizierung beibehalten und erneuern?

Vom Ergebnis her könne man zusammenfassen, dass alle Kommunen, egal ob PEFC- oder FSC-zertifiziert, positive Erfahrungen mit der Zertifizierung gemacht hätten.

Bei der Frage, ob der Staatswald erneut FSC-zertifiziert werden sollte, sei das Meinungsbild in den Kommunen sehr unterschiedlich. Rund ein Drittel der kommunalen Forstbetriebe spreche sich aus den verschiedensten Gründen bis hin zur Vorbildfunktion des öffentlichen Waldes für eine FSC-Zertifizierung im Staatswald aus. Rund ein Drittel der kommunalen Forstbetriebe halte eine PEFC-Zertifizierung für vollkommen ausreichend, und ein Drittel sei der Meinung, dass diese Entscheidung vom Parlament bzw. vom Landesbetrieb selbst getroffen werden sollte. Dieser sollte dann gegenüber der Politik darlegen, aus welchen Gründen er es für erforderlich halte, gegebenenfalls weiterhin FSC-zertifiziert zu werden.

Interessant seien die Anregungen, die man von der Basis zur Rolle des Landes bekommen habe. Vielleicht sei das ein Anlass, sich im Ausschuss bzw. im Landesbetrieb noch einmal detailliert mit den fachlichen Problemen zu befassen. Man wies ferner darauf hin, dass der Gemeindewaldbesitzerverband sich in dieser Frage immer neutral verhalten habe. Es sei immer gesagt worden, dass diese Entscheidung von jedem kommunalen Forstbetrieb selbst zu fällen sei. Die Betriebe schauten, ob ihnen die Zertifizierung Vorteile am Markt verschaffe.

Hinsichtlich der Holzpreise seien bei allen Betrieben keine nennenswerten Vorteile festgestellt worden. Das einzige, das über beide Zertifizierungssysteme festgestellt wurde, sei, dass man bei Holzverkäufen keine finanziellen Nachteile habe. Hätte man kein Zertifikat, hätte man Preisabschläge in einer Größenordnung zwischen 1 und 3 in Kauf nehmen müssen.

Der Vertreter von Holz.ConZert wies darauf hin, dass man zum ersten Mal im Jahre 2000/2001 für das MUNLV aktiv geworden sei, als man helfen konnte, ein Pilotprojekt in Nordrhein-Westfalen zu generieren.

Das sei eine Starthilfe für ein Start-up-Unternehmen gewesen, das auch mit FSC zu tun hatte.

Die Unternehmen, die durch Holz.ConZert beraten würden, hätten gebeten, sich vehement dafür einzusetzen, dass die Zertifizierung nach FSC in Nordrhein-Westfalen weitergeführt werde. Im Markt werde schon kolportiert, dass sich Nordrhein-Westfalen von FSC verabschieden wolle. Man könne das nicht bewerten, aber das brächten die Rundholzeinkäufer mit. Aus der Praxis der letzten zwei Jahre wisse man, dass viele Unternehmen FSC-Holz aus anderen Bundesländern einkaufen würden.