Vorfälle am Landgericht Darmstadt
Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt:
Frage 1. Trifft es zu, dass das Landgericht Darmstadt nicht in der Lage gewesen ist, einen Prozess sieben Jahre lang zu eröffnen mit der Konsequenz, dass die Straftaten zwischenzeitlich verjährt sind?
Wenn ja, wie beurteilt die Landesregierung diesen Vorfall?
Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Darmstadt - Zweigstelle Offenbach am Main - legte den fünf Angeschuldigten mit ihrer Anklageschrift vom 27. November 1991 zur Last, im ersten Halbjahr 1990 eine größere Anzahl von Schecks aus Briefen entnommen und diese zum Teil auch eingelöst zu haben.
Die Anklageschrift ging bei dem Landgericht Darmstadt am 2. Januar 1992 ein. Mit Beschluss vom 4. Mai 1999 lehnte das Landgericht Darmstadt die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen Verjährung der angeklagten Taten ab.
Die Landesregierung bedauert diesen Vorfall. Jedoch konnten weder die Landesregierung noch die zuständige Strafverfolgungsbehörde auf den Fortgang des bei dem Landgericht Darmstadt anhängig gewesenen Strafverfahrens Einfluss nehmen. Denn der Beschluss über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Entscheidung über eine etwaige Terminierung der Strafsache fiel in den Kernbereich der von verfassungswegen garantierten richterlichen Unabhängigkeit.
Frage 2. Trifft es zu, dass der Prozess wegen der geständigen Täter vermutlich innerhalb von zwei oder drei Tagen hätte beendet sein können?
Die fünf Angeschuldigten waren bei ihren Vernehmungen im Ermittlungsverfahren im Wesentlichen geständig. Ob der Prozess deshalb vermutlich innerhalb von zwei oder drei Tagen hätte beendet sein können, lässt sich jedoch nicht prognostizieren. Denn die Angeschuldigten hätten in einer Hauptverhandlung ihre Geständnisse durchaus widerrufen können, was ihnen grundsätzlich jederzeit freisteht. Dann wäre möglicherweise mit einer längeren Verfahrensdauer zu rechnen gewesen.
Frage 3. Hält die Landesregierung die Begründung des Landgerichts, den Strafprozess wegen chronischer Überbelastung nicht eröffnen zu können, für begründet?
Wenn ja, wie kann dieser Überlastung entgegengewirkt werden?
Wenn nein, wie beurteilt die Landesregierung dann diese Argumentation des Landgerichts Darmstadt?
Nach den bundeseinheitlichen Grundsätzen für die Personalbedarfsberechnung im richterlichen Dienst der ordentlichen Gerichtsbarkeit stellte sich die Belastung des Landgerichts Darmstadt in der Vergangenheit wie folgt dar.
Im Verhältnis zu den übrigen Landgerichten lag die Belastung des Landgerichts Darmstadt damit leicht über dem Durchschnitt. Die Bandbreite der Belastung war in den erwähnten Geschäftsjahren mehr oder weniger groß. Sie lag beispielsweise im Jahre 1995 beim Landgericht Frankfurt am Main bei 108,38 v.H. und beim Landgericht Hanau bei 141,42 v.H.
Seit dem Beschluss der Einigungsstelle in dem Mitbestimmungsverfahren über die Grundsätze für die Personalbedarfsberechnung im richterlichen Dienst der ordentlichen Gerichtsbarkeit vom 21. März 1996 finden diese Grundsätze in Hessen keine Anwendung mehr, so dass ab dem Jahr 1996
Zahlen, die ihre Grundlage in den oben genannten Grundsätzen für die Personalbedarfsberechnung haben, keine Verwendung mehr finden dürfen.
Seit März 1999 ist mit dem Bezirksrichterrat ein neues, relatives Personalverteilungssystem abgestimmt, das die Geschäftszahlen (in Arbeitsmengen umgerechnet) mit den vorhandenen zu verteilenden Stellen in Beziehung setzt. Nach diesem Personalverteilungssystem wies das Landgericht Darmstadt, gemessen am realen Personaleinsatz, im Jahr 1997 in Bezug auf Zivil-, Straf- und Verwaltungssachen einen Fehlbedarf von knapp drei Richtern auf. Diesen Fehlbedarf vermochte die Landesregierung damals nicht auszugleichen. Endgültige Zahlen für das Jahr 1998 liegen noch nicht vor, vorläufige Berechnungen weisen aus, dass kein Fehlbedarf mehr vorliegt. Der Stopp des Stellenabbaus durch die amtierende hessische Landesregierung lässt eine weitere Konsolidierung erwarten.
Einer eventuellen Überlastung im Bereich der Strafgerichtsbarkeit kann nur durch eine Änderung der Geschäftsverteilung durch das Präsidium des Landgerichts Darmstadt begegnet werden, das hierüber in richterlicher Unabhängigkeit befindet.
Frage 4. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus diesem Sachverhalt?
Es wird Vorsorge getroffen, nach Vorlage der endgültigen Zahlen auf der Grundlage der neuen Personalverteilungsberechnungen im richterlichen Dienst der ordentlichen Gerichtsbarkeit einen Belastungsausgleich unter den Gerichten durchzuführen, sofern ein Korrekturbedarf besteht.