Die Gründe und Ziele für eine umfassende inhaltliche Änderung des Landeszustellungsgesetzes

Das Landeszustellungsgesetz NRW ist ­ neben dem Verwaltungsverfahrensgesetz NRW, dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW und dem Gebührengesetz NRW ­ der vierte wichtige Bestandteil des nordrhein-westfälischen Verfahrensrechts.

Das alte Landeszustellungsgesetz NRW stammt aus den 50er Jahren. In den nachfolgenden Jahrzehnten haben sich die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik und die Arbeitsbedingungen der Verwaltung entscheidend verändert. Inzwischen liegen gesetzliche Regelungen vor, die der Verwaltung die elektronische Arbeitsweise ermöglichen. Zu nennen ist hier vor allem das Elektronik-Anpassungsgesetz NRW vom 6. Juli 2004 (GV.NRW. S. 370). Ergänzend dazu soll mit dem neuen Landeszustellungsgesetz die Möglichkeit geschaffen werden, elektronische Dokumente elektronisch zuzustellen.

Die Reform des Postdienstes erfordert ebenfalls Änderungen bei der Regelung der Zustellung durch die Post. Auch private Postzusteller sollen in Frage kommen. Zudem sollen die Einzelheiten der Zustellung an die neugestalteten Zustellungsregelungen der Zivilprozessordnung (ZPO) angeglichen werden. Auch die im Geltungsbereich der ZPO eingeführte neue (gelbe) Postzustellungsurkunde soll für die Verwaltungszustellung verbindlich vorgeschrieben werden. Die Auslandszustellung und die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung sollen den modernen Erfordernissen angepasst werden.

Besonderer Teil:

Zu den einzelnen Vorschriften:

Zu § 1 Geltungsbereich und Erfordernis der Zustellung

Das Landeszustellungsgesetz soll für die gesamte Zustellungstätigkeit der Landes- und Kommunalverwaltung und ebenso für die sogenannte mittelbare Staatsverwaltung gelten; ausgenommen sind nur die Landesfinanzbehörden, die das Verwaltungszustellungsgesetz des Bundes anwenden.

Unter den Begriff „Behörden des Landes" im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 erster Halbsatz fallen auch die Einrichtungen des Landes sowie zum Beispiel auch Landesbetriebe, Zweckvermögen und Sondervermögen. Diese und mögliche weitere Sonderformen von Trägern öffentlicher Verwaltung brauchen daher in § 1 Absatz 1 Satz 1 dieses Gesetzentwurfs nicht gesondert aufgeführt zu werden.

Die Regelungen dieses Gesetzentwurfs sollen für alle Träger öffentlicher Verwaltung gelten, somit auch für die so genannte mittelbare Staatsverwaltung. Dies sind die der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, also Körperschaften, Anstalten und Stiftungen.

Zu § 2 Allgemeines:

Zu § 2 Absatz 1 Die Definition der Zustellung lehnt sich an die Definition in § 166 ZPO an. Während dort aber noch allein auf das Schriftstück abgestellt wird, werden hier die Begriffe „schriftliches Dokument" und „elektronisches Dokument" verwendet. Dies sind die Begriffe, die auch in der neuen elektronik-tauglichen Fassung des Verwaltungsverfahrensgesetzes Verwendung finden.

Zu § 2 Absatz 2 Hier wird klargestellt, durch welche Institutionen die Zustellung ausgeführt wird. Die Formulierung trägt der Postreform II Rechnung: Bei der förmlichen Zustellung gem. § 3 Landeszustellungsgesetz wird ein Lizenznehmer nach § 5 des Postgesetzes (PostG) vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I. S. 3294) als beliehener Unternehmer gem. § 33 Abs. 1 PostG tätig. Zustellungen nach § 4 des Landeszustellungsgesetzes (Einschreiben) erledigt der Erbringer von Postdienstleistungen dagegen im Rahmen einer privatrechtlichen Beauftragung durch die Behörde als Postdienstleistung nach § 4 Nr. 1a und b PostG. Dem entsprechend bezieht sich die Regelung des Zustellungsauftrages an die Post als beliehenen Unternehmer gemäß § 168 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO nur auf den Fall des § 176 ZPO (Zustellung mittels Zustellungsurkunde), nicht aber auf den der Zustellung durch Einschreiben (mit Rückschein) nach § 175 ZPO.

Zu § 2 Absatz 3:

Zur Klarstellung wird hervorgehoben, dass die Behörde frei ist in der Auswahl der möglichen Zustellungsarten.

Zu § 3 Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde

Die Zustellung mittels Zustellungsurkunde ist eine förmliche Zustellung im Sinne des § 33

Postgesetz. Der Lizenznehmer ­ der Postdienstleister ­ wird hierbei als beliehener Unternehmer tätig.

Absatz 1 des Gesetzentwurfs lehnt sich an die Formulierung des § 176 Abs. 1 ZPO an. Unter dem „vorbereiteten" Vordruck einer Zustellungsurkunde ist zu verstehen, dass die Behörde auf dem Vordruck Aktenzeichen, Adressat und die eigene (Absender-)Anschrift einträgt, wie dies in der Zustellungsvordruckverordnung vorgesehen ist. Für die Zustellungsurkunde, die Gestaltung des Zustellungsauftrages und des verschlossenen Umschlages, der das zuzustellende Schriftstück enthält, sowie für die Mitteilung über die Niederlegung der zuzustellenden Sendung an den Adressaten gelten die Regelungen der Zustellungsvordruckverordnung.

Dabei ist darauf zu achten, dass nicht nur auf der Zustellungsurkunde, sondern auch auf dem Umschlag der Adressat und das Aktenzeichen angegeben ist. Nur dann ist zweifelsfrei sichergestellt, dass eine urkundliche Beziehung zwischen der Zustellungsurkunde und dem zuzustellenden Schriftstück entsteht. Datenschutzgesichtspunkten ist dabei Rechnung zu tragen.

Absatz 2 verweist für die Ausführung der Zustellung auf die Regelungen der ZPO. Er dehnt die Bezugnahme auch auf § 182 ZPO aus, der Regelungen für die Zustellungsurkunde enthält. § 182 ZPO begründet die Verpflichtung zur Erstellung der Urkunde (§ 182 Abs. 1 Satz 1), legt ihren Inhalt fest (§ 182 Abs. 2) und begründet die Verpflichtung zur unverzüglichen Zurückleitung der Zustellungsurkunde (§ 182 Abs. 3), wobei bei der Verwaltungszustellung an die Stelle der Geschäftsstelle des Gerichts die auftraggebende Behörde tritt. § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO schließlich begründet für die Zustellungsurkunde den Charakter einer öffentlichen Urkunde gemäß § 418 ZPO mit der dort ausgeführten vollen Beweiskraft für die in der Urkunde bezeugten Tatsachen durch die Urkunde selbst.

Absatz 2 Satz 2 des Gesetzentwurfs sieht bei der Ersatzzustellung durch Niederlegung Abweichungen zu § 181 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO vor. Dies ist wegen der anderen Gegebenheiten bei der Verwaltungszustellung geboten. Unter „Ort der Zustellung" ist im Regelfall das Gebiet einer kommunalen Gebietskörperschaft zu verstehen. Für das Erfordernis „Ort des Amtsgerichts" gilt das gleiche. Der Gesetzgeber will mit diesem Erfordernis erreichen, dass dem Zustellungsadressaten nicht zu weite Wege zugemutet werden. Der „Ort des Amtsgerichts" hat in der Regel den Vorteil, dass er zentralörtlich gelegen und auch mit öffentlichem Nahverkehr leichter erreichbar ist.

Wenn die auftraggebende Behörde einen Postdienstleister aussucht, wird sie darauf zu achten haben, ob er diesen gesetzlichen Anforderungen Rechnung tragen kann.

Absatz 2 Satz 3 des Gesetzentwurfs dehnt die Bezugnahme auf die Zustellungsvordruckverordnung aus. Die Verweisung auf die Zustellungsvordruckverordnung bewirkt, dass die jeweils geltende Fassung verbindlich ist.

Zu § 4 Zustellung durch die Post mittels Einschreibens

In § 4 kommt deutlich zum Ausdruck, dass es zwei Typen der Zustellung durch die Post mittels eingeschriebenen Briefes gibt. Beim Einschreiben mit Rückschein ist der Rückschein der Beweis für die erfolgte Zustellung. Diese Regelung stimmt mit der Regelung in § 175 ZPO überein. Der Rückschein stellt allerdings keine öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 ZPO dar. Der von ihm ausgehende Nachweis der Zustellung ist somit ­ auf das Maß eines normalen Beweismittels ­ eingeschränkt. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang und dessen Zeitpunkt nachzuweisen (§ 4 Abs. 2 Satz 3). Bei diesem Zustellungstyp verbleiben bei der Post keinerlei Unterlagen über den Zustellungsvorgang und den Zustellungszeitpunkt.

In den Fällen, in den ein Rückschein nicht vorgelegt werden kann oder bei der Zustellung mittels Einschreibens durch Übergabe gilt die gesetzliche Vermutung, dass das Dokument am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post zugestellt sei. Diese Vermutung kann widerlegt werden. Im Zweifelsfalle trifft die Behörde eine Nachweispflicht. In allen Fällen des § 4 muss die Behörde den Tag der Aufgabe zur Post in den Akten vermerken.

Die Zustellung durch die Post mittels Einschreibens ist keine förmliche Zustellung im Sinn von § 33 Abs. 1 Satz 1 PostG. Der Lizenznehmer wird hier nicht als mit Hoheitsbefugnissen ausgestatteter beliehener Unternehmer tätig (§ 33 Abs. 1 Satz 2 PostG).

Zu § 5 Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis, einschließlich elektronischer Dokumente

Zu Absatz 1:

Die Aushändigung in einem verschlossenen Umschlag soll verhindern, dass ein mit der Zustellung beauftragter Behördenbediensteter, der ansonsten nicht am Verfahren beteiligt ist, Kenntnis vom Inhalt des Dokuments erhält. Diese Regelung dient dem Datenschutz.