Nachweissicherung auf Einschreiben mit Rückschein

Bisher im Gesetz nicht erwähnt, aber gleichwohl anerkannt und angewandt, ist die Form der Zustellung im Ausland unmittelbar durch die Post, soweit dies völkerrechtlich möglich ist. Diese Variante ist in § 9 Abs. 1 Nr. 1 ­ entsprechend § 183 Abs. 1 Nr. 1 ZPO - aufgenommen.

Sie ist zur Nachweissicherung auf Einschreiben mit Rückschein beschränkt. Abweichend von der ZPO-Bestimmung ermöglichen die Regelungen des Verwaltungszustellungsgesetzes diese Zustellung im Ausland, wenn dies "völkerrechtlich zulässig" ist. Diese Formulierung umfasst nicht nur völkerrechtliche Übereinkünfte, sondern auch etwaiges Völkergewohnheitsrecht, ausdrückliches nichtvertragliches Einverständnis, aber auch Tolerierung einer entsprechenden Zustellungspraxis durch den Staat, in dem zugestellt werden soll.

Die Bestimmungen in Absatz 1 Nr. 2 und 3 entsprechen inhaltlich den bisherigen Regelungen nach § 14 Abs. 1 und 2 VwZG und sind entsprechend § 183 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO neu formuliert, in letzterem Falle auf Familienangehörige einer Person, die zu einer Vertretung der Bundesrepublik Deutschland gehört, wenn beide Immunität genießen, ausgeweitet.

In Absatz 1 Nr. 4 des Gesetzes wird die Möglichkeit der elektronischen Zustellung eines elektronischen Dokuments im Ausland geschaffen. Die ZPO sieht diese Möglichkeit ­ noch ­ nicht vor. Diese Abweichung von der ZPO ist konsequent. Denn das Verwaltungszustellungsgesetz soll dazu beitragen, dass für das gesamte Spektrum des Verwaltungshandelns lückenlos alle rechtlichen Voraussetzungen für die vollelektronische Arbeitsweise der Verwaltung geschaffen werden. Dazu gehört auch die Möglichkeit der Zustellung elektronischer Dokumente im Ausland.

Die Zustellung elektronischer Dokumente gemäß Absatz 1 Nr. 4 ist an die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 5 ­ also Eröffnung der elektronischen Kommunikation und Versehen mit qualifizierter elektronischer Signatur ­ geknüpft und zusätzlich von völkerrechtlicher Zulässigkeit abhängig gemacht. Zu den Voraussetzungen der völkerrechtlichen Zulässigkeit wird auf die Ausführungen zu Absatz 1 Nr. 1 Bezug genommen. Zum Nachweis der Zustellung genügt das Empfangsbekenntnis gemäß § 5 Abs. 5 Satz 3.

Nach der Neuregelung in § 9 Abs. 3 kann die Behörde im Rahmen einer Zustellung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 anordnen, dass der im Ausland befindliche Adressat einen Zustellungsbevollmächtigten im Inland benennt. Kommt er dem nicht nach, können spätere Zustellungen durch einfache Aufgabe des Schriftstücks zur Post erfolgen. Nach Satz 3 gilt das Schriftstück am siebenten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt. Diese Frist wurde an die der gleich gelagerten Fallkonstellation des § 15 Abs. 2 VwVfG angeglichen. Bei der Aufgabe des Schriftstücks zur Post entsprechend Satz 2 handelt es sich um eine Inlandzustellung (BVerfG, NJW 1997, 1772 und BGHZ 98, 263). Diese ist somit nicht abhängig von völkerrechtlichen Bestimmungen. Das Vorgehen nach § 9 Abs. 3 ist auf die Fälle von Absatz 1 Nr. 2 und 3 beschränkt. Es scheidet aus, wenn bereits ein Bevollmächtigter mit Zustellungsvollmacht vorhanden ist.

Der Rechtsunkundige ist dadurch geschützt, dass nach Absatz 3 Satz 5 in der Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten gemäß Satz 1 zu benennen, auf die Rechtsfolgen nach Satz 2 bis 4 hinzuweisen ist.

Zu § 10 Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung:

Die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung (früher „öffentliche Zustellung") wird neu geregelt. Ihre Voraussetzungen sind in Absatz 1 dahingehend zusammengefasst, dass sie als ultima ratio erst dann erfolgen darf, wenn eine Zustellung nach den vorausgegangenen Bestimmungen nicht möglich ist oder im Fall einer erforderlichen Zustellung im Ausland kei nen Erfolg verspricht. Die Anordnung zu dieser Form der Zustellung trifft ein zeichnungsberechtigter Bediensteter (Absatz 1 Satz 2).

Aus datenschutzrechtlichen Erwägungen wird festgelegt, dass nicht mehr das gesamte zuzustellende Dokument bekannt zu machen ist, sondern nur eine Benachrichtigung mit weitgehend neutralem Inhalt (Absatz 2). In der Benachrichtigung muss auf die Zustellungsform „öffentliche Bekanntmachung" hingewiesen werden, ebenso auf die Möglichkeit eines beginnenden Fristenlaufs mit etwaigen drohenden Rechtsverlusten; im Falle einer Ladung muss auf diesen Umstand hingewiesen werden (Absatz 2, Satz 5 und 6). Die Fiktion der Zustellung tritt zwei Wochen nach dem Tag der Bekanntmachung der Benachrichtigung ein (Absatz 2, Satz 8).

Die alte Regelung der öffentlichen Zustellung (§ 15 VwZustG Bund vom 3. Juli 1952) geht von der Vorstellung aus, dass ein Schriftstück eine gewisse Zeit an das „schwarze Brett" zu hängen ist. Heutzutage hat eine derartigen Methode kaum noch nennenswerte Publikationswirkung. Viel besser und wirkungsvoller können Publikationsmittel sein, die bei den bereits gesetzlich geregelten Fällen der öffentlichen Bekanntmachung eingesetzt werden. Hierfür schreibt zum Beispiel § 73 Abs. 6 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW die Bekanntmachung im amtlichen Veröffentlichungsblatt und in den Tageszeitungen vor. Für den kommunalen Bereich wird auf § 7 Abs. 4 und 5 GO NRW und auf § 4 der Bekanntmachungsverordnung abgestellt.

Bei der Bestimmung der Bekanntmachungsstellen und Bekanntmachungsorgane geht das Gesetz von den besonderen nordrhein-westfälischen Gegebenheiten aus. Es soll auch die Möglichkeit einer öffentlichen Bekanntmachung im Internet eröffnet werden, bei den Gemeinden allerdings nur im Rahmen der Bekanntmachungsverordnung.

Die Bezugnahme auf § 4 der Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht vom 26. August 1999 in der jeweils geltenden Fassung sichert deren Geltung für die Zustellung nach Verwaltungszustellungsgesetz.

Zu § 11 Zustellung an Beamte, Ruhestandsbeamte und sonstige Versorgungsberechtigte § 11 enthält den Inhalt der Regelung des § 2 des alten Zustellungsgesetzes NRW. Es handelt sich um eine Reihe von Erleichterungen, die das Zustellungsverfahren vereinfachen, beschleunigen und kostengünstiger gestalten. Wegen dieser Vorteile soll die Regelung für die Zukunft aufrecht erhalten werden.

Zu § 12 In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten:

Dieses Gesetz soll gleichzeitig mit dem Verwaltungszustellungsgesetz des Bundes in Kraft treten.

Das vorgesehene Außer-Kraft-Treten des neuen Gesetzes Ende 2010 soll Landesregierung und Landtag zu einer rechtzeitigen und umfassenden Evaluierung dieses Gesetzes anhalten.

Dieser Zwang zur Evaluierung entspricht dem von der Landesregierung und dem Landtag beschlossenen Befristungsprojekt.