Elektrosmog durch Mobilfunkanlagen

Die Kleine Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung wie folgt:

Frage 1. Welche gesetzlichen Regelungen (Anzeigepflicht, Leistung, Abstände von Wohnbebauung etc.) bei Aufstellung und Betrieb von Mobilfunkanlagen sind in Hessen gültig?

Für den Bau und die Inbetriebnahme von Mobilfunksendeanlagen sind die folgenden gesetzlichen Grundlagen zu beachten:

- das Telekommunikationsgesetz (TKG),

- das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG),

- die 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (26. BImSchV - Verordnung über elektromagnetische Felder),

- das Bauplanungsrecht und das Bauordnungsrecht.

Die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von Sendeanlagen sind in der 26. BImSchV sowie in den mit Erlass vom 8. Juni 1999 eingeführten "Hinweisen zur Durchführung der Verordnung über elektromagnetische Felder" festgelegt.

Die Grenzwerte der 26. BImSchV schützen vor bekannten Gesundheitsgefahren und dienen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch elektromagnetische Felder. Geschützt werden sollen die Allgemeinheit und die Nachbarschaft.

Entsprechend § 7 dieser Verordnung sind Hochfrequenzanlagen anzeigepflichtig. Der Anzeige ist die von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) zu erstellende Standortbescheinigung beizufügen.

Voraussetzung für deren Erteilung ist die Einhaltung der in der Verordnung genannten Grenzwerte. Die RegTP berechnet den für die jeweilige Sendeanlage erforderlichen Sicherheitsabstand auf der Grundlage der Anforderungen der 26. BImSchV. Bei der Standortbescheinigung werden die relevanten Feldstärken von sich bereits im Umfeld der zu überprüfenden ortsfesten Anlage befindlichen weiteren Sendefunkanlagen durch einen zusätzlichen Sicherheitsfaktor berücksichtigt und gehen somit direkt in den festzulegenden Sicherheitsabstand ein.

Hinsichtlich der baurechtlichen Beurteilung von Mobilfunksendeanlagen ist

§ 63 der Hessischen Bauordnung (HBO) eine zentrale Vorschrift. Danach bedarf die Errichtung, Aufstellung oder Anbringung folgender baulicher oder anderer Anlagen und Einrichtungen keiner Baugenehmigung:

- Antennenanlagen bis 5 m Höhe und bis zu einer Gesamtabstrahlleistung von 10 W (EIRP) (§ 63 Abs. 1 Nr. 5a HBO),

- Antennenanlagen über 5 m bis 12 m Höhe; bei einer Gesamtabstrahlleistung von mehr als 10 W (EIRP), wenn die gesundheitliche Unbedenklichkeit durch eine Genehmigung, Zulassung oder amtliche Bescheinigung festgestellt wird (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a HBO).

In § 63 Abs. 1 Nr. 5a HBO ist die Baugenehmigungsfreiheit für Antennenanlagen aus Gründen des Gesundheitsschutzes eingeschränkt auf solche Antennenanlagen, die eine Gesamtabstrahlleistung von nicht mehr als 10 W (effektive Abstrahlleistung, auf isotope Strahler (Kugelstrahler) bezogen - EIRP) haben. Antennenanlagen über 5 m Höhe und mit einer Abstrahlleistung über 10 W (EIRP) sind unter den Voraussetzungen des § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a HBO baugenehmigungsfrei. Antennenanlagen unter 5 m Höhe, die aber eine Abstrahlleistung von mehr als 10 W (EIRP) haben, sind analog § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a HBO zu behandeln. Es bedarf der Feststellung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit; eine Bescheinigung über die statisch-konstruktive Unbedenklichkeit ist nicht erforderlich (Nr. 63.1 des Einführungserlasses zur HBO vom 14. Juli 1994 (StAnz. S. 1986), zuletzt geändert durch Erlass vom 13. Februar 1996 (StAnz. S. 868)).

Bei der Höhe der Anlage ist auf die Eigenhöhe abzustellen, also vom Antennenfuß bis zum Ende der Antenne zu messen. Die Höhe über der Geländeoberfläche, z. B. wenn die Antennenanlage auf einem Gebäude angebracht wird, hat keine Bedeutung. Die Freistellung erfasst auch das Errichten oder Ändern von Antennenanlagen auf Antennenträgern. Wird auf einem genehmigten Antennenmast eine Antenne neu errichtet, so ist hinsichtlich der Genehmigungsfreiheit auf die Eigenhöhe der neuen Antenne abzustellen.

Der Sachverhalt kann nicht anders beurteilt werden als das Errichten einer Antenne auf einem Gebäude.

Bei den in § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a HBO aufgeführten Antennenanlagen wird neben der Prüfung der Standsicherheit ein Nachweis der gesundheitlichen Unbedenklichkeit gefordert. Als Beurteilungsgrundlage für die Feststellung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit ist in der Regel die Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) heranzuziehen. Die Feststellung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit selbst kann durch die RegTP, die in diesem Fall nicht als Genehmigungsbehörde, sondern als Fachbehörde im Sinne des § 66 Abs. 3 Satz 1 HBO tätig wird, oder durch eine andere fach- und sachkundige Behörde oder Stelle erfolgen. In der fachlichen Stellungnahme sind auch nichtthermische (athermische) Effekte/Wirkungen zu berücksichtigen.

Auch genehmigungsfreie Antennenanlagen unterliegen dem materiellen Recht, ebenso wie genehmigungsbedürftige Anlagen. Dies wird durch § 63 Abs. 5 HBO klargestellt:

Die Freistellung von der Baugenehmigungspflicht entbindet nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentlichrechtliche Vorschriften an die baulichen und anderen Anlagen und Einrichtungen gestellt sind.

Maßgeblich sind insbesondere die Einhaltung der Standsicherheit (§ 15

HBO), der Schutz gegen schädliche Einflüsse (§ 16 HBO) und die Einhaltung der Abstandsflächen (§ 6 HBO). Bauplanungsrechtlich sind Mobilfunkanlagen je nach Größe als Nebenanlagen im Sinne von § 14 BauNVO oder (als bauliche Hauptanlagen) als Gewerbebetriebe nach den Bestimmungen der §§ 2 f BauNVO zu beurteilen.

Ergänzend sind die allgemeinen Voraussetzungen für die Zuverlässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen nach § 15 BauNVO zu beachten. Demnach sind Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Störungen ausgesetzt werden.

Soweit es um schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 BImSchG geht, konkretisieren die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und damit auch für das Baurecht (vgl. Beschluss des Hess. VGH vom 29. Juli 1999, 4 TG 2118/99).

Frage 2. Sind aktuell rechtliche Änderungen geplant, und wie steht die Landesregierung dazu?

Infolge der Empfehlung der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierenden Strahlen (ICNIRP) von 1998 sowie der Empfehlung des Rates zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern (0 Hz-300 GHz) vom 12. Juli 1999 (1999/519/EG) ist eine Novellierung der 26. BImSchV notwendig geworden. Seitens des zuständigen Bundesumweltministeriums (BMU) ist bisher dazu noch kein Konzept vorgelegt worden. Seitens des Unterausschusses Lärmbekämpfung des Länderausschusses für Immissionsschutz ist der aus Sicht der Länder notwendige Novellierungsbedarf in einem Eckpunktepapier zusammengestellt worden und wird in Kürze dem BMU zugeleitet werden. Das Land Hessen, hier das Umweltministerium, war an der Erstellung des Papiers beteiligt.

Frage 3. Wer ist wie mit welchen Aufgaben bei der Genehmigung welcher Anlagen zu beteiligen?

Nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz sind Sendeanlagen nicht genehmigungsbedürftig, gleichwohl unterliegen sie jedoch unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen.

Mobilfunksendeanlagen sind nach § 7 der 26. BImSchV anzuzeigen, wobei der Anzeige eine Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post beizufügen ist (siehe auch Antwort zu Frage 1). Entgegengenommen werden die Anzeigen von den Staatlichen Umweltämtern bei den Regierungspräsidien. Diese Behörden sind auch zuständig für die Zulassung von Ausnahmen nach den §§ 8 und 10 der 26. BImSchV. Unabhängig von einer bauordnungsrechtlichen Freistellung sind die materiellen planungsrechtlichen Anforderungen zu erfüllen, soweit die Mobilfunkanlagen bodenrechtlich relevant sind (wovon in der Regel ausgegangen werden kann). Ein eigenständiges planungsrechtliches Genehmigungs- oder Beteiligungsverfahren gibt es allerdings nicht.

Frage 4. Hält die Landesregierung ein vollständiges Kataster von Mobilfunkanlagen für notwendig, und wenn nein, warum nicht?

Ein vollständiges Kataster für Mobilfunksendeanlagen ist nicht vorgesehen.

Die Staatlichen Umweltämter verfügen über ausreichende Informationen zu diesen Anlagen aufgrund der Anzeigen nach § 7 der 26. BImSchV.

Frage 5. Wie werden Elektrosmogemissionen und -immissionen erfasst?

Emissionen und Immissionen durch elektromagnetische Felder werden entsprechend § 5 der 26. BImSchV durch Messung oder Berechnung der elektrischen und magnetischen Feldstärke erfasst.

Die Immissionen von Mobilfunkanlagen werden durch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post im Rahmen der Standortbescheinigung üblicherweise berechnet.

Frage 6. Welche Erkenntnisse über kurz-, mittel- und langfristige gesundheitliche Wirkungen, vor allem gepulster Strahlung auf menschliche sowie tierische Organismen, liegen der Landesregierung vor?

Es gibt nur wenige epidemiologische Untersuchungen zur gesundheitlichen Beeinträchtigung durch hochfrequente elektromagnetische Felder. Nach einer Übersicht der ICNIRP finden die meisten dieser Studien kein erhöhtes Krebsrisiko für Personen, die solchen Feldern (z.B. im Rahmen ihrer Berufstätigkeit oder als Anwohner naher hochfrequenter Anlagen) ausgesetzt sind.

Durch Absorption von Hochfrequenzstrahlung kommt es zu einer Erwärmung des Körpergewebes. Entsprechend einer Veröffentlichung der ICNIRP können Temperaturerhöhungen im Gewebe von mehr als 1° C zu negativen biologischen Wirkungen führen. Um diesen Wert durchgehend zu unterschreiten, wurden im § 2 Nr. 1 der 26. BImSchV Grenzwerte für die elektrische und magnetische Feldstärke festgelegt. Für gepulste elektromagnetische Felder werden nach § 2 Nr. 2 der Verordnung die Feldstärkespitzenwerte auf das 32-fache der Feldstärkewerte nach Nr. 1 begrenzt.

In der Diskussion um mögliche Krebswirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder spielen insbesondere auch die nichtthermischen Effekte eine Rolle. Allerdings haben sich z. B. in Tierversuchen, die in den letzten Jahren durchgeführt worden sind, keine Einflüsse auf die Entwicklung von Melanomen bei Mäusen oder Hirntumoren bei Ratten ergeben.

Insgesamt bleibt festzustellen, dass infolge der raschen Verbreitung des Mobilfunks mögliche Gesundheitsrisiken durch Hochfrequenzstrahlung von besonderem öffentlichem Interesse sind. Internationale Expertenkommissionen (WHO, ICNIRP) empfehlen die Durchführung von epidemiologischen Studien zur weiteren Abklärung dieser Fragestellungen.

Über die Auswirkungen elektrischer und magnetischer Felder an einer Stromtrasse gibt es eine Veröffentlichung (Hamann, H.-J. et al. (1998)):

Mögliche Wirkungen elektrischer und magnetischer Felder auf die Brutbiologie von Vögeln am Beispiel einer Population von höhlenbrütenden Singvögeln an einer Stromtrasse (Vogel und Umwelt 9: 215-246). Nachteilige Effekte, wie z. B. erhöhte Nestlingssterblichkeit oder das Auftreten von Missbildungen, konnten bei diesen Untersuchungen nicht festgestellt werden.

Frage 7. Verändert sich die Belastung durch Elektrosmog mit dem Wetter?

Unterschiedliche Wetterlagen ändern an der elektromagnetischen Strahlung durch Mobilfunkantennen nichts. Jedoch kann sich das Verhältnis von elektrischer und magnetischer Feldstärke etwas verändern, da bei feuchter Luft die Dielektrizitätskonstante geringfügig größer wird (die Quadratwurzel aus den Dielektrizitätskonstanten ist für das Verhältnis beider Feldstärken maßgebend).

Frage 8. Welchen weiteren Forschungsbedarf sieht die Landesregierung, und welche Bemühungen unternimmt sie, diesen Bedarf zu decken?

Hierzu verweise ich auf die Antwort zu Frage 6.

Frage 9. Welche Konflikte ergeben sich bei der Errichtung der Anlagen mit dem Naturschutz (z.B. bei der Errichtung von Anlagen auf Kirchtürmen, die von geschützten Tieren wie Fledermäusen und Turmfalken genutzt werden), und wie werden diese gelöst?

Es liegen bis jetzt keine Untersuchungen vor, die eine eventuell negative Auswirkung gepulster Strahlung auf die im gleichen Gebäude vorkommenden Brut-, Aufzucht- und Ruhestätten geschützter Tierarten (z.B. Schleiereule, Turmfalke, Fledermäuse) zum Inhalt haben.

In den bisherigen Fällen konnten die Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland oder andere Gutachter nur darauf verweisen, dass bei Installation der Anlagen (etwa Mobilfunk) und eventuellen Servicezeiten die Brutzeiten und Jungenaufzuchtperioden ausgespart bleiben.