Welche Kriterien gelten für die Behandlungsbedürftigkeit von Niederschlagswasser?
Die Behandlung belasteten Niederschlagswassers wird durch verschiedene Gesetzgebungen geregelt. Neben europäischen und Bundesvorgaben (WRRL, WHG) sind dies in NRW das Landeswassergesetz sowie der Trennerlass des MUNLV vom 26.05.2004 (Anforderungen an die Niederschlagsentwässerung im Trennverfahren). In Kapitel 2.2 des Erlasses wird zur Behandlung schwach belasteten Wassers ausgeführt: "Schwach belastetes (= gering verschmutztes) Niederschlagswasser (Kategorie II der Anlage 1) bedarf grundsätzlich einer Behandlung entsprechend den Vorgaben im Kap. 3 und der Tabelle in Anlage 2.
Von einer zentralen Behandlung dieses Niederschlagswassers kann im Einzelfall abgesehen werden, wenn aufgrund der Flächennutzung nur mit einer unerheblichen Belastung durch sauerstoffzehrende Substanzen und Nährstoffe und einer geringen Belastung durch Schwermetalle und organische Schadstoffe gerechnet werden muss oder wenn eine vergleichbare dezentrale Behandlung erfolgt. Dies gilt im Allgemeinen für
- Dachflächen in Gewerbe- und Industriegebieten,
- befestigte Flächen mit schwachem Kfz-Verkehr (fließend oder ruhend), z.B. Wohnstraßen mit Park- und Stellplätzen; Zufahrten zu Sammelgaragen; sonstige Parkplätze, soweit nicht die Voraussetzungen der Kategorie III der Anlage 1 vorliegen,
- zwischengemeindliche Straßen- und Wegeverbindungen mit geringem Verkehrsaufkommen sowie
- Hof- und Verkehrsflächen in Misch-, Gewerbe- und Industriegebieten
- mit geringem Kfz-Verkehr (fließend oder ruhend)
- mit geringem LKW-Anteil
- ohne abflusswirksame LKW- Parkplätze
- ohne abflusswirksame Lagerflächen
- ohne abflusswirksame Flächen der Kategorie III der Anlage 1
- ohne Produktionsbetriebe
- ohne Umgang mit wassergefährdenden Stoffen
- ohne sonstige Beeinträchtigungen der Niederschlagswasserqualität.
Eine Versickerung kann je nach Zuordnung in die o. g. Fallgruppen unter gleichen Voraussetzungen gemäß Ziffer 14.2 in Verbindung mit Ziffer 15 des „§ 51a-Erlasses" durchgeführt werden."
Die Einteilung der Flächen in "schwach belastet" wird von den Bezirksregierungen unterschiedlich gehandhabt. So gilt im Regierungsbezirk Köln auf Parkplätzen bzw. Straßen eine Behandlungsbedürftigkeit des Niederschlagswassers bereits bei einem durchschnittlichen täglichen Werktagsverkehr (DTWV) von 300-500. Die Bezirksregierungen Münster und Arnsberg hingegen sehen eine Behandlungsbedürftigkeit erst ab einem DTWV von ca. 2.000 gegeben. Der Landesbetrieb Straßenbau NRW legt sich bisher in keiner Weise auf eine Verkehrsobergrenze fest.
1. Wie bewertet die Landesregierung die unterschiedliche Auslegung des Trennerlasses bei den verschiedenen Bezirksregierungen
Am 26.05.2004 wurden die Anforderungen an die Niederschlagsentwässerung im Trennverfahren durch Veröffentlichung im Ministerialblatt für die Behörden verbindlich. Für die Umsetzung der Anforderungen sind seit 2008 gemäß Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz die Kreise und kreisfreien Städte zuständig. Es gibt keine Hinweise auf unterschiedliche Auslegungen bei den zuständigen 54 Unteren Wasserbehörden.
2. Ab welcher Zahl täglicher Verkehrsbewegungen (DTWV) sieht die Landesregierung eine Behandlungsbedürftigkeit von Niederschlagswasser
In den Anforderungen an die Niederschlagsentwässerung im Trennverfahren werden keine KFZ-Zahlen genannt. Es ist fachlich unumstritten, dass neben der KFZ-Zahl auch die Art des Kraftverkehrs (PKW, LKW etc.) zu betrachten ist. Ein Ermessensspielraum ist deshalb geboten.
Das Regelwerk der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall geht davon aus, dass wenig befahrene Verkehrsflächen (bis zu 300 KFZ/24 h) zu einer sehr geringen Verschmutzung führen, so dass es keiner Behandlung des abfließenden Niederschlagswassers bedarf.
Straßen mit weniger als 2000 KFZ/24 h weisen gemäß der bundesweit eingeführten Richtlinien für die Anlagen von Straßen (RAS-Ew) in der Regel keine nennenswerten Verunreinigungen auf und anfallendes Oberflächenwasser kann im Allgemeinen ohne Behandlung in offene Gewässer eingeleitet oder sachgerecht versickert werden.
Von einer Behandlungsbedürftigkeit des von Straßen in die Gewässer eingeleiteten Niederschlagswasser wird in der Regel bei einem Verkehrsaufkommen von mehr als 2000 KFZ/24 h ausgegangen.
3. Zeigt die Praxis der Umsetzung, dass an Kommunen, Industrie, Gewerbe und Landesbetrieb Straßenbau NRW unterschiedliche Anforderungen bzgl. der Behandlungsbedürftigkeit gestellt werden?
Durch einen mit dem Ministerium für Bauen und Verkehr abgestimmten Erlass vom 29.11.2007 ist sichergestellt, dass innerhalb bebauter Gebiete einheitliche Anforderungen an die Behandlung von Niederschlagswasser an Kommunen und den Landesbetrieb Straßenbau NRW entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik gestellt werden.
Bundesweit verbindliche Anforderungen an die Einleitung von Niederschlagswasser sieht die Abwasserverordnung nur für sehr wenige Industriebereiche vor.
4. In welcher Weise beabsichtigt die Landesregierung, klare und nachvollziehbare Angaben zum Vollzug des Trennerlasses vorzulegen.
Ein Fortschreibungsbedarf für den Trennerlass ist nicht erkennbar.