Entsprechen Sozialbestattungen in Nordrhein-Westfalen nach § 7 SGB Xll den Ansprüchen, die die Begräbniskultur erfordert?

In den letzten Monaten häufen sich in den Medien Berichte über Sozialbestattungen nach § 74 SGB XII. Es scheint eine steigende Anzahl von Bestattungen zu geben, bei denen die verpflichteten Angehörigen nicht in der Lage sind, die Kosten einer Bestattung zu übernehmen.

In dem Zusammenhang sind Fälle bekannt geworden, in denen die fehlende Kostenübernahme nach § 74 SGB XII nicht zu einem angemessenen, würdevollen Begräbnis führt, das dem Wunsch des Verstorbenen, beziehungsweise dessen Angehörigen entspricht.

Dieser Themenbereich hat in anderen Bundesländern bereits zu parlamentarischen Vorgängen geführt.

Die Verbraucherinitiative Bestattungskultur empfiehlt im Rahmen der Aktion Sozialbestattung 2008 einheitliche Standards zu bestimmen, die ein menschenwürdiges Abschiednehmen ermöglichen (www.aeternitas.de). Hier wird auch eine schnelle Bearbeitung hinsichtlich der Kostenübernahme angemahnt.

Als Standard für Sozialbestattungen wird empfohlen:

· Wahl zwischen Erd- und Feuerbestattung

· Uherführungskosten, Kosten der Kremation

· Sarg

· Deckengarnitur

· Leiche vorbereiten

· Aufbewahrung des Leichnams

· Bestatterleistungen wie etwa für Beschaffung von Urkunden

· Kapellen- / Trauerhallenbenutzung

· Sargträger

· Orgelspiel

· e Trauerredner oder geistliche Begleitung der Trauerfeier

· Friedhofs- und Bestattungsgebühren des Friedhofs vor Ort

· Erstanlage der Grabstelle (Pflanzen, Grabkreuz oder Grabkissen)

1. Sieht die Landesregierung die Standards, die die Initiative für Bestattungskultur formuliert und die nach deren Angaben bereits in manchen Bundesländern als Standard angesehen werden, als grundlegend für eine würde- und achtvolle Bestattung gemäß § 74 SGB Xll an?

Die Übernahme der erforderlichen Kosten einer Bestattung gemäß § 74 SGB XII dient dem Zweck, eine würdige Bestattung auch dann zu gewährleisten, wenn die verstorbene Person mittellos ist und den an sich zur Tragung der Bestattungskosten Verpflichteten eine Kostentragung im Einzelfall nicht zugemutet werden kann. Zu übernehmen sind die Kosten für eine angemessene Bestattung in einfacher, aber würdiger und ortsüblicher Form. Die Standards, die die Initiative für Bestattungskultur formuliert hat, können einer angemessenen Bestattung entsprechen, können aber auch im Einzelfall von dieser abweichen.

2. Welche Empfehlungen oder Regelungen zur Sozialbestattung existieren in Nordrhein-Westfalen von Seiten der Sozialleistungsträger, beziehungsweise der kommunalen Spitzenverbände, und sieht für den Fall, dass solche Empfehlungen in NRW bislang nicht existieren, die Landesregierung hier einen Handlungsbedarf, um auch bei Sozialbestattungen die Wünsche von Angehörigen, beziehungsweise des Verstorbenen hinsichtlich der Begräbniskultur zu berücksichtigen?

Der Landesregierung sind keine Empfehlungen oder Regelungen zur Sozialbestattung in Nordrhein-Westfalen bekannt und sie sieht hierfür auch keinen Handlungsbedarf. Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass nordrhein-westfälische Träger der Sozialhilfe ­ bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen - die Kosten einer angemessenen Bestattung in einfacher, aber würdiger und ortsüblicher Form nicht übernommen haben.

3. Wie haben sich die Ausgaben von Kreisen und kreisfreien Städten in den letzten fünf Jahren bei Sozialbestattungen nach § 74 SGB Xll in Nordrhein-Westfalen entwickelt? (Bitte aufschlüsseln nach Art der Abrechnung [Pauschal/ Einzelabrechnung], Höhe der Pauschalvergütung, Leistungsumfang (Überführungskosten, Sarg, geistliche Begleitung bzw. Trauerredner, etc.] Summe der Ausgaben)?

Die Kosten haben sich insgesamt wie folgt entwickelt: 2005 rund 6,6 Mio. Euro, 2006 rund 9,3 Mio. Euro, 2007 rund 11,0 Mio. Euro, 2008 rund 13,3 Mio. Euro.

Eine darüber hinausgehende Aufschlüsselung ist nicht möglich, da diese Daten nicht erfasst werden.

4. Aufgrund welcher Sachverhalte kommt es in der Frage der Kostenübernahme zu unverhältnismäßigen Wartezeiten für die Angehörigen und/oder die Bestatter und welche Lösungsmöglichkeiten sieht die Landesregierung?

Nach hiesigen Erkenntnissen sind die zuständigen Träger der Sozialhilfe bemüht, Anträge nach § 74 SGB XII zeitnah und umfassend zu entscheiden. Die häufig umfassenden Sachverhaltsermittlungen nehmen allerdings oftmals größere Zeitspannen in Anspruch. So sind z. B. alle Möglichkeiten der Selbsthilfe, einschließlich vorrangiger Ansprüche gegenüber Dritten, auszuschöpfen. Letztendlich kommt darin auch der sparsame Umgang mit öffentlichen Mitteln zum Ausdruck.

Sollten Bestattungsunternehmen aufgrund einer aufwändigen Prüfung auf die Übernahme ihrer Bestattungskosten warten müssen, ist hierzu festzustellen: Bestattungsunternehmer haben einen Anspruch auf Vergütung aus dem privatrechtlichen Bestattungsvertrag gegenüber demjenigen, der die Bestattung in Auftrag gibt. Dabei trägt das Bestattungsunternehmen - wie jedes andere Unternehmen auch - das wirtschaftliche Risiko, ob der Vertragspartner in der Lage ist, tatsächlich zu zahlen. Die Regelung des § 74 SGB XII dient nicht dem Schutz der Bestattungsunternehmen, sondern soll auch bedürftigen Personen eine würdige Bestattung ihrer Angehörigen ermöglichen.

5. Sieht die Landesregierung im Bereich der Sozialbestattung einen Handlungsbedarf, allein oder gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden (z.B. in der Frage der Berücksichtigung von Schonvermögen), den Religionsgemeinschaften, etc., oder beabsichtigt die Landesregierung in der anstehenden Evaluierung des nordrheinwestfälischen Bestattungsgesetzes unter Bezug auf § 7 Abs 2

BestG NRW den Themenkomplex der Sozialbestattungen nach § 74 SGB Xll einschließlich der ordnungsbehördlichen Bestattung zu behandeln?

Die Landesregierung sieht keinen Handlungsbedarf im Bereich der Sozialbestattungen und beabsichtigt auch nicht im Rahmen der Evaluierung des nordrhein-westfälischen Bestattungsgesetzes den Themenkomplex Sozialbestattungen zu behandeln.