Einsatz von Wetterkanonen im Kreis Heinsberg ­ Gefahr für Mensch und Tier?

Ein Erdbeerbauer aus Waldfeucht (Kreis Heinsberg) benutzt seit Wochen eine Art Wetterkanone (Schockwellengeneratoren), um angeblich damit Hagelwolken von seinen Erdbeerfeldern fernzuhalten. Wenn Gewitterwolken heranziehen, kommt die Kanone zum Einsatz.

Beim letzten Betrieb wurden über eine dreiviertel Stunde lang Schüsse im Abstand von wenigen Sekunden in die Luft gefeuert. Viele AnwohnerInnen und Landwirte sind aufgebracht und fürchten um Menschen und Tiere, da die Wetterkanone Lärm bis zu 130 db(A) laut Hersteller verursachen kann.

Die Landwirte sorgen sich insbesondere um ihre aufgeschreckten Tiere in Ställen und auf Wiesen. Auch stellt sich die Frage nach den Auswirkungen auf wild lebende Tiere.

Der Kreis Heinsberg hat bisher nur eine einzige Messung durchgeführt und dem Landwirt die Auflage erteilt, den notwendigen Abstand zur Wohnbebauung einzuhalten. Um die zulässige Lärmhöchstgrenze nicht zu überschreiten, sind jedoch viele Faktoren wie z. B. Bewuchs, Bebauung und Windrichtung entscheidend. Es ist zweifelhaft, ob der Erdbeerbauer dies ohne eigenes Lärmmessgerät entscheiden kann.

Für die besorgten und von Lärm betroffenen AnwohnerInnen scheint der Wetterkanonenbetreiber die zulässige Lärmgrenze ständig zu überschreiten. Denn bei Polizei- und Ordnungsbehörden ist bisher eine große Anzahl von Beschwerden eingegangen. Zudem ist wissenschaftlich fraglich, ob die Kanone eine tatsächliche Wirkung hat.

Vorbemerkung der Landesregierung:

Die Landesregierung steht dem Gebrauch von Schockwellengeneratoren sehr kritisch gegenüber. Nach hiesigem Kenntnisstand konnte die Wirkung bezüglich einer Reduzierung des Hagelschlags durch eine „Wetterkanone" bisher nicht hinreichend nachgewiesen werden.

1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Wirkungsweise und Folgen solcher Schockwellengeneratoren?

In der Entzündungskammer eines Schockwellengenerators wird alle paar Sekunden durch das Entzünden von Acetylengas mit Luft eine Explosion ausgelöst. Durch diese Explosionen „schießt" der Generator energiegeladene Schockwellen bis in Höhen der Troposphäre, in der Hagel entsteht. Der Hersteller der „Wetterkanone" wirbt damit, dass durch Reaktionen der Schallwellen mit den Eiskristallen die Hagelkörner auftauen und als Regen oder nasser Schnee zu Boden fallen. Ein wissenschaftlicher Beweis für diese Wirkungsweise liegt der Landesregierung nicht vor.

2. Aus welchen Gründen ist nach Auffassung der Landesregierung unter Beachtung des Lärmvermeidungsgebots im Bundesimmissionsschutzgesetz und der TA Lärm der Einsatz dieser Wetterkanonen erlaubt, auch wenn die Wirkungsweise zweifelhaft ist?

Der Betrieb von nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen richtet sich nach § 22 BundesImmissionsschutzgesetz. Der Anlagenbetreiber hat ein Recht darauf, seine Anlage zu betreiben, solange er die gesetzlichen Anforderungen (§ 22 BImSchG) einhält. Im Falle der Schockwellengeneratoren ist dies gegeben, wenn der Betreiber neben den Anforderungen nach § 22 BImSchG die Immissionsrichtwerte nach TA Lärm einhält.

3. Sind nach Auffassung der Landerregierung die vom Kreis Heinsberg gemachten Auflagen für den Betrieb auf Basis einer einzigen Messung der örtlichen Ordnungsbehörde ausreichend?

Zum Betrieb dieser Anlagen sind weder Genehmigungen nach dem BImSchG noch nach dem Baurecht erforderlich. Dennoch ist dem Anlagenbetreiber mitgeteilt worden, dass die Immissionsrichtwerte der TA Lärm einzuhalten sind. Vom Kreis Heinsberg ist die Einhaltung dieser Richtwerte seit Inbetriebnahme der mittlerweile drei Anlagen zweimal kontrolliert worden. Sowohl die Immissionsrichtwerte als auch die Werte für kurzzeitige Geräuschspitzen wurden an den jeweiligen Immissionsaufpunkten tagsüber eingehalten.

Ferner wurde im Auftrag des Anlagenbetreibers ein Gutachten erstellt, das die Möglichkeiten aber auch die Grenzen bei der Aufstellung einer solchen Anlage darstellt. In Abhängigkeit von der Gebietsausweisung eines möglichen Immissionsaufpunktes (Wohngebiet, Mischgebiet) werden hierin die notwendigen Mindestabstände der Anlage zur nächstgelegenen Wohnbebauung ermittelt.

Der Anlagenbetreiber ist vom Kreis Heinsberg aufgefordert worden, die Anforderungen des Gutachtens umzusetzen.

Ein Nachtbetrieb der Anlage ist wegen der dafür erforderlichen Abstände zur Wohnbebauung nicht möglich.

4. Welche Gefahren sieht die Landesregierung z. B. für Kleinkinder, Haustiere oder wild lebende Tiere beim Einsatz der Wetterkanone?

Die Einhaltung der Immissionsrichtwerte nach TA Lärm dient dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen.

Konkrete Daten zu Auswirkungen von Schockwellengeneratoren auf wild lebende Tiere liegen jedoch nicht vor.

5. Welche Möglichkeiten bestehen aus Sicht der Landesregierung, um die Bevölkerung vor Ort besser vor diesem Lärm zu schützen?

Die Möglichkeiten, die die TA Lärm bietet, sind ausreichend, um erhebliche Belästigungen oder gar Gesundheitsgefährdungen der Bevölkerung durch Geräusche auszuschließen.