Wer im Einzelfall geeignet ist hängt von der Betreuungsbedürftigkeit und vom Betreuungsbedarf ab

Wer Betreuer werden kann, ist in den Vorschriften zur rechtlichen Betreuung in den §§ 1897 bis 1908i BGB geregelt. Das Betreuungsrecht benennt als Kriterium für die Auswahl zum Betreuer in erster Linie seine Eignung. Das Gericht bestellt gem. § 1897 Abs. 1 BGB zum Betreuer eine natürliche Person, die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen.

Wer im Einzelfall geeignet ist, hängt von der Betreuungsbedürftigkeit und vom Betreuungsbedarf ab. Des Weiteren kommt es darauf an, wer als Betreuer oder Betreuerin zur Verfügung steht. Danach ist zunächst dem Grundsatz der Einzelbetreuung Geltung zu verschaffen. Vorrangig soll ein ehrenamtlicher Betreuer bestellt werden. Ein Berufsbetreuer soll nur dann zum Betreuer bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Betreuung bereit ist (§ 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB). Kann der Betroffene durch eine oder mehrere natürliche Personen nicht hinreichend betreut werden, so bestellt das Gericht einen anerkannten Betreuungsverein zum Betreuer (§ 1900 Abs. 1 BGB). Ist auch eine Betreuung durch einen Betreuungsverein nicht möglich, bestellt das Gericht die zuständige Behörde zum Betreuer (§ 1900 Abs. 4 BGB).

5. Ist das Verfahren landesweit einheitlich geregelt?

6. Falls das Auswahlverfahren nicht landesweit einheitlich geregelt worden ist:

a. Gibt es in den einzelnen Amtsgerichtsbezirken entsprechende Regelungen?

Wenn nein, warum nicht?

b. Ist die Einführung eines landesweit einheitlichen Anforderungs- und Auswahlverfahrens aus Sicht der Landesregierung sinnvoll?

Das in der Antwort zu Frage III (Stellung der Betreuer) Nr. 4 genannte Betreuungsverfahren und die Voraussetzungen für die Anordnung einer Betreuung sind einheitlich in Bundesgesetzen, nämlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit (FGG) bzw. ab dem 01.09.2009 im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geregelt. Raum für landesrechtliche Regelung besteht daher nicht. Da das Verfahren und die Entscheidung dem Richter anvertraut sind, ist ebenfalls kein Raum für Vorgaben durch die Verwaltung. Die Auswahlentscheidung trifft das Vormundschaftsgericht in richterlicher Unabhängigkeit (Art.

97 GG, § 25 DRiG).

7. Inwieweit ist es aus Sicht der Landesregierung sinnvoll und notwendig, bei zu Betreuenden mit hohen Vermögenswerten grundsätzlich mehrere Betreuer mit gleichem Aufgabenkreis bzw. einen Gegenbetreuer zu bestellen?

a. Falls ja, wird dies in Nordrhein-Westfalen bereits praktiziert und welche Erfahrungen wurden in der Praxis hierzu gemacht?

b. Falls nein, warum nicht?

§ 1899 Abs. 1 BGB sieht vor, dass das Vormundschaftsgericht mehrere Betreuer bestellen kann, wenn die Angelegenheiten des Betreuten hierdurch besser besorgt werden können. In diesem Fall bestimmt es, welcher Betreuer mit welchem Aufgabenkreis betraut wird. Die Bestellung kann so erfolgen, dass mehrere Betreuer die Angelegenheiten nur gemeinsam besorgen können oder dass der eine die Angelegenheiten des Betreuten nur zu besorgen hat, soweit der andere verhindert ist, § 1899 Abs. 3 und 4 BGB.

Neben der Möglichkeit mehrere Betreuer zu bestellen, sieht das Gesetz auch die Möglichkeit eines Gegenbetreuers vor, §§ 1792, 1908i BGB. Ein Gegenbetreuer soll bestellt werden, wenn mit der Betreuung eine Vermögensverwaltung verbunden ist, es sei denn, dass die Verwaltung nicht erheblich oder dass die Betreuung von mehreren Betreuern gemeinschaftlich zu führen ist, §§ 1792 Abs. 2, 1908i BGB. Die Rechte und Pflichten des Gegenbetreuers ergeben sich aus §§ 1799, 1908i BGB. Gegenbetreuer haben darauf zu achten, dass der Betreuer die Betreuung pflichtgemäß führt und Pflichtwidrigkeiten unverzüglich dem Vormundschaftsgericht angezeigt werden.

Ob mehrere Betreuer oder ein Gegenbetreuer bestellt werden, liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Vormundschaftsgerichts. Das Gericht hat im Hinblick auf den Umfang der Vermögensverwaltung die Bestellung eines Mit- oder eines Gegenbetreuers zu prüfen. Weder das Gesetz noch die gerichtliche Praxis verlangen, dass regelmäßig bei hohen Vermögenswerten die Bestellung mehrerer Betreuungspersonen als Mit- oder Gegenbetreuer erforderlich ist. Im Rahmen der Auslegung von § 1792 Abs. 2 BGB kommt es nicht auf den Umfang des Vermögens sondern vielmehr darauf an, welcher Umfang und welches Risiko mit der Verwaltung verbunden sind.

In der gerichtlichen Betreuungspraxis wird generell die zwingende Bestellung mehrerer Betreuer mit gleichem Aufgabenkreis oder eines Gegenbetreuers überwiegend nicht für erforderlich gehalten. Es wird darauf hingewiesen, dass die Betreuung durch mehrere Betreuer nicht zwingend "besser" sei. Eine solche Betreuung wird vielfach als konfliktträchtiger angesehen. Bei mehreren Betreuern können entgegengesetzte Ansichten bestehen. Vergütungsrechtlich ist es zudem nicht möglich, dass zwei Berufsbetreuer in ein- und demselben Aufgabenkreis bezahlt tätig werden können.

Von der Möglichkeit der Einsetzung eines Gegenbetreuers wird in der Praxis in unterschiedlichem Umfang Gebrauch gemacht. Meist erscheint eine Kontrolle des Betreuers im Rahmen der Prüfung der Rechnungslegung und anlässlich der Beantragung von einer erforderlichen Genehmigung ausreichend. Das Vormundschaftsgericht wird als ausreichende Kontrollinstanz angesehen (§§ 1812, 1813, 1908i BGB). Teilweise wird aber berichtet, ein Gegenbetreuer werde öfter in Fällen bestellt, in denen vom Betreuer zur Rechnungslegung Bilanzen eingereicht werden müssen, die zu prüfen seien.

Zudem erfolgt bei größeren Vermögen (mehr als 400.000) eine besondere Prüfung nach Maßgabe der RV d.JM in der aktualisierten Fassung vom 1. Juli 2009 über die Prüfung der Vermögensverwaltung bei Betreuungen, Vormundschaften, Pflegschaften und Nachlasssachen (3802 - II. 4). Danach werden Betreuungen mit einem Vermögen von mehr als 400.000 alle zwei Jahre einer besonderen Prüfung unterzogen.

8. Welche Vorgaben und Ziele sollte der in § 1901 Abs. 4 BGB festgeschriebene Betreuungsplan enthalten - wie werden diese Vorgaben überprüft?

Mit dem Zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetz vom 21.04.2005 sind in § 1901 Abs. 4 BGB die Sätze 2 und 3 eingeführt worden. Mit der nunmehr geltenden Pflicht zur Betreuungsplanung wird der Berufsbetreuer oder die Berufsbetreuerin veranlasst, sich mit den zu erreichenden Zielen der Betreuung gedanklich auseinander zu setzen und an der Zielerreichung zu arbeiten. Dadurch erhält das Vormundschaftsgericht eine objektivierbare Grundlage zur Beurteilung der Effektivität des Betreuerhandelns. Mit der Einführung des Betreuungsplan werden die Pflichten des Betreuers zur Auskunft sowie zum Bericht und zur Rechnungslegung nach §§ 1839 und 1840, 1908a BGB ergänzt und unterstützt. Die Verpflichtung zur Aufstellung eines Betreuungsplans entsteht erst durch Anordnung des Gerichts. Sie soll nur in geeigneten Fällen erfolgen, vor allem im Bereich der Aufgabenkreise der Gesundheitssorge oder beim Aufenthaltsbestimmungsrecht.

Der Landesregierung liegen keine ausreichenden Erfahrungen mit Betreuungsplänen gem. § 1901 Abs. 4 BGB vor. Nach Auskunft der gerichtlichen Praxis wird von der Möglichkeit, dem Berufsbetreuer die Erstellung eines Betreuungsplans aufzugeben, weitgehend kein Gebrauch gemacht. Häufig wird lediglich ein Anfangsbericht vom Betreuer gefordert, der ähnliche Angaben wie ein Betreuungsplan enthält. Es fehlt offenbar überwiegend an geeigneten Fällen i.S.v. § 1901 Abs. 4 Satz 2 BGB. Eine Vielzahl der Betreuungen, etwa wegen Altersdemenz, bietet keine ausreichende Zukunftsperspektive und damit keinen Raum für eine Betreuungsplanung. Bei jungen Betreuten kommt zwar grundsätzlich ein Betreuungsplan in Betracht. In diesen Fällen ergeben sich aber häufig Veränderungen der Betreuungssituation. Eine konsequente Planung ist daher schwierig und jeder Rückfall kann den aufgestellten Plan außer Kraft setzen und einen neuen erforderlich machen.

Nach Auskunft der gerichtlichen Praxis erörtern die Rechtspfleger daher bislang im Rahmen des Verpflichtungsgesprächs mit Berufsbetreuern mündlich die Ziele und Perspektiven der Betreuung im Einzelfall. Auf diese Weise wird in Erfahrung gebracht, ob der Betreuer planmäßig vorgeht. Dieses Vorgehen hat sich nach Einschätzung der Praxis bislang bewährt.

Die Prüfung von Maßnahmen im Rahmen der Kontrolle durch das Vormundschaftsgericht erfolgt anlässlich der regelmäßigen Aktenvorlage. Die Maßnahmen richten sich nach der jeweiligen konkreten Lebenssituation des Betroffenen und sind als Reaktion auf bestimmte Ereignisse einer Planung ohnehin häufig entzogen. Auch unabhängig vom Betreuungsplan kann das Vormundschaftsgericht prüfen, welche Gestaltung oder welches Ziel im Rahmen der Betreuung dem Wohl des Betroffenen entspricht und die Umsetzung durch Weisungen an die Betreuer sicherstellen, §§ 1837 Abs. 2, 1908i BGB.

Bei entsprechendem pflichtwidrigem Handeln der Betreuer - mit oder ohne förmlichem Betreuungsplan - kommt das Aussprechen von Ge- und Verboten sowie die Festsetzung von Zwangsgeld gem. § 1837 Abs. 3 BGB in Betracht. Die wichtigste Sanktionsmöglichkeit in der Praxis besteht in der Entlassung des Betreuers oder der Betreuerin. Zudem können Schadensersatzansprüche des Betroffenen gegenüber dem Betreuer zu prüfen sein.

9. Welche Sanktionsmöglichkeiten gibt es durch das Vormundschaftsgericht, wenn von dem in § 1901 Abs. 4 BGB festgeschriebenen Betreuungsplan abgewichen oder dieser verfehlt wird?

Von Sanktionsmöglichkeiten bei Abweichen vom Plan oder Nichterreichen der Ziele des Plans machen die Vormundschaftsgerichte keinen Gebrauch. Der Betreuungsplan kann ohnehin keine feste Größe sein, von der nicht abgewichen werden darf. Der Verlauf einer Betreuung ist zu Beginn oft noch nicht absehbar. Die Nichteinhaltung von Plänen kann letztlich nur im Rahmen der Jahresberichte oder bei Verlängerungen in Erfahrung gebracht werden.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage III (Stellung der Betreuer) Nr. 8 verwiesen.