Betreuer

10. Teilt die Landesregierung die Kritik, dass der in § 1901 Abs. 4 BGB festgeschriebene Betreuungsplan ein bürokratisches Instrument ohne praktischen Nutzen ist?

Nach Angaben des Endberichts des ISG zur Evaluation des Zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes (Köller/Engels, Rechtliche Betreuung in Deutschland, Evaluation des Zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes, 2009, S. 112 - 114) ist in nur 0,2 % aller berufsmäßigen Betreuungen ein Betreuungsplan angeordnet worden. Wie in der Antwort zu Frage III (Stellung der Betreuer) Nr. 8 deckt sich dieses Ergebnis mit den Erfahrungen der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen.

Aufgrund der bundesweiten Erfahrung und der Auskunft der gerichtlichen Praxis in Nordrhein-Westfalen teilt die Landesregierung die beschriebene Kritik an der praktischen Bedeutung des Betreuungsplans weitgehend.

11. Gibt es ein landesweit einheitliches Handlungskonzept für die Ausübung einer beruflichen Betreuung?

Es gibt landesweit kein einheitliches Handlungskonzept für die Ausübung einer beruflichen Betreuung. Ein solches Konzept kann es nach der geltenden Rechtslage auch nicht geben.

§ 1897 Abs. 1 Satz 1 und § 1897 Abs. 6 BGB sehen vor, dass die Anordnung einer Betreuung durch geeignete Berufsbetreuer davon abhängig ist, dass die Betreuung nicht durch eine geeignete Person erfolgen kann, die zur ehrenamtlichen Führung der Betreuung bereit ist.

Ob ein Berufsbetreuer oder eine Berufsbetreuerin bestellt wird, hängt immer vom Einzelfall ab.

12. Inwieweit wird das in § 69b Abs. 3 FGG geregelte Einführungsgespräch als Steuerungs- und Leitinstrument in der Praxis genutzt?

§ 69b Abs. 3 FGG (ab 01.09.2009 § 289 Abs. 2 FamFG) sieht vor, dass das Gericht in geeigneten Fällen mit dem Betreuer oder der Betreuerin und dem Betroffenen ein Einführungsgespräch führen soll. Zuständig hierfür sind die Rechtspfleger. Die Durchführung von Einführungsgesprächen des Gerichts mit dem Betreuer und dem Betroffenen nach § 69b Abs. 3 FGG ist in der gerichtlichen Praxis uneinheitlich. Teilweise wird der praktische Nutzen eines Einführungsgesprächs als gering eingeschätzt. Zu einem frühen Zeitpunkt sei zumeist noch nichts zu besprechen. Die Betroffenen könnten einem gegenüber der Anhörung vertiefenden Gespräch zumeist nicht folgen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Gesetz nach § 68 Abs. 5 Satz 1 FGG ein Schlussgespräch vorgeschrieben ist. Das ab dem 01.09.2009 geltende FamFG sieht ein solches Schlussgespräch nicht mehr vor (vgl. §§ 278, 279, 319 FamFG).

13. Wie, in welchem Umfang und in welchen Zeitabständen werden Betreuer und deren Rechtsgeschäfte im Bereich der Gesundheitsfürsorge überprüft?

Betreuer haben regelmäßig, mindestens einmal jährlich, Bericht zu allen Aufgabenkreisen zu erstatten, §§ 1840 Abs. 1, 1908i BGB. Leben Betreute noch im eigenen Haushalt, werden nach Auskunft der gerichtlichen Praxis die Berichte unter Umständen auch in kürzeren Zeitabständen angefordert. Im Übrigen wird, soweit ein Anlass vorliegt (z.B. Hinweis auf eine verwahrloste Wohnung, akute Erkrankungen) nach Ermessen des Rechtspflegers ein Bericht angefordert.

Daneben gibt es anlassbezogene Überprüfungen im Zusammenhang mit Anträgen der Betreuer gem. §§ 1904, 1906 BGB (genehmigungspflichtige Heileingriffe oder geschlossene Unterbringungen). Angestoßen werden sämtliche Überprüfungen durch die Berichterstattung oder Anfragen der Betreuer. Nach § 1904 Abs. 1 BGB bedarf die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass die betreute Person auf Grund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. Eine Unterbringung der Betreuten ist nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zulässig. Sie ist nur zulässig zum Wohl des Betreuten unter den in § 1906 Abs. 1 BGB genannten Voraussetzungen.

14. Wie, in welchem Umfang und in welchen Zeitabständen werden Betreuer und deren Rechtsgeschäfte bei vermögensrechtlich schwierigen Betreuungen überprüft?

Es ist zu unterscheiden, ob der Betreuer oder die Betreuerin a) zur Rechnungslegung verpflichtet ist oder b) gemäß §§ 1857a, 1908i Abs. 2 BGB davon befreit ist. Zu den befreiten Betreuern gehören der Vater, die Mutter, der Ehegatte, Lebenspartner oder ein Abkömmling des Betreuten sowie Vereinsbetreuer und Behördenbetreuer.

a) Die Rechnungslegung ist von den Betreuern jährlich unter Beifügung der kompletten Konten- und Rechnungsbelege nebst Abrechnung der Kasse vorzulegen, §§ 1840 Abs. 2, 3

1908i BGB. Da bei rechnungslegungspflichtigen Betreuern die Anlagekonten gesperrt sind, können Verfügungen nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vorgenommen werden. Bei sehr großen Vermögen liegen dem Gericht oftmals mehrmals im Jahr die Bestände des Vermögens vor, da regelmäßig Genehmigungen zur Vermögensanlage erforderlich sind.

Am Ende einer Betreuung wird regelmäßig eine Schlussrechnung angefordert, §§ 1890, 1908i BGB. Auf diese wird verzichtet, wenn der ehemalige Betreute oder die Erben eine Entlastungserklärung abgeben.

b) Soweit die Betreuer nicht zur Rechnungslegung verpflichtet sind, müssen sie zusammen mit dem Jahresbericht den Bestand des Vermögens zum Berichtszeitpunkt nachweisen. Das Gericht prüft auftretende Divergenzen.

Eine weitere Überprüfung erfolgt im Rahmen erforderlich werdender vormundschaftsgerichtlicher Genehmigungen, z. B. bei Verfügungen über Forderungen und Wertpapiere, bei Grundstücksgeschäften, bei Verfügungen über das Vermögen als Ganzes, bei Erwerb oder Veräußerung eines Geschäfts, bei Eingehung von Dienst- oder Arbeitsverhältnissen, bei Aufnahmen von Darlehn oder bei Eingehung von Bürgschaften (§§§ 1812, 1821, 1822, 1908i Abs. 1 BGB).

c) Generell wird die Vermögensverwaltung nach Maßgabe der RV d. JM in der aktualisierten Fassung vom 1. Juli 2009 (3802 - II.4) überprüft. Auf die Antwort zu Frage III (Stellung der Betreuer) Nr. 7 wird verweisen.

15. Wie, in welchem Umfang und in welchem Zeitabstand werden durch das Vormundschaftsgericht die Voraussetzungen für eine Unterbringung eines Betreuten nach § 1906 BGB überprüft?

Das Verfahren über Unterbringungsmaßnahmen, zu denen auch die Unterbringung eines Betreuten nach § 1906 BGB gehört, richtet sich nach den §§ 70 bis 70n FGG. Ab dem 01.09.2009 ist das Verfahren in Unterbringungssachen in den §§ 312 bis 339 FamFG geregelt.

Die Überprüfung einer Unterbringung nach § 1906 BGB erfolgt vor der Erteilung der Genehmigung, vor der Verlängerung der Genehmigung nach Maßgabe der gesetzlichen Überprüfungsvorschriften oder auf begründeten Antrag des Betroffenen oder begründete Anregung Dritter.

Es bestehen folgende gesetzliche Überprüfungsvorschriften: § 70h Abs. 1 FGG sieht vor, dass eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme durch einstweilige Anordnung getroffen werden kann. Nach § 70h Abs. 2 FGG darf die einstweilige Anordnung die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Reicht dieser Zeitraum nicht aus, so kann sie nach Anhörung eines Sachverständigen durch eine weitere einstweilige Anordnung bis zu einer Gesamtdauer von drei Monaten verlängert werden.

§ 70f Abs. 1 Nr. 3 FGG sieht vor, dass die Entscheidung, durch die eine Unterbringungsmaßnahme getroffen wird, den Zeitpunkt benennen muss, zu dem die Unterbringungsmaßnahme endet, wenn sie nicht vorher verlängert wird. Dieser Zeitpunkt darf höchsten ein Jahr, bei offensichtlich langer Unterbringungsbedürftigkeit höchstens zwei Jahre nach Erlass der Entscheidung liegen.

Die Überprüfungsfristen können sich auch individuell aus dem Unterbringungsbeschluss ergeben und insoweit auf fachärztlichem Fristvorschlag beruhen. Entsprechend der festgesetzten Unterbringungsfristen werden die Wiedervorlagefristen zur Überprüfung der Unterbringungsfristen gesetzt.

Die Überprüfung erfolgt durch Einholung eines erneuten Gutachtens bzw. einer ärztlichen Stellungnahme und richterliche Anhörung. In den Gutachten der Sachverständigen ist eine Prognose zum Ende der Unterbringungsmaßnahme enthalten.

Im Übrigen ist die Unterbringungsmaßnahme aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen weggefallen sind, § 70i Abs. 1 Satz 1 FGG. Die Betreuer sind nach § 1906 Abs. 3 BGB verpflichtet, die Unterbringung auch vor Fristablauf zu beenden, wenn die Voraussetzungen wegfallen. Sie haben dies dem Gericht anzuzeigen, § 1906 Abs. 3 S. 2 BGB. Sobald das Gericht Kenntnis vom Wegfall der Voraussetzungen der Unterbringung erlangt, wird die überflüssig gewordene Maßnahme aufgehoben.

Für die Verlängerung einer Unterbringungsmaßnahme gelten nach § 70i Abs. 2 FGG die Vorschriften für die erstmalige Maßnahme entsprechend. Bei Unterbringung mit einer Gesamtdauer von mehr als vier Jahren soll das Gericht in der Regel keinen Sachverständigen bestellen, der den Betroffenen oder die Betroffene bisher behandelt oder begutachtet hat oder der Einrichtung angehört, in der der Betroffene untergebracht ist.

Dauer und Verlängerung der Unterbringung sind nach neuem Recht in § 329 FamFG und für die einstweilige Anordnung in § 333 FamFG geregelt.