Dubiose Immobiliengeschäfte der Wirtschaftsförderungsgesellschaft GWS GmbH des Kreises Düren

Im Jahr 2002 schloss der Kreis Düren mit der Hotelinvest AG mit Sitz in Chur (Schweiz) langfristige Verträge zur Anmietung eines Bürogebäude (bauliche Erweiterung des bestehenden Kreishauses Düren, sog. „Haus C") und einer Sporthalle (sog. „Arena Kreis Düren").

Durch die frühzeitige Vorfestlegung auf einen Investor wurde die öffentliche Ausschreibung umgangen. Alternative Realisierungsmöglichkeiten wurden bestenfalls nur oberflächlich in Erwägung gezogen.

Beide Gebäude wurden im Anschluss durch die Hotelinvest AG errichtet und in 2004 ihrer jeweiligen Nutzung übergeben. Schon damals vor Unterzeichnung des Mietvertrages wurde durch den Landrat, Herrn Wolfgang Spelthahn, für den Kreis Düren die Absicht bekundet, zumindest die Immobilien vor dem Ablauf des Mietvertrages zu erwerben. Nach vorliegenden Unterlagen wurde sogar der Erwerb der Aktien der Hotelinvest AG in Erwägung gezogen.

Diese besitzt offensichtlich nur die beiden genannten Dürener Immobilien.

Bereits im Frühjahr des Jahres 2005 ­ also gerade einmal ein Jahr nach Fertigstellung ­ verhandelte dann die GWS GmbH, die Wirtschaftförderungsgesellschaft des Kreis Düren, an der neben dem Kreis Düren auch die Sparkasse Düren und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden des Kreises Düren beteiligt sind, den Erwerb der genannten Immobilien mit dem allein zeichnungsberechtigten Verwaltungsratmitglied der Hotelinvest AG, Herrn Sergio Bossi. Öffentlich begründet wurde der beabsichtige Kauf mit dem Wunsch von Herrn Bossi, sich ins Privatleben zurückziehen zu wollen.

Der Kauf der Immobilien soll einschließlich einer umfangreichen Umschuldung der GWS GmbH und einer zur Stabilisierung der Gesellschaft offensichtlich erforderlichen Liquiditätszuführung mit einem spekulativen Fremdwährungskredit in Höhe von 48,5 Mio. Euro finanziert werden.

Inzwischen wurde das Gesamtgeschäft vom Aufsichtsrat der GWS GmbH mit Mehrheit genehmigt. Der Kreis Düren hat per Mehrheitsbeschluss des Kreistages die Bereitstellung umfängliche Sicherheiten für das Geschäft beschlossen.

Dabei ist unter anderem auffällig, dass zwischen den öffentlich genannten Investitionskosten für die Kreisauswertung (11 Mio. Euro) und dem an die Hotelinvest AG zu zahlenden Kaufpreis (18,9 Mio. Euro) eine erhebliche Differenz liegt. Unanhängige Wertgutachten liegen für beide Gebäude nicht vor. Dies gilt ebenso für belastbare Betriebskostenrechnungen im Falle der Sporthalle.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Hält die Landesregierung es für zulässig, wenn - wie im Falle des Kreis Düren - kommunale Körperschaften von privaten Investoren unter Ausschaltung des Wettbewerbs Gebäude errichten lassen, mit der offensichtlichen Absicht, diese Immobilien kurzfristig selbst oder durch eine kommunale Gesellschaft zu kaufen?

2. Welche Anforderungen sind aus Sicht der Landesregierung zu erfüllen, um bei solchen Errichtung, Anmietung und ggf. Kauf solcher Immobilien Wettbewerb und sparsamen Umgang mit Steuergeldern sicherzustellen?

3. Betrachtet die Landesregierung diese Anforderungen im vorliegenden Fall ­ insbesondere im Hinblick auf die gezahlten Kaufpreise ­ des Kreises Düren als erfüllt?

4. Ist es nach Auffassung der Landesregierung im vorliegenden Fall vertretbar, wenn der von einer kommunalen Gesellschaft an einen privaten Investor zu zahlende Kaufpreis für ein Gebäude offensichtlich ausschließlich auf einer Ertragswertberechnung (festgelegte Mieteinahnen über 25 Jahre) beruht und diese Mieteinnahmen, deren Höhe unter Ausschaltung des Wettbewerbs zustande gekommen ist und vom maßgeblichen Gesellschafter der Käuferin, dem Kreis Düren zu zahlen ist?

5. Wie bewertet die Landesregierung die Finanzierung von Immobilienkäufen und allgemeiner Liquiditätszuführungen für kommunale Gesellschaften durch spekulative Fremdwährungsgeschäfte?

Antwort des Innenministers vom 29. Dezember 2005 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, der Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie und dem Minister für Bauen und Verkehr:

Zur Frage 1:

Die Frage der Zulässigkeit von unter Ausschaltung des Wettbewerbs zustande gekommenen Verträgen kommunaler Körperschaften mit privaten Investoren über die Errichtung von Gebäuden in der Absicht, diese kurzfristig selbst zu kaufen, richtet sich nach § 99 Abs. 3 letzte

Alternative des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Danach liegt ein ausschreibungspflichtiger öffentlicher Bauauftrag vor, wenn ein Bauwerk durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen errichtet wird, d. h. wenn der Auftraggeber auf die Bauausführung einen erheblichen Einfluss ausübt und ein Bauwerk erhält, das nach seinen Wünschen ausgerichtet und auf seine Nutzungsabsichten zugeschnitten ist. Durch eine Vertragsgestaltung, die den - nachträglichen - Erwerb eines nach den Vorstellungen des öffentlichen Auftraggebers errichteten Bauwerks vorsieht, darf das Bauvergaberecht nicht umgangen werden.

Zur Frage 2:

Zur Sicherung des Wettbewerbs sind oberhalb der EU-rechtlichen Schwellenwerte die vergaberechtlichen Bestimmungen des GWB, der Vergabeverordnung und der Verdingungsund Vertragsordnungen und unterhalb der Schwellenwerte Landehaushaltsrecht, Gemeindehaushaltsverordnung und die hierzu jeweils erlassenen Verwaltungsvorschriften zu beachten. Die genannten Bestimmunen dienen in einem fairen Wettbewerb einer sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung von Steuergeldern.

Zur Frage 3:

Es liegen nach Einschätzung der zuständigen Bezirksregierung Köln keine gesicherten Erkenntnisse vor, aus denen sich im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen geltendes Recht ableiten lässt.

Zur Frage 4:

Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Bewertung von gewerblich genutzten Grundstücken im Ertragswertverfahren üblich und im Baugesetzbuch sowie in der Wertermittlungsverordnung und den Wertermittlungsrichtlinien normiert und detailliert beschrieben ist.

Die in der Anfrage angesprochene Ertragswertbetrachtung dient nach Aussage des Kreises Düren (auf Vorschlag des Wirtschaftsprüfers) in erster Linie der internen buchhalterischen Aufteilung des ausgehandelten Kaufpreises. Daneben wurde die Angemessenheit des Kaufpreises auch auf Basis der Erstellungskosten der Immobilie beurteilt. Ob durch geschickteres Verhandeln ein niedrigerer Preis hätte erzielt werden können, ist reine Spekulation.

Zur Frage 5:

Die privatrechtliche organisierte GWS GmbH als Kreditnehmer unterliegt nicht unmittelbar dem Erlass des Innenministeriums zur Aufnahme von Fremdwährungskrediten. Bei Wahrung einer ausreichenden Risikovorsorge wird ein Kredit, der in Schweizer Franken gewährt wird, im Regelfall nicht als hochspekulativ anzusehen sein.