Übernahme des Trägeranteils für Kindertagesstätten ehemals "armer Träger"

Der AWO-Unterbezirk Hagen / Märkischer Kreis betreibt im Stadtgebiet von Hagen insgesamt fünf Kindertagesstätten als sogenannter Träger der freien Jugendhilfe. Noch auf der Grundlage des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder (GTK) schlossen die Stadt Hagen und die AWO als "finanzschwacher Träger" bzw. sog. "armer Träger" im Jahr 1993 einen Vertrag, nach dem die Stadt Hagen 90 % des Trägeranteils der anerkennungsfähigen Betriebskosten nach den Bestimmungen des GTK übernehmen sollte. Bei einem Landeszuschuss von 91% der Betriebskosten hat die Stadt demnach 90 % der übrigen 9 %, also 8,1 % der Betriebskosten, übernommen. Durch diesen Modus waren 99.1% der Betriebskosten durch Zuschüsse gedeckt. Lediglich 0,9 % waren von der AWO zu übernehmen.

Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz KiBiz) ist maßgebliche Norm für die Zuschüsse der Jugendämter § 20 (1) KiBiz.

Danach beträgt der Zuschuss 91 % der Kindpauschalen, wenn es sich um einen anerkannten Träger der freien Jugendhilfe handelt, der nicht zugleich in kirchlicher Trägerschaft ist (andere freie Trägerschaft). Dies ist bei der AWO anerkanntermaßen der Fall.

Der 91 %-ige Zuschuss verringert sich auf 79 %, wenn es sich bei dem Träger der Einrichtung um den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die sonstigen kreisangehörigen Gemeinden und Gemeindeverbände (kommunale Träger) handelt.

Die Stadt Hagen ist nun der Auffassung, eine weitere 90%-ige Beteiligung an dem Trägeranteil der Betriebskosten sei ihr aufgrund der über die Stadt Hagen ausgeübten Haushaltsaufsicht nicht mehr möglich. Es handele sich um eine freiwillige Leistung, die die Stadt Hagen wegen der angespannten Haushaltslage nunmehr nicht mehr erbringen könne beziehungsweise nicht mehr erbringen dürfe.

Außerdem ist die Stadtverwaltung nicht davon überzeugt, dass 100 % der KiBiz-Pauschalen auch tatsächlich in das System einfließen müssen und die Träger ihren Trägeranteil tatsächlich aufbringen und nicht erwirtschaften können. Die Hagener Verwaltung geht davon aus, dass freie Träger mit 91 % auskommen müssen und eine zusätzliche Finanzierung durch die Stadt nicht mehr nötig sei.

Nachdem die AWO der Stadt Hagen mitgeteilt hat, dass ihr ein Betrieb der Kindertagesstätten in Hagen ohne die zusätzlichen Zuschüsse zum Trägeranteil nicht mehr möglich sei, plant die Stadt nunmehr, die fünf von der AWO betriebenen Kindertagesstätten durch den "Betrieb für soziale Einrichtungen Hagen GmbH & Co. KG" (BSH) betreiben zu lassen. Die BSH ist durch die Stadt Hagen als „freier Träger der Jugendhilfe" anerkannt worden und soll nunmehr den Betrieb der Kindertagesstätten übernehmen.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Können Träger wie die AWO ihren Trägeranteil von 9% mit dem 91%-igen Zuschuss der Kindpauschalen erwirtschaften?

2. Sind mit den in § 6 Abs. 1 KiBiz genannten anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe (§ 20 - andere freie Trägerschaft) die Träger gemeint, die im Finanzierungssystem des GTK als finanzschwache Träger bezeichnet und anerkannt wurden?

3. Kann ein mehrheitlich oder gar zu 100 % städtisches Unternehmen wie die BSH in Hagen den gleichen Status als „anderer freier Träger" nach KiBiz haben wie Träger, die nach dem alten GTK als „finanzschwache Träger" bezeichnet wurden?

4. Erhält ein mehrheitlich oder gar zu 100 % städtisches Unternehmen wie die BSH in Hagen bei Übernahme der Trägerschaft einer Kindertageseinrichtung von einem ehemals „finanzschwachen Träger" einen Anspruch auf eine erhöhte Landesfinanzierung gegenüber kommunalen Trägern?

5. Dürfen finanzschwache Kommunen, denen in ihrer derzeitigen finanziellen Situation „freiwillige kommunale Zahlungen" untersagt sind, dennoch freiwillige Zahlungen an einen „anderen freien Träger" (nach GTK: finanzschwache Träger) einer Kindertageseinrichtung leisten, wenn hierdurch der Übergang der Einrichtung in kommunale Trägerschaft abgewendet wird und dies durch eine höhere Landesfinanzierung der Einrichtung zu erheblichen Einsparungen für die Stadt führt?