Geänderte Abflugrouten, Lärmmessungen und Belastung der Bevölkerung
Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt:
Frage 1. Sind im Jahr 2000 die Abflugrouten des Frankfurter Flughafens in Richtung Taunus geändert worden, oder ist dies zukünftig beabsichtigt?
Die Planung von An- und Abflugrouten fällt in den Zuständigkeitsbereich der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH. Hierbei wird sie von der nach § 32b LuftVG tätigen Fluglärmkommission beratend unterstützt. Die Festlegung von An- und Abflugrouten erfolgt per Rechtsverordnung durch das LuftfahrtBundesamt nach § 27a Abs. 2 S. 1 LuftVO.
Bei den Abflugrouten des Flughafens Frankfurt Main ist zusätzlich zu der bestehenden Abflugstrecke zum Funkfeuer Taunus (TAU-Route) bei Westwetterlage, das heißt Betriebsrichtung nach Westen, auf Anraten der Kommission zur Abwehr des Fluglärms für den Flughafen Frankfurt Main zum 7. September 2000 probeweise eine weitere Streckenführung zum Schutz der fluglärmbelasteten Gemeinde Flörsheim-Wicker eingeführt worden. Diese zusätzliche Strecke kann insbesondere von schnell steigenden Luftfahrzeugen genutzt werden. Die Ideallinie dieser Strecke verläuft über unbewohntem Gebiet zwischen Flörsheim-Wicker und Eddersheim zum Wiesbadener Autobahnkreuz und weiter zum vorgenannten Funkfeuer.
Im Zuge der Neustrukturierung des europäischen Luftstraßennetzes als Folge einer Empfehlung der internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO entwickelte die DFS als deutschen Beitrag das Projekt EAM04 (EUROCONTROL Airspace Model - Version 04). Dieses Projekt bedingt teilweise auch eine Änderung der für den Flughafen Frankfurt Main festgelegten An- und Abflugrouten zum 19. April 2001. Bezüglich der Abflugrouten im östlichen Bereich haben sich keine Veränderungen ergeben. Die Veränderungen im Westen des Flughafens ergeben sich aus den als Anlage beigefügten Karten.
Frage 2. Sind bestehende Routen in dieser Richtung stärker frequentiert worden als in Vorjahren, und wenn ja, welche?
Eine signifikant stärkere Frequentierung der bestehenden Routen im Vergleich zu Vorjahren konnte nicht festgestellt werden.
Frage 3. Zu welchen Veränderungen der Lärmbelastung in betroffenen Orten hat dies im Einzelnen geführt?
Wesentliche Veränderungen der Lärmbelastung in den betroffenen Orten haben sich nicht ergeben.
Frage 4. Auf welchen Messungen beruhen die Erkenntnisse der Landesregierung?
Nach § 19a Luftverkehrsgesetz (LuftVG) hat der Unternehmer eines Verkehrsflughafens, der dem Fluglinienverkehr angeschlossen ist, innerhalb einer von der Genehmigungsbehörde festzusetzenden Frist auf dem Flughafen und in dessen Umgebung Anlagen zur fortlaufend registrierenden Messung der durch die an- und abfliegenden Luftfahrzeuge entstehenden Geräusche einzurichten und zu betreiben. Die Mess- und Auswertungsergebnisse sind der Genehmigungsbehörde und der Kommission nach § 32b LuftVG (Fluglärmkommission) mitzuteilen.
Die Flughafen Frankfurt Main AG kommt dieser Verpflichtung nach und betreibt seit 1964 eine dem jeweiligen Stand der Technik angepasste Fluglärmmessanlage, die derzeit aus insgesamt 26 stationären und 3 mobilen Messstationen besteht. Die Erkenntnisse der Landesregierung beruhen auf den monatlich von der Flughafenbetreiberin vorgelegten Messberichten.
Hinsichtlich des Probebetriebes beruhen die Erkenntnisse der Landesregierung auf den Messberichten des TÜV Süd (Messpunkte in Wicker, HofheimWallau, Wiesbaden-Breckenheim) und des Hessischen Landesamts für Umwelt und Geologie (Messpunkt Wiesbaden-Naurod).
Frage 5. Teilt die Landesregierung die Auffassung von Bürgerinnen und Bürgern über eine besondere Betroffenheit von Flörsheim-Weilbach?
Die Auffassung von Bürgerinnen und Bürgern über eine besondere Betroffenheit von Flörsheim-Weilbach ist insbesondere zurückzuführen auf
- den überdurchschnittlich hohen Anteil der Westwetterlagen (Betriebsrichtung West) in 2000 mit durchschnittlich 84,8 v.H. (sonst ca. 75 v.H. im Jahresdurchschnitt),
- den höheren Anteil (nicht näher quantifizierbar) von schwerem Fluggerät,
- den allgemeinen Anstieg der Flugbewegungszahlen.
Aus dem Vergleich der Radarspurenaufzeichnungen der DFS ist zu erkennen, dass sich ein Teil des Abflugverkehrs durch die präzisere Streckenbeschreibung seit Einführung des Probebetriebes grundsätzlich von Flörsheim-Weilbach wegverlagert hat. Zumindest ist anzunehmen, dass eine Verschlechterung der Fluglärmsituation dort nicht eingetreten ist.
Frage 6. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um zu lärmvermeidenden Abflugrouten zu kommen?
Unter Berücksichtigung der nach § 29b LuftVG festgelegten Verpflichtung, die betroffene Bevölkerung vor vermeidbarem Fluglärm zu schützen, sind die Bemühungen der Landesregierung darauf gerichtet, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um auch bei der erwarteten Steigerung der Flugbewegungszahlen den berechtigten Interessen der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Hierbei wird die Landesregierung von der Fluglärmkommission beratend unterstützt. Die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH wird erfahrungsgemäß jeden Vorschlag zur Lärmminderung realisieren, soweit nicht übergeordnete sicherheitsrelevante Aspekte berücksichtigt werden müssen. Obwohl die festgelegten An- und Abflugrouten Gesichtspunkte des Fluglärms somit ausdrücklich berücksichtigen, ist es aufgrund der Besiedelungsstruktur im hiesigen Raum nicht möglich, einen Großflughafen zu betreiben, ohne besiedelte Gebiete zu überfliegen.
Frage 7. Wie wird sichergestellt, dass Abflugrouten eingehalten werden?
Die An- und Abflugrouten sind in Verbindung mit Navigationsanlagen am Boden festgelegt und in entsprechenden Karten veröffentlicht. Aus flugbetrieblichen Gründen können die Luftfahrzeugführer dem Verlauf dieser eingetragenen Routen (Ideallinie) allerdings nicht immer folgen. Die technisch bedingten Toleranzen der boden- und bordseitigen Navigations- und Flugführungssysteme als auch die verschiedenen physikalischen und flugbetrieblichen Einflüsse führen zu gelegentlichen Abweichungen von der Ideallinie.
Obwohl die überwiegende Anzahl der Luftfahrzeugführer die jeweils vorgegebene Ideallinie mit einer gewissen Bandbreite einhält, stellen größere Abweichungen innerhalb eines bestimmten Toleranzbereiches (Flugerwartungsgebiet) noch kein vorwerfbares Verhalten dar.
Frage 8. Wie viele Fälle von Abweichungen von den vorgegebenen Routen wurden im Jahr 2000 registriert?
Frage 9. Was hatte dies zur Folge?
Der Fluglärmschutzbeauftragte des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung hat sich des Abfluggeschehens auf der Taunus-Route intensiv angenommen und hierbei einige Hundert Abflüge mittels Radarspurenaufzeichnungen untersucht und analysiert. Hierbei konnten jedoch keine nicht mehr tolerierbaren Abweichungen feststellt werden.
Auf seine Anregung hin wurden von einigen Luftverkehrsgesellschaften Anstrengungen zur Fluglärmreduzierung unternommen, die ein besonders lärmarmes Steigverfahren umfassen. Gerade hier sieht der Fluglärmschutzbeauftragte einen Schwerpunkt seiner Arbeit, nämlich bei den Chefpiloten Verständnis für die Notwendigkeit lärmarmen Fliegens zu erwecken und sie zu einer möglichst präzisen Navigation auf der Ideallinie zu motivieren.