Verlagerung psychiatrischer Planbetten vom St. Valentinushaus Kiedrich zur Fachklinik Hofheim

Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt:

Frage 1. Wann hat der Landeskrankenhausausschuss beschlossen zu empfehlen, dass der Antrag der Fachklinik Hofheim auf 40 neue psychiatrische Planbetten abzulehnen sei?

In der 36. Sitzung des Landeskrankenhausausschusses am 2. April 2001 wurde der Beschlussvorschlag "Der Landeskrankenhausausschuss wird gebeten, der Aufnahme von 40 Betten Psychiatrie an den Kliniken des MainTaunus-Kreises mit Standort Hofheim befristet bis zum 30. Juni 2002 zuzustimmen" abgelehnt bei sieben Ja-, acht Nein-Stimmen und einer Enthaltung.

Frage 2. Wann hat das Sozialministerium beschlossen, diese 40 Betten dennoch zu genehmigen?

Nachdem die Kliniken in Hofheim für die Dauer der Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes mit Schreiben vom 6. April 2001 auf jegliche Fördermittel verzichtet hatten, wurde mit Feststellungsbescheid vom 10. April 2001 die Fachklinik Hofheim in den nach § 6 Abs. 1 KHG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 HKHG aufgestellten Krankenhausplan des Landes Hessen mit insgesamt 40 Planbetten aufgenommen.

Frage 3. Lag der Landesregierung zu diesem Zeitpunkt der Abschlussbericht des von ihr in Auftrag gegebenen Gutachtens zur künftigen psychiatrischen Versorgung in Hessen vor?

a) Wenn ja, hat sich das Gutachten mit der besagten Zulassung/Verlagerung von psychiatrischen Planbetten von Kiedrich nach Hofheim konkret oder abstrakt auseinander gesetzt und zu welchem Ergebnis sind die Gutachter gekommen?

Nein.

b) Wenn nein, warum hat die Landesregierung nicht die Vorlage des Gutachtens abgewartet?

Da dringender Handlungsbedarf bestand, konnte nicht bis zur Vorlage des Gutachtens Ende des Jahres gewartet werden.

Frage 4. Aus welchen Gründen hat sich die Landesregierung über die Empfehlung des Landeskrankenhausausschusses hinweggesetzt?

Aufgrund des geänderten § 40 SGB V dürfen Krankenkassen keine Akutbetten in Reha-Einrichtungen finanzieren. Für den Fall der Beibehaltung des Behandlungsspektrums muss seitens der Kassen ein Versorgungsauftrag nach § 108 Nr. 3 i.V.m. § 109 SGB V geschlossen werden oder es muss eine krankenhausplanerische Absicherung erfolgen.

Vor dem Hintergrund eines von den Kassen kurzfristig nicht umsetzbaren Versorgungsauftrages, der Bestrebungen des Landes, eine ortsnahe psychiatrische Versorgung sicherzustellen, und der wirtschaftlichen Konsequenzen aus § 40 SGB V lag es für das Land nahe, die Klinik im Main-Taunus-Kreis, die schon Akutbetten betreibt, vorübergehend bis zum Abschluss der laufenden Verhandlungen auch in den Krankenhausplan aufzunehmen.

Frage 5. War der Landesregierung klar, dass die Zulassung von 40 psychiatrischen Planbetten in Hofheim zu einer entsprechenden Reduzierung beim St. Valentinushaus Kiedrich führen musste, und welche Konsequenzen für ihre Entscheidung hat sie daraus gezogen?

Es wurde keine Kompensation dieser 40 Betten durch das St. Valentinushaus Kiedrich angestrebt, wobei das Ziel verfolgt wurde, dem St. ValentinusKrankenhaus eine andere Struktur zu geben.

Sowohl der Stiftungsrat des St. Valentinushauses als auch der Verwaltungsrat der Kliniken des Main-Taunus-Kreises und die Landräte der betroffenen Landkreise haben dem Lösungsvorschlag zugestimmt. Folgende Konzeption soll umgesetzt werden:

- Die Fachklinik in Hofheim behält weiterhin die ihr zeitlich befristet zugebilligten 40 Betten für die psychiatrische Versorgung im Main-TaunusKreis.

- Die katholische Kirche wird im Main-Taunus-Kreis eine Klinik mit 60 Betten für die psychiatrische Versorgung errichten.

- Das Gesamtversorgungsgebiet im Main-Taunus-Kreis wird im Einvernehmen mit den Versorgungsträgern sektorisiert.

- Von den bestehenden 127 Betten im St. Valentinushaus verbleiben 27 Betten in Kiedrich für eine überregionale psychiatrische Versorgung.

- Die restlichen Betten werden - Zug um Zug - durch folgende im St. Valentinushaus vorgehaltene Angebote substituiert:

- 24 Plätze für gerontopsychiatrische Versorgung,

- 24 Plätze für die Betreuung von Demenzkranken,

- 6 Plätze für Tages- und Kurzzeitpflege,

- 19 Plätze für Altenpflege.

Frage 6. Welche mittlere Entfernung besteht innerhalb des Einzugsgebietes der Fachklinik Hofheim zur Fachklinik Hofheim und wie ist die entsprechende durchschnittliche Entfernung zum St. Valentinushaus Kiedrich, um wie viel würde somit die Erreichbarkeit für Patienten im Einzugsgebiet des Krankenhauses Hofheim verbessert?

Das Einzugsgebiet der Fachklinik Hofheim ist identisch mit dem Gebiet des Main-Taunus-Kreises, in dem die Stadt Hofheim und somit auch die dort angesiedelte Fachklinik Hofheim eine zentrale Lage besitzt. Die Entfernungen zu den Kreisgrenzen betragen in Richtung:

- Osten ca. 16 km,

- Norden ca. 9 km,

- Süden ca. 10 km,

- Westen ca. 11 km.

Die Entfernung von der Fachklinik Hofheim zum St. Valentinushaus Kiedrich beträgt ca. 40 km, sodass die Entfernungen von den östlichen, nördlichen und südlichen Kreisgrenzen des Main-Taunus-Kreises zum St. Valentinushaus Kiedrich ca. 56 bzw. 49 km betragen.

Für die Patienten aus dem Main-Taunus-Kreis ist die Fachklinik Hofheim, bedingt durch ein gut ausgebautes Netz des Öffentlichen Personennahverkehrs und die oben bereits angesprochene zentrale Lage, im Gegensatz zum St. Valentinushaus Kiedrich besser zu erreichen.

Frage 7. Welche mittlere Entfernung zu einem psychiatrischen Krankenhaus hält die Landesregierung für angemessen, um von gemeindenah sprechen zu können?

Die als angemessen zu bezeichnende Entfernung zu einem psychiatrischen Krankenhaus richtet sich bislang nicht nach der Entfernung gemessen in Kilometern, sondern nach den 1993 in den Krankenhausplan des Landes Hessen - 3. Fortschreibung Allgemeiner Teil - aufgenommenen Grundsätzen.

Danach sollten bis zum Zieljahr 2000:

a) in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt ein ausreichendes Angebot vorgehalten werden,

b) neue Angebote als psychiatrische Fachabteilungen in Allgemeinkrankenhäuser integriert werden,

c) psychiatrische Krankenhauseinrichtungen tagesklinische Angebote vorhalten, Krankenhausträger den Anteil der teilstationären zulasten der stationären Angebote weiterentwickeln,

d) in dem Umfang, in dem neue psychiatrische Krankenhausangebote entstehen, und parallel zum Auf- und Ausbau der außerklinischen Angebote zeitnah die Betten an anderer Stelle reduziert werden,

e) die Anzahl der Betten in den Landkreisen bzw. kreisfreien Städten auf 0,8 Betten/Plätze je 1.000 Einwohner reduziert und die Förderung nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz stufenweise angepasst werden. Auf der Grundlage kommunaler Psychiatriepläne sollten die Kommunen den Ausbau der komplementären Angebote unter Einbeziehung des Landes, des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, der Liga der Freien Wohlfahrtspflege und der Kostenträger forcieren. Mit dem zunehmenden Ausbau dieser Angebote sollten die Betten/Plätze je 1.000 Einwohner von 0,8 auf 0,6 reduziert werden. Soweit in Landkreisen oder kreisfreien Städten bereits weniger Betten für die psychiatrische Krankenversorgung benötigt werden, sollte eine Erhöhung der Bettenzahl nicht stattfinden.

Diese Planungsziele sind zwischenzeitlich weitgehend erreicht. Der noch verbleibende Entwicklungsbedarf wird gegenwärtig im Rahmen einer gutachterlichen Gesamtuntersuchung ermittelt.

Frage 8. Welche anderen Kriterien hält die Landesregierung als Merkmale der gemeindenahen psychiatrischen Versorgung für unabdingbar, welche für erforderlich, welche für sinnvoll und welche für wünschenswert?

Hinsichtlich der Merkmale, die zurzeit für unabdingbar erforderlich und sinnvoll gehalten werden, wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen.

Die Frage nach den wünschenswerten Merkmalen wird zurzeit im Rahmen der beauftragten gutachterlichen Gesamtuntersuchung geprüft. Es wird aber davon ausgegangen, dass das Gutachten über die Weiterentwicklung der psychiatrischen und psychosozialen Gesamtversorgung in Hessen sowohl Auskunft über die zukünftig unabdingbar erforderlichen und sinnvollen sowie auch über die wünschenswerten Merkmale geben wird.

Frage 9. Warum hat die Landesregierung mit ihrer Entscheidung nicht bis zum Abschluss entsprechender laufender Verhandlungen zwischen dem St. Valentinushaus, dem MainTaunus-Kreis und den Krankenhäusern im Main-Taunus-Kreis gewartet, bis sie ihre von der Empfehlung des Landeskrankenhausausschusses abweichende Entscheidung getroffen hat?

Die Beantwortung ist bereits bei Frage 4 erfolgt.

Frage 10. Hat der Landrat des Main-Taunus-Kreises Einfluss auf die Entscheidung der Landesregierung genommen oder zu nehmen versucht, in welche Richtung und mit welcher Begründung?

Nein.

Frage 11. Wie viele psychiatrische Betten waren bislang am Krankenhaus in Hofheim vorhanden?

Dem Krankenhaus in Hofheim waren bislang keine psychiatrischen Betten zugewiesen.

Frage 12. Musste das Krankenhaus Hofheim in den letzten fünf Jahren Betten in anderen Bereichen abbauen?

a) Wenn ja, sind Fördermittel für die Bettenschließungen geflossen?

b) Ist zu erwarten oder ist es möglich, dass für die Einrichtung der 40 zusätzlichen Betten in Hofheim Mittel zur Investitionsförderung beantragt werden?

c) Wäre ein solcher Förderbedarf aus Landesmitteln auch entstanden, wenn es zu keiner Verlagerung von Kiedrich nach Hofheim gekommen wäre?

aa) Wenn ja, warum und in welcher Höhe?

bb) Wenn nein, welche Rolle hat dies bei der Entscheidung der Landesregierung gespielt?

Das Krankenhaus in Hofheim bildet krankenhausrechtlich eine Einheit mit dem Krankenhaus in Bad Soden. Dieses Krankenhaus, dem insgesamt 517 Betten zugewiesen sind, musste in den letzten fünf Jahren keine Betten abbauen.

Zu a): Entfällt.

Zu b): Entsprechend der diesbezüglichen Erklärung der Fachklinik Hofheim ist davon auszugehen, dass für die Einrichtung der 40 zusätzlichen Betten keine Fördermittel beantragt werden.

Zu c): Entfällt.

Frage 13. In wie vielen Fällen hat der Landeskrankenhausausschuss in den Jahren 1999, 2000 und 2001 Empfehlungen zur Frage der Einrichtung zusätzlicher Einheiten/Abteilungen/Betten oder medizinischer Verfahrenseinheiten abgegeben, wie sah die Empfehlung in welchem Fall aus und wie hat die Landesregierung jeweils abschließend entschieden?

In den Jahren 1999 bis 2001 hat der Landeskrankenhausausschuss zu Angelegenheiten der psychiatrischen Versorgung folgende Empfehlungen abgegeben:

1. Der Errichtung der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Städtischen Klinikum Fulda wurde zugestimmt.

2. Die Weiterführung der Außenstelle Bamberger Hof des Zentrums für Soziale Psychiatrie gGmbH in der von 70 auf 40 Betten und 15 Plätze reduzierten Form wurde abgelehnt.

3. Dem Konzept zur Weiterentwicklung der orthopädischen und psychiatrischen Versorgung in Wiesbaden und im Rheingau-Taunus-Kreis wurde zugestimmt.

4. Dem Aufbau einer kinder- und jugendpsychiatrischen Tagesklinik in Höchst/Odenwald im Einzugsbereich der Klinik Hofheim, Riedstadt, wurde zugestimmt.

5. Die Umwidmung der Lindenberg-Klinik in Melsungen in ein psychiatrisches Krankenhaus mit 40 Betten sowie die Erhöhung der Kapazität des Hessischen Diakoniezentrums Hephata in Schwalmstadt um 20 Betten und 13 Plätze wurde abgelehnt.

6. Die befristete Aufnahme eines psychiatrischen Versorgungsauftrages der Kliniken des Main-Taunus-Kreises mit 40 Betten wurde abgelehnt (siehe hierzu auch Antwort zu Frage 1).

Dem Votum des Landeskrankenhausausschusses zu Nr. 1, 3, 4 und 5 ist die Landesregierung gefolgt. Zu Nr. 2 und 6 hat die Landesregierung entschieden, die genannten Einrichtungen in der beschriebenen Form in den Krankenhausplan des Landes aufzunehmen.