Die neuen Kernlehrpläne in Nordrhein Westfalen tragen dieser Entwicklung Rechnung

Moderner Unterricht Konzentration auf das Wesentliche

Für die Umsetzung des achtjährigen Gymnasiums reichte es nicht, den Unterricht des entfallenden Schuljahres auf die anderen Jahrgänge zu verteilen. Es stellte sich vielmehr die Frage, welche Kompetenzen und Fertigkeiten eine Schülerin oder ein Schüler innerhalb eines gewissen Lernzeitraumes erwerben muss. Dazu wurden bundesweit geltende Bildungsstandards durch die Kultusministerkonferenz formuliert.

Die neuen Kernlehrpläne in Nordrhein-Westfalen tragen dieser Entwicklung Rechnung. Auf umfangreiche inhaltliche Vorgaben und didaktische Empfehlungen wurde verzichtet. Die Vorgaben der Lerninhalte beschränken sich jetzt auf ein unverzichtbares Maß. Die Stofffülle wird ersetzt durch exemplarisches Lernen. Moderne Kernlehrpläne geben vor, welche wesentlichen Fähigkeiten und Kompetenzen, die Schülerinnen und Schüler erwerben sollen.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat das Institut für Qualitätssicherung im Bildungswesen in Berlin (IQB) um eine Stellungnahme zu den neuen Kernlehrplänen gebeten. Im Gutachten heißt es, dass „die neuen nordrhein-westfälischen Sek.

I-Gymnasiallehrpläne der untersuchten Fächer Deutsch, Mathematik, Erste Fremdsprache (Englisch/Französisch), Chemie, Biologie und Physik dem hohen Anspruch der StandardKompatibilität insgesamt in beispielhafter Weise gerecht werden; teilweise als deren gelungene Verbesserungen und Weiterentwicklungen einzustufen sind."

Das Schulministerium unterstützt die Schulen bei der Umsetzung der neuen Kernlehrpläne. So haben beispielsweise landesweit Beratungsveranstaltungen zur Gestaltung des Unterrichts stattgefunden. Modelle für einen neuen, kompetenzorientierten Unterricht werden in Netzwerken von Schulen, Studienseminaren und Wissenschaft erprobt. Musterlehrpläne sind als Beispiele für die Umsetzung der Lehrpläne im konkreten Unterricht entwickelt und den Schulen zur Verfügung gestellt worden.

Die neuen Schulbücher sind auf die Kernlehrpläne abgestimmt. Nordrhein-Westfalen hat hier, bundesweit als Vorreiter, mit den Schulbuchverlagen einen neuen Weg eingeschlagen. In den Schulbüchern wird der Pflichtstoff - entsprechend den Lehrplänen - als unverzichtbarer Inhalt ausgewiesen und von den freiwilligen Angeboten optisch abgegrenzt. Zusammen erleichtert dies den Lehrkräften die Unterrichtsplanung, hilft, Überfrachtung mit Lernstoff zu vermeiden, und schafft Transparenz für Schülerinnen, Schüler und Eltern.

Hier geht es zu den Unterstützungsangeboten: www.standardsicherung.schulministerium.nrw. de/cms/ PraxisVorreiter in Sachen „G8"

Bereits ein Jahr früher hat das Gymnasium Schloss Neuhaus mit der Schulzeitverkürzung begonnen.

Einen ersten Beleg dafür, dass das sogenannte „G8" keine Leistungseinbußen mit sich bringt, kann das Gymnasium Schloss Neuhaus in Paderborn schon vorlegen: Seine neunten Klassen beteiligten sich im Schuljahr 2008/2009 an den zentralen Prüfungen, die für die Klassen 10 gedacht sind, mit gutem Erfolg. „Unsere Neuntklässler haben den Stoff gekonnt", berichtet Schulleiter Bernhard Gödde. Das Gymnasium Schloss Neuhaus gehört zu den Vorreitern in Sachen Schulzeitverkürzung.

Bereits ein Jahr, bevor die Schulzeitverkürzung an allen Gymnasien in Nordrhein Westfalen eingeführt wurde, startete sie am „GSN". Die Schulkonferenz hatte sich seinerzeit mit überwältigender Mehrheit für die vorzeitige Einführung von „G8" ausgesprochen.

Zum Gelingen des Projektes tragen laut Gödde zwei Faktoren entscheidend bei: Guter Unterricht, in dem den Schülerinnen und Schülern die Kompetenz vermittelt wird, das Gelernte auch in anderen Zusammenhängen zu nutzen." Professor Wilfried Bos, Leiter des Instituts für Schulentwicklungsforschung der Universität Dortmund Foto:ChristofWolff Foto:Privat „Mehr Zeit für Förderung" Schulleiter Konrad Großmann, Vorsitzender der Rheinischen Direktorenvereinigung, zur Schulzeitverkürzung an Gymnasien.

Wie läuft der Unterricht im „G8"­ wie früher, nur schneller?

Großmann: Die Vorstellung, man könnte die gleiche Stoffmenge wie früher durchnehmen, halte ich für abwegig. Das geht nicht. Ich habe aber den Eindruck, dass sich die Kolleginnen und Kollegen umstellen und die Anregungen aus den neuen Kernlehrplänen aufnehmen.

An veralteten Lehrplänen kann es also nicht liegen, wenn mitunter der Eindruck entsteht, dass doch noch zu viel Stoff behandelt wird?

Großmann: Nein, daran liegt es nicht. Die Umstellung ist nicht nur für Schülerinnen, Schüler und Eltern ein Lernprozess, sondern auch für Lehrkräfte. Manchen fällt es vielleicht schwerer, sich von liebgewordenen Themen zu verabschieden. Ich erlebe aber, dass die Fachkonferenzen sich verantwortungsbewusst der Aufgabe annehmen.

Was kann die einzelne Schule darüber hinaus tun?

Großmann: Sie sollte zunächst die Eltern vernünftig informieren. Druck hat es immer schon gegeben. Auch früher schon wurden 30 oder 31 Wochenstunden unterrichtet. Wenn es jetzt 31 bis 34 sind, dann ist das verantwortbar. Es gibt allerdings eine Konsequenz: Jedes Gymnasium wird in den Nachmittag gehen müssen. Aber auch dies ist für die einzelne Schülerin, den einzelnen Schüler überschaubar, wenn man bedenkt, dass in den Jahrgangsstufen 5 und 6 höchstens an einem Nachmittag, und in den Jahrgangsstufen 7 und 8 höchstens an zwei Nachmittagen pro Woche unterrichtet werden darf.

Gleichwohl ist die Belastung für die Schülerinnen und Schüler an solchen Tagen größer.

Großmann: Die Gymnasien müssen die zusätzliche Zeit nutzen, um die Kinder intensiver individuell zu fördern. Das ist eine große Chance, unseren Schülerinnen und Schülern ­ unabhängig von ihrer sozialen Herkunft ­ eine hochwertige gymnasiale Bildung und eine überzeugende Ausbildungs- und Studierfähigkeit auch in acht Jahren zu vermitteln. Und noch eines sollten sich Gymnasien überlegen: ob sie nicht den 45-Minuten-Takt aufgeben und auf längere Unterrichtseinheiten setzen. Acht Fächer am Tag, das ist in der Tat kaum zumutbar. Wenn ich pro Fach 60 oder 90 Minuten am Stück unterrichte, dann muss sich der Schüler nicht so oft umstellen, der Lehrer kann mehr praktische Anteile einbauen, und es gibt weniger Hausaufgaben. Neben „Aufzugkursen" in den Sprachen, Rechtschreibkursen in Deutsch sowie einer Mathe-Werkstatt, in denen mit Lehrerhilfe Wissenslücken geschlossen werden, gibt es auch ein „BISSProjekt" für „besonders interessierte Schülerinnen und Schüler", in dem zum Beispiel das Überspringen einer Jahrgangsstufe vorbereitet wird. Aufgrund seiner guten Förderung wurde das Gymnasium Schloss Neuhaus ­ als einziges Gymnasium in Deutschland ­ vom Bundespräsidenten mit dem Deutschen Schulpreis 2008 ausgezeichnet. Bleibt bei all dem noch Zeit für Projekte, die über den Regelunterricht hinausgehen? Ob Klassenfahrten oder Sporttage ­ in jeder Jahrgangsstufe sei noch Raum für Besonderes, antwortet Gödde. Fremdsprache Klasse 8: Wahlpflichtbereich (z.B. 3. Die Erhöhung der Unterrichtsstunden in der Unter- und Mittelstufe fällt dadurch gering aus.

Unterricht am Nachmittag

An einzelnen Tagen muss im achtjährigen Gymnasium Nachmittagsunterricht stattfinden, da mehr als sechs Stunden am Vormittag pädagogisch nicht sinnvoll sind. Die Erhöhung der Stunden erfolgt schrittweise. In den Klassen 5 und 6 findet höchstens an einem Nachmittag Unterricht statt und in den Klassen 7 und 8 an höchstens zwei Nachmittagen. Für Schulen mit einem anderen Stundentakt (z. B. 60-Minuten-Rhythmus) gelten diese Regelungen entsprechend.

Die pädagogische Übermittagbetreuung

Für alle Schulen gilt: Tage mit mehr als sechs Stunden Unterricht erfordern einen Wechsel von Phasen der Anstrengung und Entspannung im Unterricht. Dies gilt für Halbtagsschulen mit Nachmittagsunterricht an einzelnen Tagen genauso wie für Ganztagsschulen, in denen die Schülerinnen und Schüler an mehreren Nachmittagen in der Schule verweilen. Längere Erholungsphasen sind ebenso notwendig wie die Möglichkeit, eine gesunde und gut schmeckende Mahlzeit einzunehmen.

Die Einführung einer pädagogischen Übermittagbetreuung mit Schulverpflegung ist eine große Umstellung für die nordrhein-westfälischen Gymnasien. Viele Schulen haben sich gemeinsam mit ihren Schulträgern sehr schnell auf den Weg gemacht, um für ihre Schülerinnen und Schüler beispielsweise eine Cafeteria einzurichten und Übermittagsangebote zur Verfügung zu stellen. An anderen Schulen fehlt es noch an Räumen und Ausstattung, um die gewünschte pädagogische Übermittagbetreuung anbieten zu können. Für diese Schulen gibt es eine Übergangsfrist. Bis Januar 2011 dürfen sie die Mittagspause verkürzen und die vorgesehenen 60 Minuten unterschreiten. Eine solche Entscheidung bedarf jedoch stets der Zustimmung der Schulpflegschaft.

Zu Beginn des Schuljahres 2010/2011 soll der Stand des Ausbaus der pädagogischen Übermittagbetreuung ausgewertet werden. Auf der Grundlage der Ergebnisse wird dann neu und abschließend über den Zeitrahmen sowie ggf. auch über eine Verlängerung der Übergangsphase entschieden.

Die erforderlichen finanziellen Ressourcen für das Personal in der pädagogischen Übermittagbetreuung sowie ­ je nach Bedarf ­ weitere Ganztagsangebote stellt die Landesregierung über das Programm „Geld oder Stelle" zur Verfügung. Über das „1.000-Schulen-Programm" gibt es Landeszuschüsse für Baumaßnahmen und Ausstattung.

Lernen in neuen Strukturen

Neue Lernzeiten (45-Minuten-Rhythmus) Höchstens 6 Unterrichtsstunden am Vormittag.

Höchstens 8 Unterrichtsstunden am Schultag.

Höchstens 1 Nachmittag in den Klassen 5 und 6

Höchstens 2 Nachmittage in den Klassen 7 und 8

Im Gymnasium Voerde können Schülerinnen und Schüler gemeinsam Hausaufgaben erledigen.