Die Anfänge dieser Kooperation liegen allerdings noch ein paar Jahre länger zurück

Im Jahr 1989 unterzeichneten Vertreter der Wasserversorgungswirtschaft und der Landwirtschaft unter der Schirmherrschaft des Umweltministeriums die sogenannte 12-Punkte-Vereinbarung zum kooperativen Gewässerschutz. Somit kann die Kooperation zwischen Wasserwirtschaft und Landwirtschaft in diesem Jahr auf ein zwanzigjähriges Bestehen zurückblicken.

Die Anfänge dieser Kooperation liegen allerdings noch ein paar Jahre länger zurück. Bereits im Jahr 1985 gründeten Vertreter der Landwirtschaft und der Wasserwirtschaft in Köln die Arbeitskreise „Ackerbau und Wasser im linksrheinischen Kölner Norden" sowie „Drüber und Drunter, Arbeitskreis Ackerbau und Wasser im Langeler Bogen". In diesen Arbeitskreisen wurden die wesentlichen Grundlagen für die Wasserkooperationen in NRW entwickelt. Bis zu diesem Zeitpunkt traten Wasserversorger und Landwirtschaft meist als Gegner auf. Nun wurde aber erkannt, dass eine Kooperation für einen erfolgreichen Gewässerschutz unumgänglich ist. Es ist das Verdienst dieser Arbeitskreise der ersten Stunde und der daraus entwickelten Kooperation Wasserversorgung und Landwirtschaft, in einem bundesweit bis dahin einmaligen Versuch die notwendige Vertrauensbasis für einen integrierten Gewässerschutz geschaffen zu haben.

Vorrangiges Ziel der Kooperationspartner war und ist der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, vor allem des Bodens und der Gewässer, durch Schutz vor vermeidbaren Beeinträchtigungen aus der Landwirtschaft. Zunächst wurde hierbei der Blick auf die Belastungen durch Düngung (Nitratauswaschung) und Pflanzenschutzmittel gelegt.

Am 1. Oktober 1986 trat eine Novelle der Trinkwasserverordnung in Kraft, mit der insbesondere der Grenzwert für Nitrat von 90 auf 50 Milligramm pro Liter herabgesetzt wurde. Allen Beteiligten war bewusst, dass die Einhaltung dieser neuen Anforderungen erhebliche Probleme mit sich bringen würde. Es erschien nicht Erfolg versprechend, sich allein auf die Anwendung des Ordnungsrechts zu verlassen. Im Rheinland folgte man dieser Erkenntnis. So wurde der Grundstein für die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Landwirten im Wasserschutzgebiet Weiler/Langel und den Gas-, Elektrizitäts- und Wasser20 Jahre erfolgreiche Kooperation für Gewässer und Landwirtschaft werken Köln als Wasserversorgungsunternehmen gelegt. Dem kooperativen Ansatz ist dabei stets Vorrang vor ordnungsrechtlichem Handeln durch Verbote und Strafen eingeräumt worden.

Zunächst wurde die Informationslage der Beteiligten verbessert. Es wurden sogenannte Schlagkarteien eingeführt, deren Daten dem Wasserwerk zur sachgerechten Einschätzung der Nährstoffsituation zur Verfügung gestellt wurden. Die Stickstoffdüngung wurde durch Untersuchung des Stickstoffgehaltes der Böden optimiert (sog. Nmin -Methode). Außerdem wurde die Nitratauswaschung im Herbst und Winter durch Einführung und Weiterentwicklung von Mulchsaatverfahren vermindert. Die Aktivitäten wurden durch mehrere Forschungsprojekte begleitet.

Diese ersten Erfahrungen führten dazu, den Kooperationsgedanken auch auf Landesebene weiterzuentwickeln.

Im Jahr 1989 ­ vor nunmehr bereits 20 Jahren ­ hat die Landesregierung unter der Schirmherrschaft des 20 Jahre erfolgreiche Kooperation für Gewässer und Landwirtschaft 6

Abbildung 06-1: Entnahmeturm einer Trinkwassertalsperre Abbildung 06-2: Gefäßversuche im Gewächshaus

Teil I Fokusthemen damaligen Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft (MURL NRW) den Weg des freiwilligen kooperativen Gewässerschutzes gemeinsam mit der Landwirtschaft und der Wasserversorgungswirtschaft eingeschlagen. Auf der Grundlage des 12-Punkte-Programms schlossen die Verbände der Wasserversorgungswirtschaft und der Landwirtschaft Vereinbarungen mit dem Ziel, die natürlichen Wasserressourcen möglichst effektiv vor Stoffeinträgen zu schützen. Es war sicherzustellen, dass die Bevölkerung mit einwandfreiem Trinkwasser versorgt werden kann.

Die Grundsätze des Programms haben sich bis heute nicht geändert:

·die Überzeugung von der Notwendigkeit der Kooperationen und die Bereitschaft, diese einzugehen

·die gemeinsame Entwicklung von Handlungsoptionen und Strategien

·die gegenseitige Information

·Begleitforschung und Unterstützung durch Förderung von Agrarumweltmaßnahmen

·Verantwortlichkeit und Beteiligung der Landwirtschaftskammer

·ein dezentraler, regionsorientierter Ansatz statt einer Lösung von der Stange

Die wesentlichen Instrumente zur Umsetzung sind dabei

·die betriebsindividuelle Beratung

·die gemeinsame Entwicklung von Minimierungsstrategien

·die gezielte Förderung von Minderungsmaßnahmen

·die gegenseitige Information

Was im Jahr 1989 mit zwei Kooperationen mit insgesamt 345 Mitgliedern begann, ist bis heute auf die stolze Zahl von 118 Kooperationen mit insgesamt fast 9.000 Mitgliedern angewachsen. Jedes der fast 400 Wasserschutzgebiete Nordrhein-Westfalens ist inzwischen durch eine Kooperation abgedeckt. Insgesamt umfasst die Fläche mit etwa 3.840 km2 über zehn Prozent der Landesfläche.

Nachdem seit 20 Jahren kooperativer Gewässerschutz in NRW praktiziert wird, war es an der Zeit, eine Bewertung dieser Arbeit aus Sicht des Gewässerschutzes vorzunehmen. Eine solche Evaluation ist jedoch methodisch äußerst anspruchsvoll. Zum einen sind die Folgen der Maßnahmen im Grundwasser erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung nachweisbar. Zum anderen ist der Bezug zwischen messbaren Änderungen im Grundwasser und bestimmten Maßnahmen bei der Bewirtschaftung aufgrund der komplexen Wechselwirkungen und anderer Einflüsse nur sehr bedingt herstellbar.

Das MUNLV hat daher eine umfassende Studie mit dem Ziel in Auftrag gegeben, eine solche Bewertung methodisch zu entwickeln und für ausgewählte Untersuchungsgebiete in 21 Wasserschutzgebieten auf insgesamt über 40.000 Hektar Fläche vorzunehmen.

Dies entspricht etwa einem Zehntel der von Kooperationen abgedeckten Fläche.

Im Ergebnis wurden vor allem in den stärker mit Nitrat belasteten Untersuchungsgebieten zum Teil deutlich abnehmende Nitratkonzentrationen im Rohwasser festgestellt. In nur zwei von 15 Untersuchungsgebieten wurden signifikant steigende Konzentrationen nachgewiesen. Die Nitratgehalte sind hier dennoch sehr gering.

Die Effekte lassen sich klar auf die Arbeit in den jeweiligen Kooperationen zurückführen. Hinsichtlich der Nmin -Restwerte im Herbst konnten für das Untersuchungsgebiet Weiler deutliche Effekte der hier angewandten Bodenbearbeitungsverfahren nachgewiesen werden. Die Nitrat-Restwerte nach der Getreideernte im Herbst nahmen durch den Anbau von Zwischenfrüchten, vor allem durch das hier entwickelte „Kölner Mulchsaatverfahren", deutlich ab.

An vielen Stellen im Land sind mit Bezug auf die Nährstoff- und Pflanzenschutzproblematik Fortschritte zu verzeichnen. In einigen Untersuchungsgebieten konnte ein deutlicher Trend zu abnehmenden Nährstoffüberhängen nachgewiesen werden.

Es darf aber auch nicht verkannt werden, dass der kooperative Ansatz dort seine Grenzen findet, wo aufgrund hydrogeologischer Gegebenheiten oder intensiver landwirtschaftlicher Nutzungen ungünstige Rahmenbedingungen vorliegen. So sind unter beiderseitigen großen Anstrengungen in Gemüseanbauregionen erhebliche Fortschritte bezüglich der Düngung zu verzeichnen, die sich jedoch nicht ­ auch unter Berücksichtigung der Fließzeiten ­ in einer entscheidenden Entlastung des Grundwassers widerspiegeln.

Hier sind weitere Anstrengungen notwendig.

Die Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie war in den zurückliegenden Jahren ein permanentes Diskussionsthema. Das Ziel der Richtlinie und damit Aufgabe der Länder ist es, den guten Zustand der Gewässer und damit auch des Grundwassers grundsätzlich bis zum Jahr 2015 zu erreichen. Auch wenn die Richtlinie für besondere Situationen einige Ausnahmemöglichkeiten anbietet, bleibt die Umsetzung dennoch eine ambitionierte Aufgabe, die große Anstrengungen abverlangen wird. Sie bietet außerdem die Chance, das in NRW erfolgreich praktizierte Modell der Kooperation, das inzwischen auch in anderen Bundesländern mit Erfolg durchgeführt wird, über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt zu machen. Besonders wünschenswert wäre eine Etablierung dieses kooperativen Ansatzes auf Ebene der EU.

Die Nutzung der nordrhein-westfälischen Erfahrungen soll sich dabei nicht nur auf Trinkwasserschutzgebiete beschränken. Vielmehr kann auf die erlangten Kompetenzen immer dann zurückgegriffen werden, wenn Grundwasser oder Oberflächengewässer aufgrund von Nährstoffen (Nitrat, Ammonium, Phosphat) oder Pflanzenschutzmitteln einen schlechten chemischen Gewässerzustand aufweisen. So weist ein Drittel der Landesfläche einen schlechten chemischen Grundwasserzustand aufgrund von Nitratbelastungen auf. Ein Großteil der Belastungen entstammt dabei der landwirtschaftlichen Flächennutzung. In diesen betroffenen Gebieten sind zur Erreichung eines guten chemischen Zustands zumeist landwirtschaftliche Maßnahmen bezüglich des Einsatzes von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln erforderlich.

Die Umsetzung dieser Maßnahmen wird ab dem Jahr 2009 durch ein vom MUNLV initiiertes und finanziertes Beratungsangebot unterstützt. Diese landwirtschaftliche Beratung zur Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie wird von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen durchgeführt und erfolgt außerhalb der bestehenden Kooperationen, jedoch unter Nutzung der hier gemachten Erfahrungen. Die bestehenden wasserwirtschaftlichen Kooperationen werden in bewährter Weise fortgeführt und tragen somit auch zur Zielerreichung der EG-Wasserrahmenrichtlinie bei.

Das Beratungsangebot der Landwirtschaftskammer wendet sich gezielt an den einzelnen Landwirt, um diesem das notwendige Handwerkszeug, beispielsweise für eine optimale Düngung, zu geben. Gemeinsam mit dem Landwirt werden Potenziale der gewässerschonenden Landbewirtschaftung aufgedeckt und landwirtschaftliche Maßnahmen umgesetzt. Schließlich werden zielgerichtet Fördermöglichkeiten im Rahmen des jeweils aktuellen Förderprogramms mit Blick auf den Gewässerschutz identifiziert.

Auch weiterhin soll die Arbeit der Kooperationen durch Agrarumweltmaßnahmen mit Ausrichtung auf den Gewässerschutz unterstützt werden. Mit der im Jahr 2007 begonnenen Förderperiode soll trotz geringerer finanzieller Spielräume die Förderung umweltbezogener Maßnahmen so weit wie möglich erhalten und weitergeführt werden. Denn die angemessene Honorierung von Leistungen, die Landwirte für Umwelt- und Naturschutz erbringen, ist unverändert notwendig.

Eine Reihe von Agrarumweltmaßnahmen, insbesondere solche mit Relevanz für den Gewässerschutz, wird weiterhin gefördert. Dies geschieht allerdings zu neuen Konditionen. Sowohl die Fördersätze als auch die Fördervoraussetzungen müssen an die neuen Rahmenbedingungen angepasst werden. Dies betrifft

·die „vielfältige Fruchtfolge",

·den Vertragsnaturschutz,

·den ökologischen Landbau,

·die Grünlandextensivierung,

·die Anlage von Uferrandstreifen.

Auch nach 20 Jahren sind die Wasserkooperationen in Nordrhein-Westfalen immer noch ein Erfolgsmodell, das durch kontinuierliche Weiterentwicklung „jung" geblieben ist. Sie dürfen daher auch als Erfolgsmodell für die Zukunft angesehen werden.