Lichtimmissionen

Das Bundes-Immissionsschutzgesetz betrachtet Licht als Immission, die belästigend oder schädigend wirken kann. Die möglichen Lichteinwirkungen werden daher bei geplanten Vorhaben bereits im Genehmigungsverfahren bewertet und im Sinne des vorbeugenden Umweltschutzes berücksichtigt.

Beschwerden erfolgen zumeist aufgrund von Belästigungswirkungen durch künstliche Beleuchtungsanlagen, die während der natürlichen Dunkelstunden das Wohn- und Schlafbedürfnis der Menschen erheblich beeinträchtigen können. Da sich die Beschwerden meist auf einzelne Beleuchtungsanlagen beziehen, wird die Belastung einzelfallbezogen gemessen und beurteilt.

Beschwerdegegenstand können ortsfeste Leuchten, Flutlichtscheinwerfer oder „Himmelsstrahler" sein, aber auch Lichtwerbeanlagen oder Gesamtbeleuchtungen von Tankstellen, Verladeplätzen oder Parkhäusern (Abbildungen 1.7-1 und 1.7-2).

Ein aktuelles Beispiel einer komplexen Beurteilungssituation für Lichtimmissionen zeigt Abbildung 1.7-3.

Bei einem innerstädtischen Parkhaus eines Einkaufszentrums wurden von den Bewohnern der benachbarten Wohnbebauung aufgrund der intensiven Außenbeleuchtung Beschwerden geäußert. Die Vielzahl der eingesetzten Beleuchtungseinrichtungen stellt besondere Anforderungen an die fachliche Beurteilung der Lichtimmissionen. Die Überprüfung durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz vor Ort zeigte, dass die Immissionsrichtwerte des Lichterlasses NRW teilweise überschritten wurden.

Die Beurteilung von Lichtimmissionen erfolgt auf der Basis des Lichterlasses Nordrhein-Westfalen in Anlehnung an die „Hinweise zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen", die der Bund-/Länderausschuss für Immissionsschutz (LAI) im Jahr 2000 veröffentlicht hat („LAI-Lichthinweise 2000"). Hierbei werden die Kriterien der Raumaufhellung und psychologischen Blendung zugrunde gelegt. Beurteilungsgrößen sind die Beleuchtungsstärke am Ort der Einwirkung (Immissionsort) und die Leuchtdichte der Lichtquellen abhängig von deren scheinbarer Größe (Raumwinkel) und der Umgebungsleuchtdichte. Zu berücksichtigen sind auch farbliche Auffälligkeiten und zeitliche Veränderungen der Lichtabstrahlung, welche die Belästigungswirkung deutlich Licht 1.7

Abbildung 1.7-1: Leuchten eines Gewerbebetriebs Abbildung 1.7-2: Durch eine Leuchtreklame (farbig) aufgehellter Schlafraum Abbildung 1.7-3: Lichtimmissionen eines Parkhauses nahe einem Wohngebiet verstärken können. Letzteres betrifft z. B. großflächige Videowerbeanlagen, die zunehmend an Gebäudefassaden zu Werbezwecken eingesetzt werden. Die zulässigen Immissionsrichtwerte werden in der Praxis oft überschritten, sodass Minderungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen.

1 Luft, Lärm und Licht:

Abbildung 1.7-4: Leuchtdichtebild einer Fassadenbeleuchtung Aufgetretene Beschwerdefälle in Bezug auf Raumaufhellung ca. 0,2... 20 lx Spanne zulässige Immission 1 bis 15 lx nach Lichterlass NRW insgesamt Wohngebiet tags 3 lx; nachts 1 lx Dorf- und Kerngebiet tags 5 lx; nachts 1 lx Kern-, Gewerbe- und Industriegebiet tags 15 lx;7-1.

Zur Bewertung der Blendwirkung werden Leuchtdichtewerte, welche die Helligkeit von Lichtquellen kennzeichnen, herangezogen. Die Leuchtdichte wird in cd/m² angegeben. Dabei ist Candela (cd) die internationale Basiseinheit der Lichtstärke. Eine Leuchtdichte von 10 cd/m² wird z. B. zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen herangezogen. Flutlichtscheinwerfer haben eine Leuchtdichte von einer Million cd/m² (Flutlichtscheinwerfer). Sonnenlicht kann bis zu einer Milliarde cd/m² aufweisen. Leuchtdichtewerte in nächtlicher Umgebung liegen oftmals unter 0,1 cd/m².

Ein Beispiel des Leuchtdichtebildes einer Fassadenbeleuchtung zeigt die Abbildung 1.7-4.

Die Blendung durch Lichtquellen wird im Immissionsschutz häufig durch den Blendungsfaktor k angegeben, der je nach Gebietsnutzung und Tageszeit auf 32 bis 160 begrenzt ist und z. B. durch Flutlichtscheinwerfer überschritten werden kann.

In den Lichterlass NRW sind die fachlichen Inhalte der Publikation 12.2 der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft (LitG-Publikation 12.2) mit eingeflossen.

Diese befindet sich mittlerweile unter fachlicher Beteiligung des LANUV in der Überarbeitung. Hierbei sollen insbesondere praxisrelevante Aspekte der Beurteilung weiterentwickelt werden, die bisher noch nicht einheitlich geklärt werden konnten.

Dies gilt insbesondere für die einheitliche Erfassung der blendrelevanten Messparameter als Grundlage der Blendbeurteilung. Erschwerend ist hierbei, dass seitens der behördlichen wie auch privaten Gutachter bislang unterschiedliche Messgeräte und Verfahren eingesetzt werden. Kritisch ist z. B. häufig die exakte Bestimmung der Umgebungs- bzw. Adaptionsleuchtdichte der Augen. Das LANUV ist ein behördlicher Vorreiter bei der bildaufgelösten Leuchtdichtemessung von Lichtimmissionen. Auch die neueren nationalen und internationalen Entwicklungen (CIE2003, SSK-Empfehlung Blendung 2006, EU-Richtlinie 2006/25/EG Künstliche optische Strahlung) werden bei der Aktualisierung der LitG-Publikation berücksichtigt.

Lichtemissionen sind auch im Naturschutz von Bedeutung. In der freien Natur kann das Licht nächtlicher Leuchtquellen, z. B. in der Nähe von Feuchtgebieten oder am Siedlungsrand, Insekten anlocken, die u. U. bis zur völligen Erschöpfung um die Lampen fliegen und verenden. Dies kann einen „Saugeffekt" auf die Fauna haben, der zur Verarmung wertvoller Biotope führen kann. Durch Wahl geeigneter Leuchtmittel (geringer Blauanteil, z. B. Natriumdampflampen) und Ausstattung der Leuchten (indirekte Beleuchtung, nicht weit sichtbar) kann dieser Effekt vermindert werden. Zum Schutz von Tieren vor Lichteinwirkungen bestehen u. a. Hinweise im Rahmen der LAI-Lichthinweise 2000 und naturschutzfachliche Empfehlungen.

Weitere Problemfelder durch Lichteinflüsse betreffen die Begrenzung der maximalen Beleuchtungsstärken der öffentlichen Straßenbeleuchtung im Bereich von Wohnungen oder die physiologische Blendung von Verkehrsteilnehmern durch Lichtquellen. Da wegen des relativ großen Abstandes zur nächsten Wohnbebauung keine Überschreitung der Immissionsrichtwerte des Lichterlasses vorliegt, besteht aus immissionsschutzrechtlicher Sicht jedoch keine verbindliche Handhabe zur Unterbindung der Abstrahlung in den oberen Halbraum.

Auch bei Tage treten regelmäßig Beeinträchtigungen durch schädliche Lichteinwirkungen auf. Dies betrifft z. B. Reflexionen des Sonnenlichts an ausgedehnten glänzenden Gebäudeteilen, die das Adaptionsvermögen des menschlichen Auges durch Blendung überfordern.

Hierfür bestehen fachlich noch keine einheitlichen Beurteilungsmaßstäbe hinsichtlich einer ggf. zumutbaren Einwirkungsdauer. Bei Windkraftanlagen wurde die Einwirkung des weit reichenden periodischen Schattenwurfs des Rotors im Rahmen des Windkrafterlasses Nordrhein-Westfalen in Übereinstimmung mit den WEA-Schattenwurfhinweisen des LAI auf 30 Jahresstunden und 30 Tagesminuten begrenzt.

Als störender Umweltfaktor wird Licht in Öffentlichkeit und Medien vergleichsweise wenig wahrgenommen.

Als Gründe hierfür werden u. a. die Beschränkung auf Belästigungswirkungen und die häufig gegebene Möglichkeit zum Eigenschutz im privaten Bereich angesehen.

Gleichwohl zeigt die Praxis, dass Beschwerden über Lichtimmissionen durch benachbarte Beleuchtungsanlagen häufig berechtigt sind. Die LAI-Lichthinweise und der Lichterlass NRW können als fachliche Beurteilungswerke für Raumaufhellung und psychologische Blendung im Wesentlichen als bewährt gelten, wobei z. B. bei der Blendbeurteilung noch einzelne fachliche Details verbesserungsbedürftig sind. Auch sind neuere Entwicklungen wie der zunehmende Einsatz von LEDLeuchten zu berücksichtigen.

Im behördlichen Vollzug, bei der Errichtung von neuen Beleuchtungsanlagen und in der Rechtsprechung hat das Problembewusstsein in den vergangenen Jahren zugenommen. Im öffentlichen Raum sind bei geplanten und bestehenden Beleuchtungseinrichtungen außer Belästigungswirkungen auch Gefährdungen als indirekte Wirkungen durch das Auftreten von Blendungen zu vermeiden. Diesem Gefahrenpozential wurde gemäß der Strahlenschutzkommission SSK 2006 bisher zu wenig Beachtung geschenkt.

Gezielte Lichtlenkung in die gewünschten Bereiche ist eine aktuelle sinnvolle Maßnahme zur Verringerung von Lichtimmissionen im Freien und dient gleichzeitig der Steigerung der immer wichtiger werdenden Energieeffizienz.