Hohe Nickelkonzentrationen in der Außenluft können also das Risiko erhöhen Nickelallergien

Labortests durchgeführt (Abbildung 3.5-1a, b). Eine festgestellte Nickelsensibilisierung bedeutet dabei nicht, dass bereits eine Allergie vorliegt. Diese Personen haben jedoch ein deutlich erhöhtes Risiko, eine Nickelallergie zu entwickeln. In der Studie zeigte sich bei den untersuchten Kindern ein direkter Zusammenhang zwischen erhöhten Nickelkonzentrationen im Urin und einer Zunahme an allergischen Nickelsensibilisierungen.

Hohe Nickelkonzentrationen in der Außenluft können also das Risiko erhöhen, Nickelallergien auszubilden.

Auch das Vorkommen von allergischem Asthma sowie von Erkrankungen der Atemwege, wie z. B. Bronchitis oder Nasennebenhöhlenentzündung, standen in direktem Zusammenhang zur Belastung der Luft mit Nickel und Chrom. Für spezielle immunologische Parameter oder auch Heuschnupfen und Neurodermitis konnte in der Studie allerdings kein Zusammenhang zur Immissionsbelastung festgestellt werden. Es besteht also ein eindeutiger Zusammenhang zwischen hoher Immissionsbelastung mit Nickel und Chrom und Auswirkungen auf die Gesundheit exponierter Personen.

Mit der Richtlinie 2004/107/EG vom 15.12.2004, der

4. Tochterrichtlinie zur Erfüllung der Anforderungen der Luftqualitätsrahmenrichtlinie, wurden Zielwerte für gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe des Feinstaubes, unter anderem auch für Nickel, festgelegt. Die Umsetzung in deutsches Recht erfolgte durch Novellierung der Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft (22. BImSchV), die am 6. März 2007 in Kraft getreten ist. Die Verordnung verpflichtet die zuständigen Behörden ­ in NRW sind dies die Bezirksregierungen ­, alle erforderlichen und ohne unverhältnismäßige Kosten durchführbaren Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die ermittelten Immissionskonzentrationen ab dem 31. Dezember 2012 die festgelegten Zielwerte nicht überschreiten.

Für Nickel gilt ein Zielwert von 20 Nanogramm pro Kubikmeter (ng/m3) als Jahresmittelwert. Im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Beurteilung der Luftqualität haben die Landesbehörden bestehende Belastungsschwerpunkte ermittelt, an denen die gesundheitsbezogenen Beurteilungswerte für Luftschadstoffe überschritten werden.

So wird zum Beispiel für Nickel der Zielwert in KrefeldStahldorf erheblich überschritten. An den Standorten Bochum-Stahlhausen und Duisburg-Untermeiderich lagen im Jahr 2008 leichte Überschreitungen des Zielwertes vor.

Die Immissionsbelastung wird an den Belastungsschwerpunkten im Rahmen von Messungen regelmäßig überwacht. Bei Bedarf werden die Luftmessungen durch weitere Untersuchungen, z. B. von Boden- oder Pflanzenproben, ergänzt. Die für die erhöhte Belastung verantwortlichen Quellen wurden durch die Landesbehörden ermittelt. An den Standorten mit Zielwertüberschreitungen wurden dann in Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Emittenten standortbezogene Emissionsminderungskonzepte erarbeitet, die konkrete Verbesserungsmaßnahmen zur Verminderung der Immissionsbelastung sowie einen Zeitplan für die Umsetzung dieser Maßnahmen beinhalten. Soweit erforderlich, wird die Umsetzung von Emissionsminderungsmaßnahmen durch behördliche Anordnungen der zuständigen Überwachungsbehörde sichergestellt.

Die Chrom- und Nickelbelastung an den kritischen Standorten soll damit bis zur Einhaltung und Unterschreitung der Zielwerte vermindert werden.

Umweltepidemiologie 3.5

Abbildung 3.5-1a, b: Untersuchung von Hautreaktionen mittels Epikutantest („Pflastertest") im Rahmen der Chrom-Nickel-Studie 3 Umwelt und Sicherheit

Human-Biomonitoring (HBM) perfluorierter Verbindungen

Im Frühjahr 2006 wurden erhöhte Belastungen an perfluorierten Verbindungen (PFT) in Oberflächengewässern und im Trinkwasser in einem Bereich des Einzugsgebiets der Möhne festgestellt. Die Quelle dieser Belastung war ein Abfallgemisch mit PFT-haltigen Chemieabfällen, das auf Felder und Weiden vornehmlich im Hochsauerlandkreis und im Kreis Soest aufgebracht worden war. Von diesen Flächen wurden die perfluorierten Verbindungen ausgespült und gelangten in die Flüsse Möhne und Ruhr, deren Wasser als Rohwasser für die Gewinnung von Trinkwasser genutzt wird. Auch Fische aus PFT-belasteten Gewässern waren zum Teil deutlich mit perfluorierten Verbindungen belastet. Die PFT-Belastung des Trinkwassers und der Fische war Anlass für verschiedene umweltmedizinische Untersuchungsprojekte.

Aufnahme von PFT über belastetes Trinkwasser

Die im Frühjahr 2006 in einigen Arnsberger Stadtteilen im Trinkwasser festgestellten erhöhten Konzentrationen der PFT-Verbindung Perfluoroktansäure (PFOA) waren Anlass für eine mehrphasige umweltepidemiologische Studie. In der ersten Phase des Projekts wurde von August 2006 bis März 2007 unter Leitung von Professor Michael Wilhelm von der Ruhr-Universität Bochum (RUB) das Blut von 700 Kindern, Frauen und Männern aus Arnsberg sowie den Vergleichsgebieten Brilon und Siegen auf perfluorierte Verbindungen analysiert. Die Ergebnisse dieser Studie haben eindeutig gezeigt, dass der Konsum PFT-verunreinigten Trinkwassers bei der Arnsberger Studiengruppe zu einer signifikant erhöhten Belastung mit PFOA im Blut geführt hat. Im Mittel fanden sich bei der Arnsberger Studiengruppe fünf- bis achtfach höhere PFOA-Werte im Blut als bei den Vergleichsgruppen aus Brilon und Siegen.

Um zu untersuchen, in welchem Ausmaß die PFOABelastung der Arnsberger Bevölkerung nach einem Jahr zurückgegangen ist, wurden 69 Kinder, 139 Mütter und 83 Männer, die bereits in der ersten Phase des Projekts teilgenommen hatten, erneut von der RUB untersucht. Die Ergebnisse dieser zweiten Phase zeigen einen Rückgang der Belastung des Blutes mit PFOA um im Mittel etwa 20 Prozent bei Frauen und Kindern und etwa zehn Prozent bei Männern. Dieser Rückgang steht im Einklang mit den bisher aus der Arbeitsmedizin bekannten internationalen wissenschaftlichen Kenntnissen zur Ausscheidung von PFOA aus dem menschlichen Organismus. Die bei relativ hoch belasteten Arbeitern ermittelte Halbwertszeit ­ das ist die Zeit, in der die Hälfte eines in den Körper aufgenommenen Schadstoffes ausgeschieden wird ­ von drei bis fünf Jahren scheint damit auch für die Studiengruppe aus Arnsberg zu gelten.

In einer dritten Phase des Projekts wurde das Arnsberger Studienkollektiv erneut auf PFOA im Blut untersucht. Diese zweite Folgeuntersuchung zeigt, dass sich der schon in der ersten Folgeuntersuchung festgestellte Rückgang von PFOA im Blut (20 Prozent bei Frauen und Kindern, zehn Prozent bei Männern) gleichmäßig fortsetzt. Insgesamt sind damit die PFOA-Konzentrationen im Blut der betroffenen Bevölkerung seit der ersten Untersuchung 2006 um 23 Prozent (Männer), 38 Prozent (Frauen) und 40 Prozent (Kinder) zurückgegangen (siehe auch Abbildung 3.5-2). Eine weitere Nachuntersuchung ist für das Jahr 2010 geplant. Aus den bisherigen Ergebnissen werden derzeit HBM-Werte für PFOA und Perfluoroktansulfonat (PFOS) abgeleitet, die der HBM-Kommission des Umweltbundesamtes vorgelegt werden. Die bisher bei der Arnsberger Abbildung 3.5-2: PFOA-Konzentrationen im Blutplasma der Kinder.

Aufnahme von PFT über belasteten Fisch

In einer weiteren umweltmedizinischen Studie des MUNLV wurde ab Mai 2008 die PFT-Belastung des Blutes von 105 Anglern untersucht, die seit mehreren Jahren im Bereich des Möhnesees angeln. Hintergrund der Untersuchung waren erhöhte Gehalte an Perfluoroktansulfonat (PFOS) in Fischen aus Gewässern der Möhneseeregion, die im August 2006 festgestellt worden waren. Mit der Studie sollte ermittelt werden, ob zwischen dem Verzehr von PFT-belasteten Fischen und der Belastung des Blutes mit diesen Stoffen ein Zusammenhang besteht. Die ersten Ergebnisse, die im November 2008 vorgestellt wurden, bestätigten den vermuteten Zusammenhang eindeutig. Je mehr Fisch verzehrt wird, desto höher ist die jeweilige Blutbelastung mit PFOS.

Im Vergleich zu dem im Rahmen der Arnsberger Studie (siehe Seite 158) untersuchten Kontrollkollektiv aus Brilon betragen die ermittelten PFOS-Werte im Blut der Studienteilnehmer im Mittel etwa das 2,5-fache (Medianwerte: 25 g/l bei den Anglern bzw. 10 g/l in Brilon). Der Referenzwert für die PFOS-Belastung der allgemeinen Bevölkerung in Deutschland beträgt 25 g/l für Männer und 20 g/l für Frauen. Der Referenzwert ist ein rein statistisch abgeleiteter Wert und entspricht dem sogenannten 95-Perzentil, das heißt, dass 95 Prozent aller in Deutschland ermittelten PFOS-Konzentrationen im Blut unterhalb dieses Wertes liegen. Der Median der PFOS-Belastung der Möhneseeangler liegt demnach im Bereich des Referenzwertes.

Etwa die Hälfte der Angler haben jedoch PFOS-Konzentrationen oberhalb des Referenzwertes, wobei eine Untergruppe von Anglern mit langjährigem hohem Verzehr von Möhneseefisch besonders erhöhte PFOSWerte aufweist. Die Höchstwerte dieser Vielverzehrer (ein- bis dreimal Möhneseefisch pro Woche) liegen im Bereich von mehreren Hundert Mikrogramm PFOS pro Liter Blut. Der Maximalwert betrug 650 g/l.

Eine akute gesundheitliche Gefährdung kann nach dem derzeitigen Stand des Wissens nicht abgeleitet werden. Hinsichtlich der Beurteilung der langfristigen Belastung bestehen noch offene Fragen, denen das MUNLV gemeinsam mit dem LANUV aktuell nachgeht (Ableitung von HBM-Werten, s. o.). Direkt nach Bekanntwerden der PFT-Belastung von Fischen aus dem Möhnesee hat das MUNLV im September 2006 eine vorsorgeorientierte Empfehlung zum Verzehr von Fischen aus diesem Gewässer veröffentlicht. Die im Rahmen der Anglerstudie erzielten Ergebnisse bestätigen dieses Vorgehen des MUNLV. PFT in der Muttermilch

Einen weiteren Baustein des PFT-Human-Biomonitorings bilden Untersuchungen von Muttermilch. Seit Anfang 2007 werden im Auftrag des MUNLV vom Chemischen Landes- und staatlichen Veterinäruntersuchungsamt Münster für Stillende aus ganz NRW kostenlose Muttermilchuntersuchungen auf PFT angeboten. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die in allen Muttermilchproben (über 200 Proben) gemessenen PFT-Konzentrationen für Säuglinge gesundheitlich unbedenklich sind. Das vom Umweltministerium finanzierte PFT-Muttermilch-Programm läuft weiter. Alle Ergebnisse werden daher im Internetauftritt des MUNLV veröffentlicht.