Bei der Belegung berücksichtigt die Stadt Duisburg unsere Vorschläge wenn es geht

„Werner und Claudia Rüber, Investor und Architektin

Wir wollten mal ein Objekt bauen, das selbständiges Wohnen möglich macht. Damit der behinderte Mensch auch ohne fremde Hilfe aus der Tiefgarage rauskommt. Denn kleine Barrieren machen das Fahren mit dem Rollstuhl oft so schwierig. Die nötige Erfahrung haben wir uns in den letzten 16 Jahren selber angeeignet.

Bei der Belegung berücksichtigt die Stadt Duisburg unsere Vorschläge, wenn es geht. Es ist wichtig bei einem so kleinen Objekt, dass die Mieter zusammenpassen. Bei der Planung der Wohnungen haben meine Eltern überlegt, ob sie da mal selber einziehen. Sie wollten keine Hindernisse mehr beim Wohnen haben. Also dachten wir, dann baust du halt was, was du selber nutzen könntest. Deswegen haben wir auch zu jeder Wohnung 20.000 dazu getan, um sie so auszustatten, wie wir es wollen. Egal, ob gefördert oder frei finanziert. Immobilien sind eine sichere Sache und wir haben hier dauerhaft vermietbare Wohnungen gebaut. Jetzt wünsche ich mir, dass unser Projekt Schule macht. „ „... und dann haben wir es einfach selber gemacht" Neubau von rollstuhlgerechten Geschoss mietwohnungen

Er habe eine solche Wut gehabt über die Dinge, die für Menschen mit Behinderung nicht klappen ­ so sehr, dass er es einfach besser machen wollte. Als Architekt kennt Werner Rüber sich schon seit Jahren mit gefördertem Wohnungsbau aus. Doch seitdem seine Frau auf den Rollstuhl angewiesen ist, sieht er die Dinge noch einmal mit anderen Augen.Als Mitbetroffener sammelt er seit über zehn Jahren selbst Erfahrungen, woran es im Alltag von behinderten Menschen mangelt. Verschiedene Erlebnisse lassen bei dem erfahrenen Architekten die Idee reifen, auch als Investor und Bauherr aktiv zu werden. Die evangelische Kirche bietet 2005 in Duisburg-Großenbaum ein Grundstück an und wünscht sich darauf eine soziale Nutzung. Er kauft es, weil die Lage in einem gemischten Wohnviertel mit Ein- und Mehrfamilienhäusern sowie die Größe genau zu seinen Vorstellungen von behindertengerechtem Wohnen passt. Zusammen mit seiner Tochter, die auch Architektin ist, will er zeigen, dass behindertengerechte Wohnungen gut durchdacht, komfortabel und bezahlbar sein können.

Das Angebot des Landes, für die Finanzierung von barrierefreien Mietwohnungen zinsgünstige Darlehen bereitzustellen, kam hier gerade recht. Das Markenzeichen der sozialen Wohnraumförderung NRW passte prima zum Konzept der Familie Rüber. „Gute Wohnqualität und günstige Miete und gleichzeitig auskömmlich für den Investor" heißt das Motto.

Überall ein bisschen mehr als nötig

Der dreigeschossige Backstein-Neubau mit sechs rollstuhlgerechten Mietwohnungen bietet Zwei- und Dreizimmerwohnungen mit Balkon. Fünf der Wohnungen sind mit zinsgünstigen Darlehen für die soziale Wohnraumförderung finanziert worden. Bestimmt sind sie für Mieterinnen und Mieter innerhalb der Einkommensgrenze. Zusätzlich kann die zur Zeit als Arztpraxis genutzte Wohneinheit im Erdgeschoss bei Bedarf in drei barrierefreie Wohnungen zurückgebaut werden.

Das Besondere liegt wie so oft im Detail

In jeder Wohnung ist mit viel Ideenreichtum auf eine konsequent gute Alltagstauglichkeit geachtet worden.

Alle Räume haben die für den Rollstuhlgebrauch notwendigen Bewegungsflächen. Wer im Rollstuhl sitzt, weiß um die Vereinfachung alltäglicher Handgriffe durch eine gute Erreichbarkeit aller Dinge: Schalter, Steckdosen und Türbeschläge sind deshalb auf die Bedienhöhe eines Menschen im Rollstuhl angelegt, alle Fenster haben elektrische Rollläden. Die extra tiefen Fenster bringen nicht nur mehr Licht in die Wohnungen, sondern ermöglichen auch vom Rollstuhl aus einen guten Blick nach draußen. Das gleiche gilt für die Balkonbrüstung, die auch im Sitzen die bequeme Aussicht ins Freie gewährt. Die Übergänge zum Balkon sind barrierefrei.

Fühlbare Sicherheit entsteht durch die umfangreiche Ausstattung: Der Türspion und die Türsprechanlage mit eingebauter Videokamera sind auf der Höhe von Menschen im Rollstuhl angebracht. Der hausinterne Notruf aus allen Zimmern aktiviert im Treppenhaus eine laute Hupe und ein Lichtsignal über der Wohnungstür. Damit weiß die Nachbarschaft direkt, hier wird Hilfe gebraucht. Nur wo individuell notwendig, sind in den Bädern Haltegriffe angebracht.Wer später mehr Unterstützung braucht, kann einfach nachrüsten, denn alles ist im Trockenbau-System vorbereitet.

Die Geschossdecken sind aus Stahlbeton und ermöglichen damit stabil und unkompliziert eine eventuelle Montage von Deckenliftern. Und diese außergewöhnliche Ausstattungsqualität ist für alle Wohnungen gleich.

Die Bewohnerinnen und Bewohner wissen sehr zu schätzen, dass sowohl die Tiefgarage als auch der Hauseingang mit einem automatischen Türöffner über einen Schlüsselschalter ausgestattet sind und dadurch das Betreten des Hauses vereinfachen. Eine rollstuhlgerechte Klingel- und Briefkastenanlage und die Rampe zu den tiefer gelegten Mülltonnen gehören ebenso selbstverständlich dazu wie ein großzügiger Eingangsbereich. Innerhalb der Wohnungen bleibt für alle mehr Wohnfläche, weil die Stellflächen im Treppenhaus genutzt werden können, um an drei Steckdosen elektrische Rollstühle unkompliziert über Nacht aufzuladen.

Auch im Keller setzen sich die durchdachten Details und kreativen Ideen fort: Zur besseren Orientierung wurden die drei Brandschutztüren zur Tiefgarage, zu den Abstellräumen und zur Waschküche ebenso wie ihre automatischen Türöffner farblich gekennzeichnet und mit Zahlen versehen. Und wer von einem der sechs behindertengerechten Stellplätze in der Tiefgarage über die Rampe Richtung Aufzug fährt, dem wird die Tür dorthin automatisch geöffnet. Eine Erleichterung, die von Autofahrerinnen und Autofahrern im Rollstuhl sehr geschätzt wird.

Mittendrin trotz Rollstuhl

Im Haus wohnen Einzelpersonen, Paare und Familien.

Alle sind entweder ganz oder teilweise auf den Rollstuhl oder aufgrund einer chronischen Krankheit eines Familienmitgliedes auf eine behindertengerechte Ausstattung der Wohnung angewiesen. Obwohl die Wohnbedürfnisse aufgrund der individuellen Behinderungen der Bewohnerinnen und Bewohner sehr unterschiedlich sind, fühlen sich alle mit und ohne Behinderung im Haus richtig wohl. Sobald das Bauschild aufgestellt war, meldeten sich Interessierte für die barrierefreien Wohnungen und ließen sich auf die Warteliste setzen. Schließlich ist man vom Siepenkothen aus mit der S-Bahn in 10 Minuten am Duisburger Hauptbahnhof oder in 20 Minuten in Düsseldorf.

Egal ob in Rente oder berufstätig, die Einkaufsstraße mit Geschäften, Praxen, Banken und Einrichtungen des täglichen Bedarfs ist mit und ohne Rollstuhl in ca. 5 Minuten erreichbar, auch ein Markt findet regelmäßig statt. Zusätzlich befindet sich im Haus selbst eine Arztpraxis von Allgemeinmedizinern. Was will man mehr?

Privates Engagement kombiniert mit Fördermitteln macht es möglich Kopf und Motor des Projektes ist Familie Rüber. Das Architekturbüro Rüber gibt es bereits in der zweiten Generation, aber dieses Objekt ist das erste, das von Vater und Tochter aus der Erfahrung der eigenen Betroffenheit realisiert wurde. Sie haben nicht nur ihre Überzeugung und Verbesserungsideen in den Bau gesteckt, sondern auch viel privates Kapital. Und sie würden es wieder machen.

Zahlen ­ Daten ­ Fakten Projekt Duisburg Barrierefreie Mietwohnungen, Am Siepenkothen 36, 47269 Duisburg Projektart: Neubau rollstuhlgerechter Geschossmietwohnungen Projektgröße und -ausstattung: Sechs rollstuhlgerechte Mietwohnungen, davon drei Zweiraumwohnungen und drei Dreiraumwohnungen mit Balkon, Wohnflächen zwischen 54 qm und 87 qm, 5 geförderte WE für Einkommensgruppe A, 1 frei finanzierte WE, Tiefgarage mit sechs rollstuhlgerechten Stellplätzen Besonderheiten: Automatiktüren für Hauseingang und in den Brandabschnitten, elektrische Rollläden an allen Fensteranlagen, alle Geschossdecken in Stahlbeton zur eventuellen Montage von Decken liftern Bewohnerinnen und Bewohner: Mehrzahl der 10

Bewohnerinnen und Bewohner auf den Rollstuhl angewiesen, chronisch krank oder leben mit Familie im Haus.

Investor: Werner Rüber, Duisburg Architektur: Claudia Rüber, Duisburg Jahr der Fertigstellung: 2006

Förderung: Zinsgünstige Landesmittel für die soziale Wohnraumförderung und Darlehen der Stadt Duisburg Fördereffekt: Verringerung der Zinsbelastung, Miethöhe bei Erstbezug: Öffentlich geförderte Wohnungen 4,30 kalt/qm, frei finanzierte Wohnungen 7,50 kalt/qm