Arbeitsuche oder Weiterbildung

Einstieg und einem schnelleren Wechsel zwischen selbständiger und abhängiger Beschäftigung sowie Phasen der Arbeitsuche oder Weiterbildung.

Die Anforderungen an das Selbstmanagement der Menschen sind in Familie und Beruf gewachsen. Sie sind aber ebenso ein Faktor für die Entscheidung zur Familiengründung wie bei der Pflege sonstiger persönlicher Beziehungen innerhalb und außerhalb der eigenen Generation. Lothar Krappmann und Annette Lepenies sprechen in diesem Zusammenhang von „korrespondierenden Erfahrungen" für junge und alte Menschen: Sie verweisen darauf, dass alle Altersgruppen „mit ihrer psychosozialen Identität auf die veränderten Lebenschancen" reagieren müssen. Es ist für sie notwendig, „nach befriedigenden Tätigkeiten zu suchen und die Tragkraft ihrer persönlichen Beziehungen zu anderen unter den neuen Herausforderungen zu prüfen". 5.) Gemeinsames Handeln als Chance

Die Veränderungen der Lebensbedingungen im Zuge der Modernisierung betreffen alle Menschen, unabhängig vom Alter. Die „Biografisierung der Lebensläufe", 6.) die Freiheit und der gleichzeitige Zwang, sich in einer offenen Gesellschaft zu orientieren und zu positionieren, sind Anforderungen, mit denen heute die Angehörigen aller Generationen konfrontiert werden.

Der Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse führt dabei nach Kurt Lüscher zu einem Paradox: Die Modernisierung gefährdet durch das Auflösen von gewachsenen Strukturen, insbesondere im Bereich der Familie, die Generationenbeziehungen. Diese Beziehungen werden aber zugleich als Unterstützungssysteme immer wichtiger. 7.)

Wie steht es tatsächlich um die Beziehungen von Menschen aus unterschiedlichen Generationen? 1.)

Was grenzt Generationen voneinander ab? Was verbindet sie? Wie gut sind die Chancen für ein gutes Miteinander in der Zukunft?

Aus der medialen Auseinandersetzung entsteht zuweilen der Eindruck, als seien die Generationen auf Konfrontationskurs. Stichworte wie „Komplott gegen das Alter", „Krieg der Generationen" oder „Kündigung des Generationenvertrages" 2.) sind Bestandteile der Debatte und lösen vor allem dann Kontroversen aus, wenn es um die sozialen Sicherungssysteme oder Fragen des monetären Ausgleichs zwischen den Generationen geht.

Auf der anderen Seite stellt das Generationenbarometer 2006 den guten Zusammenhalt der Familien heraus und wagt die Prognose „Familie hat Zukunft".

Und die Shell-Jugendstudie verweist darauf, dass persönliche Beziehungen junger zu älteren Menschen mit einem positiven Blick auf das Alter einhergehen. 4.) Begegnungen zwischen den Generationen im Wandel Woher kommt dieser Widerspruch zwischen der Problematisierung von „Generationen" in gesellschaftlichen Debatten und dem vergleichsweise entspannten Blick, den die Generationen auf sich selbst werfen?

Eine wesentliche Erklärung sind sicher die objektiven Veränderungen gerade im Bereich des familiären Zusammenlebens und der beruflichen Biografien, die den gesellschaftlichen Wandel und damit auch strukturelle Veränderungen in den Beziehungen zwischen den Generationen mit befördern.

Familien heute haben weniger Kinder als früher, Ein- oder Zweikindfamilien überwiegen. Drei, vier oder mehr Kinder sind in einer Familie selten anzutreffen. Gleichzeitig wächst die Zahl der Alleinerziehenden und der Patchwork-Familien. Hinzu kommt: Familien „strecken" sich, auch auf Grund der gestiegenen Lebenserwartung. Für Kinder mit jungen Eltern verbessern sich künftig die Chancen, neben den Großeltern auch noch die Urgroßeltern zu erleben („Bohnenstangenfamilie"). Gleichzeitig verringern sich aber die Aussichten, auch mit Onkeln, Tanten, Cousins und Cousinen zusammen zu kommen, weil sie ebenso wie eigene Geschwister seltener werden. Der ebenfalls prägende Einfluss der Verwandten für das Kind nimmt damit ab. Bei späteren Erstgeburten vergrößert sich zudem der Abstand zwischen den familiären Generationen, in diesem Fall spricht man von „Alterslückenstruktur".

Auch in der Arbeitswelt werden Kontakte zwischen Jung und Alt seltener. Längere Ausbildungsphasen führen zu einem späteren Eintritt in den Beruf. Gleichzeitig ist der Trend zur Frühverrentung noch nicht durchbrochen. Die Altersspanne, in der man sich beruflich begegnet, ist damit in der Tendenz begrenzt auf ca. 25 bis 30 Jahre.

Der Übergang von einer nationalstaatlichen Industriearbeitsgesellschaft in eine globalisierte Wissensgesellschaft hat in vielen Ländern zu einer stärkeren Differenzierung der Erwerbsbiografien geführt, zu einem Rückgang der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse, einer Zunahme von langen Praktikumsphasen gerade beim beruflichen Gemeinsames Handeln bietet Chancen ­ Potenziale der Generationen nutzen

In einer flexiblen Gesellschaft mit hohen Anforderungen an die Individuen müssen die Menschen immer mehr Entscheidungen hinsichtlich ihrer Lebensplanung treffen und dabei auch Risiken auf sich nehmen. Eben hierfür benötigen sie stabile Netze, die ihnen Rückhalt geben und sie auffangen, wenn der „Balanceakt auf dem Seil" einmal nicht erfolgreich verlaufen ist. Die offenere Lebensweise braucht eine verlässliche Absicherung der großen Lebensrisiken. Diesem Wandel muss von staatlicher Seite Rechnung getragen werden, aber genauso durch die Wirtschaft und die Gesellschaft selbst.

Freiwilligkeit und Engagement gewinnen in einer offenen Gesellschaft für die Beziehungen zwischen den Generationen an Bedeutung. Denn durch gemeinsames Handeln steigt auch die Chance, durchaus vorhandene gesellschaftliche Potenziale zu nutzen und zugleich gegenseitigen Respekt und Verständnis füreinander weiter zu entwickeln.

Generationenübergreifende Beziehungen als Ressource Stabile, intensive Generationenbeziehungen sind eine wichtige gesellschaftliche Ressource. Die Gestaltung einer modernen und lebenswerten Gesellschaft stellt sich als generationenübergreifende Aufgabe dar, gerade weil die gewohnten Proportionen aus der Balance geraten. Eine neue Verständigung ist notwendig, wie den unterschiedlichen Bedürfnissen und Bedarfen aller Generationen künftig im Zusammenleben Rechnung getragen wird und brachliegende Potenziale und Fähigkeiten generationenübergreifend genutzt werden können. Denn Kompetenzen, Wissen, Erfahrungen und Einstellungen sind zwischen den Generationen unterschiedlich verteilt. Verfügen Ältere eher über ein hohes Maß an Erfahrungswissen und Souveränität bei der Problemlösung, zeichnen sich viele Jüngere durch Spontaneität, Kreativität und frisches Technikwissen aus. Führt man solche unterschiedlichen Stärken zusammen, können allein daraus schon reizvolle und lohnenswerte Neuerungen mit hohem wechselseitigem Nutzen entstehen.

Eine wichtige Rolle spielen generationenübergreifende Aktivitäten außerhalb von Familie. In ihnen können freiwillige Beziehungen relativ frei von wechselseitigen Abhängigkeiten und eingefahrenen Rollenmustern gestaltet werden.

Voraussetzung ist, es findet sich ein gemeinsamer Handlungsimpuls, ein echtes, gemeinsames Interesse. Die gemeinsame Motivation ist ein Erfolgsfaktor für generationenübergreifende Aktivitäten und braucht künftig mehr Aufmerksamkeit.

Denn generationenübergreifende Handlungsansätze eröffnen eine gute Chance für die Entwicklung von Partnerschaft, Verständnis und gegenseitigem Respekt, wenn den Interessen und Zielen aller beteiligter Generationen Rechnung getragen werden. Dann und nur dann entsteht eine echte Win-Win-Situation mit Vorteilen und Nutzen für alle beteiligten Altersgruppen.

Wie solche gemeinsamen Anknüpfungspunkte in der Praxis aussehen können, zeigt ein Blick auf die nachfolgend dokumentierten Projekte. So helfen etwa junge Ruheständler im Kreis Euskirchen Schülerinnen und Schülern mit ihren Erfahrungen und Kompetenzen beim Berufseinstieg, während Schülertandems in der Stadt Recke Senioren u. a. bei Computeranwendungen und „Ausflügen" ins Internet unterstützen.

Bei diesen Projekten wird der Nutzen für jede der beteiligten Generationen deutlich: Ältere können sich beispielsweise in der positiven Rolle als Mentor oder Mentorin erleben, die Jugendlichen profitieren von persönlicher Zuwendung und Kompetenzen. Einstellungen und Prägungen werden quasi „nebenbei" transparenter und verständlicher. In Recke erproben sich die Jugendlichen in der Rolle der Unterrichtenden und ernten dafür Anerkennung und Respekt von ihren betagten Schülerinnen und Schülern, 8.) die sich einen Lernwunsch erfüllen.

Generationenübergreifende Projekte werden künftig noch an Bedeutung gewinnen. Ihre große Chance basiert auf der Freiwilligkeit, die den hier eingegangenen Beziehungen zugrunde liegt, und der Möglichkeit eines wechselseitigen Nutzens für die Beteiligten und die Gesellschaft.

Anmerkungen

1.) Der Begriff der Generationen bezieht sich hier auf Menschen, die in einer gleichen historischen Zeitspanne leben und durch das Alter von anderen Generationen abzugrenzen sind.

2.)FAZ vom 9. April 2005 und weitere Ausgaben

3.)Generationen-Barometer 2006 ­ Pressemitteilung des BMFSFJ vom 12.7.

4.)Shell Deutschland (Hrsg.): Jugend 2006. Eine pragmatische Generation unter Druck, Frankfurt a. M. ­

Hier insbesondere S. 151 (Autor dieses Teils: Ulrich Schneekloth)

5.)Krappmann, Lothar/Lepenies, Annette 1997: Alt und Jung ­ Spannung und Solidarität zwischen den

Generationen. In: Krappmann, Lothar/Lepenies, Annette (Hrsg.): Alt und Jung, Frankfurt/New York, S. 11.

6.)Böhnisch, Lothar 2005: Sozialpädagogik der Lebensalter, Weinheim und München

7.) Lüscher, Kurt 1997: Postmoderne Herausforderungen. In: Krappmann, Lothar/Lepenies, Annette (Hrsg.):

Alt und Jung, Frankfurt/New York, S. 41.

8.)Dies entspricht einer Erwartung, die im Rahmen der Jugendstudie ermittelt wurde. Shell Deutschland (Hrsg.): Jugend 2006.

Eine pragmatische Generation unter Druck, Frankfurt a. M., S. 267 (Autoren dieses Teils: Sibylle Picot, Michaela Willert).

Auf vielfältige Weise bereichern die aktiven Alten den Stundenplan im Berufskolleg. Auch am Kochtopf sind die Generationen vereint, zum Beispiel beim Projekt „Kinder, Küche und Kompott": Ältere Frauen geben traditionelle Rezepte weiter, bei der Zubereitung berücksichtigen die Fachoberschülerinnen dann moderne Grundlagen der Ernährungswissenschaften. Angehende Erzieherinnen treffen sich mit Senioren, um fast vergessene Gesellschaftsspiele wie Halma oder „die Reise in die Ewigkeit" neu zu entdecken. Manchmal packen die Berufsschüler auch richtig an: Künftige Gartenbauer planen und gestalten in einem Altenheim einen seniorengerechten Sinnesgarten.

Miteinander und voneinander lernen Herbert Kramer wundert sich: Neben den 77-jährigen Rentner setzen sich einige Schülerinnen, um im Arnsberger Berufskolleg am Eichholz eine medizinische Vorlesung zu hören. Achtjährige, die sich für Knochenaufbau und Knochenschwund interessieren? Zwei Mediziner vermitteln ihr Thema mittels eines Skeletts im Jogginganzug jedoch so fesselnd, dass alle etwas davon haben. Genau davon lebt die „Akademie 6 bis 99": Alt und Jung lernen miteinander, aber auch voneinander.

Die Akademie ist Teil einer Reihe von Projekten der Arnsberger Bildungsoffensive „Generationen verbinden", die vom Berufskolleg am Eichholz und der städtischen Fachstelle „Zukunft Alter" getragen wird. Von den Aktionen profitieren beide Seiten: Rentner, die früher in Personalbüros gearbeitet haben, üben mit den jungen Erwachsenen Bewerbungsgespräche. Umgekehrt erfahren die Senioren von den Berufsschülern viel über den Umgang mit modernen Computern. Der Erfolg kann sich sehen lassen. 70 Prozent der Kollegschüler haben für die Zeit nach der Schule einen Ausbildungsplatz gefunden, viele ältere Menschen verloren die Scheu vor der Technik.