Bürgerstiftung Köln
Denn ohne Großeltern fehlt vielen Kindern der alltägliche Kontakt zur älteren Generation, der früher noch selbstverständlicher war. „Die Gelassenheit, die Omas und Opas im Umgang mit ihren kleinen Schützlingen haben, bringen die meisten Eltern im Alltag nicht auf", stellt Ulla Ueberreiter-Michovius fest. Kinder allein erziehender Mütter profitieren häufig davon, auch Zeit mit einer oft fehlenden männlichen Bezugsperson zu verbringen. So zum Beispiel der sechsjährige Marlon, der seit vier Jahren regelmäßig mit dem früheren Buchhändler Hermann Joseph Kohl spielt. Seine Mutter freut sich über die Stunden, die sie für sich hat.
Und der 72-jährige Senior fühlt sich bei den Treffen jung und aktiv.
Liebevolle Leihomas und Leihopas Als Ingrid Bopp in Rente ging, genügte es ihr nicht, Italienisch zu lernen und zu reisen. Sie wollte etwas für andere tun. So kam die 62-Jährige zur Großeltern-Kind-Vermittlung „Zeit mit Kindern" in Köln. Jetzt ist sie nicht nur „Oma" von zwei Enkeln. „Ich habe auch eine Familie dazu gewonnen", sagt sie.
Die Familie, das sind die Schüttaufs, zu denen sich eine echte Freundschaft entwickelt hat. Mit den beiden Söhnen macht Ingrid Bopp die Hausaufgaben, bastelt, liest oder geht in den Zoo. Einmal die Woche kümmert sich die Leihoma liebevoll um ihre neuen Enkelkinder. Wenn es mal brennt, springt sie auch spontan ein. „Das ist aber die Ausnahme", unterstreicht Ulla Ueberreiter-Michovius, die Initiatorin von „Zeit mit Kindern". Denn Leihoma oder Leihopa seien kein Ersatz für den Babysitter oder die Tagesmutter, die die Kinder betreuen und sich auch noch um den Haushalt kümmern. „Wir möchten ältere Menschen und Kölner Kinder auf einer emotionalen Ebene zusammenbringen", erklärt sie. „Denn Enkelkinder und Großeltern wohnen oft weit voneinander entfernt", erklärt sie. Auch gebe es viele Senioren, die Kinder mögen, aber keine Enkel haben. „Sie freuen sich darauf, wieder mit einem Kind zusammen zu sein und ihm Liebe, Sicherheit, Verläßlichkeit und Geborgenheit mitzugeben." Angesiedelt ist die Großeltern-Kind-Vermittlung im Bürgerzentrum KölnEhrenfeld, das Ulla Ueberreiter-Michovius und einer Mitstreiterin ein Büro zur Verfügung stellt. Finanzielle Unterstützung erhält die Initiative weder von öffentlichen Trägern noch von Sponsoren. Die ErsatzGroßeltern arbeiten ehrenamtlich. Weitere Senioren werden dringend gesucht: Mehr als 80 Eltern und Alleinerziehende stehen auf einer Warteliste.
Prämiert wurde das Projekt bereits von der Bürgerstiftung Köln beim Wettbewerb „Kölner stiften Zukunft 2006". Bei der Verleihung des Robert-Jungk-Preises 2005 wurde „Zeit mit Kindern" als Zukunftsprojekt gewürdigt. Gestiftet wird diese Auszeichnung unter anderem von den nordrhein-westfälischen Ministerien für Bauen und Verkehr sowie für Generationen, Familie, Frauen und Integration.
Idee und Partner Liebevolle Leihomas und Leihopas „Ich verfolge seine Entwicklung, aber ich rede nicht in die Erziehung rein, wenn ich nicht gefragt werde." Hermann Joseph Kohl (72), der seit vier Jahren Marlon (6) begleitet „Immer wieder bestätigen uns Eltern, wie wichtig ihre Beziehung zu ihren Großeltern war. Einige damals vermittelte Werte haben nichts von ihrer Bedeutung verloren. Sie bedauern es sehr, wenn ihre eigenen Kinder nicht diesen Kontakt zu Großeltern haben." Ulla Ueberreiter-Michovius, Initiatorin von „Zeit mit Kindern" „Es gibt eine Generation, die finanziell ausgesorgt hat und Familien helfen möchte, die nicht so gut dastehen." Maria Müller-Meskamp, die in Wülfrath das Projekt „Leih-Oma" und „Leih-Opa" betreut „Ich hatte vorher nie Kontakte zu älteren Deutschen", sagt Oya und berichtet von spannenden Begegnungen, die ihr ganz neue Einsichten über das Land ermöglicht haben, in dem sie lebt. Mitunter ist der Dialog richtig harte Arbeit. Nazife hat ein Jahr lang gebraucht, ehe die alte Dame, die sie besucht, Vertrauen zu ihr fasste. Die erfolgreiche Annäherung hat Nazife dazu ermuntert, Sozialpädagogik zu studieren, um später professionell für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu arbeiten.
Oya und Nazife haben, wie viele andere Schüler, die Biografien, Einsichten und Erfahrungen „ihrer" Senioren für die Nachwelt festgehalten und im Kölner Nippes-Museum erlebbar gemacht. Ein Diplom bescheinigt ihnen bürgerschaftliches Engagement im „Interkulturellen Praktikum". Gräben zuschütten Sie sind so unterschiedlich wie sie nur sein können. Auf der einen Seite Oya, die 18-jährige Türkin, auf der anderen Seite Elsa, die hochbetagte Deutsche im Rollstuhl. Der Jugendladen Köln-Nippes hat die beiden zu einem Dialog zusammengebracht, der Gräben zuschüttet: zwischen Generationen und zwischen Kulturen.
Schülerinnen und Schüler aus 23 Nationen beteiligen sich seit Ende 1992 aktiv am interkulturellen Projekt „Jung und Alt" im Jugendladen Nippes.
Sie besuchen alte Menschen in ihrem Stadtteil, machen Besorgungen, unterstützen Angehörige bei der Pflege oder leisten den Senioren einfach nur Gesellschaft. Sie ersetzen keine professionellen Pflegedienste und bekommen kein Geld für ihren Einsatz. Es geht um das Miteinander, um Begegnung und gegenseitiges Verstehen - und für die Senioren besonders darum, Isolation und Einsamkeit zu überwinden.