Altenpflege

1992 wurde der Besuchsdienst „Jung und Alt" in Köln-Nippes ins Leben gerufen, um einen Dialog der Generationen als interkulturelles Projekt in Gang zu setzen. Anlass waren die fremdenfeindlichen Anschläge zu Anfang der 90er Jahre.

Organisiert wird das Projekt vom Jugendladen Köln-Nippes, ein auf Schülerförderung und Übermittagsbetreuung spezialisiertes interkulturelles Zentrum für 250 ausländische Kinder und Jugendliche aus 50 verschiedenen Schulen. Beratung zum Übergang von Schule zu Beruf sowie Sprach- und Stützkurse gehören zum festen Angebot. Aus einem Modellprojekt ist das Nippes-Museum entstanden, in dem die Ergebnisse von Projekten und Ausstellungen zu interkulturellen Themen präsentiert werden. Der Jugendladen wurde 1988 gegründet. Träger ist der Jugendhilfe und Schule e.V. Reicht es, moralische Forderungen aufzustellen? Wie kann man die Begegnung der Generationen mit interkulturellem Lernen verbinden? Was die Arbeit trägt, so die Beobachtung in der Nippeser Einrichtung, ist gerade nicht das brave Helfen oder die tägliche gute Tat. Alte und Junge im Projekt verstehen sich nämlich dann am besten, wenn sie gemeinsam etwas nicht Alltägliches, Konventionelles und auch mal etwas nicht Braves denken oder tun:

Über die Schule schimpfen, über die Kinder oder die Eltern meckern und sich die wirklichen Geschichten erzählen!

Idee und Partner „Ich hab mich lange gescheut, mit ausländischen Mitbürgern zu sprechen." 83-jährige Seniorin, die seit drei Jahren regelmäßig Besuch von jungen Leuten mit Zuwanderungsgeschichte bekommt „Altenpflege ist doch gar kein schlechter Beruf.

Kann ich mir gut für mich vorstellen." 17 Jahre alt und Sohn türkischer Eltern

Unterstützt wird der Besuchsdienst von Altenhilfevereinen im Stadtteil Nippes. Sie vermitteln die Kontakte zu den Senioren und bereiten die Jugendlichen bei Bedarf auf die Aufgabe vor.

Adile und Partnerin, Begegnung zu Hause - und auch noch im Heim

Das Buch zum Projekt: Begegnung von Alt und Jung als interkulturelles Projekt. Ausstellung

­ Führung ­ Leitfaden für die Praxis ­ Historisches Lesenbuch und Analyse.

Köln 1992, Bezug: nippes.msueum@web.de.

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Die hauptamtliche Mitarbeiterin der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg hat das Projekt 2006 aus freiwilligem bürgerschaftlichen Engagement im Krefelder Senioren-Zentrum weiter entwickelt. „Dort werden nämlich schon seit Jahren wesentliche Elemente der Eden-Alternative umgesetzt", sagt Irmgard Klamant.

Und das gilt ganz besonders für die Begegnung mit Kindern. So kommen jedes Jahr am Martinstag Jungen und Mädchen aus einem anderen Kindergarten ins Altenheim, um mit den Senioren das gute Beispiel des mildtätigen Ritters lebendig zu halten. Besonders freuen sich die Älteren aber auf die Sommerferien. Dann verwandeln in der Nachbarschaft lebende Aussiedlerkinder aus osteuropäischen Ländern die Cafeteria für einen Tag in einen Zirkus oder eine Theaterbühne, um die Senioren mit Kunststücken oder Vorführungen zu unterhalten.

Kleiner Grenzverkehr. Den Alten im Senioren-Zentrum Krefeld ist Kinderlachen noch nicht fremd geworden. Kein Wunder: Seit zehn Jahren ist der benachbarte Kindergarten „Pfiffikus" des örtlichen Kinderschutzbundes regelmäßig zu Gast bei den Senioren - und umgekehrt. Alt und Jung treffen sich zum Lesen, zum Theaterspielen, zum Musizieren oder zum gemeinsamen Rittermahl an langen Tafeln. Jetzt hat der „kleine Grenzverkehr" gute Chancen, noch intensiver zu werden und Vorbildfunktion für den Dialog der Generationen zu bekommen.

Denn seit 2006 ist das Senioren-Zentrum Krefeld ganz offiziell das erste Eden-Pilotheim in Deutschland.

Eden ­ das ist eine 1991 von William Thomas MD in den USA entwickelte Alternative in der Altenbetreuung. Ihr Ziel: Alte Menschen mit allen Sinnen aktiv, selbstbestimmt und würdevoll am Leben teilhaben zu lassen. „Ein ganz wichtiger Baustein ist die Begegnung mit Kindern", erklärt Diplom-Sozial-Gerontologin Irmgard Klamant. Das Projekt wird von der Universität Dortmund wissenschaftlich begleitet.

Die Eden-Alternative beruht auf der Erkenntnis, dass viele Altenheimbewohner unter Einsamkeit, Langeweile und Hilflosigkeit leiden und sich oft nutzlos fühlen. „In deutschen Altenheimen steht häufig die Pflege im Vordergrund, nicht das Leben", sagt Irmgard Klamant. Der Umgang mit Tieren, Pflanzen und der regelmäßige Kontakt zu jungen Menschen sollen Lebensfreude wecken. Die Eden-Alternative will den Bewohnern ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen, das nicht von der Alltagsroutine einer Altenheimeinrichtung dominiert wird, sondern von den Wünschen und Bedürfnissen der alten Menschen.

Irmgard Klamant wurde 2006 für ihr freiwilliges Engagement im Transatlantischen Ideenwettbewerb „Usable" der Körber-Stiftung ausgezeichnet. Das Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro stellte sie u.a. für die Weiterbildung der Mitarbeiter im Eden-Pilotheim zur Verfügung.

Idee und Partner Kleiner Grenzverkehr „Ein neues Bewusstsein ist wichtiger als die Ausstattung der Heime." Irmgard Klamant zu den Voraussetzungen für die Umsetzung der Eden-Alternative „Wenn die Kinder aus der Cafeteria einen Zirkus machen, ist für die Senioren ein Festtag." Silke Nachtwey, Pflegdienstleiterin im Senioren-Zentrum Krefeld „Kinderlachen tut einfach immer gut! Kinder bringen einfach Leben ins Haus." Bewohnerin aus dem Senioren-Zentrum Krefeld „Wann dürfen wir wiederkommen?" Obligatorische Frage der Pfiffikus-Kinder am Ende eines Besuchs im Senioren-Zentrum Krefeld