Abstand wird auch der Dispositionsspielraum der Haushaltspolitik über einzelne Ausgabenposten

Es bleibt allerdings ein Faktum, dass ein erheblicher Teil der Haushaltsausgaben durch Personalausgaben gebunden ist und daher nur in Grenzen von Jahr zu Jahr variiert werden kann.

Anteile der Zinsausgaben, der Personalausgaben, der Zuweisungen und Zuschüsse an den öffentlichen Bereich, der Investitionen und der restlichen Ausgaben an den bereinigten Ausgaben Eigene Berechnungen nach Angaben der Finanzpläne Nordrhein-Westfalens. Schaubild aus RWI 2007a: 10.

Die erfreulichen Ergebnisse der vom politischen Willen der Entscheidungsträger getragenen, aber auch durch ein freundliches gesamtwirtschaftliches Umfeld unterstützten Politik der Haushaltskonsolidierung ändern nichts daran, dass die budgetären Spielräume für Ausgaben der Innovationspolitik in der Gegenwart eng beschränkt sind und in den nächsten Jahren ­ wie gut auch immer sich die konjunkturelle Situation entwickelt ­ begrenzt bleiben werden. Größere „Verteilungsspielräume" von Haushaltsmitteln, von denen die Innovationspolitik profitieren könnte, sind also nicht in Sicht. Als Ausweg bleiben Umschichtungen im Haushalt zugunsten von Bildung und Innovation, die zumindest auf mittlere Sicht möglich sein müssten.

Gleichzeitig sind Public Private Partnerships auch für den Innovationsbereich in Betracht zu ziehen. Im Oktober 2001 wurde ­ anknüpfend an einschlägige Erfahrungen in Großbritannien ­ die Landesinitiative „Public Private Partnership" (PPP) im Rahmen einer Auftaktveranstaltung ins Leben gerufen und im April 2002 eine PPP-Task Force im Finanzministerium NRW eingerichtet. Auf Basis von Public-Private-Partnerships realisierte Projekte gestatten auch bei sehr engen öffentlichen Finanzierungsspielräumen die Realisierung von Investitionsprojekten. Die Gesamtverantwortung für die Projekte liegt in PPP weiterhin bei der Öffentlichen Hand, interessierte Unternehmen engagieren sich mit Blick auf die zu erwartende Rendite. Inzwischen wird eine Reihe von Pilotprojekten durchgeführt, unter anderem werden drei Bauprojekte an Hochschulen des Landes ­ Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Ruhr-Universität Bochum, Deutsche Hochschule der Polizei in Münster-Hiltrup ­ im Rahmen einer PPP realisiert. Die hierbei gesammelten bislang wohl überwiegend positiven Erfahrungen legen den Gedanken einer Ausweitung der PPPs im Lande nahe, wovon zumindest stellenweise auch der Innovationsbereich profitieren kann. PPPs könnten z. B. dabei mithelfen, finanzielle Engpässe bei der Finanzierung der Liegenschaften für neue Forschungseinrichtungen zu überwinden.

Empfehlung 1:

Durch weitere Umschichtungen im Landeshaushalt sollten mittel- und langfristig mehr Mittel für die Innovationspolitik bereitgestellt werden. Des Weiteren sollte der Dialog mit der Wirtschaft zur Umsetzung von PPPProjekten (Public Private Partnership-Projekten), der in den letzten beiden Jahren erfolgreich angelaufen ist und bereits gute Ergebnisse erbracht hat, weiter fortgesetzt und intensiviert werden.

Solche Umschichtungen liegen, eine sinnvolle Verwendung der eingesetzten Mittel vorausgesetzt, durchaus im Interesse einer nachhaltigen Konsolidierungspolitik. Zum einen können von bestimmten Innovationsausgaben des Staates ­ z. B. von der Förderung von Zukunftstechnologien ­ in überschaubaren Zeiträumen positive Effekte auf das gesamtwirtschaftliche Wachstum ausgehen, das seinerseits die Steuereinnahmen positiv beeinflusst. Zum anderen schaffen Ausgaben für Bildung und Innovation jenseits kurz- und mittelfristiger Wachstumseffekte letztlich elementare Voraussetzungen dafür, dass der Wohlstand der Bevölkerung langfristig gesichert und die Folgen des demographischen Wandels sowie die Herausforderungen der Globalisierung der Märkte bewältigt werden können. Eine nachhaltige und die Rechte und Belastungsgrenzen der künftigen Generationen respektierende Haushaltspolitik sollte sowohl die Anhäufung von Schuldenbergen 76 RWI Essen, SV Wissenschaftsstatistik, LS Prof. Haucap, RUFIS vermeiden als auch die vorhandenen Mittel so einsetzen, dass die Angehörigen der nachwachsenden Generationen in den Genuss einer möglichst guten Ausbildung kommen und das Land technologisch auf wichtigen Gebieten nicht nur mit der „Weltspitze" mithalten, sondern auch starke eigene Akzente setzen kann. Vor diesem Hintergrund führt ­ um einen Satz aus dem Innovationsbericht 2006 (S. 598) aufzugreifen ­ kein Weg an einer substanziellen Prioritätsverschiebung bei der Haushaltsausgestaltung in den kommenden Jahren vorbei.

Prioritäten in der Innovationsförderung:

Die Landesregierung NRW hat sich im August 2006 auf eine Innovationsstrategie verständigt, deren wichtigste Bausteine, das Hochschulfreiheitsgesetz, die Stärkung der Spitzenforschung, die Clusterstrategie und die Verstärkung des Standortmarketings für NRW sind. NRW soll unter den deutschen Bundesländern zum Innovationsland Nr. 1 werden. Dies impliziert, dass NRW seine Forschungsintensität (FuE-Aufwendungen/BIP) deutlich steigert und auf längere Sicht mit den beiden süddeutschen Bundesländern gleichzieht bzw. diese übertrifft. Festzuhalten ist vor diesem Hintergrund, dass Nordrhein-Westfalen wie kein anderes der 16 deutschen Bundesländer die Lehren der Diskussion um das Barcelona-Ziel beherzigt und ­ im Rahmen des kurzfristig finanziell Möglichen ­ Anstrengungen unternimmt, den derzeitigen Innovationsrückstand gegenüber den süddeutschen Flächenländern, welche vor allem bei der Entwicklung der Spitzentechnologien im deutschen Kontext besondere Erfolge verzeichnen, aufzuholen.

Die Erreichung des Barcelona-Ziels stellt sich allerdings bei einem Land von der Größe NRWs ­ in kleinen Ländern wie Island kann die Forschungsbilanz durch Ansiedlung eines einzigen Großunternehmens arithmetisch stark beeinflusst werden ­ zwangsläufig als ein langer, mühseliger Weg dar, den wir an anderer Stelle mit dem „Bohren dicker Bretter" verglichen haben. Dies sei betont, weil eine Beobachtung der jährlichen Veränderungen der Innovationsindikatoren in der Wahrnehmung einer fast ausschließlich auf kurzfristige Entwicklungen fixierten Öffentlichkeit leicht zu falschen Schlussfolgerungen führen kann. Bayern hat Jahrzehnte benötigt, um den Weg vom Agrarland zum Technologieland zurückzulegen. Die Politik sollte vor diesem Hintergrund vor allem auf beharrliche Anstrengungen setzen, die weit über den engen Rahmen einer Legislaturperiode hinausreichen.

Die Analyse der untersuchten Zukunftsfelder hat gezeigt, dass sich die im Innovationsbericht 2006 angesprochene Vision „Technologieland NRW" im Anschluss an vorhandene Innovationspotenziale konkretisieren lässt.