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Medienkunst Freya Hattenberger Laudatio Präzise minimalistische Arrangements bestimmen die Videoarbeiten von Freya Hattenberger, die 2006 ihr Studium an der Kölner Kunsthochschule für Medien abgeschlossen hat. In vielen ihrer Videoarbeiten und Fotografien spielt sie selbst die Hauptrolle. Es sind vom Konzept her gezielt schlicht gehaltene Versuchsanordnungen, die sie für die Video- und Fotokamera inszeniert.

Die Videoperformances „Pretty Girl", „Sirene" oder auch „Ich bins" zeigen die Künstlerin, wie sie ohne Publikum nur für die Kamera agiert, vergleichbar mit einer Schauspielerin, die eine kleine Szene spielt. Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass hier nicht lange geprobt wird, um diese Szene später live für ein Publikum in eine größere Erzählung einzubauen, sondern das Aufgezeichnete ist bei der Präsentation im Ausstellungsraum das Endprodukt. Bei einer solchen Aufnahme ist die Handlung nicht mehr zu verändern: sie muss unmittelbar stimmig sein, denn längeres Proben und viele Wiederholungen führen meist nicht zum Erfolg. Die erste spontane Umsetzung einer schlüssigen Idee ist meist überzeugender.

Beim Video gehören Bild und Ton konstitutiv zusammen. Freya Hattenberger verwendet stets den Originalton der Aufnahmen, dessen konzeptioneller Einsatz besonders bei der Arbeit „Sirene" zum Tragen kommt. „Sirene" ist ein Video mit einer einzigen Einstellung ohne Bildschnitt oder Kamerabewegung:

Eine Frau ­ die Künstlerin ­ steht hinter einem Mikrophon, das sie, mit den Lippen tastend, langsam in den Mund steckt. Die erotisch-pornografische Geste erzeugt eine in den Ohren schmerzende Rückkopplung. Die Bildebene wird hier durch den Sound nicht nur ergänzt, sondern er ist die logische Komplettierung der zweiten Sinnebene: die Aufzeichnung von Gesang, hier jedoch in einem ironischen Bezug auf die titelgebenden Gestalten der griechischen Mythologie.

Zusammen ergeben Bild und Ton die mit erstaunlich einfachen Mitteln erzielte Komplexität, „mit der Frauen konfrontiert sind, wenn sie (elektronische) Musik machen. Mit feiner Ironie wird das Mikrophon, das Phallussymbol schlechthin, als Penis usurpiert, ein blowjob aufgezeichnet... Dass sich das (im Mundraum) so professionell hervorgebrachte Rückkopplungsgeräusch, ansonsten immer assoziiert mit technischem Dilettantismus, so perfekt, witzig und schlichtweg schön zur Ausstellung der Geschlechterverhältnisse eignet, ist äußerst wichtig zu sehen." (Andrea B. Braidt)

Wenn der Originalton nicht verwendet wird, sind es meist die Bilder, die nachträglich mit Geräuschen, Musik oder Sprache unterlegt werden. Bei der Arbeit „ Ist ein Hund gemeint ­ oder doch eine Frau? Aufgelöst werden diese Fragen nicht, der Betrachter muss für sich selbst zu einer Deutung kommen.

Die Videoarbeiten von Freya Hattenberger lösen beim Betrachter unmittelbar vielfältige Assoziationen aus, gegen die er sich gar nicht wehren kann.

Erst nach und nach werden weitere Möglichkeiten der Interpretation deutlich, und woran man zuerst denkt sagt mehr über einen selbst aus als über das Kunstwerk. Nur eins ist am Ende klar, und es ist ein universeller Schlüssel zur Kunst: Die größte Neugier erzeugt das, was wir nicht direkt sehen oder erkennen können, und die geheimnisvollsten Filme spielen sich eben immer noch im eigenen Kopf ab. pretty girl 2-teilige Videoinstallation Mini-DV, 2 min 40 sec 2007

Videostills pretty girl 2-teilige Videoinstallation Mini-DV, 02 min 40

2007

Installationsansicht Galerie Haus Schneider/ Uschi Kolb, Karlsruhe (Einzelausstellung)