Der öffentliche Raum ist heute vielfach eine Koproduktion öffentlicher und privater Akteure

22 Politik für die Innenstädte Forum Duisburg Staedtebau_18.12 18.12.2008 13:38 Uhr Seite 22

Typische Verhandlungspositionen von Städten und von Investoren/Entwicklern/Betreibern Städte Investoren/Entwickler/Betreiber Häufig nicht ausgeräumte Zielkonflikte Kompetenzvorsprung durch vieljährige Erfahrung keine klar definierten Ziele innerhalb des Rathauses (Politik und Verwaltung) Belegbarer Erfolg durch anhaltende Expansion Beschränkte Grundstückverfügbarkeit Klares Zielsystem Entscheidungsdruck Einschätzung: Investition = Fortschritt Abbildung Nr. 3, Quelle: Difu, Junker und Kruse, Pump-Uhlmann, Wirkungsanalyse großer innerstädtischer Einkaufszentren, Gutachten im Auftrag des MBV Juli 2008

Öffentlicher Raum Öffentlicher Raum, Grünanlagen und Baukultur sind für Aufenthaltsqualität und Erlebniswert einer Stadt von herausragender Bedeutung. Gebäudeensembles, gut gestaltete Plätze und Straßen, Gärten und Parks geben einer Stadt idealerweise ein unverwechselbares Gesicht. Darüber hinaus werden öffentliche Räume und Baukultur als weiche Standortfaktoren zwischenzeitlich als mitentscheidend für die wirtschaftliche Standortattraktivität angesehen. Hier liegt daher ein zentrales Handlungsfeld der Innenstadtentwicklung.

Der öffentliche Raum ist heute vielfach eine „Koproduktion" öffentlicher und privater Akteure. Es gibt viele Beispiele öffentlich zugänglicher Räume, die teilweise im privaten und teilweise im öffentlichen Besitz sind. Die Grenzziehung ist für den Nutzer oft gar nicht erkennbar und öffentliche und private Kompetenzen bei Gestaltung, Pflege und Regulierung überschneiden sich in vielfältiger Weise. Auch private Fassaden prägen öffentliche Räume mit.

Private Initiative und eine Koordinierung öffentlicher und privater Maßnahmen sind für die Stadtentwicklung unverzichtbar. Eine attraktive Gestaltung des öffentlichen Raumes allein reicht nicht aus, um z. B. Funktionsverluste durch Wegzug des Einzelhandels oder durch Schließung gastronomischer Einrichtungen auszugleichen. Hier sind vielmehr ein strategisches Herangehen und ein Paket von Maßnahmen aus unterschiedlichen Bereichen und mit Beiträgen verschiedener Akteure erforderlich.

Privates Engagement im öffentlichen Raum darf aber nicht zur Ausgrenzung bestimmter Bevölkerungsgruppen führen.

Die Kommune muss dazu eine eigene Position formulieren und diese konsequent und selbstbewusst gegenüber Dritten vertreten.

23 Politik für die Innenstädte „Säulenheilige" - Skulpturenprojekt von Christof Pöggeler, Vorplatz Hauptbahnhof Düsseldorf

Der öffentliche Stadtraum dient nicht nur bestimmten Funktionen, z. B. dem Verkehr, sondern auch der Repräsentation und der Identifikation sowie der Kommunikation und Integration. Damit steht der öffentliche Raum im Zentrum verschiedener Ansprüche und Interessen. Es gibt Zielkonflikte und unterschiedliche Interessenlagen, etwa zwischen dem Interesse an Kundenparkplätzen und dem an einer hohen Aufenthaltsqualität, zwischen dem Interesse der Stadtbevölkerung an Attraktionen, Außengastronomie und Events in der Innenstadt und den Ruhebedürfnissen der Anwohner oder zwischen dem Interesse von Betrieben und Besuchern an Außengastronomie und dem an einem Aufenthalt ohne Konsumzwang.

Die vielfältigen Ansprüche an den öffentlichen Raum können leicht zu einer Überfrachtung und Übermöblierung führen. Jede Sitzbank, jede Info-Stehle mögen für sich genommen sinnvoll sein. In der Summe entsteht aber ein negativer Gesamteindruck, der auch die Aufenthaltsqualität mindert. Daher sind für die Innenstädte ein gestalterisches Gesamtkonzept und eine Gestaltungssatzung sowie eine ständige Kommunikation mit den beteiligten Akteuren erforderlich.

Auch das Angebot an Natur in der Stadt ist - wie die kulturelle Ausstattung - zum bedeutenden Standortfaktor geworden, denn nicht nur der gestaltete innerstädtische Platz gehört zur Stadtbaukultur, sondern auch der Stadtpark, der Grüngürtel oder die „Promenade" in der Stadt. Gartenkunst und Landschaftskultur schaffen Identität und verbessern Image, Lebensqualität und oft auch die ökologische Situation von Städten und Innenstädten. Die Gartenkunst, modern wie historisch, ist eine der Möglichkeiten, Antworten auf aktuelle Fragen der Zukunft unserer Städte und unserer Stadtgesellschaft zu geben. So werden im Zuge des Stadtumbaus und des demographischen Wandels freiwerdende Flächen immer mehr als Chance begriffen, um Grün als ein den Siedlungsraum qualifizierendes und strukturierendes Element zu verstehen. Dabei können Bilder einer neuen städtischen Natur einen Beitrag zu einem veränderten Image und neuen Identifizierungsmöglichkeiten leisten.

Duisburg-Marxloh Staedtebau_18.12 18.12.2008 13:39 Uhr Seite 23

24 Politik für die Innenstädte Platzgestaltung von Horst Gläsker, Paderborn

Auch im zunehmenden Wettbewerb der Städte um Einwohner spielen die Grün- und Freiraumqualitäten eine immer größere Rolle. Die Stadtflucht von jungen Familien und gut verdienenden Bürgern ins Umland wird nur zu verhindern sein, wenn es gelingt, vorhandene Grün-, Freiraumund Spielqualitäten - auch in den Innenstädten - zu sichern und auszubauen. Dabei ist der Freiraum nicht nur unter ökologischen Gesichtspunkten, sondern immer mehr auch unter baukulturellen und ästhetischen Gesichtspunkten sowie für die Freizeitgestaltung bedeutsam. Eine Politik für Kinder und Jugendliche muss Raumansprüche und Planungswünsche von Kindern und Jugendlichen berücksichtigen und die Städte „bespielbar" machen. Gleichzeitig müssen die Ansprüche der Senioren an die Sicherheit und die Qualität des öffentlichen Raums berücksichtigt werden.

Im Zuge des sich verstärkenden demographischen Wandels muss sich eine Stadt durch attraktive Angebote für alle Altersgruppen auszeichnen.