Kosten-/Leistungsrechnung am Hessischen Finanzgericht

Die Kleine Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen wie folgt:

Frage 1. Welchen Stand hat das Pilotprojekt betreffend die Einführung der "Kosten-/ Leistungsrechnung" am Hessischen Finanzgericht?

Bei dem Hessischen Finanzgericht ist nach einer intensiven Einführungsphase zum 1. Juli 2002 das Landesreferenzmodell (LRM) 1e eingeführt worden.

Die Einführung der "Kosten-/Leistungsrechnung" am Hessischen Finanzgericht beruht auf der Staffelplanung zur Einführung der Neuen Verwaltungssteuerung im Land Hessen und hat - da es sich um das erste Projekt in der Gerichtsbarkeit handelt - Pilotcharakter. Das Projekt als solches ist jedoch nicht "Pilotprojekt", da es in die Staffelplanung, welche die Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung in allen Verwaltungseinheiten des Landes Hessen vorsieht, integriert ist.

Die Umsetzung des LRM 1e beinhaltet im Bereich der Kosten-/Leistungsrechnung die Kostenarten- und Kostenstellenrechnung. Die Einführung der Kostenträgerrechnung ist erst im Rahmen des LRM 2 vorgesehen und soll zum 1. Januar 2003 erfolgen.

Zu diesem Zweck hat sich am Hessischen Finanzgericht das Umsetzungsprojektteam LRM 2 bereits konstituiert.

Frage 2. Welche Ergebnisse liegen bisher vor?

Das Hessische Finanzgericht wurde zum 1. Juli 2002 produktiv gesetzt, d.h. dass das betriebswirtschaftliche Rechnungswesen auf Basis der Software SAP R/3 mit den Modulen Finanzbuchhaltung, Controlling, Materialwirtschaft, Finanzmanagement und Anlagenbuchhaltung erfolgreich implementiert wurde.

Die Erfassung der Geschäftsvorfälle erfolgt somit nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen kaufmännischen Buchführung, die weiterhin notwendigen kameralen Angaben werden automatisch im System mitgeführt.

Frage 3. Welche Kosten sind durch das Projekt bisher entstanden und welche Kosten sind noch zu erwarten?

Die bisher entstandenen und noch zu erwartenden Kosten durch das Einzelprojekt Hessisches Finanzgericht sind vor dem Hintergrund des Gesamtprojektes Neue Verwaltungssteuerung zu betrachten.

Bei der Einführung des Landesreferenzmodells Rechnungswesen in einer Dienststelle/Verwaltung des Landes sind Kosten für folgende Maßnahmen generell zu erwarten:

1. Aufbau einer geeigneten Infrastruktur durch

- Entwicklung eines Landesreferenzmodells Rechnungswesen (LRMReWe),

- Aufbau und Betrieb eines Hessischen Competence Centers (HCC),

- Anbindung der SAP-Arbeitsplätze in den Dienststellen an das SAPSystem im zentralen SAP-Rechenzentrum in der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung über ein Datennetz; gegebenenfalls Anpassung der Leitungskapazität eines bereits vorhandenen Datennetzes.

2. Beratungsleistungen im Rahmen von Umsetzungsprojekten, die bei der Einführung des Landesreferenzmodells im Arbeitsalltag einer Verwaltung entstehen.

3. Schulungsmaßnahmen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der einführenden Dienststelle/Verwaltung, die sich im Projektteam engagieren, sowie für die späteren SAP-Anwender.

4. Entwicklung und Betrieb einer Schnittstelle zu einem gegebenenfalls vorhandenen Altverfahren im Anschluss an ein entsprechendes Prüfungsverfahren der Gesamtprojektleitung NVS. Ziel muss es hierbei sein, Schnittstellen möglichst zu vermeiden und die Funktionalität des Altverfahrens möglichst umfassend im SAP-System abzubilden.

5. Personalaufwände durch Freistellung geeigneter Personen der einführenden Dienststelle/Verwaltung für die Mitarbeit im Umsetzungsprojekt.

6. Dienstleistungen des Hessischen Competence Centers (HCC), die ab 1. Januar 2005 auf die Dienststellen des Landes für Inanspruchnahme der angebotenen Dienstleistungen zukommen.

Nach derzeitigem Stand werden alle Leistungen zum Aufbau der SAPInfrastruktur bis zur flächendeckenden Einführung des Landesreferenzmodells in die hessische Landesverwaltung zentral vom Hessischen Ministerium der Finanzen finanziert. Aufwände für die Anbindung der SAP-Arbeitsplätze über das lokale Netzwerk an das Datennetz des Landes sowie die anfallenden Betriebskosten sind dezentral von den Ressorts zu finanzieren. Schulungsaufwände für spätere SAP-Nutzer werden gemäß dem im Zentralen Koordinierungskreis (ZKK) beschlossenen Verfahren durch die Ressorts getragen.

Da das Umsetzungsprojekt (UP) Finanzgericht Kassel erst zum 31. Juli 2002 abgeschlossen wurde, liegen exakte Kosten noch nicht vor. Im August dieses Jahres startete die GPL NVS eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung mit Nutzenanalyse, die in Zusammenarbeit mit den Controllingberatern vorbereitet und durchgeführt wird. Das Finanzgericht Kassel hat seine Bereitschaft erklärt, als eine der vier Pilotdienststellen aufzutreten. Mit ersten Ergebnissen ist Ende September zu rechnen.

Frage 4. Wie sind die Vertretungen der Beschäftigten an dem Projekt beteiligt worden?

Grundsätzlich ist aufgrund der ressortübergreifenden Einführung von SAP R/3 der Hauptpersonalrat am Hessischen Ministerium der Finanzen federführend für die Wahrung der Mitbestimmungsrechte zuständig.

Darüber hinaus sind der örtliche Richterrat, der beim Hessischen Finanzgericht zugleich die Stellung des Bezirksrichterrates hat, der Personalrat und die Frauenbeauftragte im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit kontinuierlich während der Projektdurchführung beteiligt worden.

Frage 5. Wird vor einer Ausweitung des Projekts auf andere hessische Gerichte eine Ergebniskontrolle durchgeführt?

Das Hessische Finanzgericht ist als Gericht der Fachgerichtsbarkeit in seiner Struktur und Größe nicht zwingend repräsentativ für Gerichte anderer Gerichtsbarkeiten.

Eine umfassende Ergebniskontrolle ist vor dem Hintergrund der bisherigen Umsetzung des so genannten Landesreferenzmodells 1, in dem lediglich die Kostenstellenrechnung ausgeprägt wird, noch nicht indiziert.

Frage 6. Nach welchen Kriterien wird der Erfolg bzw. Misserfolg des Projektes beurteilt?

Den Erfolg bzw. Misserfolg eines Einführungs- oder Umsetzungsprojektes beurteilt die Gesamtprojektleitung Neue Verwaltungssteuerung anhand der folgenden Kriterien:

- Produktivsetzung ohne Komplikationen (inkl. Übernahme von Altdaten),

- erfolgreicher Produktivtest,

- Termineinhaltung,

- Einhaltung des vorgegebenen Kostenrahmens,

- geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der Lage sind, Buchungen selbstständig und fehlerfrei vorzunehmen,

- möglichst geringe Zahl an Fehlermeldungen und Änderungsanträgen im ersten Monat nach der Produktivsetzung,

- Qualitätsprüfung der Implementierung durch begleitende Erfolgsanalysen der Controlling-Berater (RBE-Analyse (Reverse Business Engineering), Bericht Internes Kontrollsystem, Buchungskreisprüfungen).

Aus Sicht des Justizressorts ist als Erfolgskriterium im derzeitigem Stadium des Projekts der reibungslose Ablauf der buchhalterischen Vorgänge sowie die Generierung entsprechend aussagekräftiger Kosten-/Leistungsrechnungsberichte anzusehen.

Es ist daher als Erfolg zu bewerten, dass die Buchungsvorgänge mittels der Software SAP R/3 unter strikter Beachtung der richterlichen Unabhängigkeit, am Hessischen Finanzgericht ohne nennenswerte Probleme von den Endanwendern erfasst werden können.

Frage 7. Ist die Möglichkeit offen gehalten, dass bei negativer Beurteilung der Ergebnisse des Projekts eine Rückkehr zum bisherigen System erfolgen kann?

Die bisherigen Erfahrungen aus den laufenden Projekten lassen eine negative Beurteilung nicht erwarten.

Im Übrigen umfasst das Gesamtprojekt Neue Verwaltungssteuerung (NVS) alle Dienststellen des Landes, sodass Insellösungen für einzelne Verwaltungen ausgeschlossen sind.