Ich will Ihnen einmal sagen wie es zum Beispiel der Kollege Deubel aus Rheinland-Pfalz sieht

Des Weiteren haben Sie zur Haushaltspolitik des Landes gesagt, wir wollten im Wahlkampf davon ablenken, und haben ­ in Richtung FDP gesprochen ­ erzählt, wie sich Schuldenbremse und Steuersenkung vertragen. Das verstünden Sie nun gar nicht mehr, und deswegen sei das Ganze aus Ihrer Sicht abzulehnen.

Ich will Ihnen einmal sagen, wie es zum Beispiel der Kollege Deubel aus Rheinland-Pfalz sieht. Ich darf zitieren: Gerade durch die Schuldenbremse setzen wir ein Limit denjenigen, die permanent Steuersenkungen forcieren wollen. ­ Das ist seine Begründung dafür, dass er vehement für die Veränderung in der Verfassung ist.

Ich habe in der letzten Diskussion hier auch klar in Richtung der FDP ausgeführt: Steuersenkungsprogramme konkurrieren immer mit anderen Programmen, zum Beispiel ­ in schwierigen Zeiten ­ mit Investitionsprogrammen für andere Bereiche. Man muss also schauen, wo ein besseres Ergebnis ­ nehmen wir einmal unsere gegenwärtige Situation ­ zur Konjunkturbelebung zu erwarten ist. Darüber gibt es politischen Streit, aber das ist doch kein Hindernis, die Schuldenbremse einführen zu wollen.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Wir führen sie doch gar nicht ein! 2020!)

Wir als Regierung wollen uns in das enge Korsett einer Schuldenbremse begeben. Ja, wir glauben, dass das sein muss, damit wir endlich aus diesem Mechanismus herauskommen, jedes Jahr Milliarden Schulden mehr ­ gerade hier in Nordrhein Westfalen ­ zu machen.

(Beifall von der CDU)

Das haben Sie vorgemacht, und Sie haben nun den aus meiner Sicht untauglichen Versuch gestartet, aus diesem Dilemma herauszukommen. Ja, diese Regierung steht für Konsolidierung. Sie steht für Stabilität. Sie steht für solide Finanzen.

(Zurufe von Hans-Willi Körfges [SPD] und Ewald Groth [GRÜNE]) Sie wollen offensichtlich immer weiter neue Schulden machen. Das ist das Ergebnis dieser Debatte. ­ Herzlichen Dank. Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Finanzminister Dr. Linssen. ­ Für die SPD-Fraktion spricht als nächster Redner Herr Töns.

Markus Töns (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, Herr Finanzminister, das ist richtig:

In diesem Land sind mehr Schulden gemacht worden ­ aber ganz besonders in den letzten Jahren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN) Sie stellen sich hier immer hin und behaupten ­ das muss man vielleicht auch den Leuten auf der Tribüne sagen, damit das noch einmal klar wird ­: Wir haben ja nur ein bisschen draufgepackt, und schuld daran ist immer nur die SPD. ­ Das ist die alte Leier, die wir seit vier Jahren hören.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Weniger als Sie! Ein Drittel von Ihnen!)

­ Ein Drittel von dem, was wir gemacht haben? Der Schuldenstand in 2009: 5,8 Milliarden, Herr Finanzminister.

(Zuruf von Minister Dr. Helmut Linssen)

­ Sie kommen von dem Niveau nicht herunter, weil Sie dazu gar nicht die Anstalten machen. Hinzu kommt, dass Sie in den vergangenen Jahren 7,5 Milliarden Mehreinnahmen hatten.

(Gisela Walsken [SPD]: Ja, wo sind die denn?) 7,5 Milliarden mehr, und trotzdem eine höhere Neuverschuldung! Dann ist es schon abenteuerlich, sich hierhin zu stellen und zu sagen: Aber jetzt brauchen wir die Schuldenbremse, und das machen wir einfach mal so.

Hier sind wichtige Fragen gestellt worden, auf die Sie keine Antwort geben. Ich gebe Ihnen die gerne mit. Die Frage wird beispielsweise sein: Was bedeutet diese Schuldenbremse für den Landeshaushalt?

Welche Bedeutung wird sie für die Frage des Personals haben? Welche Bedeutung wird sie für die Pensionslasten haben? Was ist mit Zukunftsinvestitionen? Auf die Zukunftsinvestitionen komme ich gleich noch einmal zurück. Was ist mit den kommunalen Finanzbeziehungen?

Ich weiß nicht, ob das in Ihrem Hause bekannt ist, aber normalerweise müssten Sie es wissen. Es gibt ein ifo-Gutachten, und hierzu gibt es auch eine Arbeitsgruppe. Diese arbeitet an den neuen kommunalen Finanzbeziehungen. Wenn wir das jetzt einfach so durchwinken und sagen, das machen wir alles ­ eine nachhaltige Finanzpolitik, die auch mit allen anderen in einem Verbund stehen muss, halte ich übrigens im Grunde genommen für richtig ­, dann müssen wir auch erklären, was das finanziell für die Kommunen bedeutet. Darauf finden Sie keine Antwort.

(Beifall von der SPD)

Es ist nichts anderes als eine Fensterrede und ein Fensterantrag. Ich will Ihnen das auch an einer anderen Stelle deutlich machen: Zukunftsinvestitionen. Sie haben gerade auf den Bildungsgipfel abgehoben: Oktober 2008, alle Ministerpräsidenten, einschließlich Herrn Rüttgers, waren beteiligt. Frau Merkel hat vorgeschlagen ­ ich weiß nicht, ob die Zahlen falsch sind, wir können uns dann noch einigen ­, soweit ich weiß, 3 % des BIP in Forschung und 7 % in Bildung zu stecken; das macht 10 % bis 2015. Können Sie uns denn sagen, wie das bei dem, was Sie hier veranschlagen, realisierbar ist, wie Sie das im Haushalt realisieren wollen?

Ich will Ihnen an dieser Stelle deutlich sagen: Wer 2020 ohne Neuverschuldung auskommen will, der muss 2010 anfangen (Svenja Schulze [SPD]: Ja, ganz genau!) und nicht noch mehr Schulden aufnehmen. Sie fangen damit garantiert nicht an.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

­ Sie haben 2005 nicht damit begonnen und werden es 2010 auch nicht tun. Das ist Fakt.

(Christian Lindner [FDP]: Wir haben von Ihnen 6,8 Milliarden übernommen!)

Es geht hier im Kern darum, dass wir verbindliche Ziele vereinbaren und diese Ziele so vereinbaren, dass wir auch wissen, wie wir sie erreichen können.

Dazu habe ich hier und heute nichts gehört. Ich freue mich schon auf die Debatte in den Ausschüssen, weil es ganz spannend werden wird, wie wir das konkret diskutieren.

Es geht auch noch um eine andere zentrale Frage; die will ich hier gerne ansprechen. Es geht nämlich um die Frage des Budgetrechts des Landtags. Ich sage Ihnen ganz offen: Das ist auch eine Frage nach der Zukunft des Föderalismus. Das dürfen wir in diesem Haus auch nicht außer acht lassen. Das müssen wir schon in den Fokus stellen. ­ Glück auf!

(Beifall von der SPD) Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Kollege Töns. ­ Für die CDU-Fraktion hat sich Herr Klein zu Wort gemeldet.

Volkmar Klein (CDU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin, lieber Herr Töns, von Ihren Beiträgen vielleicht weniger enttäuscht, aber eher darüber entsetzt. Wir versuchen hier, ein Anliegen, das eigentlich alle verbinden müsste, mit Formulierungen, an denen auch die SPD in Berlin maßgeblich beteiligt war, nach Nordrhein-Westfalen zu bringen, weil wir es auch in Nordrhein-Westfalen für richtig halten. Wir wollen dies bewusst ­ und das Angebot gilt weiter ­ aus dem üblichen parteipolitischen Geplänkel heraushalten. Wir wollen uns vielmehr darüber Gedanken machen, wie die Verfassung weiterentwickelt werden soll.

(Gisela Walsken [SPD]: Warten Sie doch, bis es beschlossen ist!)

­ Liebe Frau Kollegin Walsken, es ist zunächst erstaunlich, dass Sie sich selbst gar nicht trauen, hier etwas zu sagen. Aber das als heiße Luft zu bezeichnen, was Ihr Bundesfinanzminister maßgeblich mit gestaltet hat, ist schon ganz interessant.

Die Grünen haben ­ ich habe mir das aufgeschrieben ­ am 15.05.2007 doch selber noch verlangt, dass auch in den Ländern eine Schuldenbremse umgesetzt werden muss.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das tun wir auch!)

Das ist ein Anliegen, zu dessen Mitwirkung wir Sie herzlich einladen. Wir haben bewusst darauf verzichtet zu thematisieren, dass die ganze prekäre Situation Nordrhein-Westfalens natürlich mit 39 Jahren SPD zu tun hat. Wir haben bewusst darauf verzichtet, das deutlich darzustellen, weil es uns darum geht, Gemeinsamkeiten für die künftige Lösung dieses Projekts zu eruieren. Dazu gilt die Einladung weiterhin. Lasst uns im Ausschuss gemeinsam darüber reden! Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Kollege Klein. ­ Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Herr Kollege Becker.

Horst Becker (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Finanzminister, da Sie sich ja vorhin zu der Frage von Substanz von Reden des Kollegen Körfges und des Kollegen Groth geäußert haben ­ ich finde, unangemessen geäußert haben; aber das ist meine Einschätzung ­, will ich doch noch etwas zur Substanz sagen:

Wenn Sie die Angelegenheit Schuldenbremse so ernst nehmen würden, wie Sie es alle hier vorgeben, dann hätte ich etwas mehr als einen relativ substanzlosen Antrag erwartet, der wiedergibt, was auf Bundesebene gemacht wird. Am Ende heißt es, dass man ihm im Bundesrat zustimmen soll und dass die Landesregierung Ähnliches für das Land vorlegen soll.

Das ist dann doch arg wenig! Ein erster Hinweis auf fehlende Substanz: Sie müssen sich selbstverständlich damit auseinandersetzen, dass die Länder ­ übrigens sehen das auch Landesfinanzminister und Landesregierungen mit schwarzer Beteiligung so ­ nicht in der gleichen Situation wie der Bund, sondern in einer anderen Ausgangslage sind, weil sie keine eigene Steuergesetzgebungskompetenz in dem Umfang wie der Bund haben.

Zweitens. Wir sind auch aus folgendem Grund in einer anderen Lage: Sie hätten sich mit der Substanz beschäftigen ­ gerade wenn Sie für dieses große Bundesland, das größte in der Bundesrepublik, reden und sich einsetzen wollen ­ und sich damit auseinandersetzen müssen, was das, was Sie da vorschlagen und offensichtlich 1:1 übernehmen wollen, speziell in Nordrhein-Westfalen, einem Land mit derartigen Strukturbrüchen, bedeutet und in Zukunft für Auswirkungen hat.

Ich will Ihnen ehrlich sagen: Ich bin grundsätzlich skeptisch, wenn wir als Politiker der jetzigen Generation so tun, als täten wir etwas für die Generationengerechtigkeit, wenn wir nicht etwa die Schuldenaufnahme vermeiden ­ genau das tun Sie nicht ­, sondern zukünftigen Generationen ab 2020 die Aufnahme von Schulden verwehren. Das heißt, genau das, was im Moment in dieser Art und Weise und in dieser Rigidität gemacht wird, könnte überhaupt nicht vorgenommen werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Was haben wir heute für eine Situation? Wenn wir uns an die Normierung, die es heute im Bund gibt, halten würden, dürfte der Bund eine Verschuldung von ungefähr 8 Milliarden haben. Er hat eine Verschuldung von ungefähr 40 Milliarden, und nächstes Jahr werden es noch weit mehr Milliarden sein.

Darin sind nicht mal die Maßnahmen als Sondervermögen für das Konjunkturpaket enthalten. Das zeigt uns doch, dass man sich offensichtlich nicht an die Regeln ­ auch davor schon ­ gehalten hat.

Letzte Bemerkung: Ich kenne die Melodie, die Sie im Moment für die Wahlkämpfe alle üben. Denn meines Wissens handelt es sich immer noch um eine Große Koalition. Von daher muss man konstatieren, diese Verschuldungspolitik wird im Konsens gemacht. Man kann sich nicht so leicht davon distanzieren, wie es gerade vom Kollegen Klein von der CDU versucht wurde.

Der nächste Punkt! Ich frage mich ­ ich hätte wohl auch besser Mittagessen gehen sollen wie viele andere Kolleginnen und Kollegen angesichts dieser absurden Debatte, die man gerade im Landtag erlebt ­: Was soll eigentlich dieser Antrag? Wenn Sie Schulden bremsen wollen, dann machen Sie es doch! Ich weiß nicht, ob Sie es schon gemerkt haben: Sie sind in der Regierung. Sie haben die Möglichkeit, die Schulden tatsächlich zu bremsen, wenn Sie das wollen.

Fakt ist, Sie haben es nicht getan, sondern Sie haben die Schulden immer weiter erhöht.