Ausbau des bisher militärisch genutzten Flughafens Twente

Gerade vorgestern, am 14. Dezember, hat sich die Gemeinde Enschede in einem Ratsbeschluss für den Ausbau des bisher militärisch genutzten Flughafens Twente zu einem zivilen Flughafen ausgesprochen, allerdings mit großen Veränderungen und Einschränkungen für das Genehmigungsverfahren, das heißt also, auch für die Entwicklungsmöglichkeiten.

Ein zweiter Flughafen in nur 50 km Entfernung vom Flughafen Münster/Osnabrück auf niederländischer Seite in Twente ist jedoch aus unserer Sicht nicht sinnvoll. Die negativen Auswirkungen bei der Verwirklichung dieser Pläne liegen auf der Hand, denn keiner der beiden Flughäfen wäre noch wirtschaftlich zu betreiben. Deshalb werbe ich hier und heute für unseren Antrag.

Gleichzeitig wird heute in einer wohl einmaligen Länderallianz ein gleichlautender Antrag in den Niedersächsischen Landtag eingebracht.

(Bodo Wißen [SPD]: Da kommt er auch her!)

Mit vereinten Kräften und in Abstimmung mit den Niedersachsen müssen wir das Vorhaben der Niederländer verhindern. Dabei setze ich jedoch nicht auf Konfrontation, sondern auf Kooperation und Überzeugung.

Dazu kommt, dass auch niederländische Experten den Flughafenausbau in Twente für wirtschaftlich unsinnig halten und der Widerstand gegen die Pläne zu wachsen beginnt. So äußerte sich der Dozent für Luftfahrtökonomie an der Universität Amsterdam dahin gehend, dass es sich bei den angenommenen Gewinnen auf der Seite der niederländischen Projektentwickler um phantasievolle Berechnungen handele. Die beiden Airports stehen sich gegenseitig im Weg ­ so die Einlassung des Experten.

Noch offen ist allerdings, wie sich die niederländische Regierung entscheiden wird. Deshalb, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist es umso wichtiger und entscheidender, dass wir hier und heute den Antrag mit Ihrer vollen Zustimmung auf den Weg bringen. Es gilt, einen der wohl wichtigsten Wirtschaftsfaktoren in der Region zu erhalten.

Seit 1993 haben sich die Fluggastzahlen verdreifacht. Ein Großteil dieser Fluggäste stammt aus den grenznahen Niederlanden. Bei Umsetzung der Pläne der Niederländer wäre der Schaden für den FMO somit mehr als absehbar. Die 3.000 Arbeitsplätze, die in der gesamten Gesellschafterregion des FMO in den letzten Jahren entstanden sind, sprechen ihre eigene Sprache. Wir haben es hier mit einem Jobmotor zu tun.

Meine Damen und Herren, es stellt sich also die Frage: Was haben wir in die Waagschale zu werfen, um einerseits den Flughafen Münster/Osnabrück als den anerkannten Wirtschaftsfaktor zu erhalten und zu stärken und andererseits die Niederländer zu überzeugen, den ehemaligen Militärflughafen nicht zu einem zivilen Verkehrsflughafen umzubauen?

Der FMO kann hier sehr selbstbewusst auftreten. Er ist seit 30 Jahren erfolgreich am Markt. Er betreibt eine solide Geschäftspolitik. Und er bietet einen attraktiven und wettbewerbsfähigen Flugplan.

Ich glaube, jetzt hilft wirklich nur eine Allianz mit gleicher Zielrichtung. Deshalb plädiere ich dafür, dass niederländische Institutionen bzw. Gebietskörperschaften die Möglichkeit des Erwerbs von Gesellschafteranteilen an der FMO GmbH erhalten.

Dadurch können sie strategisch mitbestimmen. Eine solche Konstellation bietet auch für die niederländische Seite eine Beteiligung am Gewinn. Das ist ja auch nicht uninteressant.

Damit einhergehen muss eine Optimierung der Verkehrsanbindung aus dem niederländischen Raum zum Flughafen Münster/Osnabrück. Vorstellbar wäre zum Beispiel eine Schienenanbindung oder ein regelmäßiger und schneller Busverkehr.

(Bodo Wißen [SPD]: Schreiben Sie es doch rein! Warum steht das nicht drin?)

Das gilt gerade vor dem Hintergrund, dass der Bund in seinem Luftverkehrskonzept 2009 dem FMO regionale und überregionale Bedeutung zumisst.

Ich bitte daher die Landesregierung heute, sich in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit der niedersächsischen Landesregierung dafür einzusetzen, dass die Stadt Enschede trotz ihres vorgestrigen Ratsbeschlusses, die Provinz Overijssel und die Haager Regierung auf die Pläne einer Umnutzung des zivilen Verkehrsflughafens verzichten und eine andere wirtschaftliche Nutzung des ehemaligen Militärflughafens in Twente anstreben.

Meine Damen und Herren, ich bitte um Ihre volle Zustimmung zu unserem Antrag. Den irreführenden Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen lehnen wir ab. ­ Herzlichen Dank. Vizepräsident Edgar Moron: Vielen Dank, Frau Kollegin Brüning. ­ Herr Rasche von der FDP-Fraktion erhält das Wort.

Christof Rasche (FDP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bedeutung des Flughafens Münster/Osnabrück ist uns allen gemeinsam hinlänglich bekannt. Er ist einer von drei internationalen Flughäfen in Nordrhein-Westfalen. Er ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im Münsterland. Er hat ein Einzugsgebiet von rund 7 Millionen Menschen. Im letzten Jahr waren dort 1.500 Fluggäste zu zählen. Am Flughafen hängen rund 3.000 Arbeitsplätze.

Natürlich beschäftigen wir uns mit den Ausbauplänen am Militärflughafen Enschede/Twente, mit denen dieser Flughafen zu einem zivilen Flughafen ausgebaut werden soll. Die Auffassung der Koalition von CDU und FDP ist: Hier müssen wir aktiv werden; hier müssen wir ein deutliches Zeichen seitens des Landes Nordrhein-Westfalen setzen.

Zwei Flughäfen in einer Entfernung von nur 50 km machen keinen Sinn. Die Berechnungen der Region, dass der Flughafen Twente schon in Kürze pro Jahr 75 Millionen Gewinn erwirtschaften würde, sind nicht nachzuvollziehen. Gerade deshalb findet sich auch kein privater Betreiber. Am Ende bleiben große Zweifel an der beihilferechtlichen Problematik, da der Flughafen in Twente vermutlich nicht ohne staatliche Finanzierung und Unterstützung auskommen kann.

Meine Damen und Herren, FDP und CDU schlagen Ihnen heute eine Initiative vor, damit die Region Twente/Enschede und auch das Ministerium in Den Haag auf diesen Strukturplan verzichten, der die zivile Flughafenbetreibung vorsieht. Es gibt auch Strukturpläne mit anderen Zielen.

Wir bieten eine Beteiligung am Flughafen Münster/Osnabrück an. Wir bieten bessere Verkehrsverbindungen zwischen Twente/Enschede und dem FMO an. Es gibt also eine Reihe von Aspekten, die die Niederländer bewegen könnten, auf diesen Flughafen zu verzichten.

Meine Damen und Herren, wir brauchen eine vernünftige Lösung für alle Beteiligten. Nordrhein-Westfalen, Belgien und die Niederlande sind eine riesige Wirtschaftsregion. Das müssen endlich alle Beteiligten erkennen. Endlich müssen auch alle Beteiligten dementsprechend handeln.

Ich bin froh über diese länderübergreifenden Initiativen von CDU und FDP in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Wir wären klug beraten, wenn wir mit einer ganz großen Mehrheit diesen Antrag und diese Initiative unterstützten ­ im Interesse unseres Landes. ­ Herzlichen Dank.

(Beifall von FDP und CDU) Vizepräsident Edgar Moron: Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. ­ Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Wißen.

Bodo Wißen (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann Sie beruhigen und Ihnen vielleicht ein vorweihnachtliches Geschenk machen:

Die SPD wird in der Tat Ihrem Antrag zustimmen.

(Beifall von der FDP)

Ich finde es aber schon ein wenig peinlich, dass uns sozusagen die Niedersachsen auf die Problematik aufmerksam machen mussten. Das gehört sich eigentlich für dieses Land nicht. Die Niedersachsen wissen wahrscheinlich, dass hier in der Regierung einige nicht ganz so fit und ein bisschen schlafmützenmäßig unterwegs, jedenfalls nicht auf der Höhe der luftverkehrspolitischen Diskussion sind. Das tut unserem Land natürlich nicht gut.

Dann enttäuscht mich der Antrag ­ obwohl wir ihm zustimmen ­ auch inhaltlich sehr. Die Überschrift hat jedenfalls mit dem, was in dem Antrag steht, wenig zu tun. Eigentlich müsste die Überschrift heißen: „Nieder mit den Planungen zum Flughafen Enschede". Das wäre jedenfalls ehrlicher. Wenn man ­ wie in der Überschrift behauptet ­ eine verkehrstechnische Verbesserung anstreben will ­ das suggeriert Ihre Überschrift ­, dann möchte ich ein bisschen mehr „Butter bei die Fische".

Der Verkehrsausschuss hat ­ Frau Brüning, Sie sind ja darauf eingegangen ­ den Flughafen Münster/Osnabrück besucht und dort Gespräche mit der Leitung geführt. Das war ja genau der Punkt, nämlich die Frage: Können wir schienenmäßig eine bessere Anbindung hinbekommen, oder wie machen wir das? ­ Da wäre jetzt Gelegenheit dieser Landesregierung gewesen, hier eine Position einzunehmen und klar zu sagen: Wir werden uns mit Bundesmitteln oder mit Eigenmitteln an einer solchen Verbesserung der Schienenanbindung tatsächlich beteiligen.

(Christof Rasche [FDP]: Wo ist der Haushaltsantrag?)

Ich darf daran erinnern, dass im Koalitionsvertrag, lieber Herr Rasche, etwas von einer Magnetschwebebahn steht. Ich rege hier an, den Antrag zu ändern. Es soll eine Magnetschwebebahn von der niederländischen Randstad bis zum Flughafen Münster/Osnabrück geben. Dann hätten wir hier ein bisschen mehr „Butter bei die Fische". Aber leider haben Sie keinen Plan, schon gar nicht in der Luftverkehrspolitik. Es wäre auch Gelegenheit gewesen, unserem damaligen Antrag zuzustimmen, nämlich das Luftverkehrskonzept 2010 zu überarbeiten. Da wäre auch Gelegenheit gewesen, dies festzuschreiben und die Position des Flughafen Münster/Osnabrück zu verbessern. Das haben Sie damals verpasst. Das wollten Sie nicht. In so einem Zuge, im Zuge der Aktualisierung der Luftverkehrskonzeption, hätten Sie natürlich auch mit anderen Bundesländern in den Dialog treten können, aber auch mit dem Nachbarland, mit dem Königreich der Niederlande. Diese Chance haben Sie verpasst, und das müssen Sie sich anhören.

Ich habe den Eindruck, dass sich bisher die Luftverkehrspolitik dieser Landesregierung im Wesentlichen in den Glasbausteinen für den Flughafen Münster/Osnabrück erschöpft. Das kann es letztlich nicht sein.

Der Kollege Rasche ist gerade durch eine andere Diskussion abgelenkt, aber ich darf einmal die Haltung der FDP hier hinterfragen. Die FDP hat ja den Wettbewerbsgedanken in ihrer Ideologie immer recht hoch angesiedelt. Wenn es dann aber einen Wettbewerb gibt, nämlich über die Grenzen hinweg, dann finden Sie diesen Wettbewerb nicht gut, Herr Rasche. Das ist ideologisch eigentlich nicht durchzuhalten.

(Beifall von Rüdiger Sagel [fraktionslos])

Das ist zumindest kurios.

Die SPD ist da sauber. Sie steht zum Flughafen Münster/Osnabrück. Im Übrigen darf ich von hier aus auch die Genossen der PvdA, der Partei von der Arbeit, grüßen, die in der Tat hier auch Pol halten und sich für Münster/Osnabrück stark machen im Gegensatz zum CDA, dem ChristlichDemokratischen Aufbruch, Ihre Partnerorganisation in den Niederlanden. Mit den Kollegen müssten Sie einmal reden.

Ich entdecke hier auch eine Parallele zum Flughafen Kassel-Calden. Ich finde, Herr Rüttgers sollte Gelegenheit nehmen und einmal mit seinem Kollegen, Herrn Balkenende, sprechen. Das ist eine Partei, die sollten miteinander sprechen können ­ zur Not kann ich übersetzen. Ich fürchte nur, das geht genauso nach hinten los wie damals der untaugliche Versuch, Kassel-Calden zu verhindern.

Das haben Sie damals auch nicht geschafft. Da hat Herr Koch gesagt: Wir bauen das Ding. Leider werden wir es zum Schaden von Paderborn-Lippstadt bekommen. Da haben Sie sich schon nicht durchsetzen können.

Die SPD in der Region hat den Prozess konstruktiv begleitet und den Flughafen auch hier im Landtag unterstützt. Deswegen werden wir auch nicht gegen Ihren Antrag stimmen, sondern ihn mit unterstützen.

Wir hätten es begrüßt, wenn Sie uns im Vorfeld im Landtag einbezogen hätten. Das war ja beim Flughafen Weeze auch so gewesen. Da haben wir ­ zumindest die drei größeren Fraktionen hier im Landtag ­ auch einen gemeinsamen Antrag gestellt.

Aber Sie wollten ja Ihr eigenes parteipolitisches Süppchen kochen. Das ist nicht schön. Sie stellen Parteiinteresse vor Landesinteresse. Sie wollen dann Solidarität ­ wie heute ­, wenn Sie sie brauchen. Das ist tatsächlich ein bisschen durchsichtig.

Ich sage noch einmal: Wir wollen uns von Ihnen hier nicht als Vaterlandsverräter beschimpfen lassen und keine Wahlkampfmunition für billige Polemik bieten. Deswegen werden wir hier zustimmen. Das hätte der Inhalt dieses Antrages eigentlich nicht verdient, aber es ist so.

Den Entschließungsantrag der Grünen lehnen wir ab. Wir wollen keine Entmachtung des Landes zugunsten des Bundes. Wir wollen an der Dezentralisierung festhalten.

Vizepräsident Edgar Moron: Herr Abgeordneter!