Und dass wir über Sprechklauseln und über Kappungsgrenzen reden ist ja wohl das Selbstverständlichste von der Welt

Wenn sich der Konzern nicht richtig darauf eingestellt hat oder wenn er sich bei der Verabredung mit Schröder vertan hat, dann darf das nicht zu Lasten der nordrheinwestfälischen Landesregierung und unserer Interessen als Land Nordrhein-Westfalen gehen, meine Damen und Herren.

Und dass wir über Sprechklauseln und über Kappungsgrenzen reden, ist ja wohl das Selbstverständlichste von der Welt. Wir sind die ersten, die es geschafft haben, die Differenz zwischen Weltmarktpreis und Kappungsgrenze, nämlich 46 zu 64 je Tonne, endlich für Nordrhein-Westfalen und natürlich auch für den Bund hereinzuholen.

Meine Damen und Herren, das sind die Interessen Nordrhein-Westfalens.

Frau Kraft, wenn Sie ausweislich Ihrer Pressemitteilung vom 31. Januar 2007, nach der Vereinbarung der Koalitionäre in Berlin, erklären: „Die Kohlevereinbarung steht und ist nicht nachverhandelbar", dann haben Sie sich mit dieser Position an den Interessen Nordrhein-Westfalens versündigt!

(Beifall von CDU und FDP ­ Zuruf von der SPD)

Wir wollen die Solidarität auch der anderen Länder. Nordrhein-Westfalen hat den Buckel hingehalten. Ich zitiere Herrn Römer, der das vorhin hier erklärt hat: Das Ruhrgebiet ist im Durchschnitt vierzehn Meter tiefer gelegt worden.

Meine Damen und Herren, sollen wir auch noch die Ewigkeitslasten alleine tragen? Es kann doch nicht wahr sein, dass Sie seit einer Woche gegen die Interessen Nordrhein-Westfalens verstoßen, (Hannelore Kraft [SPD]: Ihr Ministerpräsident hat doch zugestimmt!) Frau Kraft, indem Sie einfach erklären, das sei nicht verhandelbar. Wir verhandeln, um ein besseres Ergebnis zu bekommen!

(Beifall von CDU und FDP ­ Gisela Walsken [SPD]: Da! Ihr Koalitionspartner! ­ Zurufe von SPD und FDP) Frau Kraft, Sie haben die Woche ja kräftig genutzt, um einzuheizen.

(Gisela Walsken [SPD]: Sie haben eingeheizt! Da sitzen die Einheizer!) Aber die Menschen, die Ihnen zugehört haben und applaudiert haben, werden sich erinnern, wenn die Diskussion zu Ende ist, wer Millionenund Abermillionen-Beträge für Nordrhein-Westfalen nachverhandelt hat, um damit die Zukunft und Arbeitsplätze für die Menschen, die dort draußen gestanden haben, zu sichern.

(Beifall von CDU und FDP ­ Zurufe von der SPD)

Dann wird auch erkennbar werden, Frau Kraft ­ in Abwandlung eines schönen Spruches ­: Sie tanzte nur eine Woche lang.

(Anhaltender Beifall von CDU und FDP) Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Dr. Linssen. ­ Bevor ich als nächstem Redner für die SPD-Fraktion dem Kollegen Römer das Wort gebe, erlaube ich mir noch einmal aus aktuellem Anlass den Hinweis, dass Sie nicht nur bei Reden hier vorne am Rednerpult, sondern auch in den Zwischenrufen Ausrufe wie: „Sie lügen!" unterlassen mögen.

(Zurufe)

Wenn Sie zum Ausdruck bringen wollen, dass Sie glauben, dass jemand nicht die Wahrheit gesagt hat, dann bitte ich, eine andere Formulierung zu benutzen. Aber Formulierungen „Sie lügen" oder „Da haben Sie gelogen" bitte ich in diesem Hause nicht zu verwenden. So sollten wir nicht miteinander umgehen. Vielen Dank. ­ Bitte, Herr Römer.

Norbert Römer (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, damit keine Geschichtsklitterung ­ so wie Sie es ausgedrückt haben ­ im Raume bleibt: Kollege Papke hat vorhin mit entwaffnender Offenheit den Prozess dargestellt, dass der Ministerpräsident dieses Landes, nachdem er öffentlich dem Kohlekompromiss in Berlin bereits zustimmt hatte, (Zurufe von der SPD) im Koalitionsausschuss von Ihnen auf einen anderen Weg gebracht worden ist und diesem Kohlekompromiss dann nicht mehr zustimmte. Das haben Sie, Herr Papke, gerade verdeutlicht.

(Beifall und Zurufe von der SPD) Herr Minister, ein Zweites! Sie haben gerade Sozialverträglichkeit anders definiert als wir. Wenn Sie davon ausgehen sollten, dass ein Börsengang dadurch unterstützt werden kann, dass man dem Beteiligungsbereich der RAG Aktiengesellschaft die arbeitslosen Bergleute, die nach Ihrer Definition arbeitslos würden, oben draufpackt, dann kann ich Ihnen mit den Worten von Herrn Müller im Wirtschaftsausschuss ­ er hat dies Herrn Papke gesagt ­ sagen: Das ist Staatswirtschaft pur! Wie soll das überhaupt gehen?

(Beifall von der SPD ­ Gisela Walsken [SPD]: Tja, Herr Papke!)

Ich komme zu einem anderen Punkt. Hier wird so getan, als wenn der Steinkohlenbergbau alle öffentlichen Finanzmittel in Deutschland auffressen würde. Mehr als 150 Milliarden werden Jahr für Jahr an Subventionen ausgegeben. Der Steinkohlenbergbau bekommt davon einen Teil. Es ist viel Geld, was er bekommt. Aber es sind gemessen an den Gesamtsubventionen 1,7 %. Auch das müssen Sie den Menschen sagen, damit Relationen klar werden!

(Gisela Walsken [SPD]: Aha!)

Ich greife einen letzten Punkt auf ­ ich bin gleich fertig ­, weil Herr Papke ihn gerade angesprochen hat. Herr Papke, ich antworte Ihnen, was die Bergbauzulieferer und den Mittelstand angeht, mit einem Zitat: „Wenn die Möglichkeit entfällt, unsere neuen Maschinen in Deutschland auszutesten, zur Serienreife zu bringen und dann auf dem Weltmarkt zu verkaufen, wird eine Vielzahl von Unternehmen dort hingehen müssen, wo sie diese Möglichkeiten haben ­ so warnt der VDMAVorsitzende Jochums uns davor, den Bergbau aufzugeben."

Ich sage Ihnen dazu: Dahinter verbergen sich 16.000 Arbeitsplätze, die meisten in Nordrhein Westfalen in mittelständischen Firmen. Sie setzen sie mutwillig aufs Spiel. Das ist unverantwortlich, vor allem für dieses Land!

(Beifall von der SPD) Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Römer. ­ Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Prof. Dr. Pinkwart das Wort.

Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie:

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Römer, ich möchte hier mit einem Punkt aufräumen. Der Herr Ministerpräsident hat ­ das können Sie nachlesen ­ am Dienstag, dem 30. Januar im „Morgenmagazin" auf WDR 2 Frau Schmick, die ihn interviewt hat, auf die Frage: „Ist das ein Papier, das alle bindend unterschreiben?" geantwortet: „Nein, das ist es nicht." Herr Römer, das zeigt ganz deutlich, dass der Herr Ministerpräsident (Hannelore Kraft [SPD]: Lesen Sie doch weiter, dann wird alles klar!)

­ er führt es weiter aus, Frau Kraft, anders, als Sie es getan haben ­ deutlich gemacht hat, dass der Montagabend im Kern ein Ergebnis hat.

(Hannelore Kraft [SPD]: Lesen Sie zu Ende!)

­ Sie wollen das nicht gerne hören. Das kann ich verstehen.

(Gisela Walsken [SPD]: Lesen Sie weiter!

Das ganze Interview! Auch die anderen Textstellen!)

­ Sie müssen zuhören, dann kann ich das vortragen. ­ Er hat mit Hinweis auf den Montagabend deutlich gemacht, dass es dort im Kern um einen politischen Punkt ging, nämlich darum, dass die SPD ­ so sagt er ­ den Ausstieg ursprünglich kategorisch abgelehnt hat und einen Sockelbergbau wollte. „Die SPD hier in Berlin hat jetzt den Widerstand gegen den sozialverträglichen Ausstieg aufgegeben" ­ das ist der politische Kernpunkt von gestern Nacht. Das ist die Aussage von Jürgen Rüttgers; sie ist auch völlig richtig.

Alles andere, was es zu regeln gilt, ist am Montagabend dort nicht beraten worden, (Beifall von der FDP) sondern ­ das lag doch in der Genese des Fahrplans ­ war Gegenstand der Beratungen am Sonntagabend, denn dort wurden die ausführlichen Papiere beraten. Es war am Sonntagabend wie auch am Montagabend klar verabredet, dass die Verhandlungen über die Einzelheiten der Verabredung am Mittwoch fortgesetzt würden und dass dann das Ergebnis der Großen Koalition in Berlin einbezogen würde, genauso wie die Beratungsergebnisse in den Ländern, die am Montagabend eben nicht beteiligt waren.

(Hannelore Kraft [SPD]: Frau Thoben hat von einem historischen Kompromiss gesprochen!

Es entspricht Ihrer Arroganz der Macht, zu glauben, dass Sie, wenn sie in einer Koalitionsregierung dabei sind, gleich auch noch über zwei andere Länder mitentscheiden können. Das ist in einer Demokratie aber Gott sei Dank anders geregelt.

(Beifall von der FDP ­ Gisela Walsken [SPD]: Dafür entscheiden Sie nicht in Berlin, und das ist gut so!)

Es ist völlig klar: Der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen hat am Dienstagmorgen der vergangenen Woche deutlich gemacht, dass über die Dauer und über die Haftungsfragen zu verhandeln sei. Genau das war Gegenstand der

Verhandlungen in der vergangenen Woche. Das ist heute zu klären.

Nach dem, was Kollege Linssen gesagt hat ­ das ist mein Appell gerade an die SPD, die in Berlin Verantwortung trägt für Deutschland, aber, was diesen Vertrag angeht, auch für Nordrhein Westfalen ­: Kommen Sie jetzt Ihrer Verantwortung nach, für Nordrhein-Westfalen eine Lösung mit zu erarbeiten, die es erlaubt, dass dieses Land, das viel zu lange ­ auch unter Beteiligung der Grünen, lieber Herr Priggen ­ in Vergangenheit investiert hat, endlich eine faire Chance bekommt, wie andere Länder in Deutschland sie auch erhalten haben, die Mittel in Zukunft zu investieren!

Darüber gilt es jetzt in Berlin zu verhandeln. Der Ministerpräsident verhandelt im Interesse der Mehrheit dieses Hauses. Ich fordere die SPD auf, ihn dabei endlich zu unterstützen.

(Beifall von CDU und FDP ­ Zurufe von der SPD) Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Minister Dr. Pinkwart. ­ Weitere Wortmeldungen liegen mir zu dem Tagesordnungspunkt dieser Unterrichtung durch die Landesregierung nicht vor. Ich schaue noch einmal in die Runde. ­

Das ist tatsächlich so.

Karl Schultheis (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! An dieser Stelle möchte ich zuallererst den Universitäten in unserem Land dazu gratulieren, dass sie sich bei der zweiten Runde der Exzellenzinitiative hervorragend geschlagen haben.

Aachen, im Übrigen ein Ausbildungsstandort für Bergbautechnologie und Geowissenschaften ­ wir wollen, dass das auch in Zukunft so bleibt ­, Bielefeld, Bochum, Bonn, Köln, Münster und Paderborn: Diese Namen spiegeln nicht nur die Größe unseres schönen Landes, sondern auch die Vielfalt seiner Forschungs- und Hochschullandschaft wider.

(Beifall von der SPD)

Fast jeder fünfte Antrag der zweiten Runde im Rahmen der Exzellenzinitiative kommt aus Nordrhein-Westfalen. Aachen und Bochum gehören sogar zur Auswahlrunde für die Spitzenuniversitäten.

Meine Damen und Herren, Glückwünsche reichen allerdings nicht aus. Vielmehr sehen wir das Land in der Verpflichtung, einerseits in den kommenden Monaten die Universitäten bei der Antragstellung während der Exzellenzinitiative gezielt zu unterstützen. Andererseits sieht die SPD-Fraktion das Land weiterhin in der Pflicht, allen Hochschulen in den kommenden Jahren dabei zu helfen, ihr Profil zu schärfen und neue Exzellenz zu entwickeln.

Ohne gutes Geld für gute Ideen wird das nicht gehen.

Unser Antrag, der hier zur Beratung ansteht, liefert Hinweise, wie man erste Schritte auf diesem Weg hätte gehen können. Aber Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, wollen nicht. Sie haben sich bekanntlich von den Hochschulen befreit und sie zu Stiefkindern des Landes gemacht. Doch wie man in letzter Zeit merkt, tauchen auch in Ihren Reihen langsam Zweifel auf, ob man in den letzten anderthalb Jahren im Rausch der Deregulierung alles richtig gemacht hat. Aber es ist ja für CDU und FDP bekanntlich schwer, sich von ihren Lebenslügen öffentlich zu verabschieden.

Dass das schwierig ist, erkennt man auch an der Sprache der Landesregierung.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

So hat Minister Pinkwart am 12. Januar die ersten Ergebnisse der zweiten Runde der Exzellenzinitiative vorsichtig als ermutigendes Signal gewertet.

Ich werte es als ermutigendes Signal, dass ein Minister dieser Landesregierung das Land nicht mehr nur schlechtredet.

Im Gegensatz zur Landesregierung haben wir nicht aus politischer Opportunität unsere Hochschulen schlechtgeredet. Die SPD-Landtagsfraktion war immer der Überzeugung, dass unsere Hochschulen das Potenzial haben, diesen Wettbewerb zu bestehen. Wir haben als Regierung zu unseren Hochschulen gestanden, und wir tun das auch als Opposition. Wir müssen uns hier nicht plötzlich anbiedern.