Fortbildung

Stattdessen wurde das Bundespersonalvertretungsgesetz insbesondere in den 70er-Jahren massiv ausgebaut. Die Länder haben das Bundespersonalvertretungsgesetz nicht nur nachvollzogen, sondern sie haben darüber hinaus die Landespersonalvertretungsgesetze massiv erweitert und sich dadurch immer weiter vom Bundespersonalvertretungsrecht, erst recht vom Betriebsverfassungsgesetz und ­ in Nordrhein-Westfalen ganz bestimmt ­ von einem einheitlichen Dienstrecht weit entfernt.

Legt man das Landespersonalvertretungsgesetz neben das Bundespersonalvertretungsgesetz ­ das gilt erst recht, wenn man das Betriebsverfassungsgesetz dazu liest ­, stellt man heute fest, dass es nicht um den Abbau von Mitbestimmungsrechten geht, sondern um Rückführung von Privilegien, die sich gegenüber dem Bundespersonalvertretungsgesetz über die vielen Jahre insbesondere rot-grüner Politik herausgebildet haben.

In dem anstehenden Gesetzgebungsverfahren wird man genau die Sachverhalte analysieren müssen, warum was geändert werden muss. Es ist genau zu untersuchen, welche Bedeutung sie heute noch haben, ob man sie vereinfachen muss oder ob auf sie sogar ganz verzichtet werden kann.

Es wird zu prüfen und festzustellen sein, welche im LPVG verankerten Mitbestimmungstatbestände keine praktische Relevanz mehr haben. Es wird zu prüfen sein, welche Mitbestimmungstatbestände durch gesetzliche Vorschriften bereits so stringent geregelt sind, dass die Mitbestimmung eine reine Förmelei ist. Es ist zu prüfen, auf welche Mitbestimmungstatbestände zugunsten einer stärkeren Vertragsfreiheit und zur Stärkung der Rechte Einzelner verzichtet werden kann. Es ist zu prüfen, ob die Mitbestimmung überflüssig ist, weil die Einschätzung des Personalrates nicht die Leistungsbeurteilung des Dienstherrn ersetzen kann oder etwa die Direktionsbefugnis zugunsten einer schnelleren und unbürokratischen Umsetzung einer Personalmaßnahme ohne Eingriff in die arbeitsvertraglichen Rechte des Betroffenen zu stärken ist oder weil es dem Personalrat trotz Verkürzung der Fristen möglich ist, kurzfristig zu reagieren und Entscheidungen zu treffen. Wer will denn behaupten, der Personalrat könnte das nicht?

Es ist auch zu prüfen, ob die Überführung der Mitbestimmung bei ordentlichen Kündigungen in die Mitwirkung, was dem Betriebsverfassungsgesetz entsprechen würde, die Rechte des Betroffenen sogar noch stärkt, wenn man dem Arbeitnehmer gleichzeitig im Falle einer Kündigungsschutzklage schon dann einen Weiterbeschäftigungsanspruch einräumt, wenn der Personalrat gegen die Kündigungen Einwendungen erhebt.

Ich will hier jetzt nicht sämtliche Vorschriften, die mir in dem Zusammenhang einfallen, im Einzelnen beleuchten. Das ist sicherlich der Ausschussarbeit, wenn der Gesetzentwurf demnächst vorliegt, vorbehalten. Ich möchte aber an dieser Stelle festhalten, dass überhaupt keine Rede davon sein kann, dass Mitbestimmung abgebaut wird.

(Zuruf von der SPD: Doch!)

Die Mitbestimmung bleibt in ihrer wesentlichen Ausgestaltung erhalten, und Änderungen bewirken die Chance, die Rechte Einzelner zu stärken.

(Lachen von Ralf Jäger [SPD]) Ziel des Gesetzes ist die Vereinfachung des Mitbestimmungs- und Mitwirkungsverfahrens im Hinblick auf organisatorische und personelle Maßnahmen. Ungeachtet zahlreicher Änderungen im Dienst- und Arbeitsrecht, des technologischen Fortschritts und der notwendigen Modernisierung in der öffentlichen Verwaltung hat es seit Mitte der 80er-Jahre keine grundlegende Reform des nordrhein-westfälischen Personalvertretungsrechts gegeben.

Aber das Land Nordrhein-Westfalen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, steht vor einer umwälzenden Verwaltungsstrukturreform. Nach den Zielvorgaben der Koalition der Erneuerung wird die Verwaltung des Landes verschlangt, werden bisher unübersichtliche Kompetenzen entflochten, Transparenz und Ergebnisverantwortung im Verwaltungshandeln erhöht. Es wird konsequent überprüft, welche Aufgaben vom Staat weiterhin wahrgenommen werden sollen, welche entfallen, welche privatisiert und welche kommunalisiert werden können. Dabei soll ganz konkret die Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen modernisiert werden.

Durch die Einführung eines Personaleinsatzmanagements ­ PEM ­ sollen Personalressourcen effektiver genutzt werden. Wir wollen durch Führungskräfte und Personalentwicklung, durch Rotation und Fortbildung das Personal besser auf die gewachsenen Anforderungen der öffentlichen Verwaltung vorbereiten.

Schließlich wird es auch eine Neustrukturierung der Informationstechnik und eine Umstellung des Haushalts- und Rechnungswesens geben. Zunehmend werden sich die öffentlich-rechtlichen am Markt tätigen Unternehmen den verschärften Wettbewerbsbedingungen des einheitlichen europäischen Binnenmarktes stellen müssen. Hierfür werden zahlreiche weitreichende nach dem Personalvertretungsrecht von Nordrhein-Westfalen mitbestimmungs- oder mitwirkungsbedürftige organisatorische und personelle Entscheidungen erforderlich sein.

Für eine umfassende Reform des LPVG besteht daher Handlungsbedarf. Dabei ist sich die Koalition bewusst, dass die zur Reform der öffentlichen Verwaltung überfälligen Maßnahmen nur erfolgreich durchgeführt werden können, wenn die Beschäftigten diesen Prozess auch im Rahmen der Mitbestimmung aktiv mitgestalten.

Vor diesem Hintergrund liegen der Novellierung des LPVG folgende fünf Leitlinien zugrunde: Erstens. Der Umfang der Beteiligungsrechte der Personalvertretungen wird am Vorbild des Bundespersonalvertretungsgesetzes neu ausgerichtet und von daher wieder auf dieses Bundesniveau zurückgefahren.

Im Bereich von Behörden mit einer Größe von 100 bis 300 Mitarbeitern wird sogar nach Baden-Württemberger Modell eine zusätzliche Freistellung von zwölf Stunden pro Woche eingeführt, was das Bundespersonalvertretungsrecht nicht kennt.

Zweitens. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum schleswig-holsteinischen Mitbestimmungsgesetz vom 24. Mai 1995 wird umgesetzt. Aufgrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts müssen die Personalhoheit und die Organisationshoheit der Dienstherren gestärkt werden. Das machen wir jetzt.

(Ralf Jäger [SPD]: Das, was Sie ablesen, haben wir vorliegen!) Drittens. Zur Optimierung der Aufgabenerledigung werden die Beteiligungsverfahren unter Wahrung... (Ralf Jäger [SPD]: Das, was Sie jetzt vorlesen, ist der Referentenentwurf!)

­ Das ist doch schön, dass Sie ihn schon haben.

(Ralf Jäger [SPD]: Ja, eben! ­ Weitere Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Ich trage ihn auch 1:1 vor, Herr Jäger.

(Erneut Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Noch einmal: Drittens. Zur Optimierung der Aufgabenerledigung werden die Beteiligungsverfahren unter Wahrung einer effektiven Vertretung der Beschäftigten durch die Personalräte vereinfacht und beschleunigt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zum schleswig-holsteinischen Mitbestimmungsgesetz ausdrücklich betont, dass der Gesetzgeber die verantwortlichen Amtsträger nicht in eine Lage bringen darf, in der sie jene Maßnahmen, die für eine zeitgerechte Erfüllung des Amtsauftrages notwendig sind, (Ralf Jäger [SPD]: Vorlesestunde im Landtag!) nur um den Preis von Zugeständnissen durchsetzen können, (Gisela Walsken [SPD]: Das ist doch peinlich!) die sie nicht oder nur mit Einschränkungen für sachgerecht halten und die sie sonst nicht einzuwilligen bereit wären.

Dazu gehört zum Beispiel, dass zukünftig langfristige Umsetzungen über drei Monate innerhalb einer Behörde ohne Beteiligung des Personalrates möglich sein werden. Diese weitreichenden Beteiligungsrechte nach dem alten LPVG gab es so nur in NRW und nirgendwo sonst in Deutschland.

Da wird immer etwas Falsches behauptet. In keinem anderen Bundesland!

Viertens. Die Mitbestimmung bei Rationalisierungstechnologie und Organisationsangelegenheiten muss der Entwicklung in einer modernisierten Verwaltung Rechnung tragen, und sie wird mit Blick auf die Regelung im Bundesrecht fortentwickelt.

Durch die LPVG-Novelle von 1984 wurden sehr weitreichende Mitbestimmungstatbestände in Rationalisierungstechnologie und Organisationsangelegenheiten eingeführt.

(Ralf Jäger [SPD]: Lassen Sie doch Frau Düker vorlesen, die hat die schönere Stimme!)

Der Katalog ist bundesweit einzigartig geblieben und muss novelliert werden.

Herr Jäger, als wir die PCs in den Behörden einführten, hat die alte Mitbestimmung dazu geführt, dass ganze LKW-Ladungen von PCs in Garagen, in Büros und sonst wo hochkant gestapelt wochen- und monatelang nicht zum Einsatz kommen konnten. Ich erinnere nur daran. Das waren Auswüchse, und die wollen wir abschaffen.

Fünfter und letzter Punkt. Um die Leistungsfähigkeit der Verwaltung trotz des notwendigen Stellenabbaus im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu erhalten und zu verbessern, (Monika Düker [GRÜNE] liest aus dem Referentenentwurf laut mit.) müssen auch die Personalvertretungen durch Verringerung der Freistellung einen Beitrag leisten.

(Gisela Walsken [SPD]: Peinlich!)

Da die Haushalte der öffentlichen Arbeitgeber im Landesbereich nachhaltig saniert werden müssen, wird es in den nächsten Jahren zu einem weiteren Stellenabbau kommen. Es ist daher absehbar, dass auch den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes einiges zusätzlich an persönlichem Einsatz abverlangt werden muss. Die Personalvertretungen von Einsparüberlegungen von vornherein auszuschließen ist jedenfalls dann nicht mehr vermittelbar, wenn auch die Aufgaben einer Personalvertretung von weniger Beschäftigten (Monika Düker [GRÜNE]:... wahrgenommen werden können!) wahrgenommen werden können.

Ich komme zum Schluss: In die gleiche Richtung weist der Bericht des Landesrechnungshofes vom 13. Oktober 2005, in dem der Landesrechnungshof nach Prüfung der Personalratsstrukturen im Schulbereich bereits konkrete Einsparvorschläge vorgelegt hat. Hierüber wird mein Kollege Dr. Orth gleich noch einiges Konkretes mitteilten. ­ Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU ­ Gisela Walsken [SPD]: Peinliche Rede!) Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Kollege Engel. ­ Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Frau Abgeordnete Düker.

(Gisela Walsken [SPD]: Du kannst den Text jetzt weiter vorlesen! ­ Ralf Jäger [SPD]: Du liest den zweiten Teil!) Monika Düker (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So etwas habe ich wirklich noch nicht erlebt, Herr Engel. Sie hätten doch die Begründung zum Referentenentwurf der Landesregierung wenigstens im Satzbau ein bisschen umstellen können.

Wenn Sie es hier aber einfach wortwörtlich abschreiben, wenn hier die Parlamentarier Begründungen aus Referentenentwürfen des Ministeriums vortragen, ist das wirklich keine Sternstunde des Parlaments. Haben Sie da nicht etwas Eigenes zu bieten?

Es tut mir leid: Parlamentarismus ist für uns etwas anderes. Ich zitiere jetzt ­ und gebe das auch als Zitat so zu Protokoll ­ den Innenminister. „Wir brauchen ein zeitgemäßes Personalvertretungsrecht, das die berechtigten Belange der Beschäftigten wahrt und zugleich den Interessen des Landes an einer effektiv und effizient arbeitenden Verwaltung dient."

So Innenminister Wolf in seiner Presseinformation vom 28. Februar. ­ Dafür habe man ­ ich zitiere ­ „ein modernes" Landespersonalvertretungsgesetz im Kabinett beschlossen.

Herr Minister Wolf, aber auch Herr Preuß und Herr Engel: Was ist denn daran modern und effizient oder auch notwendig, wie Herr Preuß es hier darstellt, wenn man beispielsweise einen Kernpunkt des Gesetzes, das bewährte Erörterungsverfahren, abschafft und damit alle Maßnahmen, denen ein Personalrat nicht zustimmt, an die Einigungsstelle verweist?

Alle Personalräte, mit denen ich gesprochen habe, aber auch die Arbeitgeberseite, Herr Preuß ­ Sie waren bei der Veranstaltung in Düsseldorf auch dabei ­, berichten von einer bewährten Dialogkultur auf Augenhöhe, die sich mit diesem Verfahren etabliert hat, in der fast alle streitigen Maßnahmen im Konsens geklärt werden.

Dazu gibt es eine fachlich, wie ich finde, sehr gute Stellungnahme, ein Zitat ­ ich sage Ihnen danach, von wem es ist ­: „Auf die bislang nach § 66 Abs. 2 Satz 3 LPVG im Falle der beabsichtigten Nichtzustimmung durchzuführende Erörterung.