Patent

(Ministerin Christa Thoben: Bitte?)

Wenn es einen Zusammenhang, Herr Lienenkämper, zwischen Förderkosten und Preisen geben sollte, dann sollten wir uns die Situation auf den Ölmärkten ansehen. Da haben die Förderkosten mit den Preisen überhaupt nichts zu tun. Die Preise sind ein Zigfaches höher als die Förderkosten. Deshalb warne ich vor zu viel Selbstgewissheit in unsere Prognosefähigkeit.

Wenn es beispielsweise bei der Kohle-Öl-Anlage in Bottrop, die geschlossen worden ist, weil vor einiger Zeit niemand von denen, die Verantwortung hatten, geglaubt hatte, dass es Benzinpreise über 2 DM geben würde, eine Revisionsklausel gegeben hätte, dann wären wir froh, wenn wir sie ziehen könnten. Heute vermarktet Sasol die mit der Kohle-Öl-Anlage in Bottrop, die geschlossen worden ist, verbundenen Patente in Südafrika.

(Beifall von der SPD)

Ich will ein zweites Beispiel nennen. Hätten wir bei der modernsten Kokerei in Dortmund, der Kokerei „Kaiserstuhl", mit der Stilllegungsentscheidung eine Revisionsklausel verbunden, dann hätten wir verhindern können, dass diese Kokerei bis auf die letzte Schraube abmontiert worden, nach China verschickt und dort wieder aufgebaut worden wäre. Die modernste Kokerei in Deutschland!

(Beifall von der SPD ­ Christian Weisbrich [CDU]: Das habt ihr doch selber gemacht!) Also lassen Sie uns mit der Frage der Revision auch in Zukunft vernünftig umgehen. Wir haben unterschiedliche Auffassungen. Wir sind froh, dass wir diese Möglichkeit geschaffen haben, und wir werden dann, wenn es darum geht, diese Option auch zu ziehen, in der Lage sein, das auch zu tun.

Ich will zum Eilantrag kommen. Hier sind ja Aufklärungen passiert, und, Herr Kollege Priggen, auf das, worauf Sie hingewiesen haben, auf die Anlage 4, geht ja dieser Eilantrag direkt ein. Die damit verbundenen Irritationen, die es im Wirtschaftsausschuss gegeben hat, sind hiermit beseitigt worden. Also habe ich Ihr Einverständnis und vor allem Ihr Einvernehmen über die drei von uns im Antrag ausgewiesenen Punkte erfahren.

Das sind ja ganz einfache Klarstellungen.

Ich will noch einmal mit Ihnen gemeinsam, weil es doch Unsicherheiten gibt, weil es doch Sorgen bei den Bergleuten von Bergbauspezialgesellschaften gibt, die doch ­ der Arbeitsminister ist im Moment nicht da ­ die Wirtschaftsministerin kennt, (Ministerin Christa Thoben: Sie kennen doch auch die Betriebsvereinbarung, Herr Römer!) die wir doch durch solche Klarstellungen beseitigen können.

Der Landtag bekräftigt erstens ­ das ist hier wiederholt gesagt worden ­, dass kein Bergmann ins Bergfreie fallen darf. Zweitens: Der Landtag stellt fest, dass es Bergleute erster und zweiter Klasse nicht geben darf. Drittens: Der Landtag fordert die Landesregierung auf, auf Lösungen für alle Bergleute einschließlich der Beschäftigten der Bergbauspezialgesellschaften hinzuwirken.

Wenn es Ihnen leichter fällt, nur über diese drei Punkte mit uns gemeinsam abzustimmen und denen dann auch zuzustimmen, dann biete ich an, dass wir eine getrennte Abstimmung durchführen.

Lassen Sie uns gemeinsam in diesem Hohen Haus eine Zustimmung zu diesen drei Punkten herbeiführen. Das hilft den Bergleuten und den Familien in den betroffenen Bereichen. Dann sind wir auch in der Lage, öffentlich deutlich zu machen: Wir haben gemeinsam ein großes Interesse daran, dass das, was in den Eckpunkten in Berlin verabredet worden ist, nämlich ein sozialverträglicher Anpassungsprozess, ohne dass jemand ins Bergfreie fällt, gemeinsam von uns verantwortet wird.

Ich lade Sie dazu herzlich ein und würde mich freuen, wenn wir das hinbekommen könnten. ­

Vielen Dank.

(Beifall von der SPD) Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Kollege Römer. ­ Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Weisbrich das Wort.

Christian Weisbrich (CDU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Römer, zunächst einmal eine Anmerkung zu Ihrem vorigen Redebeitrag.

Ich halte es für eine absolute Geschmackssache, ob es richtig ist, dass man eine epochale Entscheidung nur in zwei Ausschüssen abhandelt, oder die Landesregierung das auch im Plenum vorstellt. Wenn Sie einen Geschmack haben, dass man das im kleinen Kreis lassen sollte, ist das in Ordnung. Ich glaube, dass es richtig ist, wie es die Landesregierung gemacht hat. Das ist angemessen für diese richtungweisende Entscheidung.

(Beifall von CDU und FDP ­ Sören Link [SPD]: Wo sind denn die restlichen Leute, wenn es um eine richtungsweisende Entscheidung geht?) Sie haben mit einem Riesenpathos und ziemlich salbungsvoll hier vorgetragen, für diese Unterrichtung gäbe es keinen Grund. Kollege Römer, ich muss sagen, wenn es für irgendetwas keinen Grund gibt, dann für Ihren Entschließungsantrag.

Denn es bedarf absolut keines Antrags für Dinge, die schon normiert sind.

(Edgar Moron [SPD]: Wir haben einen Eilantrag eingebracht! Den Entschließungsantrag hat die CDU eingebracht!)

­ Eilantrag, Entschuldigung. Ja, Herr Kollege Moron, ich habe geirrt. Ich rede vom Eilantrag und nicht vom Entschließungsantrag. Der Entschließungsantrag ist natürlich sinnvoll, der Eilantrag ist überflüssig; er ist flüssiger als Wasser.

Das ist doch alles schon in den Richtlinien über das Anpassungsgeld enthalten. Im Übrigen ist es Bestandteil einer Betriebsvereinbarung, die mit der IG BCE geschlossen worden ist. Ich habe mir sagen lassen, Sie würden, obwohl Sie immer noch strammer Lobbyist sind, nicht mehr für die IG BCE sprechen. Die kann für sich selber sprechen. Und die wollen das nicht, was Sie hier vorgetragen haben. Insofern haben wir gar keinen Grund, darauf einzugehen.

Aber ich denke, es gibt noch ganz andere Gesichtspunkte, warum wir heute noch einmal abschließend über dieses Thema des Ausstiegs aus dem subventionierten Steinkohlenbergbau sprechen sollten. Denn das, was hier passiert, ist Markenzeichen der Koalition der Erneuerung, nämlich Gemeinwohlorientierung, Verlässlichkeit und der Mut, Neues zu wagen. Das sind die Markenzeichen der Koalition der Erneuerung. Für alle drei Aspekte ist der Ausstieg aus dem subventionierten Steinkohlebergbau ein leuchtendes Beispiel.

Für alle drei Aspekte ist Ihr Umgang, der Umgang der oppositionellen SPD mit dem Thema hingegen ein abschreckendes Beispiel.

Herr Brockes hat vorhin richtig gesagt, von Ihrer Seite werde die Debatte heute kraftlos geführt. Ich kann das nur bestätigen. Ihre Fraktionsvorsitzende war bei der gesamten Debatte nicht anwesend.

Das ist wirklich ­ im wahrsten Sinne des Wortes ­ eine „Kraft"-lose Debatte!

(Beifall von der FDP ­ Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Wo ist denn Ihr Fraktionsvorsitzender? ­ Zuruf von Carina Gödecke [SPD])

Dass sie hier das Weite gesucht hat, kann ich auch sehr gut verstehen; denn mit ihrem Riesenaufschlag, mit dem sie versucht hat, alles auf den Kopf zu stellen, bevor sie SPD-Vorsitzende wurde, hat sie nun wirklich nichts erreicht.

Hier wurde behauptet, mit der Revisionsklausel im Kohlefinanzierungsgesetz sei etwas Tolles geschafft worden. Insofern nehme ich das zurück, was ich eben geäußert habe. Frau Kraft hat doch etwas erreicht. Sie hat es geschafft, die weiße Salbe Revisionsklausel von Platz 8 in dem Gesetzeswerk auf Platz 1 zu schieben.

Allerdings kann ich mich nicht entsinnen, den § 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches jemals angewandt zu haben.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Nicht sehr gesetzestreu, Herr Weisbrich! So halten Sie es also mit Gesetzen!)

Ich weiß nicht, ob es Juristen gibt, die schon einmal damit zu tun hatten. Genauso wird es mit dieser Präambel zum Gesetz sein. Diese Revisionsklausel ist nicht mehr als weiße Salbe. Das muss man den Menschen im Land auch sagen.

Hören Sie auch auf, den Bergleuten etwas vorzugaukeln. Lieber Kollege Römer, Sie kennen die Situation im Steinkohlebergbau doch ganz genau.

Weltweit werden jährlich 4,5 Milliarden t zu Verkaufspreisen von etwa 60 pro Tonne produziert.

In Deutschland werden ­ im Augenblick noch ­ jährlich 20 Millionen t zu Kosten von durchschnittlich 190 pro Tonne erzeugt. Diese Relation ist doch so irre, dass man unter Gemeinwohlgesichtspunkten längst hätte sagen müssen: Schluss mit dieser Veranstaltung.

Sie haben das Ganze immer wieder nur für Ihre Klientelpolitik genutzt. Das ist unverantwortlich gegenüber dem Gemeinwohl und der Gesamtheit der Steuerzahler.

Ich gebe zu, dass Subventionen in der sozialen Marktwirtschaft durchaus sinnvoll sein können und auch zulässig sind ­ aber nur zeitlich befristet und zur Abfederung eines Strukturbruches bis zu dessen Ende.

Die hier betriebene Subventionspolitik hat überhaupt nichts mit diesen Grundsätzen zu tun. Sie haben mit Ihrem roten Bergbausockel versucht, den Steuerzahler in der Bundesrepublik auf eine unverantwortliche Art und Weise dauerhaft zu melken. Bereits 120 Milliarden sind in diesem schwarzen Loch verschwunden.

Sie sagen, das sei gut angelegtes Geld. Herr Kollege Römer, was sage ich dann denn den Textil arbeitnehmern im Münsterland und im Rheinland? Weil Jürgen Rüttgers sich als Mensch profiliert hat, der sich auch um Arbeitnehmer kümmert, haben Sie gemeint, Sie müssten jetzt die „Freunde der Kumpel" sein, wie in der „Süddeutschen Zeitung" zu lesen war. So etwas aus solchen vordergründigen Gesichtspunkten zu machen, ist einfach unangemessen.

(Günter Garbrecht [SPD]: Sie haben die Landwirte vergessen, Herr Kollege!)

Wie ich gesagt habe, sind Gemeinwohlorientierung, Verlässlichkeit und Mut, Neues zu wagen, die Markenzeichen der Koalition der Erneuerung.

Ich will jetzt zu dem Stichwort Verlässlichkeit kommen. Herr Kollege Römer, wir haben vor der Wahl gesagt: In der ersten Hälfte des nächsten Jahrzehntes werden wir den Ausstieg erreicht haben. ­ Bezogen auf Nordrhein-Westfalen haben wir das Jahr 2014 als Endpunkt erreicht. Das passt Ihnen nicht, es ist aber so.

Weil ich immer an den Gesprächen beteiligt war, weiß ich auch ganz genau, dass Herr Kollege Papke niemals gesagt hat, 2010 müsse mit allem Schluss sein. Er hat sich geweigert, das zu akzeptieren, was Sie seinerzeit bei Nacht und Nebel mit dem Brioni-Kanzler vereinbart haben. Er hat aber niemals gesagt, 2010 sei Schluss. Je früher, desto besser ­ okay. Es war aber immer klar: erste Hälfte des neuen Jahrzehnts.

Wir haben auch immer gesagt, dass dieser Ausstieg im Hinblick auf die von den Bergleuten unstreitig erbrachte Leistung sozialverträglich erfolgen wird. Auch das haben wir auf Punkt und Komma eingehalten. Wir haben die Bestimmungen für das Anpassungsgeld von 2005 bis 2022 verlängert. Bis 2027 wird Anpassungsgeld gezahlt. Es wird also kein Bergmann ins Bergfreie fallen. Das ist gut so. Das haben wir versprochen.

Dass wir es eingehalten haben, ist ein Zeichen für die Verlässlichkeit dieser Koalition.

Das nächste Stichwort: Mut, Neues zu wagen. An dieser Stelle muss ich Sie einmal an den leider viel zu früh verstorbenen Prof. Staudt vom Institut für angewandte Innovationsforschung an der Ruhr-Universität Bochum erinnern, der schon vor einigen Jahren gesagt hat: „Wer zehn Mal mehr für die Konservierung der Vergangenheit ausgibt als dafür, die Zukunft zu gewinnen, versündigt sich an der Jugend; der betrügt die Jugend um ihre wirtschaftliche und berufliche Zukunft."

Dem ist aus meiner Sicht absolut nichts hinzuzufügen. Diese Aussage hätten Sie schon längst beherzigen sollen.

Im Zusammenhang mit dem Stichwort „Neues wagen" hat die Koalition einen Traum. Mit Ihrer Erlaubnis will ich folgenden Passus aus dem „Handelsblatt" vom 10. Oktober 2006 zitieren: „Den 30. September 1966 haben die Bürger von Penzberg bis heute nicht vergessen. An jenem Tage sind die Bergleute zum letzten Mal in die Grube der oberbayerischen Kleinstadt gefahren, um Pechkohle aus der Erde zu holen.

Das Ende des Bergbaus ­ damals war es eine Katastrophe. Heute weinen die Menschen der Kohleförderung keine Träne mehr nach; denn anders als viele ehemalige Bergbauorte hat Penzberg die Schließung gut verkraftet. Wo früher der Förderturm stand, befindet sich heute einer der größten Biotechnologiestandorte Europas."

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist eine Vision, die wir auch haben können und die uns gut ansteht. Ich bin sicher: Diese Landesregierung mit dem Minister für Innovation Herrn Pinkwart wird es schaffen, dass wir im Ruhrgebiet endlich auf Zukunft setzen und nicht mehr rückwärtsgewandte Politik betreiben und dafür Geld verbrennen.

(Beifall von der CDU)

Die Luft aus dieser Debatte ist raus. Dies habe ich auch an Ihrer Gegenwehr gemerkt. Früher haben wir hier ganz andere Schlachten geschlagen. Als Sie noch hauptamtlich Lobbyist waren, ging es noch viel heftiger zur Sache. Jetzt machen Sie das ja nur noch aus Anhänglichkeit, wie ich gehört habe. In der Sache wird es aber nicht besser.