Haftpflichtversicherung

Bei Sale-and-lease-back-Geschäften mit einem Finanzierungsvorteil bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer bestehen im Grundsatz ähnliche Risiken wie beim Cross-Border-Leasing. Sie sind jedoch leichter zu überschauen, da deutsches Recht anzuwenden ist. Auch hier besteht die Möglichkeit, dass die erwarteten Finanzierungsvorteile aufgrund von Entscheidungen des Finanzamts nicht eintreffen. Dieses Risiko muss vertraglich eindeutig dem an dem Steuervorteil interessierten Investor zugeordnet werden.

Beim einfachen Leasing sowie beim Sale-and-lease-back als Investitionsfinanzierung sind die Verträge inzwischen so stark standardisiert, dass es im Wesentlichen nur noch auf die erforderliche Sorgfalt bei der Vergleichsberechnung ankommt. Beim Sale-and-lease-back hat die Kommune zu berücksichtigen, dass ihre Planungs- und Verfügungsmöglichkeiten über das Objekt für einen längeren Zeitraum eingeschränkt sind.

Frage 8. In welchem Umfang findet die Beurteilung der bestehenden Risiken Eingang in die Entscheidung der Kommunalaufsicht, ob ein Leasinggeschäft genehmigt wird oder nicht?

Leasinggeschäfte sind wegen ihrer Eigenschaft als kreditähnliche Geschäfte und nur unter diesem Gesichtspunkt genehmigungspflichtig. Die einschlägige Vorschrift des § 103 Abs. 7 HGO verweist uneingeschränkt auf die Vorschrift des § 103 Abs. 2 Satz 2 und 3 HGO, die die Kriterien für die Genehmigungen von Krediten regelt. Entscheidend ist demnach wie bei Krediten, ob die von der Kommune übernommenen laufenden Zahlungsverpflichtungen mit ihrer haushaltswirtschaftlichen Situation in Einklang stehen, also ob die Kommune sich das beabsichtigte Projekt leisten kann.

Soweit ein Leasinggeschäft genehmigungspflichtig ist, haben die Kommunalaufsichtsbehörden eine Bewertung der im konkreten Fall bestehenden Risiken bei der Entscheidung über die Genehmigung vorzunehmen. Nähere Hinweise an die Aufsichtsbehörden ergeben sich aus dem bereits erwähnten Erlass vom 7. Juli 1997.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 3 und 4 verwiesen.

Frage 9. Auf welche Weise überprüft die Kommunalaufsicht die Risiken, die sich durch die Anwendung ausländischen Rechts auf das zu genehmigende Rechtsgeschäft - z.B. beim Cross-Border-Leasing mit US-Investoren - ergeben?

Eine Risikobeurteilung, die sich auf die gesamte Transaktion bezieht, ist Aufgabe der Kommune im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung. Die Aufsichtsbehörde lässt sich im Rahmen der Entscheidung über genehmigungspflichtige Teile des Vertragswerks jedoch darlegen, dass die in der Antwort zu den Fragen 3 a und 3 b genannten Vorsichtsmaßnahmen beachtet wurden.

Frage 10. Wie beurteilt die Landesregierung den Kenntnisstand und den Beratungsaufwand derjenigen Kommunen, die mit US-Investoren Cross-Border-Leasing-Verträge abgeschlossen haben oder abschließen wollen, bezüglich der Anwendbarkeit des USamerikanischen Rechts sowie der sich hieraus ergebenden Folgen?

Nach Auffassung der Landesregierung sind das US-amerikanische Recht und die Besonderheiten der US-amerikanischen Gerichtsbarkeit für deutsche Kommunen und die Aufsichtsbehörden keine gewohnten Rahmenbedingungen. Deshalb verlangen die Aufsichtsbehörden, dass sich die Kommune vor Vertragsabschluss von qualifizierten Fachanwälten beraten lässt. In diese Beratung sind auch Fragen einzubeziehen, die sich im Zusammenhang mit der Anwendung ausländischen Rechts und der Zuständigkeit ausländischer Gerichte ergeben. Der Berater ist zu verpflichten, eine lückenlose, übersichtliche und allgemein verständliche Zusammenstellung und Bewertung der im konkreten Fall bestehenden Risiken vorzulegen. Er soll selbst nicht mit der Vertragsanbahnung befasst sein. Die beteiligten Rechtsberater sollen zur Übernahme der Haftung für die Richtigkeit der Beratung und zum Nachweis einer geeigneten Haftpflichtversicherung verpflichtet werden.

Frage 11. In welchem Umfang prüft die Kommunalaufsicht im Rahmen des Genehmigungsverfahrens, ob einer Kommune durch Änderungen der Gesetzeslage im In- oder Ausland finanzielle Risiken entstehen?

Die Kommunalaufsicht ist zu einer solchen Bewertung im Einzelfall nicht in der Lage.

Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 9 und 10 verwiesen.

Frage 12. In welchem Umfang prüft die Kommunalaufsicht im Rahmen des Genehmigungsverfahrens, ob einer Kommune durch veränderte Bedarfsentwicklungen oder andere die Verwendung des Leasinggegenstandes einschränkende Entwicklungen finanzielle Risiken entstehen?

Es ist nicht Aufgabe der Kommunalaufsichtsbehörde zu prüfen, ob durch künftige Veränderungen des Bedarfs oder durch andere künftige Entwicklungen, durch die eine Verwendungsmöglichkeit des Vertragsgegenstandes eingeschränkt werden könnte, der Kommune finanzielle Risiken entstehen.

Das ist vielmehr Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung und unterliegt ihrer eigenen Verantwortung.

Frage 13. Wen trifft beim Abschluss

a) eines Cross-Border-Leasing-Geschäfts,

b) eines Sale-and-lease-back-Geschäfts mit einem Finanzierungsvorteil bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer,

c) eines sonstigen Sale-and-lease-back-Geschäfts in aller Regel bezüglich des Leasinggegenstandes die laufende Instandhaltungspflicht?

Zu a:

Beim typischen Cross-Border-Leasing-Geschäft hat der Leasingnehmer die Instandhaltungspflicht.

Zu b:

Bei dem bisherigen einzigen Geschäft dieser Art in Hessen hat der Leasingnehmer die Instandhaltungspflicht. Das entspricht dem Charakter des "Barwertgeschäfts".

Zu c:

Bei diesen Geschäften bestehen unterschiedliche Vertragsgestaltungen. Da Sale-and-lease-back-Geschäfte nur zulässig sind, wenn der Leasinggeber erhebliche eigene Investitionsleistungen erbringt, werden ihm häufig auch die Instandhaltungspflichten während der Leasinglaufzeit übertragen.

Frage 14. Kann davon ausgegangen werden, dass im Fall der Genehmigung eines Leasinggeschäfts durch die Kommunalaufsicht in Hessen die vertraglichen Risiken für die jeweilige Kommune - und damit für die Bürgerinnen und Bürger - derart gering sind, dass die Kommune in ihren strukturellen Planungen nicht eingeschränkt ist und ihr aus dem Rechtsgeschäft keine finanziellen Nachteile erwachsen können?

Wenn nein, warum nicht?

Die Genehmigungen im Zusammenhang mit derartigen Geschäften schließen Risiken für die Kommune hinsichtlich ihrer strukturellen Planungen oder hinsichtlich möglicher finanzieller Nachteile nicht aus. Das Innenministerium hat mit Erlass vom 19. Februar 2004 die Aufsichtsbehörden aufgefordert, diesen Eindruck zu vermeiden, indem die Genehmigung ausdrücklich auf die Frage begrenzt wird, inwieweit bei störungsfreiem Vertragsverlauf künftige Zahlungsverpflichtungen der Kommune mit ihrer Finanzkraft zu vereinbaren sind. Außerdem soll auf die weitgehende Eigenverantwortung der Kommune hingewiesen werden. Darüber hinaus wird nur geprüft, ob die Kommune bestimmte unverzichtbare Verfahrensregeln zur Risikominimierung beachtet hat (vgl. Antwort zu Fragen 3 a und 4).

Frage 15. a) In welchem Umfang hält die Landesregierung die Grundsätze des Urteils des OLG Dresden vom 11. Juli 2001 (Az.: 6 U 254/01), das einer sächsischen Gemeinde gegenüber der Kommunalaufsicht einen Schadensersatzanspruch aufgrund einer rechtswidrigen Genehmigungserteilung zubilligte, auf die hier in Rede stehenden Leasinggeschäfte und die Genehmigungspraxis der hessischen kommunalen Aufsichtsbehörden für übertragbar?

Die Grundsätze des Urteils des OLG Dresden vom 11. Juli 2001, die vom Bundesgerichtshof inzwischen bestätigt wurden, sind generell für alle Aufsichtsbehörden in den Bundesländern zu beachten.

Um Schadenersatzfälle zu vermeiden, ist es erforderlich, Genehmigungen strikt auf die genehmigungspflichtigen Tatbestände und Vertragskomponenten zu beschränken und hinsichtlich der weiterreichenden Sachverhalte die Verantwortung unmissverständlich der Kommune zuzuweisen. Auf diese Weise werden Vertrauenstatbestände vermieden, die in den beiden eingangs erwähnten Urteilen eine besondere Rolle gespielt haben. Auch in diesen Urteilen wird die Möglichkeit eines Haftungsausschlusses zugunsten der Aufsichtsbehörde durch mitwirkendes Verschulden der Kommune ausdrücklich eingeräumt. Dieser Gesichtspunkt kam in einem anderen Schadenersatzprozess, in dem das OLG Naumburg einen Amtshaftungsanspruch gegen die Aufsichtsbehörde wegen einer fehlerhaften Genehmigung verneint hat, voll zum Tragen (Az. 9 U 131/02). In dem vom OLG Dresden entschiedenen Fall hatte die Aufsichtsbehörde jedoch alles unterlassen, um eine Eigenverantwortung der Kommune herzustellen, sodass ein Haftungsausschluss verneint wurde. Auch die sonstigen Umstände des Einzelfalls lassen erkennen, dass es sich um einen besonders gelagerten, nicht ohne weiteres zu verallgemeinernden Sachverhalt handelte.

b) Welche Maßnahmen wurden von der Landesregierung seit Juli 2001 unternommen, um die kommunalen Aufsichtsbehörden vor einer vergleichbaren Schadensersatzpflicht zu bewahren?

Am 18. Dezember 2002 wurden im Rahmen einer Dienstbesprechung mit Vertretern der Regierungspräsidien im Innenministerium die neuen Entwicklungen im Bereich der alternativen Finanzierungsmodelle eingehend erörtert und eine einheitliche Vorgehensweise wurde abgestimmt. Um Missverständnissen zu begegnen, wurde außerdem mit Datum vom 19. Februar 2004 ein Erlass an die Regierungspräsidien gegeben, in dem nochmals ausdrücklich hervorgehoben wurde, Genehmigungen auf die tatsächlich genehmigungspflichtigen Komponenten des Vertragswerkes zu beschränken und in der Genehmigung ausdrücklich darauf hinzuweisen, welche Risiken nicht Gegenstand der aufsichtsbehördlichen Genehmigung und daher von der Kommune im Rahmen ihrer Selbstverwaltung allein zu verantworten sind.

Abschließend sei erwähnt, dass der in der Frage 15 a angesprochene Haftungsfall sich ausgerechnet in einem Bundesland ereignet hat, das bereits zum Zeitpunkt des Geschehens besonders differenzierte "Verwaltungsvorschriften zu Investorenvorhaben im kommunalen Bereich" erlassen hatte.

Frage 16. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über Abschlüsse und Abwicklungen von

a) Cross-Border-Leasing-Geschäften,

b) Sale-and-lease-back-Geschäften mit einem Finanzierungsvorteil bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer,

c) sonstigen Sale-and-lease-back-Geschäften aus anderen Bundesländern vor und wenn ja, welche sind dies?

Soweit aus anderen Bundesländern Informationen vorliegen, ergibt sich folgendes Bild: Baden-Württemberg a): Es sind 13 Cross-Border-Leasing-Geschäfte bekannt. Gegenstand der Transaktionen waren Müllverbrennungsanlagen, Anlagen der Abwasserentsorgung und der Wasserversorgung,

b) und c): nicht bekannt.

Bayern a): Es sind 9 Cross-Border-Leasing-Geschäfte,

b) und c): 16 Sale-and-lease-back-Geschäfte bekannt, ohne nähere Kenntnisse im Einzelnen.B. öffentlichen Verkehrsunternehmen, die nicht der Kommunalaufsicht unterliegen, b): nicht bekannt.

Rheinland-Pfalz a): Es ist ein Cross-Border-Leasing-Geschäft abgeschlossen worden. Gegenstand der Transaktion waren die Kläranlage und das Kanalnetz einer Stadt,

b) und c): nicht bekannt.