Minister Eckhard Uhlenberg Was. Im Antrag steht kein einziges Wort vom Nationalpark

Die großen Baustellen brauche ich gar nicht anzusprechen. Vom Nationalpark Siebengebirge ist gar nicht mehr die Rede.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Was?)

­ Im Antrag steht kein einziges Wort vom Nationalpark Siebengebirge.

(Widerspruch von Minister Eckhard Uhlenberg) Offensichtlich ist er schon wieder auf dem Altar der Koalition der FDP geopfert worden.

(Zuruf von Holger Ellerbrock [FDP])

Das Projekt gibt es nicht mehr; es taucht im Zusammenhang mit dem Artenschutz nicht mehr auf. Der Nationalpark wird überhaupt nicht mehr erwähnt.

Dann gibt es die Problematik: Nordrhein Westfalen und ein Nationalpark. Nordrhein-Westfalen ist groß genug, dass wir drei oder vier Nationalparks gebrauchen könnten.

(Beifall von den GRÜNEN)

In der Senne haben Sie es vor die Wand gefahren.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Sie haben es vor die Wand gefahren!)

Der Nationalpark Siebengebirge wird der FDP geopfert. Schaut man sich an, was sich real beim Nationalpark Eifel tut, muss man feststellen: Dort werden die Jagd und das Angeln erlaubt. Überall da, wo man Naturschutz betreiben könnte, wird er ausgehöhlt und eben nicht das getan, was man tun müsste, um den Artenschutz in Nordrhein Westfalen voranzubringen.

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Kollege Remmel, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Papke? Ich weise direkt darauf hin, dass sich auch der Kollege Ellerbrock für eine Zwischenfrage gemeldet hat.

Johannes Remmel (GRÜNE): Das ist meine Lieblingsbeschäftigung ­ Herr Papke und dann Herr Ellerbrock.

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Ich hatte eine leise Ahnung, der ich gerne nachgehe. Kollege Papke hat das Wort.

Dr. Gerhard Papke (FDP): Danke schön, Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege Remmel, ich hätte nie zu hoffen gewagt, dass ich mich einmal mit einer Zwischenfrage in eine solche KormoranDebatte einschalten darf.

(Svenja Schulze [SPD]: Sie sind doch Feldhamsterspezialist!)

Ich tue es nun doch, weil Sie das Thema Nationalpark Siebengebirge angesprochen haben. Das berührt mich ganz unmittelbar, weil ich im Siebengebirge wohne.

Nachdem Sie der Landesregierung vorgeworfen haben, sie würde eine solche Planung nicht unterstützen, frage ich Sie, ob Ihnen bekannt ist, dass es Konsens aller Parteien im Siebengebirge, in Königswinter und in Bad Honnef ist, dass ein solches Projekt nur nach gründlicher Diskussion vor Ort und auch erst nach Zustimmung der betroffenen Kommunen vom Land vorangebracht werden darf. Ist Ihnen bekannt, dass auch Ihre Parteifreunde vor Ort noch mitten in diesem Gesprächs- und Diskussionsprozess sind und bei Weitem noch nicht sagen: Jawohl, der Nationalpark Siebengebirge muss auf jeden Fall kommen?

Johannes Remmel (GRÜNE): Herr Papke, ich danke Ihnen für diese Zwischenfrage, weil Sie damit meine Aussage bestätigt haben. Es ist klar, dass sich die FDP nicht nur im Landtag, sondern auch vor Ort gegen den Nationalpark positioniert.

Deshalb darf er auch nicht in einem gemeinsamen Antrag auftauchen, den Sie zum Thema Artenschutz zusammen mit Ihrem Koalitionspartner einbringen.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Haben Sie meine Frage nicht verstanden?) Sie bestätigen also in der Tat hier und heute ­ das können wir gerne im Protokoll festhalten ­, dass sich diese Koalition auch in der Frage Nationalpark Siebengebirge nicht einig ist und dass sie dazu überhaupt gar kein... (Minister Dr. Helmut Linssen: Herr Remmel, ein bisschen seriöser!)

­ Herr Linssen, wenn wir über Artenschutz in Nordrhein-Westfalen reden, (Dr. Gerhard Papke [FDP]: Das ist doch antiintellektuell, was Sie hier machen!) kann man doch die Nationalparks nicht außen vorlassen. Dazu muss man doch etwas sagen.

Kein einziges Wort steht im Antrag dazu drin, (Dr. Gerhard Papke [FDP]: Das ist doch blamabel hoch drei!) weil Sie dazu nichts sagen dürfen. Das ist Fakt. ­ Jetzt ist Herr Ellerbrock dran.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Ich stelle Ihnen eine Frage, und Sie kommen mit einem solchen Klamauk!)

­ Ich danke Ihnen auch für die Frage; entlarvender kann es ja nicht sein.

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Ellerbrock, bitte.

Holger Ellerbrock (FDP): Herr Kollege Remmel, ist Ihnen vielleicht aufgrund einer gewissen inneren Unruhe oder einer Unruhe im Hause entgangen, dass mein Kollege Papke gerade interpretationsfrei deutlich gemacht hat, dass sich die betreffende Region im Moment in einem Klärungsprozess befindet und die Landesregierung anstrebt, das alles im Einvernehmen mit den betroffenen Kommunen zu machen?

Damit verbinde ich folgende Frage: Sie haben eben Kritik an den Nutzungsmöglichkeiten in Naturschutzgebieten geübt. Die Koalition der Erneuerung hat es sich zum Ziel gemacht, Naturschutz nicht hinter einem Zaun zu verwirklichen, sondern mit Augenmaß mit den Menschen vor Ort zu betreiben, um dadurch eine viel größere Akzeptanz für den Naturschutz zu erreichen, als es bislang gelungen war.

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Kollege Ellerbrock, es ist eine sehr lange Frage gewesen.

Darauf weise ich hin. ­ Herr Kollege Remmel, Sie haben das Wort.

Johannes Remmel (GRÜNE): In der Tat müsste man sich damit eigentlich länger auseinandersetzen. Davon habe ich in Ihren Wortmeldungen nichts gehört. Insofern unterscheiden wir uns an diesem Punkt sehr deutlich und haben ein anderes Verständnis.

Ich gehe aber davon aus, dass sich Ihr Verständnis auch diametral vom Verständnis der 5.000 Teilnehmer an der Weltartenschutzkonferenz unterscheidet.

Insofern wünsche ich Ihnen mit Ihrer Position dort viel Spaß. Jedenfalls wird sie nicht reüssieren. Wir wollen in der Fachdebatte den Antrag sehr kritisch begleiten. ­ Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN) Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. ­ Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der SPD Kollegin Wiegand das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Stefanie Wiegand (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit Ihrem Antrag „Biodiversität in Nordrhein Westfalen bewahren" haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU, im wahrsten Sinne des Wortes den Vogel abgeschossen.

(Beifall von der SPD)

Es ist schon ein starkes Stück, wie Sie hier versuchen, mit Ihrem „Softantrag" davon abzulenken, dass Sie es in Einzelfällen, wie zum Beispiel beim Kormoran, mit der Biodiversität gar nicht so eng nehmen und unliebsamen geflügelten Bewohnern Nordrhein-Westfalens wie zum Beispiel diesem Kormoran an die Federn wollen.

Studien belegen, dass der Kormoran bis ins Mittelalter auch in Nordrhein-Westfalen heimisch war. Dann wurde er im europäischen Binnenland praktisch ausgerottet und gehörte bis Ende der 70er-Jahre zu den hochrangig gefährdeten Vogelarten. Dank des europaweiten Jagdverbotes konnte er seinen früheren Lebensraum in Deutschland und auch in Nordrhein-Westfalen wiederbesiedeln.

Was Hänschen schon in der Schule lernen sollte, zeigt sich auch hier. Da das Nahrungsangebot die Populationsdichte bestimmt, steigt die Zahl der Kormorane auch hier in Nordrhein-Westfalen schon seit Jahren nicht mehr richtig an. Aber da hat der Hans von CDU und FDP wohl in der Schule nicht richtig aufgepasst.

(Zuruf von der CDU: Doch, haben wir!) Fest steht jedenfalls, dass die sogenannte letale Vergrämung einer Tierart keine Lösung ist, um die Biodiversität in Nordrhein-Westfalen zu erhalten.

Wenn ein Bestand durch Abschuss reduziert wird, so erholt er sich schnell durch eine erhöhte Geburtenrate oder durch das Verbleiben von ursprünglich durchziehenden Tieren dieser Art. Hier wird also eine Sisyphusarbeit zulasten der Kormorane betrieben, die am Ende doch niemandem nützt.

Natürlich ist uns bewusst, dass ein Kormoranschwarm im Einzelfall einen erheblichen Schaden auf einen Fischteich verursachen kann. Daher gehen wir von der SPD-Fraktion nicht so weit wie Bündnis 90/Die Grünen, die die Außerkraftsetzung der Kormoranverordnung vom 2. Mai 2006 fordern.

Im Dialog mit den Fischereiverbänden halten wir es momentan noch für sinnvoll, dass wirtschaftlich genutzte Fischteiche von den Betreibern geschützt werden können. Aber eine Ausweitung der Kormoranverordnung, auch innerhalb von Schutzgebieten, lehnen wir von der SPD-Fraktion rigoros ab.

Ich sagte gerade, dass wir es momentan noch für sinnvoll halten, Fischteiche vor Kormoranen schützen zu können, denn noch fehlt ein Kormoran-Monitoring in Nordrhein-Westfalen. Wenn man sich die Beantwortung der Kleinen Anfrage von Herrn Unruhe und von mir zu diesem Thema ansieht, so scheint es dieses auch in absehbarer Zeit nicht zu geben, da zurzeit nur informelle Kontakte in Sachen Kormorane gepflegt werden und es keine landesübergreifenden Abstimmungen in dieser Sache gibt.

Also, werden Sie endlich aktiv. Setzen Sie sich mit den Beteiligten an einen Tisch und initiieren Sie ein Kormoran-Monitoring für einen besseren Schutz dieser Tiere.

(Beifall von der SPD)

Im Übrigen wundere ich mich über das anscheinend sehr zwiespältige Verhältnis des Umweltministeriums zum Kormoran. Auf der einen Seite wollen Sie diesen Vogel aufs Korn nehmen, auf der anderen Seite werben Sie auf Ihren Internetseiten für den Naturpark Hohe Mark mit der Besonderheit der ersten westfälischen KormoranKolonie in der Heubachniederung bei Dülmen als Zeichen einer artenreichen Flora und Fauna.

(Zuruf von Minister Eckhard Uhlenberg)

Was denn nun? Wird der bei Ihnen eingestellte Prospekt mit den Hinweisen für Wanderer, Reiter und Radfahrer nun um den Hinweis für Jäger „Möglichkeiten zur Kormoranjagd" erweitert, oder wollen Sie diesen Naturpark zukünftig bewerben mit dem Hinweis „ehemals artenreiche Fauna"? Sorge bereitet uns auch, ob der Kormoran nur das Versuchskaninchen für andere Tierarten ist, die Ihnen aufgrund ihres Speiseplans, ihres Aussehens oder sonstiger spezifischer Eigenarten nicht angenehm sind und daher von Ihnen zum Abschuss freigegeben werden sollen.

Haben Sie je darüber nachgedacht, ob es auch andere Möglichkeiten gibt, den Bestand von bestimmten Tieren mit tierschutzfreundlicheren Mitteln unter Kontrolle zu halten? Das Stadttaubenprojekt, das kürzlich den Tierschutzpreis NRW erhalten hat, erzielt große Erfolge mit der Geburtenkontrolle durch Gelegeaustausch. Warum verknüpfen Sie nicht diese Erfahrung aus solchen Projekten sinnvoll miteinander? Was bei den Stadttauben funktioniert, kann auch bei den Kormoranen klappen.

Außerdem ist allgemein bekannt, dass naturnahe Gewässer Fischbestände besser vor Vogelfraß schützen können als alle anderen von Ihnen angedachten Maßnahmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU, mit Ihrem Antrag zur Biodiversität in Verbindung mit der Kormoran-Verordnung haben Sie sich heute einen Bärendienst erwiesen. ­ Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN) Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Kollegin Wiegand, auch für die Punktlandung, was die Redezeit angeht. ­ Als nächster Redner hat Herr Minister Uhlenberg für die Landesregierung das Wort.

Eckhard Uhlenberg, Minister für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Erhaltung der biologischen Vielfalt, der Biodiversität, ist eine zentrale Aufgabe menschlicher Daseinsvorsorge. Biodiversität ist die Basis für die Ernährung, die menschliche Gesundheit, technische Innovation, intakte Böden und Gewässer sowie das seelische Wohlbefinden der Menschen.

Die Landesregierung begrüßt ausdrücklich den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, denn der befürchtete Verlust von Biodiversität hat weitreichende negative Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.

Angesichts dieser Situation ist es wichtig, das öffentliche Bewusstsein für den Wert biologischer Vielfalt weiter zu stärken. Die Grundlagen hierfür sind bereits sehr gut. Nordrhein-Westfalen unternimmt darauf aufbauend zahlreiche Aktivitäten.

So habe ich bereits im November 2007 stellvertretend für das Land Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit zahlreichen Partnern aus Wirtschaft, Verbänden und Kommunen im „Bündnis für die Natur" den Countdown-2010-Deklarationsprozess unterzeichnet.