Allgemeiner Beifall Herzlichen Glückwunsch Herr Kollege auch im Namen aller Kolleginnen und Kollegen des

Beginn: 10:03 Uhr Präsidentin Regina van Dinther: Meine Damen und Herren! Ich heiße Sie zu unserer heutigen, 92. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich neun Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Wir haben heute ein Geburtstagskind. Herr Christof Rasche feiert seinen 46. Geburtstag.

(Allgemeiner Beifall) Herzlichen Glückwunsch, Herr Kollege, auch im Namen aller Kolleginnen und Kollegen des Hauses!

Meine Damen und Herren, wir treten nun in die Beratung der heutigen Tagesordnung ein. Ich rufe auf:

Die Hochschullandschaft in Nordrhein Westfalen bis 2020 zukunftsfest machen: Studienplätze schaffen, Fachhochschulen stärken, Gebäude modernisieren Unterrichtung durch die Landesregierung

Mit Schreiben vom 26. Mai 2008 hat der Chef der Staatskanzlei mitgeteilt, dass die Landesregierung beabsichtige, den Landtag in der heutigen Plenarsitzung über das genannte Thema zu unterrichten.

Ich erteile dazu Herrn Minister Pinkwart das Wort.

Bitte schön.

Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Landesregierung ist vor drei Jahren mit dem Grundsatz angetreten: Bildung und Wissenschaft haben in Nordrhein-Westfalen wieder Priorität.

Wir haben klar gesagt, was wir damit meinen, auch für den Hochschulbereich: mehr Mittel für die Hochschulen, mehr Freiheit für die Hochschulen, mehr Exzellenz in Forschung und Lehre. Was wollen wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, damit erreichen?

Nordrhein-Westfalen ­ das ist unser Ziel ­ soll künftig nicht nur die dichteste Hochschullandschaft in Europa haben, sondern in Zukunft auch die beste Hochschullandschaft in Europa werden.

Wir wollen, dass unsere Hochschulen jedem jungen Menschen, der bei uns studieren möchte, eine sehr gute Ausbildung anbieten. Wir wollen uns im Wettbewerb der Standorte dadurch auszeichnen, dass wir sorgsam und weitblickend mit unserer wichtigsten Ressource, die wir in unserem Land überhaupt haben, umgehen. Das sind unsere jungen Menschen. Ihre Kreativität, ihre Talente, ihr Potential gilt es gezielt zu fördern, damit sie für Wohlstand und Arbeitsplätze von morgen zur Verfügung stehen.

Diesem Kompass sind wir bisher entschlossen und konsequent gefolgt. Wir haben ­ dafür bin ich dem Hohen Hause dankbar ­ den Zukunftspakt geschlossen, der die verlässliche und solide Finanzierung für die gesamte Legislaturperiode sichert. Wir haben die Exzellenzinitiative und den Hochschulpakt I kofinanziert und die Option Studienbeiträge eröffnet. Die Studierenden haben heute in ihren Hochschulen ein größeres Gewicht. Sie sind stärker an der Entwicklung ihrer Hochschule beteiligt. Ihre Meinung zählt endlich wieder. Sie stehen wieder stärker im Zentrum der Aufmerksamkeit unserer Hochschulen.

Die Anstrengungen haben sich gelohnt. Dass es diese Rahmenbedingungen für die Hochschulen heute gibt, versetzt uns nämlich jetzt in die Lage, den nächsten großen Schritt zu tun. Dieser nächste Schritt ist notwendig, weil die Herausforderungen an die Hochschulen im kommenden Jahrzehnt nicht kleiner werden ­ im Gegenteil! Welche Herausforderungen sind das, meine Damen und Herren?

Erstens. Im kommenden Jahrzehnt werden rund 160.000 junge Menschen zusätzlich als Studienanfängerinnen und Studienanfänger an unsere Hochschulen kommen. Die Spitze erwarten wir in den Jahren 2013 bis 2015. Dann wird wegen der Umstellung auf das achtjährige Gymnasium ein doppelter Abiturjahrgang die Schulen in Nordrhein-Westfalen verlassen. Jede künftige Abiturientin und jeder künftige Abiturient haben einen Anspruch darauf, meine Damen und Herren, dass wir ihnen beste Ausbildungsmöglichkeiten in Nordrhein-Westfalen eröffnen.

([Vereinzelt Beifall von CDU und FDP ­ Karl Schultheis [SPD]: Nicht so heftig!)

Eine ebenso große Herausforderung ist zweitens der Fachkräftemangel in unseren Unternehmen.

Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft fehlen bereits heute allein in Nordrhein Westfalen 20.000 Ingenieurinnen und Ingenieure.

Wenn wir nicht jetzt entschieden Nachwuchsarbeit für die Ingenieurberufe betreiben, wie wir es bereits mit dem Hochschulpakt I begonnen haben, indem wir die Hälfte aller neuen Studienplätze, die wir bis 2010 für Nordrhein-Westfalen schaffen, genau in diesem Bereich der MINT-Berufe ansiedeln, wird sich dieser Mangel mit dann fatalen Folgen weiter verschärfen. Denn jede unbesetzte Ingenieursstelle schadet den Unternehmen und der Volkswirtschaft und schwächt die Innovationskraft unseres Landes.

Umgekehrt, meine Damen und Herren, ist jeder Arbeitsplatz in den Ingenieurberufen so etwas wie ein kleiner Jobmotor. Denn jede Ingenieurin bzw. jeder Ingenieur, die bzw. der zusätzlich in ein Unternehmen eintritt, schafft wiederum selbst andere Arbeitsplätze auch mit geringerer Qualifikation, die wir ebenso benötigen, damit wir dem Phänomen der Arbeitslosigkeit dauerhaft und wirksam begegnen können.

Wie wir wissen, erfreuen sich die Fachhochschulen dabei in der Wahl von ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen besonderer Attraktivität, und daher haben wir Ihnen bereits im Hochschulpakt I einen besonderen Schwerpunkt gegeben.

Die dritte große Herausforderung: In unserem System in Nordrhein-Westfalen stimmt die Gewichtung nicht ­ die Gewichtung zwischen dem Studienplatzangebot an Fachhochschulen und an Universitäten.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Schon lange nicht!)

Schon vor fast 20 Jahren hat der Wissenschaftsrat empfohlen, die Fachhochschulen rasch auszubauen und dabei ihr Fächerspektrum zu erweitern. Derzeit tragen die Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen lediglich 25 % zum Studienplatzangebot bei, die Universitäten hingegen 75 %.

Das ist sicherlich nicht das Verhältnis, das der Wissenschaftsrat damals vor Augen hatte. ­

Dieses kluge Wort eines Rektors, gemünzt auf die Hochschulforschung, gilt in gleicher Weise für die Hochschulausbildung. Wir müssen den immensen Modernisierungs- und Sanierungsstau an unseren Hochschulen auflösen. Er hat sich über Jahrzehnte aufgebaut, weil die früheren Regierungen über lange Zeit zu wenig investiert haben; wir hatten immer wieder Gelegenheit, das hier darzulegen. Die Ausfinanzierung des Hochschulbaus im Rahmen der Föderalismusreform hat ja gezeigt, dass Nordrhein Westfalen Anfang dieses Jahrzehnts mit noch nicht einmal 15 % Hochschulbaumittel angesichts der Tatsache, dass hier jeder vierte Student in Deutschland studiert, erheblich unterdurchschnittlich investiert hatte, was dann auch zur schlechten Ausfinanzierung durch den Bund geführt hat.

Trotzdem geht das Land Nordrhein-Westfalen hin und steht zu seiner Verantwortung, hier mehr zu tun. Im Jahre 2007 hat Nordrhein-Westfalen insgesamt 619 Millionen für den Hochschulbau bereitgestellt. Davon kamen gerade einmal 107 Millionen vom Bund. Die eigentliche Verpflichtung besteht 1:1. Nein, das Land Nordrhein Westfalen hat im vergangenen Jahr das Fünffache der Bundesmittel für den Hochschulausbau bereitgestellt.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Ich danke dem Finanzminister und den regierungstragenden Fraktionen dafür, dass das möglich geworden ist. Das zeigt, dass wir es ernst meinen. Deswegen können wir für uns in Anspruch nehmen, in den nächsten Jahren von einem Modernisierungsprogramm zu sprechen, das den Stau endlich auflöst. Wir werden es auch tatsächlich schaffen, meine Damen und Herren.

In der Zusammenschau all dessen wird deutlich:

Da wir einerseits zeitlich befristeten Herausforderungen begegnen müssen und andererseits dauerhafte Strukturveränderungen brauchen, kommen wir mit einfachen Lösungen nicht weiter.

Wir brauchen also zum einen flexible Maßnahmen, die es ermöglichen zigtausende zusätzlicher Studienanfänger im kommenden Jahrzehnt mit guten Studienplätzen zu versorgen. Keine Schülerin und kein Schüler, die oder der zur ersten Generation der Abiturienten nach dem achtjährigen Gymnasium gehört, darf dadurch Nachteile erleiden. Zugleich dürfen wir keine Überkapazitäten aufbauen, die später leer stehen, wenn der große Zustrom über sie hinweggegangen ist.

Wir müssen zum anderen das Hochschulsystem dauerhaft tragfähig ausbauen, damit es in der Lage ist, die Fachkräftelücke zu schließen, damit es in der Lage ist, mehr junge Menschen für ein erfolgreiches Berufsleben in einer sich schnell wandelnden Arbeitswelt zu qualifizieren, und damit es in der Lage ist, die Innovationskraft des Landes in allen Teilen nachhaltig zu stärken.

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir ein Maßnahmenpaket sich ergänzender Ansätze für den Hochschulausbau in Nordrhein-Westfalen geschnürt. Wie sieht dieses Paket aus? ­ Wir werden den Anteil der Fachhochschulen an der Hochschulausbildung dauerhaft von heute 25 % auf 40 % erhöhen.

Wir werden zu diesem Zweck erstens drei Fachhochschulen mit Schwerpunkt auf den sogenannten MINT-Fächern gründen. Diese drei neuen Fachhochschulen werden je 2.500 Studienplätze anbieten.

Wir werden zweitens eine Fachhochschule für Gesundheitsberufe in Nordrhein-Westfalen gründen. Sie wird 1.000 Studienplätze anbieten.

Wir werden drittens an fünf bestehenden Fachhochschulen das Angebot durch Abteilungsneugründungen erheblich ausweiten. Dadurch werden ebenfalls 2.500 Dauerstudienplätze entstehen, wiederum vorzugsweise in den MINTFächern.

Mit diesem strukturellen Ausbau der Fachhochschulen werden wir auf Dauer 11.000 zusätzliche Studienplätze schaffen ­ (Beifall von CDU und FDP) bis zu 5.000 davon in den vom Rückgang des Steinkohlebergbaus betroffenen Gebieten des Landes, meine Damen und Herren.

Zwei Aspekte sind uns dabei besonders wichtig: zum einen, dass mehr duale Studiengänge entstehen, die Berufsausbildung in Unternehmen und akademische Ausbildung in einer Hochschule verbinden, zum anderen, dass die neuen Studienangebote auf Zukunftsfeldern in den Regionen entstehen. Wir wollen, dass sie dort entstehen, wo es regionale Schwerpunkte mit besonders großem Entwicklungspotenzial gibt.

Der Standortwettbewerb hat begonnen. Die Resonanz, meine Damen und Herren ­ das wissen Sie selbst am besten ­, in den Regionen ist außerordentlich hoch. Es gibt wohl kaum ein Kommunalparlament im Land, das sich im letzten halben Jahr nicht mit der Frage beschäftigt hat: Können wir Fachhochschulstandort werden, oder können wir unseren Fachhochschulstandort ausbauen? Überall, wo die Mitglieder der Landesregierung hinkommen, merken sie, dass über die ausbaufähigen Stärken und Zukunftsfelder in den Regionen diskutiert wird, auch darüber, wie man die Wirtschaft gezielt in den Ausbau einbeziehen kann, damit es nachhaltig trägt.

Auf welchen Gebieten brauchen wir künftig Fachkräfte? Welches Know-how brauchen wir vor Ort, damit sich der Standort entwickeln kann? Mit welchem Konzept können wir am besten für uns werben? Dieser Denk- und Diskussionsprozess tut dem Land schon für sich genommen genauso gut, wie es die Exzellenzinitiative bezogen auf die Forschung geleistet hat.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Die Regionen sind im Aufbruch, meine Damen und Herren. Das ist unser Ziel für Nordrhein-Westfalen.

Der Standortwettbewerb tut auch deshalb gut, weil er die Qualität der Konzepte befördert. Insofern rechne ich mit vielen hervorragenden Bewerbungen. Um ein Missverständnis von vornherein auszuschließen: Der dauerhafte Ausbau des Systems geht nicht zulasten der bestehenden Hochschulen. Wir erwarten, dass die neuen Hochschulen und Abteilungen im Vollbetrieb ­ hier bin ich dem Ministerpräsidenten und dem Finanzminister in besonderer Weise zu Dank verpflichtet ­ jährlich rund 160 Millionen kosten werden und dass diese Mittel den Hochschulen dauerhaft zusätzlich zur Verfügung gestellt werden.