Teilbetriebsleistungen für die teilprivatisierte Haftanstalt

Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt:

Frage 1. Trifft es zu, dass Teilbetriebsleistungen für die teilprivatisierte Haftanstalt in Hünfeld inzwischen auf Grundlage einer Leistungsbeschreibung ausgeschrieben wurden, und warum wurde der Landtag bisher über den Inhalt der Ausschreibungen nicht informiert?

Es trifft zu, dass die zukünftig von einem privaten Betreiber auszuführenden Leistungen im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb europaweit öffentlich ausgeschrieben wurden. Die Vergabebekanntmachung erfolgte am 24. August 2003. Bewerber hatten die Möglichkeit, bis zum 18. September 2003 unter Beifügung geforderter Nachweise ihr Interesse schriftlich zu bekunden. Auf Grundlage der Bewerbungsbedingungen wurden aus den eingegangenen Bewerbungen geeignete Interessenten ausgewählt, denen die vollständigen Ausschreibungsunterlagen am 31. Oktober 2003 übersandt wurden. Grundlage der Ausschreibungsunterlagen bildet dabei das in meinem Hause erarbeitete Leistungsverzeichnis.

Das Vergabeverfahren ist zwischenzeitlich abgeschlossen, die Vertragsunterzeichnung war für den 8. November 2004 vorgesehen.

Das Regierungsprogramm sieht einen teilprivatisierten Betrieb der Justizvollzugsanstalt Hünfeld vor. Das Vergabeverfahren für die teilprivatisierten Leistungen wurde in allen vorgeschriebenen Veröffentlichungsblättern und durch Pressemitteilungen publiziert.

Die Ausschreibungs- und Bewerbungsunterlagen selbst dürfen während des laufenden Vergabeverfahrens nach geltendem Vergaberecht nicht veröffentlicht werden.

Seit der Regierungserklärung zu Beginn der letzten Legislaturperiode ist der Landtag ständig informiert worden.

Frage 2. Welche Unterstützungs- und Hilfsdienste sollen durch die privaten Anbieter übernommen werden und wie viele Vollzugsbeamte und wie viele private Vollzugshelfer sollen künftig in der Anstalt eingesetzt werden?

Den Begriff private Vollzugshelfer gibt es nicht. Es geht um Hilfs- und Unterstützungsdienste. Hinsichtlich der Aufgaben der Hilfs- und Unterstützungsdienste wird auf den anliegenden Auszug aus dem Leistungsverzeichnis Bezug genommen. Er gibt die Kernaufgaben des Hilfsdienstes wieder, ist jedoch nicht abschließend. Details werden im Rahmen der Erarbeitung der Dienstanweisungen für die verschiedenen Bereiche der Justizvollzugsanstalt Hünfeld einvernehmlich mit dem privaten Teilbetreiber festgelegt.

Für den Einsatz der Hilfsdienste sind Stundenkontingente ausgeschrieben worden. Bei der vorgenannten Detailabstimmung wird festgelegt, welche Aufgaben mit welchen Stundenansätzen belegt werden. Hieraus ergibt sich sodann die Anzahl der täglich anwesenden Beschäftigten des privaten Teilbetreibers. Die Anzahl der Beschäftigten, welche für den Monitordienst an der Zentrale vorzusehen sind, steht hingegen bereits fest. Hier werden von Montag bis Sonntag in der Zeit von 6 Uhr bis 22 Uhr jeweils zwei und in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr jeweils ein Beschäftigter des Teilbetreibers (insgesamt 280 Wochenstunden) zum Einsatz kommen.

Frage 3. Mit welcher Gesamtstundenzahl sollen die Sonderdienste im Vollzug der Haftanstalt eingesetzt werden und wie teilt sich das auf etwaige Teilbereiche auf?

Den Begriff "Sonderdienste" gibt es nicht. In der Justizvollzugsanstalt Hünfeld ist ein solcher Einsatz nicht vorgesehen. Bestimmte Aufgaben ohne hoheitlichen Charakter, die bisher gleichwohl durch beamtete Kräfte wahrgenommen wurden, werden zukünftig durch Beschäftigte eines privaten Teilbetreibers ausgeführt. Die Beschäftigten des privaten Betreibers üben dabei reguläre Tätigkeiten aus und sind integraler Bestandteil der Gesamtorganisation der Justizvollzugsanstalt Hünfeld. Sofern die Frage auf den Einsatz der Hilfsdienste auf den Stationen, beim Besuch und den Monitordienst abzielt, wird auf die Beantwortung der Frage 2 hingewiesen. Die Gesamtstundenzahl beträgt 32.578 Stunden pro Jahr. Die Aufgliederung bitte ich dem anliegenden Auszug aus dem Leistungsverzeichnis zu entnehmen.

Frage 4. Anhand welcher Kriterien wird vonseiten der Landesregierung die besondere Sorgfalt, mit der die Mitarbeiter in diesen Bereichen ausgewählt werden müssen, überprüft?

Die Kriterien zur Auswahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des privaten Teilbetreibers im Zusammenhang mit Sicherheitsaspekten unterscheiden sich nicht von denen, die bei Auswahlverfahren zur Einstellung von Bewerbern im öffentlichen Dienst Anwendung finden. Die vertraglichen Regelungen sehen vor,

- dass alle Bewerberinnen und Bewerber ein polizeiliches Führungszeugnis zur Vorlage bei Behörden beantragen müssen, welches dem Hessischen Ministerium der Justiz zugeleitet wird,

- dass alle Bewerber sich mit einer Sicherheitsüberprüfung (BZR-Anfrage) durch das Hessische Ministerium der Justiz einverstanden erklären müssen.

Nach Auswertung der vorgenannten Unterlagen wird die - unter Sicherheitsaspekten - geprüfte Eignung dem privaten Teilbetreiber ohne nähere Angaben von Gründen mitgeteilt.

Hingegen bleibt die Bewertung der fachlichen Eignung in der originären Zuständigkeit des privaten Teilbetreibers, weil diesen nur dadurch die vertraglichen Schadensersatzansprüche des Landes bei Schlecht- oder Minderleistung treffen.

Frage 5. Wie und von wem werden Urlaubs-, Krankheits- und Abwesenheitsvertretung für diese Beschäftigten sichergestellt und wie wird sichergestellt, dass für diese Personalreserven die gleichen qualitativen Anforderungen gelten, wie sie an die Mitarbeiter einer JVA gestellt werden?

Es wird wiederum vorausgesetzt, dass hier die Beschäftigten der Hilfs- und Unterstützungsdienste in den Bereichen Station, Besuch und Monitordienst gemeint sind. Die Ersatzgestellung bei den vorgenannten Personalausfällen ist originäre Aufgabe des privaten Teilbetreibers. Die als Ersatz vorgesehenen Personen unterliegen dabei den unter Frage 4 bereits dargelegten Sicherheitsüberprüfungen. Sie sind rechtzeitig vorab durch den Betreiber namentlich zu benennen.

In den benannten Bereichen gelten die gleichen qualitativen Anforderungen nicht, weil die Beschäftigten des privaten Teilbetreibers nur bestimmte Aufgaben mit Dienstleistungsunterstützungscharakter und nicht annähernd im vollen Umfang die Aufgaben eines Bediensteten des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes übernehmen.

Frage 6. Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass die auf den Stationen der Vollzugsabteilungen der JVA Hünfeld zur Entlastung und Unterstützung eingesetzten privaten Hilfsdienste keine hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen?

Die Aufgaben der Hilfs- und Unterstützungsdienste sind im Leistungsverzeichnis (welches Bestandteil des Vertrages ist) im Einzelnen dargelegt. Die Beschäftigten des privaten Teilbetreibers werden vor Inbetriebnahme der Justizvollzugsanstalt Hünfeld durch beamtete Kräfte geschult. Wie in allen

Bereichen haben zunächst die Vorgesetzten darauf zu achten, dass Aufgaben nur von den jeweils dafür zuständigen Bediensteten oder Bedienstetengruppen wahrgenommen werden. Die Beamtinnen und Beamten werden darüber hinaus unterwiesen, zu welchen Aufgaben sie die Beschäftigten des privaten Teilbetreibers heranziehen können.

Frage 7. Welche Verantwortung haben in diesem Zusammenhang die jeweiligen Vollzugsabteilungsleiter, Bereichsleiter oder Stationsleiter?

Die Verantwortung der benannten Bediensteten in der Justizvollzugsanstalt Hünfeld unterscheidet sich nicht von der anderer Justizvollzugsanstalten.

Auf die Beantwortung zu Frage 6 wird insoweit Bezug genommen.

Frage 8. Welche von einem Strafgefangenen vorgebrachten Anliegen sind nach Ansicht der Landesregierung solcher Natur, dass sie von den privaten Hilfsdiensten erledigt werden könnten?

Im vollzuglichen Alltag gibt es eine unüberschaubare Anzahl möglicher Anliegen, welche Gefangene vorbringen können. Hiervon sind ebenfalls eine nicht bestimmbare Anzahl dergestalt, dass sie von den Beschäftigten des Hilfsdienstes erledigt werden können. Eine Auflistung ist nicht möglich.

Grundsätzlich können von den Beschäftigten alle Anliegen einfacher Art erledigt werden, die kein hoheitliches Handeln erfordern, keine Außenwirkung haben, nicht Kontakte nach außen bedingen oder bei denen nach den noch zu erarbeitenden Dienstanweisungen Entscheidungen dem beamteten Personal vorbehalten sind. Beispielhaft könnte von den Beschäftigten des Hilfsdienstes

- Anliegen mittelloser Gefangener auf Aushändigung von Schreibgerät, Briefpapier etc.,

- Anliegen um Vermittlung von Gesprächen mit den Fachdiensten (Sozialarbeiter, Psychologe, Pädagoge etc.) oder die Weiterleitung schriftlicher Anliegen an die Fachdienste,

- Anliegen von mittellosen Gefangenen auf Aushändigung von Körperpflegeprodukten,

- die Ausgabe von Putz- und Reinigungsmitteln, Toilettenpapier pp.,

- die Weiterleitung von Bitten auf Ergänzung von Beständen der Stationen (z.B. Tee, Brot) erledigt werden.

Frage 9. Wie soll sichergestellt werden, dass die privaten Anbieter nicht mit "Billiglohnkräften" die übertragenen Aufgaben wahrnehmen, die dann wegen höherer Anfälligkeit gegen Bestechungen ein erhöhtes Sicherheitsrisiko darstellen?

Im Vergabeverfahren wurde den Anbietern im Hinblick auf ihre Kalkulationen eine tarifgerechte Entlohnung ihrer Mitarbeiter empfohlen und eine angemessene Vergütung gefordert. Bei der Wertung der Angebote mussten die Kalkulationen offen gelegt werden. In keinem Fall konnte die Absicht der privaten Bieter auf Einsatz von "Billiglohnkräften" festgestellt werden.

Der Bieter, dem der Zuschlag erteilt wurde und mit dem am 8. November 2004 der Vertrag geschlossen wurde, sieht eine tarifgerechte Entlohnung der Beschäftigten vor.

Frage 10. Gibt es inzwischen für die verschiedenen ausgeschriebenen Dienste Bewerbungen und wenn ja, wann und anhand welcher Kriterien wird hierüber entschieden?

Im Verlauf des Vergabeverfahrens sind hier zahlreiche Bewerbungen eingegangen, die mit ausdrücklicher Zustimmung der Bewerber nach dem Vertragsschluss dem privaten Teilbetreiber übergeben werden. Die Personalauswahl ist hinsichtlich der Qualifikation und fachlichen Eignung originäre Aufgabe des Privaten. Ihm werden nach Vertragsschluss sicherlich weitere Bewerbungen aus der Region zugehen. Der Private wird jene Personen, die er nach Prüfung der eingereichten Bewerbungsunterlagen für geeignet hält, dem Hessischen Ministerium der Justiz benennen, damit die zu Frage 4 bereits benannten Sicherheitsüberprüfungen durchgeführt werden können.