Integration
4. Einbürgerung und Staatsangehörigkeit
Die Möglichkeit der Einbürgerung hat große Bedeutung für das Verhältnis von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte und aufnehmendem Staat. Nur der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit sichert die volle rechtliche Gleichstellung. Die Landesregierung hat sich daher in ihrem Aktionsplan Integration entschlossen, eine Informationskampagne zur Einbürgerung durchzuführen, damit sich mehr Zuwanderinnen und Zuwanderer dafür entscheiden, deutsche Staatsbürger mit allen Rechten und Pflichten zu werden. Die Einbürgerung ist ein wichtiger Schritt im Integrationsprozess. Sie liegt sowohl im Interesse der zugewanderten Menschen als auch des Staates. Die durch die Einbürgerung gegebene vollständige Teilhabe an allen staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten trägt zur Identifikation mit dem demokratischen Gemeinwesen bei und stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen insgesamt.
Das Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 (BGBl. I. S. 1618) wurde im Mai 1999 vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats verabschiedet. Ziel dieses Reformgesetzes war eine Verbesserung der Integration der dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer und ihrer hier geborenen Kinder durch eine Erleichterung des Erwerbs des deutschen Passes. Ferner sah es zur Entlastung der Einbürgerungsbehörden für deutschstämmige Spätaussiedler (Deutsche ohne deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne des Artikel 116 Abs. 1 Grundgesetz) den gesetzlichen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit an Stelle der bisherigen Individualeinbürgerung vor.
Erstmals seit Bestehen einer deutschen Staatsangehörigkeit hat mit der Reform das an Voraussetzungen geknüpfte - "ius soli" Eingang in das deutsche Recht gefunden.
Die Staatsangehörigkeit erwirbt danach ein Kind ausländischer Eltern durch Geburt in Deutschland, wenn sich ein Elternteil seit acht Jahren hier rechtmäßig aufhält und ein Daueraufenthaltsrecht besitzt. Von zentraler Bedeutung ist: Folgt das Heimatrecht der Eltern, wie grundsätzlich das deutsche Recht, dem Abstammungsprinzip (ius sanguinis) und sieht es insoweit auch keine Einschränkungen für den Fall des Auslandsaufenthalts der Eltern vor, erwirbt das Kind neben der deutschen mindes112 tens eine andere Staatsangehörigkeit. Die "de iure soli" erworbene Staatsangehörigkeit hat keinen anderen Inhalt als die "de iure sanguinis" erworbene. Die auf sie zugeschnittenen Verlustregelungen schmälern weder den mit der Staatsangehörigkeit verbundenen Bestand von Rechten und Pflichten, noch den verfassungsrechtlichen Schutz gegen Entziehung nach Art. 16 Abs. 1 Grundgesetz.
Entscheidung für Staatsangehörigkeit zwischen 18. und 23. Lebensjahr
In den Fällen des ius soli-Geburtserwerbs, wie auch in denen der Anspruchseinbürgerung nach der für das Jahr 2000 getroffenen Übergangsregelung des § 40 b StAG, müssen sich die zu Mehrstaaterinnen und Mehrstaatern gewordenen Kinder nach Vollendung des 18. und vor Vollendung des 23. Lebensjahres zwischen der deutschen und ihrer ausländischen Staatsangehörigkeit entscheiden. Der besondere Einbürgerungsanspruch nach § 40b StAG galt für Kinder, die bei Inkrafttreten der Reform das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, die deutsche Staatsangehörigkeit aber durch Geburt erworben hätten, wenn die Regelung zum ius-soliErwerb zu diesem Zeitpunkt bereits anzuwenden gewesen wäre. Die Übergangsregelung in § 40b StAG, die zum Jahresende 2000 ausgelaufen ist, wurde weniger als erwartet genutzt. Das Angebot ist von betroffenen Eltern teilweise wegen unzureichender Information, anfallender Kosten, möglicherweise aber auch deshalb zurückhaltend aufgenommen worden, weil Familien vermeiden wollten, dass zwischen den anspruchsberechtigten und den nicht anspruchsberechtigten, vor dem Jahr 1990 geborenen Geschwistern, unterschiedliche Staatsangehörigkeiten entstehen.
In naher Zukunft wird der von der Options-Regelung betroffene Personenkreis eine Entscheidung zwischen der deutschen und der ausländischen Staatsangehörigkeit treffen müssen. Aus Gründen ihrer Integration in die Gesellschaft, in der sie aufgewachsen sind und leben, ist zu hoffen, dass die Entscheidung zugunsten der deutschen Staatsangehörigkeit ausfallen wird.
Entwicklung der Einbürgerungszahlen in Nordrhein-Westfalen
Die Zahlen der jährlichen Einbürgerungen in Nordrhein-Westfalen sind seit dem Jahr 2000 rückläufig, wenngleich entsprechend einem bundesweiten Trend im Jahr 2006 gegenüber dem Vorjahr ein leichter Anstieg zu verzeichnen war. Im Jahr 2007 sind in Nordrhein-Westfalen 32.581 Ausländerinnen und Ausländer eingebürgert worden. Dies bedeutet einen Rückgang um 11,4 % gegenüber dem Vorjahr, als es 36.758 Einbürgerungen gab. Im Vergleich zum bisherigen Höchststand im Jahr 2000 liegen die nordrhein-westfälischen Zahlen des Jahres 2007 um 33.162 bzw. 50,4 % niedriger. Der Zehnjahresvergleich zeigt allerdings, dass die Zahl der Einbürgerungen 2007 immer noch um 7.264 Fälle bzw. um 22,3 % über der des Jahres 1997 lag. Bundesweit ist im Jahr 2000 die Zahl der Einbürgerungen gegenüber 1999 um ein Drittel gestiegen. Es ist nicht auszuschließen, dass viele Ausländer das Inkrafttreten des neuen Rechts abgewartet haben, um ihre Einbürgerung zu betreiben.
Im Übrigen sind die Einbürgerungszahlen allerdings schon in den letzten Jahren vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts jährlich um 20 bis 40 % gestiegen. Der im Jahr 2000 verzeichnete Anstieg lässt sich daher nicht allein mit der Reform erklären. Insgesamt ergibt sich für die Zeit von 1990 - 2007 die folgende Entwicklung der Einbürgerungen in Nordrhein-Westfalen: