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188 Islamismus Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2008Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2008

Einrichtungen in Russland, darunter die Geiselnahmen 2002 im Musicaltheater in Moskau mit über 130 Toten und 2004 in einer Schule in Beslan mit über 330 Toten, verantwortlich.

Die besondere Verbundenheit der Separatistenbewegung zu türkischen Unterstützerkreisen belegt ein im November 2007 aufgetauchtes türkischsprachiges beziehungsweise türkisch untertiteltes Video aus Tschetschenien mit dem Titel „Mit meiner Ehre bin ich in den Bergen". In dem Video fordern die Führer der Bewegung, darunter auch Dokku Umarov, alle Muslime zur Unterstützung des Kampfes durch Geld, Waffen, Gebrauchsartikel und Propaganda auf. Eine besondere Botschaft richtet sich an die „türkischen Brüder" und an ehemalige türkische Mujahidin. In dem Video wird auch ein türkischer Kommandant vorgestellt, der ein eigenes Mujahidin-Camp leiten soll, und an den sich türkische Interessenten, die am Kampf in Tschetschenien teilnehmen möchten, wenden sollen. In der Vergangenheit sind Einzelfälle von in Deutschland lebenden türkischstämmigen Personen, aber auch von deutschen Konvertiten bekanntgeworden, die als Kämpfer auf Seiten der tschetschenischen Separatistenbewegung ums Leben gekommen sind.

Aktivitäten in Deutschland

Die Unterstützerbewegung der CRI/TSB im Bundesgebiet setzt sich vorwiegend aus Tschetschenen und Türken tschetschenischer Abstammung zusammen. Die Unterstützung besteht vorrangig in Propaganda für die Bewegung, Spendensammlung und sonstiger logistischer Hilfe. Allerdings wird der Tschetschenien-Konflikt ­ ähnlich wie der Palästina-Konflikt ­ als zentrales Thema auch von anderen islamistischen Organisationen aufgegriffen. Man versucht, Solidaritätsgefühle und eine Identifikation mit den „muslimischen Brüdern", die sich im „Verteidigungskrieg" befinden, zu wecken.

Ziel ist auch hier vorrangig die Einnahme von Spendengeldern, die sowohl für humanitäre Zwecke als auch zur Unterstützung des militärischen Kampfes bestimmt sein können. In NRW sind bisher keine Strukturen der CRI/TSB bekannt.

Die Tablighi Jamaat (auch Jamaat-i Tabligh; Gemeinschaft zur Verkündigung ­ TJ) wurde im Jahre 1927 durch den Religionsgelehrten Maulawi Muhammad Ilyas, Anhänger der sogenannten Deoband-Schule, in Indien gegründet. Seit den 1960er Jahren ist sie auch in Deutschland aktiv. Sie ist eine dem puristischen Salafismus zuzuordnende Bewegung, deren Mitglieder großen Wert auf die wortgetreue Ausübung islamischer Vorschriften und die strikte Befolgung islamischer Riten legen.

Die Missionierungsarbeit der TJ richtet sich vor allem an „verirrte Muslime", die nach Meinung der TJ vom „rechten Weg" abgekommen seien. Eine gezielte Bekehrung Andersgläubiger ist nicht das Ziel ihrer Missionierungsarbeit. Das geistige Zentrum der Tablighi Jamaat befindet sich in Lahore/Raiwind, Pakistan. Die organisatorische TJ-Zentrale ist in Nezamuddin (Delhi/Indien) angesiedelt. Ein weiteres „Gründerzentrum" befindet sich in Tongi, Bangladesch. In Großbritannien (Dewsbury, Leeds) verfügt die Tablighi Jamaat über ein europäisches Zentrum, wo die TJ-Europa-Shura, der auch ein deutsches TJ-Mitglied angehören soll, ansässig ist. Allerdings hat dieses Zentrum nicht einen vergleichbaren Stellenwert wie Raiwind, Nezamuddin oder Tongi.

Von Großbritannien aus werden überwiegend die europäischen Treffen der Tablighi Jamaat organisiert, so dass ein zentraler Charakter besteht, wenn auch ohne Weisungsbefugnis. Als deutsches Zentrum gilt Friedrichsdorf (Hessen).

Die Tablighi Jamaat fordert von ihren Anhängern die völlige Einhaltung muslimischer Traditionen und Gebote. Durch ein beispielgebendes frommes Leben und die selbstlose Missionsarbeit der Mitglieder soll der Islam weltweit verbreitet werden. Auch wenn die Bewegung an sich als friedfertig gilt und keine politischen Zielsetzungen verfolgt, steht sie aufgrund verschiedener Beispielsfälle im Verdacht, durch ihre netzwerkartigen Strukturen den internationalen Terrorismus mittelbar zu fördern und durch die strengreligiöse Anleitung ihrer Mitglieder den geistigen Nährboden für die Rekrutierung von Jihad-Kämpfern zu bereiten. Hierdurch werden die auswärtigen Belange der Bundesrepublik Deutschland gem. § 3 Absatz 1 Nr. 3 VSG NRW gefährdet und dem Gedanken der Völkerverständigung bzw. dem friedlichen Zusammenleben der Völker gem. § 3 Absatz 1 Nr. 4 VSG NRW widersprochen.

Die Tablighi Jamaat unterteilt ihre Missionsreisen in verschiedene, zeitlich definierte Abschnitte. Die monatliche Durchführung der 3-Tages-Missionsreise („Jamaat") ist eine Pflicht für jedes Mitglied. Hierbei handelt es sich zumeist um Wochenendreisen in benachbarte Städte. Neben der 3-Tages-Jamaat gibt es noch die 40-tägige Jamaat, die überwiegend durch Missionsgruppen absolviert wird. Die 4-monatige 190 Islamismus Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2008Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2008

Jamaat ist die aufwändigste Missionsreise und kann die Anhänger auch ins Ausland führen. Jedes Mitglied sollte in seinem Leben zumindest einmal eine 40-tägige Reise in eines der Gründerzentren der TJ (Pakistan, Indien, Bangladesch) absolvieren.

Durch diese zum Teil weltweiten Missionsreisen hat die TJ ein großes Netzwerk an Kontakten aufbauen können, das auch für terroristische Zwecke nutzbar gemacht und missbraucht werden kann. Es sind Einzelfälle bekannt, wo in den Madrassen (religiösen Ausbildungszentren) der TJ in Pakistan gezielt nach möglichen Rekruten für den „Jihad" genannten militärischen Kampf gesucht worden ist. Die Bewegung bietet sich damit als ein Sprungbrett für radikal islamistisch orientierte Personen an.

Im Rahmen eines mit Urteil vom 5. Dezember 2007 abgeschlossenen Verfahrens vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf gegen drei Unterstützer der al-Qaida konnten direkte Bezüge eines Angeklagten zur TJ festgestellt werden. Dieser, der Haupttäter, der vom OLG zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt wurde, hatte sich von Oktober 2001 bis Juli 2002 in Afghanistan an den Kämpfen gegen den US-Militäreinsatz „Enduring Freedom" beteiligt und war unmittelbar in die Kommandostrukturen der al-Qaida bis hin zur Führungsspitze eingebunden. Spätestens ab März 2002 wurde er von einem Augenzeugen in einer TJ-Madrasse bei Lahore/Pakistan gesehen. Dort hielt er sich vermutlich bis zu seiner Ausreise nach Deutschland im Juli 2002 auf. Inwieweit der Angeklagte von der TJ in Pakistan wissentlich unterstützt wurde, konnte nicht abschließend geklärt werden.

In Nordrhein-Westfalen ist die Tablighi Jamaat besonders in Köln, Düsseldorf, Bochum, Gelsenkirchen und Essen aktiv. Die Organisation verfügt über wenige eigene Moscheen und weicht daher oft auf türkische, seltener arabische Moscheen aus.

In letzter Zeit wurde verstärkt beobachtet, dass die TJ ­ abweichend von ihrer Hauptzielsetzung der „Reislamisierung" von Muslimen ­ in Deutschland ein großes Interesse an Konvertiten zum Islam entwickelt hat. Die Missionierungsbemühungen sind in diesem Bereich besonders intensiv. Auch die weitere Förderung der Konvertiten durch Teilnahme an Missionsreisen in eines der Gründerzentren unterstützt die TJ aktiv.

Aktuelle Entwicklungen

Am 22. März 2008 fand ein regionales TJ-Treffen in Köln und ein TJ-Deutschlandtreffen vom 16. bis 18. Mai 2008 in Saarbrücken statt.