Das würde übrigens auch dazu beitragen die Mitarbeitermotivation hochzuhalten und einem Kostenschlendrian vorzubeugen

Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie 16.03.

Wenn der Arbeitgeber als Akteur wechselt, muss man insofern selbstverständlich die Beschäftigten mitnehmen. Wir haben das auch anhand eines Forschungsprojektes gezeigt. Die Strukturveränderung durch die Liberalisierung ist bei den Versorgern gut gelaufen, die sich aktiv darum bemüht haben, die Beschäftigten im Rahmen einer demokratisch-partizipativen Unternehmenskultur mitzunehmen. In den Unternehmen, die das versäumt haben, sind die Fachkräfte letztlich abgewandert. Diese Unternehmen haben enorme Defizite gehabt. Einen solchen Schritt muss mach auch im Rahmen einer solchen Verstaatlichung machen.

Das würde übrigens auch dazu beitragen, die Mitarbeitermotivation hochzuhalten und einem Kostenschlendrian vorzubeugen. Auch die Anreizregulierung, die für einen staatlichen Betreiber genauso gelten würde, würde dafür sorgen. Zugleich bedeutet der Übergang zu einem staatlichen Betreiber, dass nicht mehr allein das Renditestreben im Mittelpunkt stehen muss. Sicherlich wird auch das Renditestreben bei einem staatlichen Betreiber eine Rolle spielen. Das sehen wir zum Beispiel bei Stadtwerken. Es ist nicht so, dass die Stadtwerke sagen: Um Himmels willen, bloß keine Gewinne einfahren. Im Gegenteil, die Kämmerer sind da auch schon hinterher.

Es ist bei einem staatlichen Betreiber aber durchaus möglich, mehr Interessen als nur das Renditeinteresse einzubringen, unter anderem eben auch die Interessen von Umweltverbänden und ähnlichen.

Dr. Stephan Wimmers (IHK NRW): Zum Thema „Oligopolrenditen" möchte ich gerne Folgendes sagen: Im Bereich der Netze können solche Renditen nicht aufgetreten sein. Das müssen wir erst einmal festhalten. Wenn überhaupt, können wir über den Erzeugermarkt sprechen. Aber das kann ich so nicht sehen. Es gibt jede Menge Anbieter von Strom und weitere Player in diesem Markt. Dass es nur vier sind, kann ich so nicht sehen. Ich glaube auch, dass es im Moment einfach ein bisschen daran liegt, dass die Verbraucher sehr zögerlich sind, andere Anbieter in Anspruch zu nehmen. Das kann man heute schon.

Wenn Sie von Oligopol sprechen, unterstellen Sie, dass da Renditen eingefahren werden, die an und für sich so nicht in Ordnung sind. Das kann ich so nicht sehen.

Der Wettbewerb in diesem Markt ist schon gegeben. Auch ist es möglich, in diesen Markt hineinzugehen und dort aktiv tätig zu werden. Es gibt genügend andere Stromanbieter, die dort etwas machen können. Deswegen kann ich nicht nachvollziehen, dass es hier um Oligopolrenditen geht. Das verstehe ich nicht. Wenn, dann würde es nur um vier Player gehen; aber es sind ja nicht nur vier. Als Verbraucher kann ich morgen oder übermorgen meinen Anbieter wechseln. Deswegen hätte ich gerne von Ihnen erklärt, wie Sie das meinen.

Andreas Böwing (RWE): Noch ein Satz zum Thema „Amprion und Unternehmenskultur", weil Sie den Aufsichtsrat angesprochen haben. Ein Blick ins Gesetz erleichtert begreiflicherweise, glaube ich, die Rechtserkenntnis. Natürlich hat Amprion einen Aufsichtsrat, nämlich einen drittelparitätisch mitbestimmten. Es gibt also zwei Mitarbeitervertreter. Er wird in Zukunft ­ man kann leicht in das Dritte Binnenmarktspaket hineinschauen ­ einen Aufsichtsrat haben, der etwa zur Hälfte durch Nichtunterneh

Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie 16.03. mensvertreter bestimmt ist ­ genauso wie es bei ganz normalen Unternehmen in der Mitbestimmung ist. Das heißt, ihre Bemerkung, dass wir beim Aufsichtsrat etwas ändern müssten, hinkt hinter der Realität her.

Prof. Dr. Ralf Marquardt (Fachhochschule Gelsenkirchen): Herr Wimmers hat meine These in Bezug auf die Oligopolrenditen angesprochen. Sie können das ganz nüchtern nachvollziehen, indem Sie die Daten des Statistischen Bundesamtes nehmen. Wenn Sie sich dort die Daten im Kernbereich Elektrizitätswirtschaft von 1998 bis 2008 anschauen ­ das ist der aktuelle Datenstand beim Bundesamt ­, dann sehen Sie, dass die Gewinne in den Unternehmen um 350 % gestiegen sind. Das hat mit vollkommenem Wettbewerb meines Erachtens ganz, ganz wenig zu tun.

Ich gebe Ihnen aber recht, dass es sich um die Konzerne handelt, die diese Gewinne einfahren. Da muss man sicherlich auch noch mal unterscheiden: Wie sieht es bei den unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen aus? In Bezug auf das Netzproblem sehe ich dort, was den Wettbewerb angeht, gar keine Schwierigkeiten. Eigentlich sagen alle, was die Erzeugungslandschaft angeht, dass sich dort der „bottleneck" befindet. Auf dem Höhepunkt der Macht besaßen die großen Vier dort 84 oder 85 % der Erzeugungsanlagen. Und wenn sich am Anfang der Wertschöpfungskette solch eine Macht befindet, darf man sich nicht wundern, wenn das am Ende auch so bestehen bleibt. Es gibt ungeheuer viele Vertreiber. Da herrscht Wettbewerb. Das ist kein Thema. Aber am Anfang der Wertschöpfungskette befindet sich das zentrale Problem.

Es ist eine Tatsache, dass man ­ was die Geschehnisse innerhalb der Konzerne und der Wertschöpfungsebenen ­ differenzieren muss. Das führt übrigens auch dazu, dass zunehmend in Bezug auf die Entgelte differenziert wird. Es gibt eine Differenzierung zwischen Altbelegschaft und Neubelegschaft. Ich weiß nicht, wie es bei Amprion hinsichtlich der Belegschaft im Netzbetrieb und der Belegschaft in der Erzeugung aussieht. ­ Das konnten wir auch datenmäßig so feststellen.

Dr. Felix Engelsing (Bundeskartellamt): Ich möchte ­ gerade auch, weil das im Antrag der Linken ziemlich konfus durcheinanderging ­ die unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen und die Machtverhältnisse aus Sicht des Bundeskartellamtes darstellen. Es gibt einmal ganz oben die Erzeugung. Dann gibt es das Übertragungsnetz bzw. das Verteilnetz und dann den Vertrieb.

Auf der Erzeugungsebene haben die großen vier Energieversorger nach unseren Berechnungen einen Marktanteil von insgesamt 80 %. Wir sehen, dass jeder von Ihnen für sich allein unverzichtbar ist, um die Nachfrage zu decken. Wir haben den EEGStrom komplett herausgerechnet, weil er halt nicht wettbewerblich organisiert ist. Das ist ein planwirtschaftlich organisierter Markt, der aber bei der Erzeugung zu Verzerrungen im Markt führt. Die Marktstellung der großen Vier ist hier in den letzten Jahren etwas schwächer geworden; aber aus unserer Sicht besteht da noch eine Marktmacht.

Hier geht es eigentlich nur um das Netz. Beim Netz ­ das ist ein natürliches Monopol

­ hat jeder eine Monopolstellung. Man kann es nicht reduplizieren. Auf der Übertra

Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie 16.03. gungsnetzebene gibt es halt die Übertragungsnetzbetreiber, und auf der Verteilnetzebene sind die Netzbetreiber ­ meistens Stadtwerke ­ tätig. Dann gibt es den Vertrieb, wo an die Endkunden geliefert wird. Da sehen wir beim Haushaltsstrom ausreichenden Wettbewerb. Es gibt mindestens 100 Wechselmöglichkeiten und auch ausreichende finanzielle Einsparpotenziale, so dass dort ein Wettbewerb herrscht.

Michael Aggelidis (LINKE): Ein Satz zu den Ausführungen von Herrn Böwing. Ich habe nicht die Besetzung des Aufsichtsrats bezweifelt. Aber es wäre neu für mich, dass beim RWE oder bei Amprion Konsumenten, Verbraucherverbände oder Umweltschützer mit dort sitzen, dass sie mitbestimmen können und reale Entscheidungsbefugnis hätten. Das wäre ja etwas ganz Neues.

Vorsitzender Dr. Jens Petersen: Vielen Dank. ­ Gibt es aus dem Kreis der Abgeordneten noch Fragen oder Anmerkungen? ­ Das ist nicht der Fall. Dann bedanke ich mich ganz herzlich für Ihre Stellungnahmen und die Beantwortung unserer Fragen und darf die Anhörung schließen. ­ Vielen Dank.