Kreditinstitut

8. Sitzung (öffentlich)

Die letzte Frage bezieht sich auf den Tourismus und richtet sich an Herrn Reuter. Sie haben in Ihren Ausführungen dargelegt, dass insbesondere der Tourismus Einbrüche erleiden kann. Können Sie Zahlen anführen, wie sich das in den letzten Jahren in Ihrer Region dargestellt hat?

Heinz Thier (BSB GmbH ­ Landwirtschaftliche Buchstelle): Herr Stinka, wir haben sehr viele Fälle von Windkraftanlagenbetreibern, die ihre Anlagen vor Ort betreiben. Das ist genau die Chance, die die Windenergieprojekte haben: eine Energieerzeugung von Bürgern und Grundstückseigentümern vor Ort. Es gibt gerade im Münsterland sehr viele Beispiele dafür, dass Grundstückseigentümer gemeinsam mit Bürgern Windparks betreiben.

Wenn wir über Repowering reden, reden wir nicht nur über die 3-MW-Klasse, sondern auch über eine Investition in Höhe von rund 5 Millionen pro einzelner Anlage.

Da ist es schon sinnvoll, dass man dort auch die Bürger vor Ort beteiligt. Es gibt viele gute Projekte. In vielen Kommunen gründen sich neuerdings sogar Energiegenossenschaften. Diese Energiegenossenschaften errichten nicht nur PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden, sondern beteiligen sich auch konkret an Windenergieprojekten.

Das erhöht die Akzeptanz vor Ort sehr. Insofern sehen wir beim Repowering ­ auch bei Einzelstandorten, auch bei Altanlagen ­ die Chance, über die Bürgerbeteiligung, über die Anwohnerbeteiligung in der Region Wertschöpfung zu erzielen. Das läuft gerade über Energiegenossenschaften.

Frank Brösse (Stawag, Stadtwerke Aachen Aktiengesellschaft): Zur Akzeptanz.

Wir haben Erfahrungen mit einem GBR-Modell: dass die Bürger sich direkt in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts beteiligen können. Es gibt auch andere Modelle, zum Beispiel eine Genossenschaft. Es gibt die Möglichkeit, Windsparbriefe zu erwerben. Wir haben in Aachen mit einem lokalen Kreditinstitut eine sogenannte Aachener „Grünanlage" ausgegeben, wo sich die Bürger mit einer festverzinslichen Spareinlage an Projekten im Zusammenhang mit regenerativen Energien beteiligen können, ohne sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenzuschließen zu müssen. Das ist eine recht einfache Form.

Ein anderer wesentlicher Punkt: Akzeptanz beginnt nicht erst mit der Beteiligung der Bürger, sondern schon vorher, bei der Information. Die Stadt Aachen hat zwei Veranstaltungen organisiert, um die Bürger über die beabsichtigten neuen Windkonzentrationszonen zu informieren. Auch das ist sehr gut angekommen. Dort gibt es natürlich auch Gegner. Aber es wird deutlich, dass Informationen, die auf eine sehr sachliche Art präsentiert werden, dazu führen, dass plötzlich auch andere sagen: „Mensch, das ist ja doch eine tolle Sache", und auf einmal dafür sind.

Guido Wallraven (Projektleiter „Klimakommune NRW"): Zu den Fragen der Akzeptanz. In der Gemeinde Saerbeck gibt es drei Punkte, die wesentlich sind. Wir haben vor, über den Bioenergiepark auf einem ehemaligen Munitionsdepot sieben Windenergieanlagen zu errichten. Das Gelände des Depots ist in kommunalem Ei

8. Sitzung (öffentlich) gentum. Die Kommune beabsichtigt, an diesen sieben Windkraftanlagen ­ wir haben noch andere regenerative Energieanlagen im Nutzungsmix geplant: PV-Anlagen und Biomasseanlagen ­ die örtliche Genossenschaft, die vor einem Jahr gegründet worden ist, „Energie für Saerbeck", in der Größe 1 plus x Anlagen daran zu beteiligen.

Ähnliches gilt für die Beteiligung ­ das ist ein ähnliches Konzept wie in Aachen ­ über die regionale Sparkasse. Es gibt einen Klimagutbrief der Sparkasse Steinfurt, die eine regionale Wertschöpfung über alle diese Klimagutbriefe erwirken möchte und auf dem Gelände auch mit einem anderen Beteiligungsmodell zum Zuge kommen soll.

Die dritte Ebene ist die, die die Gemeinde selbst betrifft. Die Gemeinde hat selbst vor, 1 plus x Anlagen auf der Fläche ­ sprich: über die kommunalen Stadtwerke ­ zu betreiben und auf diese Weise einen Anteil an der Wertschöpfung zu haben. Letztendlich ist auch die Änderung in § 107a der Gemeindeordnung im letzten Jahr in der Richtung zielführend für uns gewesen, dass wir das entsprechend umsetzen können.

Elmar Reuter (Sauerländischer Heimatbund für den Kreisheimatbund Olpe): Ich bin nach dem Tourismus gefragt worden. Dazu muss ich zunächst erklären: Ich bin nicht der Repräsentant von Sauerland-Tourismus, also eines Wirtschaftsverbands, sondern des Sauerländer Heimatbunds, der sehr wohl in seinem Leitbild auch die wirtschaftliche Entwicklung der Region im Fokus hat.

Die Touristiker haben uns wegen des Themas angesprochen, genauso wie die touristischen Fachverbände. Insofern kann ich Ihnen keine Antwort auf die Frage geben, welche konkreten Auswirkungen das hat oder welche zu befürchten sind. Ich kann nur das wiedergeben, was die Inhaber touristischer Betriebe uns direkt im Zusammenhang mit diesem Verfahren gesagt haben und was auch Sauerland-Tourismus hat verlautbaren lassen: dass es ihr Anliegen ist, dass eine, wie SauerlandTourismus wörtlich gesagt hat, möglichst unzerstörte Landschaft erhalten bleibt, weil Wanderwege wie Sauerland-Höhenflug, Rothaarsteig oder in Winterberg darauf angewiesen sind. In Winterberg ist das Projekt „Natürliches Hochgefühl" aufgelegt worden, das ­ ich zitiere ­ „die Höhenregionen landschaftstherapeutisch in Wert setzt".

So etwas wird durch den massiven Ausbau von Windenergieanlagen gefährdet.

Wir haben in unserer Stellungnahme zum Ausdruck gebracht, dass wir nicht völlig dagegen sind, sondern wir mahnen an, dass man geeignete Standorte in einem gut strukturierten Verfahren finden soll, unter großer Bürgerbeteiligung. Damit meinen wir

­ mit Blick auf das, was vorhin gesagt worden ist ­ nicht nur die wirtschaftliche Beteiligung an Windparks.

Andreas Düser (Landesarbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energie NRW): Ich möchte noch einmal das Thema Akzeptanz aufgreifen und mich den Ausführungen von Herrn Brösse zu 100 % anschließen. Um Akzeptanz zu erhalten, sind bei der Projektplanung im Prinzip zwei wichtige Dinge zu beachten. Das sind zum einen eine frühe Informierung und eine frühe öffentliche Beteiligung. Die Erfahrung aus vielen Projekten zeigt: Je früher man informiert und je früher man Bürgerveranstaltungen

8. Sitzung (öffentlich) macht, die Fragen der Bürger ernst nimmt und sie in die Planung einfließen zu lassen versucht, desto größer ist die Chance, ein solches Projekt in einem Miteinander realisieren zu können.

Der zweite Aspekt ist eine Bürgerbeteiligung. Es ist auch sehr wichtig, dass die Leute, die den Windpark vor Ort in der Fläche stehen haben, die Möglichkeit haben, sich an diesem Projekt zu beteiligen. Dafür gibt es verschiedene Modelle. Es gibt, wie wir gehört haben, GBR-Modelle, und es gibt Genossenschaftsmodelle. Ich denke, jeder, der solche Projekte plant, ist aufgerufen, möglichst frühzeitig die Bevölkerung einzubinden. Das funktioniert ganz hervorragend, wie sehr viele Beispiele zeigen.

Zu dem Thema Wertschöpfung im nachgelagerten Bereich: Ich möchte an dieser Stelle eine Zahl nennen, die auch in unserer Stellungnahme enthalten ist. Sie stammt vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, das ausgerechnet hat, dass eine 1-MW-Anlage über 20 Jahre in der Region etwa eine Wertschöpfung von 2,8 Millionen erarbeitet. Es ist aus unserer Sicht sehr wichtig, aufzuzeigen, dass die Nutzung regenerativer Energie immer auch eine Förderung der Region ist, dass sie dort sozusagen die Möglichkeit gibt, die finanziellen Mittel aus der Erzeugung von Energie vor Ort zu verdienen und entsprechend weiterzuverarbeiten.

In dem Zusammenhang sind aus meiner Sicht weitere Entwicklungen, die wir heute feststellen, sehr interessant. Ein schönes Beispiel dafür ist das Modell einer Bürgerstiftung, das in Südwestfalen Schule macht, wo im Prinzip aus den Projekten heraus Stiftungen gegründet werden, die versuchen, kommunale oder soziale Projekte zu unterstützen. Wir alle wissen, dass die kommunalen Haushalte heute nicht mehr in der Lage sind, viele Projekte so zu unterstützen, wie das vielleicht in der Vergangenheit der Fall war. Es gibt durch die Möglichkeit, solche Projekte aus solchen Modellen heraus zu unterstützen. Das sorgt zum einen dafür, dass wir die Akzeptanz steigern, zum anderen dafür, dass die Wertschöpfung in der Region bleibt.

Rainer Deppe (CDU): Ich habe mehrere Fragen. Die erste richtet sich an die Vertreter der Windkraftverbände. Es wird immer davon gesprochen, dass wir dieselbe Zahl von Anlagen benötigen, um die Zielmenge an Strom zu erzeugen. Ich würde von Ihnen gerne wissen, wie Sie das auf den Flächenmaßstab beziehen; denn soweit ich weiß, gibt es auch aus technischer Sicht zwingend notwendige Abstände zwischen den Anlagen, die einzuhalten sind. Wenn ich eine bestimmte Fläche habe, die wahrscheinlich mit Anlagen ausgelastet war, und ich installiere jetzt größere und höhere Anlagen, werde ich auf ein und derselben Fläche weniger neue Anlagen unterbringen können. Vielleicht könnten Sie uns dazu mit Zahlen und Daten versorgen.

Die zweite Frage richtet sich an die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, die in einer Stellungnahme geschrieben haben, die kommunale Bauleitplanung und auch der Spielraum für Genehmigungsentscheidungen in Einzelfällen würden eingeschränkt, die sich in der Summe aber häufen, weil doch relativ hohe Schadenersatzforderungen erhoben werden, wenn eine Genehmigung rechtswidrig verweigert wird.

Gibt es aus Ihrer Sicht Erfahrungen oder Hinweise?