Grundstückseigentümer

Sie sagen, es gehe nach der Reihenfolge der Antragstellungen, und wir müssten schauen, wer der Grundstückseigentümer ist. Es gibt aber Situationen, in denen die Grundstückseigentümer untereinander konkurrieren: zum Beispiel die eine Gruppe, die sich diesen Standort mit Vorvertrag für ein Investitionsvorhaben gesichert hat, und eine Genossenschaft, die ebenfalls in einem Gebiet unterwegs ist. Diese Gruppen befinden sich in Konkurrenz miteinander, sodass, wenn man nicht lenkend eingreift, eine optimale Ausnutzung dieser Konzentrationszone nicht möglich ist: anstatt fünf Anlagen, die möglich wären, nur drei. Wäre das Interesse, eine Konzentrationszone optimal zu nutzen, nicht auch ein Ansatz, um das ein Stück weit zu lenken?

Rudolf Graaff (Städte- und Gemeindebund NRW): Nein, da sehe ich keinen Unterschied. Egal, wer eine solche Maßnahme realisieren möchte, es geht immer darum, die Möglichkeiten, die aufgrund der Windhöffigkeit, der Topografie und der Wirtschaftlichkeit gegeben sind, auszuschöpfen.

Vorsitzender Friedhelm Ortgies: Herr Dr. Beckmann, können Sie etwas zur Klärung beitragen?

Prof. Dr. Martin Beckmann: Man soll eigentlich nicht ungefragt Antworten geben.

Ich will trotzdem versuchen, zu antworten. Meines Erachtens muss man sich anschauen, welche planungsrechtliche Situation man jeweils vorfindet. Wenn in einem Gebiet eine Windkraftanlage zulässig ist, entweder nach § 35 BauGB oder aufgrund der Privilegierung, und wir keine Konzentrationszone haben, wird es problematisch, wenn man demjenigen, der das Baurecht hat, dieses über die Planung wieder entziehen oder es beschneiden will.

Wenn man aber eine Konzentrationszone hat und über einen Bereich redet, der bislang überhaupt nicht für eine Windkraftanlage zur Verfügung steht, weil mit der Planung der Eignungsgebietscharakter verbunden war, kann die Gemeinde sagen ­ bei der Konzentrationszone einer Gemeinde jedenfalls ­, dass sie diesen Bereich öffnet, und zwar im Wege eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Sie kann dann einen städtebaulichen Vertrag abschließen. Den braucht sie nicht mit jedem abzuschließen. Sie kann sich jetzt einen Partner suchen.

Das wiederum wirft andere Fragen auf, zum Beispiel ob das irgendetwas mit dem Vergaberecht zu tun hat. Darüber haben wir uns lange gestritten. Aber so kann man über den Abschluss eines städtebaulichen Vertrags regeln, was dorthin kommt und was nicht. Da gibt es also eine Möglichkeit, aber nur in bestimmten Fällen.

Heinz Thier (BSB GmbH ­ Landwirtschaftliche Buchstelle): Herr Hovenjürgen, ich war auch angesprochen. Ich bin Ihnen dankbar für den Hinweis. Genau die Situation haben wir häufig in Regionen, wo beispielsweise Windvorrangzonen ausgewiesen sind. Die sind bebaut, aber jetzt, da aktuelle Ausweisungen erfolgen, haben tatsächlich einige Landwirte ­ das beobachten wir auch ­ vorschnell Verträge mit Maklern geschlossen. Diese Verträge blockieren dann eine ganze Zone, weil das Kernstücke sind, die mittendrin liegen. Zum Beispiel würde eine solche Zone, wie von Herrn Hovenjürgen angesprochen, theoretisch Platz für fünf Anlagen bieten, aber aus Immissionsgründen ­ weil die Immissionsabstände eingehalten werden müssen

­ wird ihre sinnvolle maximale Ausnutzung verhindert. Außerdem ist es so, dass diese Makler die Anlagen häufig nicht selbst betreiben, sondern die Standorte weiterverkaufen und dadurch ein Stück Wertschöpfung vor Ort wegnehmen.

Wir beobachten das auch bei Mandanten, die im Rahmen einer Grundstückseigentümerschaft, zu der Leute gehören, die vor Ort wohnen, Anlagen betreiben. Wir beobachten, dass dies wirtschaftlich sinnvolle Projekte sind. An den Projekten, die über Makler laufen und in Hochglanzprospekten beworben werden, hat schon eine Menge Leute Geld verdient. Da sieht es so aus, dass die ihren Windpark von weither betreiben. Die Leute erleben immer wieder, dass diejenigen, die die Projekte vor Ort betreiben, ganz anders mit den Anwohnern umgehen. Man sieht sich jeden Tag. Es herrscht ein ganz anderes Verhältnis zwischen Betreibern und Anwohnern.

Insofern würden wir eine solche Steuerung sehr begrüßen: dass, wenn sich abzeichnet, dass sich eine Grundstückseigentümergemeinschaft mit Leuten vor Ort bildet, beispielsweise in Form einer Genossenschaft, über die städtebauliche Planung diesem Projekt der Vorzug gegeben wird.

Elmar Reuter (Sauerländischer Heimatbund für den Kreisheimatbund Olpe): Ich erinnere mich gerade daran, dass Herr Deppe zuvor schon einmal die Frage gestellt hatte, welche Erfahrungen es aus der Sicht der Heimatbünde mit den Bürgerwindparks gibt. Die Frage von Herrn Hovenjürgen ist für mich auch die Frage: Wie schaffen wir Akzeptanz in dieser sehr schwierigen Frage? ­ Das ist etwas, was uns sehr beschäftigt hat. Lassen Sie mich das bitte jetzt einmal sagen. Das hat mich in der letzten halben Stunde etwas unruhig werden lassen.

Ich sage das mit allem Ernst: Ich glaube nicht, dass wir den Ausbau der Windenergie mit dem Dollarzeichen oder dem Eurozeichen im Auge forcieren können. Sie werden den kritischen Bürgern nicht mit dem Argument antworten können, dass die Gemeinde die Einnahmen aus dem Gewerbesteueraufkommen erhält oder dass ein Grundstückseigentümer eine hohe Pacht erzielt.

Herr Deppe hat gefragt, welche Erfahrungen es mit den Bürgerwindparks gibt. Ich kenne einen Bürgerwindpark in Südwestfalen. Er ist eben schon einmal erwähnt worden. Dort hat man es nach meiner Einschätzung und nach dem, was ich rundherum erfahren habe, geschafft, etwas hinzubekommen, weil es sich um einen Bürgerwindpark handelt. Nicht die wirtschaftlichen Gründe waren ausschlaggebend, sondern eine ganz offensive Kommunikation über Standorte und Varianten von Standorten. Das heißt, man muss Transparenz und Öffentlichkeit herstellen und darf nicht nur das wirtschaftliche Ziel im Auge haben. Insbesondere muss man die Wertschöpfung in der Region halten. Das war das Erfolgsmodells des Bürgerwindparks.

Das würde ich für wichtiger ansehen, als den wirtschaftlichen Vorteil aus der Sicht einzelner Betroffener in den Vordergrund zu stellen. Klaus Schulze-Langenhorst (Landesverband WindEnergie NRW): Ich möchte ganz kurz auf die Frage von Herrn Hovenjürgen antworten, wie es in der Praxis läuft.

Es ist doch so, dass kaum eine Konzentrationszone nicht bebaut wurde. Es gibt Konzentrationszonen, die nicht bebaut worden sind, in denen eine Höhenbegrenzung vorhanden ist, und Konzentrationszonen, die keine Windhöffigkeit aufweisen. Es gibt auch Gemeinden, die per Gerichtsurteil ihre Konzentrationszonen verloren haben, weil sie sie an den falschen Stellen ausgewiesen haben.

Im Regelfall sieht es so aus, dass die Gemeinde den ersten Schritt machen muss, wenn es darum geht, eine Konzentrationszone zu erweitern bzw. im Rahmen des Repowerings die geeigneten Maßnahmen durchzuführen, sodass eine wirtschaftliche Möglichkeit für den Investor oder den Betreiber gegeben ist. Der Windenergieerlass hat sowieso nur einen empfehlenden Charakter, und wir sind auf die Akzeptanz der Gemeinden angewiesen. Dass diese das auch wollen, hat sicherlich nicht nur damit zu tun, dass man Politik mit dem Dollarzeichen oder dem Eurozeichen im Auge macht, sondern viele kommen derzeit auf uns zu und sagen, dass sie wegen der Ereignisse in Fukushima etwas machen wollen. Bei vielen Kommunen kommt ein ganz anderer Drive hinein.

Wenn es um diese Art von Akzeptanz geht, muss man feststellen, dass auswärtige Investorengemeinschaften Probleme haben, an die Flächen zu kommen; denn sie müssen die Gemeindemitglieder mit einem Konzept überzeugen. Ich stelle in der Praxis fest, dass man mit einem nicht vorhandenen Konzept eine Gemeinde deutlich schlechter überzeugen kann.

Zurzeit ist der alte Windenergieerlass noch in Kraft. Es wird in vielen Gemeinden die Tendenz sichtbar, dass sie sich auf einen neuen Erlass einstellen. Nur, das ist ein längerer Prozess. Was diesen Prozess betrifft, so kann ich nur jede Gemeinde ermutigen, sich genau anzuschauen, was da ist, statt sich verrückt machen zu lassen ­ sie lassen sich auch nicht so schnell verrückt machen ­, und präzise Konzepte zu erarbeiten. Dann haben es auch auswärtige Investorengruppen sicherlich schwer, sich am Markt zu platzieren. Sie müssen diese Nutzungsverträge eventuell abgeben, weil sie nicht weiterkommen. Sie sehen, dass sie aus diesen Verträgen herauskommen oder ein neues Konzept erstellen müssen. Da sehe ich nicht das Problem.

Hermann Norff (Bundesverband Landschaftsschutz): Ich höre hier ständig, dass sich die Anwohner beteiligen werden. Ich kann Ihnen versichern: Diese Anwohner leben mindestens 4 km vom Windradstandort entfernt. Diejenigen, die betroffen sind, wohnen in kleinen Dörfern wie Büderich oder Ginderich. Das sind alles Anwohner, die sich, wenn überhaupt, nur in geringer Anzahl beteiligen werden, und dann sind es meistens die Leute, die ihren Acker zur Verfügung gestellt haben.

Ich finde es ­ um es so auszudrücken ­ fast schamlos, dass man in der heutigen Diskussion auf die Ereignisse in Japan verweist, um die Windkraft und die erneuerbaren Energien überhaupt voranzutreiben. Hier hat sich deswegen nichts geändert.

Es ist nicht angebracht, in der Diskussion die Katastrophe in Japan mit der hiesigen Situation zu vermischen. Das ist absolut fehl am Platz.