Rundfunk

Haupt- und Medienausschuss 07.04.

Ich bin auf den Melderegisterabgleich und den Adresshandel angesprochen worden.

Ich will nicht gänzlich bestreiten, dass der Melderegisterabgleich erforderlich sein kann, wenngleich uns die Begründung, dass nämlich der Systemwechsel das erfordert, nicht überzeugt. Denn nach allem, was uns bekannt ist, deckt der Datenbestand bei der GEZ weitgehend ab, was vorhanden ist. Er rekrutiert sich aus den Meldedaten, die immer schon übermittelt worden sind, hat den Abgleich mit bisherigen Adressdaten zugelassen und wird nun zusätzlich angereichert durch die Verpflichtung der Betroffenen, beim Systemwechsel ihre Beitragstatbestände anzumelden.

Das wird noch von der Vermutung begleitet, dass es, wenn keine Meldung gemacht wird, bei der bestehenden Beitragspflicht bleibt. Wir sind daher nicht davon überzeugt, dass der einmalige Melderegisterdatenabgleich zulässig ist. Wir befürchten einen zentralen Meldedatenbestand, den es grundsätzlich nicht geben darf. An der Stelle sind wir aber durchaus offen für Argumente.

Zum Datenabgleich mit dem Adresshandel können wir aus der Praxis nur sagen: Wir sind nicht die zuständige Aufsicht über die GEZ, erhalten aber unzuständig eine Reihe von Beschwerden von Personen, bei denen Hunde oder Fantasiepersonen zur Gebührenpflicht herangezogen worden sind, oder von Personen, die schon Gebühren entrichteten und nach dem Adressdatenabgleich zum zweiten Mal herangezogen werden sollten. Da scheint es erhebliche Probleme zu geben. Wir wissen aufgrund unserer Zuständigkeit für die Adresshandelsunternehmen, dass die Datenbestände nicht sehr zuverlässig sind. Insofern haben wir gewisse Zweifel an der Eignung dieses Datenabgleichs.

Vorsitzender Wolfram Kuschke: Es tat sich gerade die Frage auf, ob bei den Hunden auch Vor- und Nachnamen genannt wurden.

(Heiterkeit) Prof. Dr. Bernd Holznagel (Westfälische Wilhelms-Universität Münster): Das sind alles gewichtige Argumente, die man auch genau prüfen muss. Man muss allerdings auch da wieder wissen, dass ein solcher Vertrag, wie er hier jetzt vorliegt, ausgelegt wird: sowohl von den Behörden, die dafür zuständig sind, wie auch vom Bundesverfassungsgericht.

Es gibt den Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung. Grundrechte wie das auf informationelle Selbstbestimmung sind ­ so sage ich es immer meinen Studenten ­ „radioaktiv". Diese Grundrechte strahlen in das einfache Recht hinein und mutieren es so, dass bestimmte Begriffe, die auslegungsfähig sind, im Lichte dieser Grundrechte ausgelegt werden, womit ein Gesetz bzw. ein Vertrag verfassungskonform ist. Das Verfassungsgericht erklärt ein Gesetz nie für verfassungswidrig, wenn es die Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung gibt.

Wenn man sich den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag unter dem Blickwinkel dieser Rechtsprechung anschaut, dann ist wohl nicht zu bestreiten, dass § 11 Abs. 4 sehr allgemein formuliert ist. Darin steht:

Haupt- und Medienausschuss 07.04. „Die zuständige Landesrundfunkanstalt kann... für Zwecke der Beitragserhebung... bei öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen ohne Kenntnis des Betroffenen erheben, verarbeiten oder nutzen."

Da steht zwar in der Tat nicht, welche öffentliche Stelle gemeint ist. Es findet sich dort aber der Zweck. Es darf also nicht beliebig gefragt werden. Der Zweck ist die Beitragserhebung sowie die Feststellung, ob eine Beitragspflicht nach diesem Staatsvertrag besteht. Das heißt, man kann durch Auslegung und durch Berücksichtigung dieses Zwecks sicherstellen, dass es nicht beliebig viele Stellen sind, sondern nur ganz bestimmte Stellen. Hier wurde ja gesagt, es wäre besser gewesen, bestimmte verantwortliche Institutionen zu fixieren. Das ist richtig. Aber diese Norm gibt nicht her, dass man unabhängig von dem, was diese Vorschrift soll, irgendeine beliebige staatliche Stelle nach solchen Daten fragt.

Um es auf den Punkt zu bringen: Ich meine, dass diese Vorschrift unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, dass diese Rechtsbegriffe im Lichte des Zwecks der Norm und auch im Lichte des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung konkretisierbar sind. Das Verdikt, dass diese Vorschrift unbestimmt sei und damit gegen Art. 20 des Grundgesetzes verstoße, kann ich nicht erkennen.

Zum privaten Adresskauf und -handel hatte Frau Gayk eben ausgeführt. Diese Frage stellt sich den Aufsichtsbehörden: Warum kommen zum Adresshandel so viele Beschwerden? Der Adresshandel selbst ist datenschutzrechtlich zulässig. Dass diese Praxis unerwünscht ist, muss man vielleicht einmal seitens der IHK oder von anderen Aufsichtsbehörden aus angehen. Es ist aber keine Sache, die jetzt prinzipiell zu kritisieren ist.

Ich habe auch meine Nase gerümpft ­ Herr Röper hat schon sehr dezent darauf hingewiesen ­ und gefragt: Was passiert eigentlich mit der GTZ? Darüber, ob die wieder eine starke Rolle bekommt ­ das war ja gerade eine Ursache für den Modellwechsel ­, kann man streiten. Aber das Argument, das sei verfassungswidrig, kann ich nicht bestätigen.

Genauso würde ich argumentieren im Hinblick auf § 8 Abs. 5 Nrn. 2 und 3 sowie im Hinblick auf § 9. Das sind Vorschriften, bei denen man tatsächlich darüber nachdenken kann, ob man sie bei der nächsten Reform konkretisiert. Aber ich sehe nicht, dass sie verfassungswidrig sind. Das kann alles durch verfassungskonforme Auslegung in den Bereich der Verfassungsgemäßheit gehoben werden. Das zu machen ist Aufgabe im Vollzug.

Im Übrigen ­ das wissen Sie, Herr Vorsitzender ­ enthält die Rechtsordnung zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe. Die Rückkoppelung auf die Zwecke des Gesetzes wie auch auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist hier sehr eng gezogen.

Hans Buchholz (GEZ): Die Frage war, welche Auswirkungen der Systemwechsel auf die GEZ, die Struktur, die Anzahl der Mitarbeiter und das Budget hat. Ich nehme dazu gerne Stellung, weil wir die Planungen dazu weitgehend abgeschlossen haben und die Ergebnisse vor den Gremienbehandlungen stehen.

Haupt- und Medienausschuss 07.04.

Wir gehen davon aus, dass wir für die Abarbeitung der mächtigen Zusatzaufwände, die ich eben geschildert habe, zusätzlich mehr als 200 Mitarbeiter bei der GEZ befristet einstellen müssen. Wir gehen darüber hinaus davon aus, dass wir auch bei externen Dienstleistern, wo wir Callcenter betreiben oder auch Datenerfassungsaufgaben durchführen, den Mitarbeiterbestand befristet, also für maximal zwei Jahre, deutlich hochfahren müssen.

Ich will Ihnen ein paar Eckdaten nennen. Die GEZ versendet jährlich etwa 70 Millionen Briefe und hat einen Rücklauf von etwa 50 Millionen Briefen. Die bearbeiten wir in einem Jahr. Reformbedingt gibt es für einen Zeitraum von etwa zwei Jahren einen Aufwand von zusätzlich 40 Millionen Briefen und einen zusätzlichen Rücklauf von etwa 26 Millionen Briefen. Wir gehen davon aus, dass wir das mit den eben genannten Zielgrößen ­ etwas über 200 Mitarbeiter intern und ebenfalls um die 200 Mitarbeiter extern ­ gestemmt bekommen, weil diese Prozesse teilweise auch automatisiert abgewickelt werden.

Das führt zu einem Zusatzbedarf in der Übergangsphase, die wir bis Anfang 2015 kalkuliert haben. Ab 2015 wird der Gesamtpersonalbestand ­ die GEZ hat zurzeit etwa 1.150 Mitarbeiter und beschäftigt etwa 300 bis 400 externe Beschäftigte ­ in der Übergangsphase auf insgesamt 1.600 bis 1.700 ansteigen. Ab 2015 wird das drastisch zurückgefahren, sodass wir davon ausgehen, dass die GEZ nach Normalisierung weniger als 1.000 Beschäftigte intern und zwischen 100 und 200 Personen extern beschäftigt wird. Das Ganze orientiert sich am Vorgangsaufkommen.

Wir gehen davon aus, dass die Vereinfachungen insbesondere in der privaten Teilnehmerkontenverwaltung zu deutlichen Personalreduzierungen führen. Diese werden sich linear auch im Budget wiederfinden. Die mittelfristige Finanzplanung führt jedenfalls in entsprechendem Maße zurückgeführte Aufwände aus.

Eine weitere Frage war, wie die GEZ den Adresskauf gestaltet. ­ Wir kaufen keine Adressen, sondern wir mieten sie auf Basis der in den geltenden Staatsverträgen niedergelegten Rechtsgrundlagen. Es gibt Verfahren, in denen diese angemieteten Adressen, die mit unserem Gesamtbestand bei der GEZ abgeglichen werden, sowohl von den Datenschutzexperten der Häuser als auch von verschiedenen Landesdatenschutzbeauftragten ­ in manchen Ländern haben auch die Landesdatenschutzbeauftragten Zuständigkeiten ­ permanent überprüft werden. Die Daten müssen innerhalb klarer Löschfristen gelöscht werden.

Das gilt übrigens auch für den einmaligen stichtagsbezogenen Adressabgleich im Jahr 2013. Die etwa 69 Millionen Daten, die wir dann bekommen werden, werden binnen eines Jahres abgearbeitet und sofort gelöscht, wenn sie mit Bestandsdaten identisch sind bzw. nach dem Klärungsprozess. Sie müssen spätestens nach einem Jahr gelöscht werden. Die GEZ kann nach dem einmaligen Datenabgleich also nur Daten von Kunden speichern. Das ist pro Wohnung eine Person und pro Betrieb der Betriebsinhaber.

Vorsitzender Wolfram Kuschke: Es gibt noch eine Nachfrage.