Kirchliche Bibliotheken sind Öffentliche Bibliotheken in kirchlicher Trägerschaft

Kulturausschuss 04.05. theksgesetzes abgegeben. Diese liegt Ihnen in Schriftform vor, sodass ich mich im Folgenden auf die für uns wesentlichen Punkte beschränke.

Erstens. Kirchliche Bibliotheken sind Öffentliche Bibliotheken in kirchlicher Trägerschaft. Diese Definition ist uns sehr wichtig. Das muss sich in einem zukünftigen Bibliotheksgesetz unseres Erachtens auch deutlich widerspiegeln. An rund 1.500 Standorten sind kirchliche Öffentliche Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen vertreten. In 121 von 396 nordrhein-westfälischen Kommunen sind kirchliche Öffentliche Bibliotheken die einzigen Anbieter einer wohnortnahen niedrigschwelligen Versorgung mit Verleihmedien. Kirchliche Bibliotheken „ergänzen und bereichern" demgemäß nicht nur „das bibliothekarische Angebot in Nordrhein-Westfalen", wie in § 2 Abs. 2 des Gesetzentwurfs ausgeführt, sondern stellen in nahezu einem Drittel der nordrhein-westfälischen Kommunen die alleinige Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit Literatur und anderen Medien sicher ­ und dies vor allem in den ländlichen Bereichen, die ansonsten vollkommen unversorgt wären, was wohl niemand will.

Kirchliche Bibliotheken stehen allen Interessierten unabhängig von Konfession oder Gemeindezugehörigkeit offen und verfügen über ein vielseitiges Medienangebot.

Dieses Angebot trägt den unterschiedlichsten Bedürfnissen nach Information, Bildung und Unterhaltung Rechnung. Die kirchlichen Bibliotheken sind allgemein zugänglich. Sie sind zur Benutzung durch die Allgemeinheit bestimmt. Allein im Jahr 2009 wurden von den kirchlichen Öffentlichen Bibliotheken nahezu 24.000 Veranstaltungen zur Leseförderung durchgeführt. Über 14.000 Ehrenamtliche engagieren sich in kirchlichen Öffentlichen Bibliotheken, unterstützt und qualifiziert von den kirchlichen Büchereifachstellen.

Wir halten es daher für sachgerecht und erforderlich, dass Öffentliche Bibliotheken in kirchlicher Trägerschaft ebenso wie die Öffentlichen Bibliotheken in Trägerschaft der Gemeinden und Gemeindeverbände als Öffentliche Bibliotheken im Sinne des Gesetzentwurfs, also als „zur Benutzung für die Allgemeinheit bestimmte Bibliotheken", eingestuft werden.

Dementsprechend müsste unseres Erachtens § 2 Abs. 2 des Gesetzentwurfs entsprechend verändert werden.

Außerdem müsste § 3 Abs. 2 des Entwurfs für ein Bibliotheksgesetz nunmehr lauten: „Öffentliche Bibliotheken sind zur Benutzung für die Allgemeinheit bestimmte Bibliotheken in Trägerschaft der Gemeinden, Gemeindeverbände und Kirchen."

Am Rande sei angemerkt, dass in dem jüngsten deutschen Bibliotheksgesetz, dem Hessischen Bibliotheksgesetz vom 20. September 2010, Bibliotheken in kirchlicher Trägerschaft ebenfalls als Öffentliche Bibliotheken eingestuft werden.

Zweitens. Eine Mindestförderung des Landes muss auch für kirchliche Öffentliche Bibliotheken gesetzlich garantiert werden. Der Bericht der Staatskanzlei Nordrhein Westfalen zum Entwicklungsstand des Öffentlichen Bibliothekswesens in Nordrhein Westfalen aus dem Jahr 2009 schließt mit den Worten:

Kulturausschuss 04.05. „Ohne Innovationen und Modernisierung werden die Öffentlichen Bibliotheken ­ unabhängig von ihrer Trägerschaft ­ auf mittlere Sicht nicht überlebensfähig sein." Vonnöten seien erhebliche Investitionen in Qualifizierungsprogramme für die Mitarbeitenden, geeignete Räume, technische Ausstattung, Informationstechnologie usw.

Die derzeit geltenden Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen für Öffentliche Bibliotheken schließen eine Förderung der Bibliotheksarbeit der Kirchen faktisch aus. Das ist unsererseits nicht zu akzeptieren. Erst Bibliotheken im Aufbau zur

1. Stufe bzw. Bibliotheken der 1. Stufe können Landesmittel erhalten. Kirchliche Öffentliche Bibliotheken verfügen jedoch zumeist weder über hauptamtliche Leitungen, noch haben sie an mindestens 20 Stunden pro Woche geöffnet.

In § 6 Abs. 1 des Entwurfs für ein Bibliotheksgesetz wird festgelegt, dass Öffentliche Bibliotheken vom Land „nach Maßgabe des Haushalts mit einem Betrag von mindestens zwölf Millionen Euro im Jahr" gefördert werden. Dabei handelt es sich um eine gesetzlich garantierte Mindestförderung des Landes. Dies begrüßen wir.

Hinsichtlich der kirchlichen Öffentlichen Bibliotheken findet sich allerdings ein gesonderter einschränkender Passus in § 6 Abs. 3. Das ist eine reine Ermessensregelung.

Sie lautet: „Nehmen kirchliche und private Einrichtungen mit Zustimmung der zuständigen Gemeinde oder des zuständigen Gemeindeverbandes die Aufgabe einer Öffentlichen Bibliothek wahr, so können sie auf Antrag nach Absatz 1 gefördert werden."

Die Arbeit der kirchlichen Öffentlichen Bibliotheken sowie der sie unterstützenden kirchlichen Fachstellen ist, wie eben dargestellt, von großer Bedeutung für die Bibliothekslandschaft in Nordrhein-Westfalen und in hohem Maße förderungswürdig.

Die Mitglieder des Landtags Nordrhein-Westfalen beachten bei allen Gesetzgebungs- und sonstigen Aktivitäten die Gleichheit der Lebensverhältnisse in unserem Bundesland. Daraus hat man auch eine Gleichbehandlung der Öffentlichen Bibliotheken in kirchlicher Trägerschaft bzw. in Trägerschaft von Gemeinden und Gemeindeverbänden abzuleiten. Das gilt insbesondere, um denjenigen Bürgerinnen und Bürgern Nachteile zu ersparen, die in solchen Kommunen leben, die über keine Öffentliche Bibliothek der Gemeinde, des Kreises oder einer sonstigen Gebietskörperschaft verfügen, vor allem also in strukturschwachen ländlichen Gebieten.

Die Kirchen erwarten daher, dass die Verabschiedung eines Bibliotheksgesetzes für Nordrhein-Westfalen genutzt wird, um den faktischen Ausschluss der Förderfähigkeit kirchlicher Öffentlicher Bibliotheken zu beheben und eine gesetzlich garantierte Mindestförderung des Landes auch für kirchliche Öffentliche Bibliotheken zu verankern.

Wir regen daher an, in § 6 Abs. 1 des Gesetzentwurfs hinter „Bibliotheken" die Worte „in Trägerschaft der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie in kirchlicher Trägerschaft" einzufügen und den § 6 Abs. 3 zu streichen. ­ Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Kulturausschuss 04.05. Dörte Melzer (Büchereifachstelle der Evangelischen Kirche von Westfalen): Sehr geehrter Herr Behrens! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche hier für die ca. 1.500 Öffentlichen Büchereien in kirchlicher Trägerschaft. Meine Stellungnahme gebe ich für die beiden evangelischen und die fünf katholischen Büchereifachstellen in Nordrhein-Westfalen ab. Sie bzw. wir beraten und begleiten die Öffentlichen Bibliotheken in kirchlicher Trägerschaft unseres Einzugsbereiches fachlich und qualifizieren mit Aus- und Fortbildungen die fast 15.000 überwiegend bürgerschaftlich engagierten Mitarbeitenden ­ im kirchlichen Bereich heißen sie Ehrenamtliche ­, damit sie fachlich kompetent arbeiten können.

Die kirchlichen Öffentlichen Büchereien tragen mit ihrem Angebot zur allgemeinen Literaturversorgung bei. In fast einem Drittel der Kommunen, nämlich 120, erfolgt der Zugang zu Öffentlichen Bibliotheken und damit die allgemeine Literaturversorgung ausschließlich über kirchliche Öffentliche Büchereien. Darüber hinaus ergänzen und verstärken die Öffentlichen Büchereien in kirchlicher Trägerschaft in 225 Kommunen das Netz Öffentlicher Bibliotheken.

Sollen im Land NRW das Öffentliche Bibliothekswesen gestärkt und die allgemeine Literaturversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger des Landes verbessert werden, geht kein Weg an den kirchlichen Öffentlichen Bibliotheken vorbei. Nichtsdestotrotz findet das Angebot dieser Bibliotheken keine angemessene Berücksichtigung in dem jetzigen Gesetzentwurf.

Die Definition von Öffentlichen Bibliotheken in § 3 Abs. 2 des Gesetzentwurfs kann ich so nicht stehen lassen. Herr Krebs hat dazu schon einiges gesagt. Gestatten Sie mir noch eine kurze Ergänzung. Dem Beginn des Textes von § 3 Abs. 2 ­ „Öffentliche Bibliotheken sind zur Benutzung für die Allgemeinheit bestimmte Bibliotheken" ­ kann ich zustimmen. Was „öffentlich" bedeutet, wissen die Kolleginnen hier im Raum auf jeden Fall. Ich bitte aber um die Ergänzung, dass auch die Bibliotheken in Trägerschaft der Kirchen dazugehören.

Mit den in § 6 Abs. 2 des Gesetzentwurfs angesprochenen Fachstellen sind die fünf staatlichen Einrichtungen gemeint. Darüber hinaus gibt es die sieben kirchlichen Büchereifachstellen. Diese werden nicht ins Bibliotheksgesetz einbezogen, obwohl sie mit hauptamtlichen bibliothekarischen Fachkräften besetzt sind. Die Kirchen finanzieren dieses Personal. Meine Kolleginnen, mein Kollege und ich beraten die eben genannten 1.500 Öffentlichen Büchereien in kirchlicher Trägerschaft ­ darunter die heute noch nicht angesprochenen 169 Krankenhausbüchereien; sie finden im Gesetz überhaupt keine Erwähnung ­ fachlich. Wir qualifizieren die fast 15.000 Ehrenamtlichen. Seit mittlerweile 50 Jahren bieten wir regelmäßig eine entsprechende Ausbildung und in jedem Jahr zahlreiche Fortbildungen an.

Die Landesförderung muss alle Öffentlichen Büchereien, unabhängig von der Trägerschaft, einbeziehen. Da dieses Gesetz auch die Grundlage für zukünftige Förderung bilden soll ­ mit dem Ziel, eine lückenlose Bibliothekslandschaft, Vernetzung, moderne Technologien usw. zu gewährleisten ­, sollten hierfür nicht nur konkrete Impulse gegeben werden, sondern vor allem auch die ehrenamtlich geleiteten Büchereien berücksichtigt werden. Bei der Entwicklung und Umsetzung von Fördermaßnahmen sollten auch die kirchlichen Büchereifachstellen einbezogen werden.