Spartengesetz oder Kulturfördergesetz. Das ist eine sehr schwierige Frage

Kulturausschuss 04.05. sammensetzung dieser Sachverständigenrunde war das aber auch nicht weiter überraschend. Es sind nun einmal fachliche Stellungnahmen abgegeben worden. Vor dem Hintergrund der Erwartungen, die mit einem solchen Gesetz verknüpft sind, kann ich auch nachvollziehen, dass die meisten sich davon einiges versprechen.

Spartengesetz oder Kulturfördergesetz? Das ist eine sehr schwierige Frage. Zur Beantwortung würde ich jetzt am liebsten an die Kollegin vom Städtetag abgeben, die natürlich die Hintergründe der Überlegungen, die in den Beratungen der Gremien eine Rolle gespielt haben mögen, besser hätte darstellen können, als ich das jetzt kann. Vielleicht so viel: Als wir Ende letzten Jahres unsere Stellungnahme abgegeben haben, stand nur der Begriff „Kulturfördergesetz" im Raum, ohne dass das sehr detailliert ausgeführt war. Die Kollegin hat jetzt in ihrer Stellungnahme noch einmal nachgelegt und verdeutlicht, was sich der Städtetag unter einem solchen Gesetz vorstellt. Wenn ich das dort Ausgeführte richtig verstehe, dann ist nicht daran gedacht, verschiedene Spartengesetze unter einer großen Überschrift zusammenzufassen, sondern schon an eine Konzentration auf den Fördergedanken. Deswegen wird das Ganze auch explizit „Fördergesetz für kulturelle Bildung" genannt. Außerdem soll es ein schlankes Gesetz sein, was im Wesentlichen auf eine Vereinheitlichung bzw. eine Gleichgewichtung verschiedener Bereiche kultureller Bildung hinausläuft, ohne dass in diesem Gesetz detaillierte fachliche Regelungen zu den einzelnen Bereichen getroffen werden sollen. Diesem Ansatz könnten wir uns auch nähern. Ich will aber der innerverbandlichen Diskussion nicht vorgreifen. Beim Städteund Gemeindebund haben wir uns noch nicht abschließend darüber unterhalten.

Kann man dann auch die Bibliotheken darunter subsumieren? Wenn es wirklich als Fördergesetz gedacht ist, dann halte ich das schon für machbar; denn in diesem Fall kommt es mehr auf die grundsätzlichen Fragen und weniger auf die Besonderheiten der einzelnen Bereiche an.

Frau Freimuth, Sie haben nach Auswirkungen eines Spartengesetzes und unserem Vorschlag zur Entpflichtung im Hinblick auf den Denkmalschutz gefragt. In diesem Zusammenhang greife ich auch gleich die Frage von Herrn Bialas mit auf. Wenn ich die angedachte Erhöhung der Landesförderung, die sich dann ja nicht nur auf die kommunalen Träger erstrecken würde, sondern auch auf andere Träger, einmal einen Moment außen vor lasse ­ das tue ich deswegen, weil man nach unserer Auffassung dazu nicht zwingend eine gesetzliche Regelung bräuchte ­, glaube ich, dass die Auswirkungen des Gesetzes für die einzelne Bibliothek vor Ort nicht wahrnehmbar sein werden. An deren Situation wird sich im Endeffekt nichts ändern. Verpflichtungen sind nämlich nicht darin enthalten; aus gutem Grund hat man darauf verzichtet, solche Verpflichtungen hineinzunehmen. Vor diesem Hintergrund wird die Entscheidung in der Kommune, ob das Angebot eingeschränkt wird oder ob eine Teilstelle dichtgemacht wird oder eine ganze Einrichtung geschlossen wird, durch die Regelungen in diesem Gesetzentwurf letztlich nicht entscheidend beeinflusst.

Ich habe eben mehrfach die Auffassung zur Kenntnis genommen, und zwar in den Ausführungen von Herrn Dr. Simon-Ritz und von Herrn Pitsch, ein Beweggrund für ein solches Gesetz müsse die nicht ausreichende politische Wahrnehmung der Bibliotheken sein. Das ist nicht der richtige Ansatz, glaube ich. Politische Anerkennung

Kulturausschuss 04.05. kann man nicht qua Gesetz definieren. Zweifellos wird es im Moment der Verabschiedung Aufmerksamkeit für die Öffentlichen Bibliotheken, für die kirchlichen Bibliotheken und vielleicht auch für die Schulbibliotheken geben. Das wird aber kein dauerhafter Effekt sein, der ihnen einen Vorteil im Wettbewerb mit anderen Politikbereichen verschafft. Dieses Gesetz wird da sein. Vielleicht wird es den positiven Effekt der erhöhten Förderung mit sich bringen. Darüber hinaus wird es aber keine Auswirkungen haben.

Im Interesse der Bibliotheken wäre es ausgesprochen schade, wenn Sie lediglich diesen einen Effekt mitnehmen würden und nichts Weiteres geschehen würde. Denn jetzt komme ich zu der Frage: Was passiert in nächster Zeit? Im Moment haben wir ­ Sie müssen mir nachsehen, dass ich einfach einmal in meine Rolle als Finanzbeigeordneter unseres Verbandes zurückfalle ­ ein Kassenkreditvolumen in Höhe von 20 Milliarden. Bis zum Jahr 2020 wird es wahrscheinlich auf 50 Milliarden steigen. Wir diskutieren hier in diesem Haus und überall anders über die Ausgestaltung des Stärkungspakts Stadtfinanzen, von dem wir wissen, dass er den Kommunen, die daran teilhaben sollen, erhebliche eigene Sparanstrengungen abverlangen wird. Das wird an den Bibliotheken nicht spurlos vorübergehen, sondern sie ganz massiv betreffen.

Damit ich nicht in die Reihe schulterklopfender Bekenner der Liebhaberei von Büchern einsortiert werde ­ so will ich nicht verstanden werden ­, sage ich noch einmal ganz ausdrücklich: Wenn ich in einer Kommune Verantwortung für ein Haushaltssicherungskonzept zu übernehmen hätte, dann wäre für mich die Bibliothek eine der letzten Einrichtungen, die angetastet würden.

Damit das aber gelingen kann, ist es erforderlich, dass den Kommunen auch anderswo Sparspielräume ermöglicht werden, die heute nicht vorhanden sind. Jetzt bin ich auch bei Ihrer Frage. Das betrifft nämlich zum Beispiel das Thema „Denkmalschutz", das wir in unserer Stellungnahme ja nur beispielhaft und auch nur in einem Nebensatz erwähnt haben. Ich möchte Ihnen einmal ein Beispiel aus meiner Heimatkommune Tönisvorst geben. Dort haben wir eine Bibliothek mit einem sehr überschaubaren Anschaffungsetat für Medien, über den im Moment wieder diskutiert wird; denn die Politiker versuchen wirklich, den letzten Cent zusammenzukratzen, um den Haushalt doch noch ausgleichen zu können. Gleichzeitig muss man aber in der Zeitung lesen, dass das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland in einem neu zu erschließenden Baugebiet bei Ausgrabungen ein paar alte Türpfosten aus der Steinzeit entdeckt hat. Dort buddeln sie jetzt schon seit Monaten. Das ist alles von der Stadt zu bezahlen. Dieser Betrag liegt um ein Vielfaches höher als die Summe, über die wir bei der Bibliothek reden.

Nun will ich dem Denkmalschutz nicht zu nahe treten. Hier geht es aber um genau die auch schon von Herrn Simon-Ritz angesprochene Frage der Wertigkeit gegenüber anderen Politikbereichen. Ich möchte gerne entscheiden können, ob ich Zehntausende von Euros in den Erhalt dieser frühsteinzeitlichen Türpfosten stecke oder ob ich dieses Geld lieber für den Ausbau der Bibliothek oder für die Qualifizierung der Mitarbeiter einsetze. Heute kann ich das nicht, weil im einen Bereich die Standards gesetzlich vorgegeben sind und im anderen nicht. Das habe ich ­ im Grunde

Kulturausschuss 04.05. genommen etwas verkürzt ­ mit der Forderung, andere Bereiche zu entpflichten, darzustellen versucht. Wir müssen wirklich zu einer Situation kommen, in der auch kommunal vor Ort entschieden werden kann: Das Geld ist begrenzt. Wofür will ich es einsetzen? Ist es mir in diesem Bereich wichtiger, oder ist es mir in jenem Bereich wichtiger? ­ Das findet heute viel zu wenig statt. Dorthin müssen wir kommen, um dann auch ein Level Playing Field für die Bibliotheken zu schaffen, das im Moment so nicht vorhanden ist.

(Angela Freimuth [FDP]: Deshalb auch diese kritische Haltung gegenüber dem reinen Spartengesetz?)

­ Ja. Wie gesagt, ist unser Ansatz, zu sagen, dass es nicht so sehr um die Einführung neuer Standards geht, sondern darum, wirklich die Chance zu schaffen, dass im politischen Wettbewerb die Bibliotheken ­ oder auch andere Bereiche, ob es nun die Musikschulen sind oder der Sport ­ obenauf bleiben und nicht den Kürzeren ziehen.

Herr Bialas, Ihre Frage zum Thema „dauerhafter Schutzraum" habe ich damit auch schon beantwortet, denke ich. In dieser Form wird es kein dauerhafter Schutzraum für die Bibliotheken sein. Insofern erscheint mir das auch in diesem Sinne zu kurz gesprungen zu sein. Deswegen habe ich auch vor dieser Lösung gewarnt und gesagt: Im Interesse der Bibliotheken wäre uns an dieser Stelle ein anderer Lösungsweg lieber.

Michael Thessel: Es wurde gefragt, ob wir bereits zu diesem Zeitpunkt etwas über Leistungen und Aufwand von zwei möglichen Fachstellen in der Verantwortung der beiden Landschaftsverbände sagen könnten. Das können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Ich will trotzdem ein paar Daten nennen.

Erstens. Wir gehen davon aus, dass bei einer Bündelung der zurzeit vorhandenen fünf kleineren Fachstellen sicher Synergieeffekte zu erzielen sind.

Zweitens. Wir gehen nicht davon aus, dass ein neues Institut zu gründen ist. Die Landschaftsverbände verfügen, wie Sie sicherlich alle wissen, gerade in diesem Dienstleistungsbereich in erheblichem Umfang über Infrastruktur und institutionelle Rahmenbedingungen. Daher gehe ich auch davon aus, dass wir in erheblichem Umfang strukturelle Rahmenbedingungen bereitstellen können, die keinen zusätzlichen Aufwand erfordern.

Drittens. Wir gehen davon aus, dass wir für die Unterstützung der Bibliotheken mehr tun müssen, als das in der Vergangenheit möglich war. Die Fachcommunity sagt, dass der Bedarf wesentlich höher liegt. Am Ende wird der Erfolg davon abhängen ­ so steht es auch im vorliegenden Entwurf ­, wie viel Ressourcen zur Verfügung stehen. Nach dem Konnexitätsprinzip gehen wir davon aus, dass das Land eine entsprechende Förderung für diese zentrale Unterstützung bereitstellen wird. Wenn Sie mir eine Größenordnung nennen, kann ich Ihnen in kürzester Zeit sagen, was damit auf der Sach- und auf der Personalebene leistbar wäre. Sie wissen, dass wir sehr viel Erfahrung in diesen Dienstleistungsbereichen haben. Insofern wäre bei entsprechender Entscheidung die Vorlage einer Konzeption mit entsprechenden Aufwänden sicherlich kein Problem. Das ist zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht erfolgt.