Die Staatsanwaltschaft Duisburg sei in die Prüfung des strafprozessualen Anfangsverdachts eingetreten

Rechtsausschuss 16.05.

Dazu hat mir der Leitende Oberstaatsanwalt in Duisburg berichtet, ihm liege seit dem 2. Mai dieses Jahres eine anonym übermittelte Strafanzeige vor, mit der um strafrechtliche Prüfung der in Medienberichten beschriebenen Spendenpraxis innerhalb des SPD-Unterbezirks Duisburg gebeten werde.

Die Staatsanwaltschaft Duisburg sei in die Prüfung des strafprozessualen Anfangsverdachts eingetreten. Die Prüfung dauere an.

Der Generalstaatsanwalt in Düsseldorf hat gegen diese Sachbehandlung keine Bedenken.

Ich stelle also klar: In diesem Zusammenhang gibt es derzeit lediglich eine staatsanwaltschaftliche Prüfung. Ein Ermittlungsverfahren ist nicht eingeleitet.

Vorsitzender Dr. Robert Orth: Herzlichen Dank, Herr Minister. ­ Ich habe bisher zwei Wortmeldungen. Zunächst Herr Kollege Biesenbach.

Peter Biesenbach (CDU): Herr Minister, Sie weisen sicher zu Recht mehrfach in Ihrem heutigen Statement darauf hin, dass sich der Leitende Oberstaatsanwalt in Krefeld sehr eng an die Themenanmeldung gehalten hat. Dasselbe würde ich dem ersten Anschein nach auch Ihrem heutigen Statement zuschreiben.

Erste Frage. Wenn Sie Berichte der Staatsanwaltschaft bekommen, die Ihnen über den Generalstaatsanwalt vorgelegt werden, sind denen die Vorgänge beigefügt, damit sich das Ministerium ein eigenes Bild machen kann, oder werden die Vorgänge nicht weitergegeben, sodass Sie im Grunde lediglich ­ das meine ich gar nicht böse

­ Bote der Auskunft sind?

Warum diese Frage? ­ Sie haben deutlich gemacht, dass der Leitende Oberstaatsanwalt immer gesagt hätte: „Für uns war überhaupt nichts erkennbar in Richtung Parteienfinanzierung."

Hat aber nicht der ermittelnde Kriminalbeamte seinerzeit neben diesen drei genannten Gesellschaften ­ der Sparkasse, der gemeinnützigen Baugesellschaft und der Hafengesellschaft ­ auch Gespräche mit der GfB geführt und haben Sie nicht einen Aktenvermerk in dem Vorgang, wonach er von der GfB erfuhr: „Ja, es hat fünf Aufträge gegeben, und wir haben auch Zahlungen geleistet."

Wenn das so ist, warum ist das seinerzeit nie berücksichtigt worden?

Es ist richtig: Die drei Gesellschaften haben gesagt: „Nein." Im Zuge derselben Ermittlungen zum selben Zeitpunkt ­ da ist noch nichts geschrieben worden ­ stellt der ermittelnde Kriminalbeamte fest, dass es aber eine andere Gesellschaft ­ mindestens eine ­ gegeben hat, von der fünf Aufträge vergeben und auch bezahlt worden sind.

Hätte man nicht hier ein Stückchen intensiver prüfen, zumindest berichten müssen oder hätte nicht auch das Ministerium, wenn es den Vorgang kennt, das selbst feststellen müssen?

Rechtsausschuss 16.05. Sie haben gerade gesagt, es würden neue Ermittlungen aufgenommen. ­ Ich lasse das mal dahingestellt.

Es war in der letzten Woche in den Zeitungen zu lesen, dass sich der Bürgermeister von Moers, Herr Ballhaus, genau aufgrund des beschriebenen Verfahrens dahin geäußert haben soll, dass er nun ein Ermittlungsverfahren gegen sich erwarte.

Wenn wir uns da ein wenig reinsehen ­ darauf sind Sie nicht eingegangen ­, taucht die nächste Frage auf: Sind nicht weitere Verdachtsmomente zu prüfen schon hinsichtlich berechtigter Straftaten?

Sie haben den Beschluss des Bundesgerichtshofs angeführt. Der Bundesgerichtshof stellt ganz klar fest, dass beteiligte Personen eine Vermögensbetreuungspflicht haben und in dem Augenblick dagegen verstoßen, in dem sie illegal Parteispenden einwerben oder sich daran beteiligen.

Wir haben in diesem Verfahren neben Herrn Ballhaus, der es schon sehr deutlich gesagt hat, mindestens zwei weitere führende Mitglieder der SPD, die infrage kommen. Das ist einmal Herr Hahnen, der als Aufsichtsratsvorsitzender einer von ihm geführten Gesellschaft einen Auftrag mit vergeben hat und auch eine Spende erhielt.

Und wir haben weiter den Vorsitzenden des SPD-Unterbezirks Duisburg, Herrn Jäger, der hier massiv im Mittelpunkt steht. Wenn ich die ­ von Ihnen selber heute herangezogene ­ Rechtsprechung des BGH zugrunde lege, dann müsste doch zumindest ein Anfangsverdacht bestehen und zu Ermittlungen gegen alle drei ­ die Herren Ballhaus, Hahnen und Jäger ­ Anlass geben.

Meine konkrete Fragen dazu: Hat die Staatsanwaltschaft begonnen, hierzu Vorermittlungen aufzunehmen? Wenn ja: Seit wann? Wenn nein: Warum nicht? Und wenn nein: Werden Sie selbst darauf drängen, dass diese Ermittlungsverfahren aufgenommen werden?

Dr. Robert Orth (FDP): Betreffend die Spenden über 3.000 und 6.000, über die Spendenquittungen ausgestellt worden sind und die problematisch sind, wurde bisher nichts über den Verwendungszweck dieser Spenden, darüber, wie die Spendenquittungen aussahen, was auf diesen Quittungen stand, wann tatsächlich die Zahlungen erfolgt sind oder was überhaupt dort als Spende erfolgt ist, ausgeführt. Dazu hätte ich gerne eine konkrete Aussage.

Es freut mich schon, zu hören, dass die Staatsanwaltschaften nunmehr Vorermittlungen in Krefeld und Duisburg einleiten. Ich hatte mich seinerzeit auch etwas über die knappe Antwort auf meine Nachfrage gewundert, ob denn auch gegen die Aussteller der Quittungen ermittelt werde. Denn nach meiner Erinnerung ist es in der Vergangenheit regelmäßig so gewesen, dass man, wenn eine Spende in Rede stand, immer beide Seiten angehört hat: einerseits den Aussteller der Quittung, andererseits den mutmaßlichen Spender, um die beiden Aussagen auf Deckungsgleichheit abzuprüfen und feststellen zu können, wer eigentlich Opfer und Täter ist oder ob beide zusammengearbeitet haben.

Von daher interessiert mich, warum von dieser Praxis hier jetzt abgewichen worden ist.

Rechtsausschuss 16.05. Ebenso interessiert mich, warum denn bei einem so umfangreichen Ermittlungsverfahren ­ Sie haben selbst von 8.600 Seiten gesprochen ­ erst jetzt, nachdem die Angelegenheit öffentlich wurde, zusätzliche Ermittler von Düsseldorf nach Krefeld abgeordnet werden.

Warum hat man nicht schon vorher, wenn doch ein so umfangreiches Ermittlungsverfahren läuft, bei dem der Komplex der Spenden nur einen kleinen Ausschnitt bildet, für eine hinreichende Verstärkung der Mannschaft gesorgt?

Zu den Ermittlungen in der Vergangenheit: Die Polizei hat ­ das hat Kollege Biesenbach schon eingebracht ­ nach uns vorliegenden Informationen die jetzt ins Blickfeld gerückte Gutachtertätigkeit von Herrn Vauth bereits im Rahmen des Ermittlungsverfahrens, welches uns hier heute beschäftigt, aufgegriffen.

Wenn denn aber Ermittlungsergebnisse vorliegen, frage ich mich natürlich schon:

Warum hat die Polizei davon abgesehen, den Auftraggeber zu befragen, zeugenschaftlich zu vernehmen? Und warum wurden wir hier durch den Staatsanwalt in Krefeld nicht umfassend unterrichtet?

Ich glaube Ihnen, dass Sie hier vorgetragen haben, was Sie wussten. Aber dann muss man sich fragen, ob Ihr Berichtswesen funktioniert, wenn eine so wichtige Tatsache den Ausschuss nicht erreicht.

Vorsitzender Dr. Robert Orth: Als Nächstes hat der Kollege Sagel um das Wort gebeten.

Rüdiger Sagel (LINKE): Zunächst einmal danke Herr Minister für Ihre Stellungnahme.

Aus meiner Sicht ist das ein ziemlich unübersichtliches Dickicht, was wir da vor uns haben. Ich kann dieses Dickicht zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend durchblicken. Umso mehr wundert es mich, wenn sich der Kollege Biesenbach hier schon wieder als Oberstaatsanwalt aufspielt. Das haben wir in der Vergangenheit schon öfter erlebt. Er schaltet sich auch schon mal gerne in staatsanwaltschaftliche Verfahren ein und ruft auch schon mal Staatsanwälte an. Das kennen wir aus der Vergangenheit.

Unabhängig davon: Mich interessiert vor allem die zeitliche Komponente. Herr Minister, Sie haben gerade berichtet, es seien Ermittlungen aufgenommen. Können Sie die zeitliche Perspektive nennen, wann wir mit konkreteren Ergebnissen und Stellungnahmen rechnen können, ob ein weiteres Verfahren eingeleitet wird?

Vorsitzender Dr. Robert Orth: Herzlichen Dank. ­ Kollege Wolf.

Sven Wolf (SPD): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Ich will auf das von CDU und FDP hier Beantragte eingehen. Es stand der Vorwurf im Raum, der Minister hätte in der 9. Sitzung des Rechtsausschusses unvollständig berichtet. Für meine Fraktion darf ich feststellen: Das ist nicht der Fall.