Wir als Unternehmen haben uns dann letztendlich verpflichtet uns dem Urteil dieser Experten zu beugen

Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie 31.05. beantworten. Das ist eigentlich so etwas wie eine generische UVP. Denn im Prinzip wird die Frage gestellt: Welche Beeinträchtigungen können von der Anwendung der entsprechenden Technologien auf die entsprechenden Schutzgüter ausgehen?

Wir als Unternehmen haben uns dann letztendlich verpflichtet, uns dem Urteil dieser Experten zu beugen. Ganz klar wurde von uns gesagt: Kommt dieser Expertenkreis zu der Aussage, dass solche Aktivitäten nicht sicher und umweltverträglich durchgeführt werden können, dann machen wir es nicht.

Michael Blum (Wintershall Holding GmbH): Ich beantworte zunächst die Frage bezüglich der freiwilligen UVP. In Bezug auf Nordrhein-Westfalen stellt sich für uns im Moment diese Frage noch nicht, weil wir uns- das betrifft die ersten drei Jahren ­ zunächst in der Vorerkundungsphase befinden. Generell befinden sich unsere Hauptaktivitäten in Niedersachsen. Wir gehen jetzt sowieso schon dazu über, den Behörden ausführliche Unterlagen zur Verfügung zu stellen, welche die meisten Aspekte einer UVP abdecken.

Sie fragten dann nach den Frack-Flüssigkeiten hier in Nordrhein-Westfalen. Auch das ist für uns im Moment noch nicht relevant, weil wir uns noch in der dreijährigen Phase der Vorerkundung befinden und nur geologische Untersuchungen anstellen bzw. Gesteine aus Flachbohrungen entnehmen.

Dann wurde nach der Dichtigkeit von Bohrungen gefragt. Wenn Bohrungen abgeteuft werden, wird immer eine bestimmte Reihenfolge eingehalten. Wir bohren das Loch, stellen ein Stahlrohr hinein und zementieren es zu. Dann schließt sich in der Regel ein Drucktest an. Bei diesem Drucktest wird der Druck hochgefahren, um zu sehen, inwieweit der Zement belastbar ist. Wenn der Zement belastbar ist, wird im nächstkleineren Durchmesser weitergebohrt. Dann wiederholt sich die ganze Prozedur.

Wenn man sich am Ende dieser Tour befindet: Stahlrohr rein, Zementierung und wieder Drucktest. So gehen wir mit den verschiedenen Durchmessern nach unten.

Insofern ist durch diese Drucktests eigentlich gewährleistet, dass die Bohrungen dicht sind.

Sie hatten eine vierte Frage bezüglich der Bohrspülungsverlusten gestellt. Ähnlich wie die ExxonMobil arbeiten wir im Grundwasserhorizont natürlich mit wasserverträglichen Bohrflüssigkeiten. Insofern ist es kein Risiko, dort zu bohren.

Vorsitzender Dr. Jens Petersen: Können Sie noch direkt die Fragen von Herrn Wüst beantworten?

Michael Blum (Wintershall Holding GmbH): Können Sie die noch einmal wiederholen?

Hendrik Wüst (CDU): Das ist kein Problem. ­ Ich habe mich auf die schriftliche Antwort von Ihnen auf die Frage Nr. 24 bezogen. Dabei ging es um grüne Frackflüssigkeiten. Wann kann man damit rechnen, dass man quasi einen grünen Frack durch

Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie 31.05. führen kann? Ich will jetzt keine Jahreszahl mit Monat und Tag hören; aber vielleicht können Sie einen Zeithorizont ­ fünf Jahre, zehn Jahre, fünfzehn Jahre ­ nennen?

Michael Blum (Wintershall Holding GmbH): Ich würde Ihnen gerne eine Auskunft geben, aber wir sind da von den Zulieferern abhängig. Ich weiß es nicht. Wir hatten mehrere Veranstaltungen, auf denen die Zulieferer darüber nachgedacht haben, wie sie das machen können. Ich weiß, dass sie in Richtung Nahrungsmittelindustrie ­ Zusatzstoffe, Ausgangsstoffe aus der Nahrungsmittelindustrie ­ denken. Aber weder ich noch meine Kollegen bei der Firma Wintershall sind darin Experten. Daher können wir keine Einschätzung des Zeithorizonts geben.

Werner Grigo (Bezirksregierung Arnsberg): Ich möchte auf die direkte Ansprache von Herrn Sagel eingehen. Herr Sagel, Sie werden nach meiner Einschätzung keinen Ingenieur finden, der Ihnen attestieren wird, dass irgendetwas zu 100 % sicher ist. Auch ich werde das nicht tun. Das ist auch nicht die entscheidende Frage. Die Frage lautet eigentlich vielmehr: Was ist gesellschaftlich vertretbar? Darum sitzen wir hier zusammen, deshalb diskutieren wir hier.

Um herauszubekommen, was gesellschaftlich vertretbar ist, brauchen wir bei den Verfahren Transparenz. Wir brauchen ein möglichst breites Expertenwissen auch bei den interessierten Laien. Darum führen wir in der Bezirksregierung Arnsberg zum Beispiel Expertenfachgespräche durch, zu denen wir einladen. Die Landesregierung hat ein Gutachten dazu in Vorbereitung, das sicherlich auch öffentlich vorgestellt werden wird, wenn die Ergebnisse vorliegen. Auch das ist ein Stückchen weit Transparenz. Wir wollen dazu beitragen, die Transparenz in die Verfahren hineinzubringen. Last, but not least wollen wir auch als Bezirksregierung ­ das sehen Sie an unserer Bergrechtsänderungs-Initiative ­ eine UVP-Pflicht für solche Bohrungen. Wir wollen deshalb eine UVP-Pflicht, weil es danach auch im Rahmen einer QuasiPlanfeststellung einen öffentlichen Erörterungstermin gibt, wo wir dann auch Dinge ausdiskutieren und ein Gefühl dafür bekommen können, welches Risiko eigentlich gesellschaftlich akzeptiert wird. ­ Das erst einmal zur Frage nach der hundertprozentigen Sicherheit.

Gestatten Sie mir, dem Bergmann, noch eine Erläuterung zu geben. Man muss zwischen Spülflüssigkeit und der Flüssigkeit differenzieren, die beim Lagerstättendrucktest eingesetzt wird. Bei der Spülflüssigkeit werden sehr hohe Umweltstandards angesetzt; denn die Spülflüssigkeit befindet sich in ständigem Kontakt mit dem Gebirge.

Ich denke, das wissen Sie. In Nordrhein-Westfalen heißt das nach dem Stand der Technik: Zusätze maximal WGK 1, also Wassergefährdungsklasse 1. Im Bereich des Lagerstättendrucktests, wo Dieselöl eingesetzt wurde, gibt es völlig andere Verhältnisse. Es gibt da einen komplett verrohrten Strang, der nur im Bereich von ca. 1.200 Metern durch 40 Löcher, die jeweils 2 Millimeter groß waren, geöffnet worden ist, und wo das Dieselöl sozusagen an die Lagerstätte ansteckt ist. Das sind andere Verhältnisse als beim Spülen.

Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie 31.05. Prof. Dr. Marc Oliver Bettzüge (Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln): Frau Brems, Sie haben die Ausführungen in unserer Stellungnahme zutreffend wiedergegeben. Wir sehen durchaus das Potenzial dafür, dass sich durch die Aufnahme von unkonventioneller Exploration und Förderung in Deutschland angesichts der spezifischen geologischen Gegebenheit, die hier vorzuliegen scheinen, besondere Technologien ausprägen werden und dass diese Technologien dann in anderen Nischen auf der Welt auch entsprechend Verbreitung finden können.

Zudem ist davon auszugehen, dass in Deutschland andere Arten von Umweltanforderungen und -standards gefordert werden als in anderen Weltregionen, so dass auch dies zu einer Ausprägung spezifischer Technologien bzw. technologischer Lösungen führen wird, die wiederum als Nischentechnologien anderswo gefragt sein können.

Die Steinkohlezulieferindustrie in Deutschland ist weltweit erfolgreich, obwohl Deutschland schon lange nicht mehr eine führende Steinkohlefördernation ist. Hier spielen ähnliche Aspekte eine Rolle. Gleichzeitig muss man natürlich konstatieren, dass der Markt für nichtkonventionelle Förderung im Allgemeinen ­ also über alle geologischen Formationen hinweg ­ auch auf Sicht in den Vereinigten Staaten bzw. in Nordamerika deutlicher größer sein wird als in Deutschland. Deswegen haben wir dieses „Caveat" zusätzlich explizit in unsere Stellungnahme eingefügt.

Thomas Siepelmeyer (Büro für Umweltgeologie): Bezieht sich die Frage auf das, womit wir in Nordrhein-Westfalen konkret zu rechnen haben? Nordrhein-Westfalen ist auch in geologischer Hinsicht keine Einheit, sondern es müssen, grob gesehen ­ ich hoffe, das Landesamt stimmt mir da zu ­ drei Einheiten unterschieden werden.

Ich fange mit dem Ungefährlichsten an: Das ist die Münsterländer Bucht oder das gesamte Münsterland, wo wir relativ flach liegende, mächtige Kreideschichten über unseren teilweise tektonisch beanspruchten Karbonschichten haben, in denen sich die Kohle und das Gas befinden.

Wir suchen aber Deckschichten von 1.200 bis 1.500 Meter. Allerdings werden diese Karbonschichten an den Rändern des Münsterlandes ­ sowohl nördlich, südlich als auch östlich ­ aufgefaltet. Die Kräfte der Erdgeschichte haben dort mehr oder weniger das Unterste nach oben gekehrt und damit im Endeffekt auch viel größere Wegsamkeiten geschaffen. Das sieht man auf geologischen Karten sehr schön. Es gibt kein flächenhaftes Grün, sondern die Karten sind sehr schön bunt. Das heißt aber einfach nur, dass ­ ohne jetzt im Einzelnen darauf einzugehen ­ alle möglichen Schichten durcheinandergewirbelt worden sind.

Dann gibt es noch eine relativ aktive tektonische Zone. Dabei handelt es sich praktisch um das gesamte Niederrheingebiet. Vor allen Dingen haben wir in der Kölner Bucht natürliche tektonische Vorgänge ­ bis hin zu Erdbeben der Magnitude 6. Weiter gibt es viel weniger undurchlässige oder abdeckende Deckschichten. Die geologische Struktur der Niederrheinischen Bucht unterscheidet sich sehr von den beiden anderen Einheiten. Von daher kann man keine Prozentwerte in Bezug auf Undichtigkeit angeben. Man muss einfach damit rechnen. Es gibt Gebiete, wo man sehr damit rechnen muss, aber auch Gebiete, wo man weniger damit rechnen muss.